Protokoll der Sitzung vom 28.01.2000

Gewalt gegen Frauen

In der Vergangenheit wurden immer wieder Fälle von Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich bekannt. Dieses Problem muss umfassend bekämpft werden. Dazu ist jedoch genaues Hintergrundwissen notwendig.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Einsätze der Polizei gab es 1999 in Thüringen aufgrund von häuslicher Gewalt gegen Frauen?

2. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Kosten, welche durch Gewalt gegen Frauen entstanden sind (Arztkos- ten, Arbeitsausfallkosten, Kosten der Polizei- und Justiz- arbeit, Kosten für soziale und psychosoziale Folgen, usw.)?

3. Wie viele Kosten werden für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit in den betreffenden Gebieten aufgewandt?

Frau Staatssekretärin Dr. Bauer antwortet für die Landesregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Wolf, namens der Thüringer Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Zu diesen Einsätzen der Polizei werden keine spezifischen Statistiken geführt.

Zu Frage 2: Der Landesregierung stehen bisher keinerlei exakte Angaben über die Folgekosten der Gewalt gegen Frauen zur Verfügung.

Einen kleinen Moment, Frau Staatssekretärin. Könnten Sie ein bisschen Ihre Diskussionen hier auf den Bänken eindämmen? Es ist signifikant, immer wenn die Frauenbeauftragte spricht, ist es etwas unruhig hier im Raum.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Das ist eine durch nichts zu belegende Behauptung.)

Bitte, Frau Staatssekretärin, setzen Sie fort.

Ich habe Nachsicht. Da viele Gewalthandlungen gegen Frauen im häuslichen Bereich erfolgen und staatlichen Stellen gar nicht bekannt werden, kann auch keine zuverlässige Schätzung der Kosten erfolgen.

Zu Frage 3: Der Problemkreis "Gewalt gegen Frauen" ist Bestandteil umfangreicher präventiver Anstrengungen der Landesregierung. Von mir wurden allein im Jahr 1999 zwei Veranstaltungen zu der Thematik "Gewalt gegen Frauen" mit einem Kostenvolumen von 7.000 DM durchgeführt. Weiterhin wurden von mir nach der Richtlinie zur Förderung von frauenpolitischen Maßnahmen für die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft im Jahr 1999 fünf Veranstaltungen zu dieser Thematik mit einem Fördervolumen von rund 20.000 DM bezuschusst. Des Weiteren ist der Problemkreis "Gewalt gegen Frauen" Bestandteil eines Seminars "Opferschutz" beim Fortbildungsinstitut der Thüringer Polizei. In dieses Seminar fließt eine Lehrgangskonzeption des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein. Darüber hinaus werden die Thüringer Polizeibeamtinnen und Beamten im Rahmen der integrierten Fortbildung auf diesem speziellen Gebiet fortgebildet. In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass das Thema "Gewalt im sozialen Nahraum" ein ständiges Arbeitsthema im Programm von Frauenzentren und Frauenhäusern ist und auch der Gleichstellungsbeauftragten.

Danke, Frau Staatssekretärin. Gibt es Nachfragen? Es gibt wieder einen Antrag. Herr Abgeordneter Buse.

Frau Präsidentin, die PDS-Fraktion beantragt ebenfalls die Überweisung dieser Anfrage an den Gleichstellungsausschuss.

Dann stimmen wir auch das ab. Wer für die Ausschussüberweisung votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist ausreichend, die Ausschussüberweisung ist beschlossen. Die Frage ist abgeschlossen. Herr Abgeordneter Buse, ein Geschäftsordnungsantrag?

Frau Präsidentin, es liegen noch vier Anfragen vor, wir haben damit nach meiner Zählung 32 Anfragen in der 7. und 9. Sitzung des Plenums abgearbeitet. Ich würde den Antrag stellen, dass das Plenum beschließt, die letzten vier Mündliche Anfragen noch zu behandeln.

Dann würde ich gern die anderen Fraktionen fragen, ob sie da zustimmen wollten.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Das ist schon seelische Grausamkeit.)

Wir haben heute noch, Sie wissen das ja, ein Riesenpensum zu absolvieren und ich weiß nicht, ob es nicht doch möglich ist, dass diese vier Anfragen noch ein Stückchen warten. Außerdem gibt es die Gelegenheit, auch diese Fragen umzuwandeln in Kleine Anfragen. Ich sehe hier keine Zustimmung bei den übrigen Fraktionen, Ihrem Antrag Folge zu leisten. Ich denke, heute ist das wirklich mal sehr verständlich, dass das vielleicht nicht so gemacht wird. Es gibt vielleicht andere Gelegenheiten, wo wir dann mehr Zeit haben, um diese Fragen abzuarbeiten. Also ich möchte davon absehen, aber wenn Sie darauf bestehen, dann lasse ich Ihren Antrag abstimmen.

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Ja, ich bitte abstimmen zu lassen.)

Gut, dann wollen wir den Antrag abstimmen. Wer dafür ist, alle noch auf der Tagesordnung stehenden Fragen - es sind jetzt noch vier - heute noch abzuarbeiten, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist dagegen? Das ist doch die große Mehrheit, damit ist dieser Antrag abgelehnt. Wir schließen den Tagesordnungspunkt 17.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: "Auswirkungen des Verkehrsinvestitionsprogramms der Bundesregierung bis 2002 auf die Verkehrsprojekte in Thüringen" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/66

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Kallenbach.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist klar, dass die Bundesmittel zur Wirtschaftsförderung in den nächsten Jahren deutlich zurückgehen werden. Vor diesem Hintergrund bekommt der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bundesländern noch mehr an Gewicht. Wir müssen es erreichen, meine Damen und Herren, dass in den nächsten sieben bis acht Jahren die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit in Thüringen abgeschlossen werden,

(Beifall bei der CDU)

und das betrifft Straße und Schiene. Nur so können wir es erreichen, dass sich die Lebensverhältnisse zwischen Ost und West auch wirklich in absehbarer Zeit angleichen werden. Gleichzeitig stellt das die Grundlage für den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Bundesländern dar. Allerdings hat es seit Beginn der rotgrünen Koalition, genauer gesagt seit der Unterzeichnung der Koalitionsvereinbarung, auf diesem Gebiet Verzögerungen, Irritationen, Verwirrungen und Verschiebungen von Projekten gegeben. Jedenfalls ist das Gift für einen Wirtschaftsstandort, wenn man alle paar Wochen eine neue Meldung für diese sensiblen Bereiche hört. Für die CDU ist klar, wir werden uns auch künftig mit aller Kraft für die Verwirklichung der Projekte einsetzen, und das bei Straße und Schiene.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme auf die zwei wichtigsten Schienenprojekte zu sprechen. Das ist natürlich zuallererst das Verkehrsprojekt Nummer 8, die ICE-Strecke von Nürnberg über Erfurt, Halle, Leipzig nach Berlin. Wie Sie wissen, ist diese nun seit April letzten Jahres in Frage gestellt, jedenfalls deutlich verschoben. Vielleicht haben wir inzwischen zwei kleine Teilerfolge erreicht, inzwischen ist sie nicht mehr auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben, sondern es wird jetzt darüber diskutiert, wann sie realisiert werden könnte. Tatsache ist allerdings, dass statt der 2,35 Mrd. DM, die mal von der alten Bundesregierung in den Plan eingestellt wurden für die Jahre 1998 bis 2002, nun noch für den Zeitraum bis 2002 0,36 Mrd. DM im Haushalt drinstehen. Von diesen 365 Mio. DM wurden 331 Mio. DM festgeschrieben für einen so genannten qualifizierten Zwischenschritt. Das ist die Anbindung der ICE-Strecke an die SaaleBahn. Alle Prüfungen von Fachleuten haben allerdings ergeben, dass das weder ein vernünftiger Schritt noch ganz und gar ein qualifizierter Schritt ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Für uns kann die Devise nur lauten, diese 331 Mio. DM kann man für diese Strecke wirklich einsparen und sie dafür verwenden, dass die Strecke weiter nach Ilmenau und dann weiter nach Süden fortgesetzt wird, um dem endgültigen Ziel näher zu kommen.

(Beifall bei der CDU)

Man muss sich das vorstellen, nach diesem so genannten qualifizierten Zwischenschritt würde Arnstadt gar nicht mehr an diese Strecke angebunden sein. Auch nach Saalfeld muss man den Thüringer Wald überqueren und wenn man das ordentlich machen will für eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, dann käme es genauso teuer, als wenn man die Strecke, für die nun mal das Baurecht besteht, gleich ausbauen würde. Hinzu käme noch, wenn man die Strecke über Saalfeld führe, ein Umweg von über 20 km mit den entsprechenden Zeitverlusten.

Zu dem anderen wichtigen Vorhaben, der Mitte-Deutschland-Schienenverbindung: Das war nun wirklich der große Wahlschlager der SPD im Landtagswahlkampf. Es wurde angekündigt, hier wird dann richtig geklotzt, hier werden die Mittel fließen. Wenn wir nun in den Plan schauen, der uns von der Bundesregierung seit ein paar Wochen vorliegt, dann sehen wir, auch dort stehen dieselben 665 Mio. DM im Plan, die auch schon von der alten Bundesregierung in den Haushaltsplan eingestellt wurden. Aber, meine Damen und Herren, es ist nach allen Informationen, die vorliegen, bis heute nicht mit den Bauarbeiten begonnen worden.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Pfui!)

Das ist der eigentliche Skandal. Bis heute ist trotz aller Ankündigungen nicht begonnen worden.

(Beifall bei der CDU)

Es kann jetzt dazu kommen, dass das Land die Mittel, die das Land dazugestellt hat und inzwischen verbaut worden sind, zurückfordern muss, weil bisher der Bund seine Versprechungen immer noch nicht eingelöst hat. Das wäre aber der falsche Weg. Wir müssen es erreichen, dass der Bund nun endlich die Finanzierungsvereinbarung unterschreibt und dass angefangen wird zu bauen.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Abgeordneter.

Ich komme zum Schlusssatz. Für uns ist klar, gerade auch in Anbetracht der Erweiterung der EU nach Mittel- und Osteuropa, dass sowohl Straße als auch Schiene deutlich in den nächsten Jahren ausgebaut werden müssen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Kallenbach. Als Nächster hat sich zu Wort gemeldet Herr Abgeordneter Lippmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrter Kollege Kallenbach, Sie können von mir aus erzählen, was Sie wollen, aber wenn Sie uns die Strecke und die Ertüchtigung über Saalfeld wegnehmen wollen, dann werde ich böse.

(Heiterkeit bei der CDU)

Aber gut, eigentlich hätten Sie ja den Spitznamen Kassandra verdient, denn das sind Kassandrarufe, die Sie hier

loslassen. Herr Kallenbach, das Investitionsprogramm 1999 bis 2002 ist kein Ersatz für den beschlossenen Bundesverkehrswegeplan, der 1992 beschlossen wurde und eigentlich bis zum Jahr 2010 aus- und angelegt ist. Das ist eine Präzisierung für die Jahre 1999 bis 2002 und Grundlage für die Überarbeitung, die bis zum Jahr 2002 abgeschlossen sein soll. Diese Überarbeitung macht sich selbstverständlich erforderlich aus verkehrstechnischer, ordnungspolitischer, betriebswirtschaftlicher, aber eben auch aus finanzieller Hinsicht. Es wäre zweckmäßig, auf die einzelnen Punkte natürlich einmal ein bisschen vertieft einzugehen, aber bei der gebotenen Art einer Aktuellen halben Stunde lässt sich das selbstverständlich nicht machen. Aber einige prinzipielle Erwägungen dazu seien erlaubt. Ich will das auf sachlicher Basis machen, zumindest will ich mich bemühen, Herr Kallenbach.