Protokoll der Sitzung vom 04.07.2003

Diese Bitte, Herr Trautvetter, kann ich Ihnen nicht erfüllen. Das Kulturgut, um das es hier geht, ist natürlich Allgemeinwohl.

(Unruhe bei der CDU)

Aber ich habe versucht Ihnen mit meinen Ausführungen deutlich zu machen, dass die Verbindung, die hier von Ihnen hergestellt wird, indem Sie den Punkt 2 in diesen Antrag mit aufgenommen haben, für uns nicht akzeptabel ist, denn es geht nur um eine Finanzierung und die Finanzierung können wir auch auf anderem Wege lösen. Ich kann nicht ein Allgemeinwohl mit dem anderen entsprechend vermengen.

(Unruhe bei der CDU)

Moment, der Abgeordnete Dr. Pietzsch hat auch eine Frage. Gestatten Sie die auch?

Wenn sich das hohe Haus dabei nicht so aufregt, können wir das noch mal probieren.

Das ist eine berechtigte Bemerkung.

Bei mir muss sich das hohe Haus nicht aufregen. Vielleicht können Sie mir den Passus im Waldgesetz nennen, auf den Sie sich berufen, wo die Verfassungswidrigkeit in Frage steht.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Das steht nicht in der Vorlage.)

Herr Abgeordneter Pietzsch, ich habe Ihnen die Passagen und sogar die Paragraphen vorgetragen, auf die ich mich bezogen habe.

(Beifall bei der PDS)

Ansonsten werden Sie das dann auch mit Einreichen der Organklage, wenn es dazu kommt, entsprechend nachlesen können.

Meine Damen und Herren, noch zu einem weiteren Punkt, der für uns nicht die grundsätzliche Überlegung darstellt, weil ich eben ausgeführt habe, wir sind grundsätzlich gegen der Verkauf von Landeswald. Ich kann natürlich nicht umhin, hier noch eine Bemerkungen dazu zu machen, welche Erwartungen an den Kaufpreis hier gebunden sind. Die Landesregierung geht von einer positiven Preisentwicklung aus und das kann ich nicht verstehen. Wenn ein Verkäufer unter Zugzwang steht - das wissen Sie vielleicht von Zwangsversteigerungen bei Häusern -, dann kann man nicht erwarten, dass man Spitzenpreise erzielt. Gerade in den Ausschussberatungen im Haushalts- und Finanzausschuss und auch im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist deutlich gemacht worden, dass schon beabsichtigt ist, zumindest den überwiegenden Teil des Waldes innerhalb der Fristen, die hier im Antrag angegeben sind, zu verkaufen - also bis Mitte nächsten Jahres.

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wer hier veralbert werden soll. Ich möchte ein Zitat vorlesen aus der "Südthüringer Zeitung" vom Abteilungsleiter Forsten Volker Düssel: "Man rechnet damit, 1.300 bis 2.300 Hektar Wald verkaufen zu müssen. Das Ministerium wolle diese Obergrenze nicht überschreiten. Es gebe gegenwärtig keinen Markt für Wald in Thüringen. Deshalb könne auch keine Aussage über die Preise getroffen werden."

Meine Damen und Herren, wo leben Sie? Natürlich gibt es einen Markt für Wald in Thüringen und der wird eben gerade durch den Verkauf von BVVG-Flächen geprägt. Dass wir es hier mit Preisen um die 25 Cent pro Quadratmeter zu tun haben, das wissen Sie auch. Dementsprechend sind Ihre Erwartungen vollkommen unrealistisch.

Ich sage Ihnen auch was anderes. Ich habe selber auch Wald und ich habe prüfen lassen,

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Seit wann haben Kommunisten Eigentum?)

für welche Summe der verkauft werden könnte, um eine Vermögenserklärung bei uns in der Familie herbeizuführen. Die Angebote lagen bei 20 Cent pro Quadratmeter. So sieht es aus in Thüringen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Gib Dir nicht so viel Mühe Tilo, hier reden ein paar Holzköpfe mit.)

Meine Damen und Herren, 20 bis 25 Cent pro Quadratmeter, das würde bedeuten, dass wir ca. 4.500 Hektar verkaufen müssten, um auf diese 11 Mio. € zu kommen. Das ist schon eine wesentlich andere Größenordnung als 1.300 bis 2.000 Hektar. Ich denke, auch einige Herren von der CDU werden das ähnlich problematisch sehen. Schließlich habe ich beim Tag der offenen Tür am Stand des Bundes deutscher Forstleute ein entsprechendes Papier unterschrieben und vor mir stand der Abgeordnete Fiedler. Ich gehe davon aus, dass er hier diesen Punkt heute auch mit ablehnen wird.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Du bist wirklich ein alter Denunziant.)

(Heiterkeit im Hause)

Herr Wunderlich wird wegen seiner Argumentation zum Waldverkauf im Unstrut-Hainich-Kreis sicher auch ablehnen. Von der SPD hoffe ich das auch.

(Unruhe im Hause)

Ich muss aber dazu sagen, dass ich natürlich etwas enttäuscht bin von der Argumentation des Fraktionsvorsitzenden Gentzel, der gesagt hat, dass man in der gegenwärtigen Situation den Wald nicht verkaufen sollte, weil das ein Minusgeschäft wäre. Im "Freien Wort" steht dazu: "Die SPD lehnt die Veräußerung von Wald nicht generell ab. Doch bei der derzeitigen Marktlage sei es ein Minusgeschäft. Jetzt verkauft ja auch niemand seine Aktien."

Meine Damen und Herren, ich denke, zwischen Wald und Aktien ist schon ein gravierender Unterschied. Thüringen ist das grüne Herz Deutschlands. Ich denke, die Bevölkerung in unserem Freistaat hat ein besonderes Verhältnis zum Wald und sie hat auch schon oft gezeigt, dass sie eine Privatisierung des Landeswalds ablehnt.

Meine Damen und Herren, hören Sie auf die Bevölkerung. Waldverkauf ist keine Finanzierungsquelle. Ich möchte das Beispiel von Herrn Seidel noch mal aufgreifen mit den 100 Jahren, ob in 100 Jahren jemand von Parteien redet. Ich sage aber auch ganz eindeutig, unsere Nachfolger in

100 Jahren möchten vielleicht noch über Wirtschaftswald verfügen und der hat dann vielleicht auch eine etwas größere Bedeutung als heutzutage. Wenn wir aber so weitermachen wie in dieser Legislaturperiode, wo wir schon 2.500 ha Wirtschaftswald verloren haben und mit diesem Antrag auch ca. 4.500 ha Wirtschaftswald noch verlieren können, dann wird in 100 Jahren für unsere Nachfolger nichts mehr an Landeswald übrig geblieben sein. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt Herr Abgeordneter Botz, SPD-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mit meinem Beitrag natürlich an den Beitrag meines Fraktionskollegen Harald Seidel anknüpfen und im Voraus Folgendes zu Protokoll geben: Meine Fraktion ist prinzipiell bereit, einer gütlichen Einigung mit dem Hause Sachsen-Weimar-Eisenach zuzustimmen, wenn die Finanzierung des größten fälligen Teilbetrags von 11 Mio. € auf seriöse Füße gestellt wird.

(Beifall bei der SPD)

Das ist leider in keiner Weise der Fall. Wir sehen uns deshalb gezwungen, den Punkten 2 und 3 der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses zum Antrag der Landesregierung unsere Zustimmung zu versagen.

Ich möchte Ihnen das im Folgenden auch begründen: Wie man auf der Seite 3 der Darstellung des Sachverhalts entnehmen kann, soll der größte Teilbetrag der Kompensationszahlung an das Fürstenhaus, nämlich diese besagten 11 Mio. €, durch den Verkauf forstfiskalischer Flächen refinanziert werden. Das heißt, es geht hier in einem Umfang, den uns niemand klar und verbindlich benennen kann, auch um den Verkauf und die Veräußerung von thüringischem Staatswald. Laut § 31 Abs. 4 des Thüringer Waldgesetzes darf Staatswald nur veräußert werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Meine Damen und Herren, ein öffentliches Interesse zur Veräußerung von Staatswald liegt aber nicht vor.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Meine Damen und Herren, was vorliegt, ist ein öffentliches Interesse, 11 Mio. € Barzahlungsmittel des Fiskus des Freistaats Thüringen bis spätestens zum 31.05. des Jahres 2004 aufzubringen. Genau darin besteht das Interesse all derer, die dem Punkt 1 der Beschlussempfehlung zustimmen. Dazu gehören auch wir. Und das möchte ich Herrn Mohring hier noch mal ganz klar sagen: Dieses Interesse, dieses

Geld angesichts auch der Aussagen meines Vorredners Herrn Seidel von meiner Fraktion besteht auch in und durch unsere Fraktion.

Meine Damen und Herren, wir haben auch die Gelegenheit genutzt und uns vom Inhalt der gütlichen Einigung überzeugt. Darin wird nur von den nicht unerheblichen Kompensationsbeträgen gesprochen, nicht davon, dass diese durch den Verkauf von Staatswald erlöst werden müssen, was ja auch ein ziemlicher Unsinn wäre, wenn derjenige, der am Ende einer Verhandlung Bargeld erwartet, auch noch dem Vertragspartner vorschreiben könnte, woher er es sich beschaffen soll. Nein, meine Damen und Herren, es gibt keinen zwingenden Grund, von der bewussten, strikten Festlegung des § 31 Abs. 4 des Thüringer Waldgesetzes - ich zitiere - "dass der Staatswald in seinem Bestand und seiner Flächenausdehnung erhalten werden soll" abzugehen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Die Entscheidung, dennoch dieses Junktim herzustellen, muss im Kabinett gefallen sein. Und das, meine Damen und Herren, war keine sehr kluge und weitsichtige Entscheidung.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Sie war es deshalb nicht, weil man unmöglich innerhalb von ca. zehn verbleibenden Monaten einen derart großen Umfang an Wald - auch wenn man von den 2.500 ha, mit denen Sie immer hantieren, ausgeht - zu vernünftigen Preisen am Markt für interessierte Käufer erlösen kann. Die Rahmenbedingungen dazu, meine Damen und Herren, sind zurzeit denkbar schlecht und Sie wissen das, und alle, die fachlich in der Sache stehen, wissen das. Erstens sind die Waldpreise insgesamt und nicht nur in Thüringen zurzeit im Keller. Zweitens wirkt sich eindeutig erschwerend für angestrebte höhere Kaufpreise die Tatsache aus, dass wir es immer noch mit 21.000 ha angebotenen BVVGForstflächen allein in Thüringen zu tun haben. Fachleute, Herr Minister Sklenar, innerhalb und außerhalb Ihres Hauses, gehen davon aus, dass zurzeit nur etwa 30 Prozent des tatsächlichen Wertes der Forstflächen erlöst werden können und dass man mehrere Jahre Zeit brauchen würde, um auch nur annähernd in die Relation zu kommen, wo der tatsächliche Wert dessen liegt, wofür wir als Volksvertreter zeitlich befristet im Interesse dieser Bürgerinnen und Bürger da draußen, die die eigentlichen Eigentümer dieser Staatswaldflächen sind, in Verantwortung sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Da allen potenziellen Käufern klar ist, in welch jämmerlicher Verhandlungsposition Sie sich angesichts dieses Zeitdrucks befinden, wird das natürlich gnadenlos genutzt werden. Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, das brauche ich Ihnen doch wohl an einem schönen Frei

tagvormittag hier nicht begründen, wie Marktwirtschaft abläuft.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pietzsch, CDU: Aber wir bauen doch auf den wirtschaftlichen Auf- schwung, den Herr Schröder...)

Selbst wenn Sie auf Ihrer Zahl von 2.300 ha zu veräußerndem Staatswald für 11 Mio. € beharren würden, drücken Sie auch selbst durch die Tatsache, dass Sie diesen erheblichen Umfang Wald in kürzester Zeit auf den Markt drücken, wiederum noch mal in sich die Preise. Und, meine Damen und Herren, wenn Sie diese Entscheidung heute wirklich mit Ihrer Mehrheit wider besseres Wissen so treffen sollten, gehen Sie verantwortungslos mit dem Eigentum unserer Wählerinnen und Wähler, der Bürger des Freistaats Thüringen um.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist eine Unverschämtheit!)

(Unruhe bei der CDU)

Sie tun das. Man kann auch sagen, meine Damen und Herren, einem solchen Spiel mit Vermögenswerten unserer Bürger können wir prinzipiell nicht zustimmen.