Protokoll der Sitzung vom 16.10.2003

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist die Erhebung von Hortgebühren an Ganztagsschulen, die im Rahmen des Investitionsprogramms gefördert werden, zulässig?

2. Werden an Thüringer Ganztagsschulen, die im Rahmen des Investitionsprogramms gefördert werden, Hortgebühren erhoben?

3. Wenn ja, kann das Angebot des Hortes einer Grundschule auch von Kindern wahrgenommen werden, die zwar in diese Schule gehen, aber nicht im Hort angemeldet sind?

Herr Minister Krapp, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sojka namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Erhebung von Hortgebühren erfolgt nach der Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung vom 12. Februar 2001. Maßgeblich für die Begründung einer Gebührenpflicht sind hiernach die mit der Betreuung im Schulhort verbundenen Personal- und Betriebskosten, nicht jedoch die Investitionskosten. Insofern ist ein Zusammenhang der Hortgebühren mit dem Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" nicht gegeben.

Zu Frage 2: Ja.

Zu Frage 3: Das Angebot des Horts einer Grundschule in der Form der gemeinsamen Gestaltung des Schulvormittags kann auch bisher schon von Kindern wahrgenom

men werden, die in diese Schule gehen, ohne im Hort angemeldet zu sein. In den übrigen Fällen, das heißt in der Zeit vor Unterrichtsbeginn und nach Unterrichtende, ist dies dagegen nach den Bestimmungen der Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung nur bei entsprechender Beteiligung an den Personal- und Betriebskosten möglich.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke schön. Damit können wir die Fragestunde für heute schließen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: "Die weitere Gestaltung des Fortschreibungsverfahrens zum Landesentwicklungsprogramm nach dem Ende der öffentlichen Auslegung am 30. Oktober 2003 durch das Thüringer Innenministerium" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/3586

Frau Abgeordnete Doht hat als Erste das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die weitere Gestaltung des Fortschreibungsverfahrens zum LEP nach dem Ende des Anhörungsverfahrens am 30. Oktober 2003 man könnte auch sagen eine unendliche Geschichte. Der alte Landesentwicklungsplan für Thüringen ist aus dem Jahr 1993 und basiert auf ganz anderen Voraussetzungen, einer anderen Ausgangssituation, als wir sie heute haben. Damals sind wir noch von steigenden Bevölkerungszahlen ausgegangen. Es wurden noch Wohnungen in Thüringen gesucht. Die Situation war eine gänzlich andere als heute, wo wir wissen, dass die Bevölkerung sich in den nächsten Jahren weiter verringern wird, auch wenn es gelingen sollte, die Abwanderung einzudämmen und dass damit letztendlich auch die finanziellen Spielräume der öffentlichen Haushalte sich weiter verringern werden. Auf der Grundlage des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Landesplanungsgesetzes hat die Staatskanzlei einen Entwurf des LEP erarbeitet. Dieser sollte nach Bekanntmachung im Staatsanzeiger zeitig im Jahr 2003 zur Anhörung ausgelegt werden. Im Mai haben wir dann, nachdem bereits im zweiten Halbjahr 2002 eine breite öffentliche Diskussion stattgefunden hatte, endlich einen Kabinettsentwurf zur Anhörung bekommen. Ob Mai noch zeitig im Jahr 2003 ist, darüber lässt sich streiten.

(Zwischenruf aus dem Hause: Es ist sehr zei- tig.)

Ist sehr zeitig, gut, nehmen wir an, es ist sehr zeitig. Das Ganze ist jetzt als offizieller Kabinettsentwurf in die Anhörung gegangen. Der zuständige Innenminister hat in der letzten Ausschuss-Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik informiert, dass inzwischen 1.300 Zuschriften eingegangen sind und dass ab dem 30.10. die Auswertung der Anhörung erfolgen soll. Die Verabschiedung soll dann allerdings erst im Herbst 2004 erfolgen. Das ist unser erster Kritikpunkt. Es tritt also das ein, was wir schon lange gesagt haben: Diese Landesregierung möchte das Thema nicht mehr vor der Wahl zu Ende bringen. Man möchte keine unbequemen Entscheidungen mehr treffen.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident:... nicht gehört.)

Ich komme schon noch dazu, Herr Ministerpräsident. Jawohl, ich habe Zeitung gelesen. Da ist mir aufgefallen, dass sich nämlich diese Landesregierung, was den Landesentwicklungsplan betrifft, inzwischen immer mehr in Widersprüche verstrickt.

(Beifall bei der SPD)

Der zuständige Innenminister hat auf der Raumordnungskonferenz in Sömmerda und auch auf anderen Konferenzen zu Recht gesagt, der alte Landesentwicklungsplan ist überholt, das muss doch inzwischen der Letzte eingesehen haben. Wir brauchen einen neuen Plan, wir müssen über Straffung von Strukturen nachdenken. Alles schön und richtig, nur der Ministerpräsident des Landes Thüringen ist wahrscheinlich der einzige, der es noch nicht begriffen hat, denn er ist in der Zeitung zitiert worden "Wir brauchen kein neues System, Thüringen hat sich gut entwickelt", also lassen wir alles beim Alten.

Ein zweites Beispiel: Dieser Entwurf des Landesentwicklungsplans weist z.B. Zeulenroda als Grundzentrum aus. Wir waren vergangene Woche in Zeulenroda, der Ministerpräsident hat dort vor dem Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft gesprochen und hat dem Bürgermeister von Zeulenroda zugesagt, wenn ich nächstes Jahr wiederkomme oder wenn ich in zwei oder drei Jahren wiederkomme, dann wird Zeulenroda immer noch Mittelzentrum sein. Dann frage ich mich, wieso steht ein Thüringer Ministerpräsident nicht hinter dem Entwurf des Landesentwicklungsplans, der ja aus seinem Kabinett kommt.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Hö- ren Sie mal, der Entwurf ist nicht der Plan, sondern ist der Entwurf.)

Lassen Sie mich jetzt ausreden, ich habe nur fünf Minuten, Sie können danach länger reden als ich.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Keine Lust zu reden.)

Wir haben auch ein Problem, dass der ursprünglich vorgelegte Plan, der eine Straffung des Zentrale-Orte-Systems vorsah, immer weiter aufgeweicht wird. Während wir im Ursprungsentwurf einmal drei Oberzentren hatten, haben wir jetzt zusätzlich zu den drei Oberzentren noch acht besonders leistungsfähige Mittelzentren, die hinsichtlich Projektförderung und ihrer Entwicklung so behandelt werden sollen wie Oberzentren. Das heißt, Thüringen hat dann bei seiner Größe de facto elf Oberzentren und da frage ich schon: Wer soll das bezahlen? Wir hatten einmal ein Gebiet, den Thüringer Wald, westliches Schiefergebirge, in dem der Tourismus eine besondere Rolle spielt. Jetzt haben wir acht Gebiete, in denen der Tourismus eine besondere Rolle spielt. Wir haben elf GI-Flächen, wobei wir wissen, dass das Land nicht mal die Mittel für die Erschließung einer zur Verfügung stellen kann.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Sie gehen am Thema vorbei, vollkommen dane- ben.)

Nachdem der Ministerpräsident in Südthüringen war und dem dortigen Städteverbund zugesagt hat, dass sie nun Oberzentrum werden sollen, schießen in Thüringen Städteverbünde wie Pilze aus dem Boden.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Können Sie mir das Zitat geben?)

Diese Städteverbünde haben letztendlich nur ein Ziel, nicht etwa eine funktionsteilige Aufgabenwahrnehmung, so weit ist man da in den meisten Orten gar nicht, nein, eine Höhereinstufung im Zentralen-Orte-System im Landesentwicklungsplan.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Und wenn man sich dann noch anschaut, wie die Abstimmung mit den anderen Bundesländern gelaufen ist, dann gibt es hier de facto keine und deswegen wird die SPD dieses Thema immer wieder auf die Tagesordnung bringen. Wir haben den Eindruck, dass, je länger der Ministerpräsident über Land reist und allen alles zusagt, wir ein Wolkenkuckucksheim bekommen, aber keine realistische Landesplanung.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Alles nach Erfurt!)

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Kretschmer, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, das Thema der Aktuellen Stunde heißt "Die weitere Gestaltung des Fortschreibungsverfahrens...", Frau Kollegin Doht, und nicht über Inhalte, die Sie hier hyperventiliert vorgetragen haben, sondern Gestaltung des Fortschreibungsverfahrens. Als ich das gelesen habe, habe ich mir gedacht, der Bund der Steuerzahler, der ab und zu darüber nachdenkt, ob man den Landtag verkleinern sollte oder nicht, hätte hier auch eintreten müssen und sagen, es ist reine Geldverschwendung, die Sie jetzt mit uns hier exekutieren und sie in diese Aktuelle Stunde hineinzunehmen, weil, offensichtlich hat ihre Fraktion intern ein Kommunikationsproblem. Sie haben es selber gesagt, in öffentlicher Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik am 25.09. hat der Innenminister vorgetragen, wie sich die Landesregierung die weitere Gestaltung des Fortschreibungsverfahrens vorstellt. Wir haben auch eine Abrede im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik getroffen, im Übrigen auch mit Zustimmung Ihrer Fraktion, wie es weitergehen soll, auch mit der Beratung im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik. Sie haben es schon gesagt, am 30. Oktober ist Ende der Auslegungsfrist. Ich denke, das Kabinett wird sich dann im Dezember damit befassen, auch so ist es gesagt worden. Dann muss es natürlich zu den neuen Ergebnissen noch eine Anhörung geben und dann wird man sehen, wie weit man terminlich kommt. Es kann sehr gut sein, dass im Mai so, wie bekannt geworden ist, dann verabschiedet wird oder eben auch erst im 2. Halbjahr. Nur Sie sind doch diejenigen, die auch das Gegenstromprinzip mit unterstützt haben. Wenn ich sage, Gegenstromprinzip, dann muss ich doch diejenigen, die ich anhöre, auch entsprechend mit berücksichtigen. Ich weiß, der Bundeskanzler findet Kommissionen, lässt die teuer arbeiten, anschließend sagt er, ist gar nicht mein Ding, ich mache es doch anders. Wir werden hier diese Ergebnisse der Anhörung schon berücksichtigen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Da haben Sie viel gelernt.)

(Beifall bei der CDU)

Aber, Frau Doht, da Sie ja, habe ich gelesen, Fachsprecherin für Raumordnung usw. sind, ich habe den Eindruck, Sie bringen ja eine ganz andere Ebene hinein, eine Gebietsreform wollen Sie vorab bilden mit dem Landesentwicklungsplan. Da muss ich sagen, als Fachsprecherin eine erschreckende Unkenntnis über Fragen der Raumordnung und Landesplanung. Ihre Absicht ist für mich jedenfalls, Sie wollen mit Ihren Anfragen und mit Ihren Äußerungen Verunsicherungen in den Gebietskörper

schaften schaffen. Sie wollen desorientieren und durcheinander bringen. Deshalb, meine Damen und Herren, das ist reine Geldverschwendung, die wir hier mit dieser Aktuellen Stunde machen. Die Landesregierung hat gesagt, wie es weitergeht. Wir sind natürlich gespannt, wie die entsprechenden Regionalforen und die Anhörung sich niederschlagen. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Es hat jetzt Abgeordneter Kummer, PDS-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kretschmer, zuerst zu Ihnen. Zur Geldverschwendung haben Sie eben schon beigetragen,

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Du redest hier nicht mit deinem Fischer.)

denn wenn von Ihnen eine andere Aussage gekommen wäre, als die, es kann gut sein, dass im Mai verabschiedet wird, wenn Sie uns hier ein konkretes Datum genannt hätten, wann dieser LEP-Entwurf verabschiedet wird, dann wären wir hier etwas weiter gekommen, dann hätte diese Aktuelle Stunde wirklich Sinn gemacht.

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: Wer macht denn hier...)

Herr Ministerpräsident, Sie können sich melden, wenn Sie etwas sagen wollen.

(Beifall bei der PDS)