Protokoll der Sitzung vom 29.01.2004

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Das ist eine Ungeheuerlichkeit.)

Und Ihre Haltung bestätigt auch die Befürchtungen, die Prof. Kodalle, der Lehrstuhlinhaber des Lehrstuhls für Praktische Philosophie der Friedrich-Schiller-Universität, hat - Frau Präsidentin, ich zitiere: "Allerdings sollten wir bedenken, dass es unterhalb der veröffentlichten Meinung in der Welt des Biertisches nach wie vor zahlreiche Ressentiments und auch Sympathien zumindest für den Ausschluss Behinderter aus der Gesellschaft gibt." Und er führt weiter aus: "Sicher muss unsere Gesellschaft noch behindertenfreundlicher werden, denn das Leben behinderter Menschen ist, angefangen bei infrastrukturellen Defiziten, noch immer schwer genug." Auch die

Kritik der Behindertenverbände an bestehenden Missständen ist in vielen Fällen ganz gewiss berechtigt. Ich bin von den Behindertenverbänden beauftragt, Ihnen folgende Information hier zu überbringen: Wenn das vorliegende Gleichstellungsgesetz abgelehnt wird, warum bringt die CDU nichts Besseres? Die Behindertenverbände lassen weiterhin sagen, sie bleiben aktiv und sie haben vor, mit der Landtagspräsidentin zu sprechen und auch mit denen, die das Gesetz bisher abgelehnt haben. Sie überlegen, ein Behindertenparlament im Plenarsaal ins Leben zu rufen und sie machen ernst daraus. Wenn bis 05.05.2004 kein Gleichstellungsgesetz verabschiedet worden ist, will der Verband zu Großaktionen aufrufen. Sie erinnern sich ganz bestimmt noch an die große Demo vor der Staatskanzlei im vorigen Jahr. Das war der Anfang und sie werden das fortsetzen. Deshalb, denke ich, sollte man sich sehr, sehr wohl überlegen, ob man einfach wieder so das Gesetz ablehnt. Ich kann mich jetzt auch meinem Kollegen Maik Nothnagel anschließen, noch mal die Chance zu haben, dieses Gesetz im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu beraten, denn morgen werden wir auf alle Fälle nochmals darauf zu sprechen kommen. Danke schön.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es hat jetzt das Wort die Landesregierung, Herr Minister Dr. Zeh.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben an dieser Stelle schon mehrfach über das Thema geredet und ich wiederhole noch einmal: Die Landesregierung ist nicht gegen ein solches Gesetz. Wir haben immer gesagt, und das hat mein Vorgänger im Amt, Herr Dr. Pietzsch, so gesagt, Thüringen ist nicht das erste Land mit einem Gleichstellungsgesetz, aber es wird auch nicht das letzte Land sein.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren und Herr Nothnagel, gerade dort, wo die PDS ja Verantwortung hat, in MecklenburgVorpommern, gibt es kein solches Gesetz aus verständlichen Gründen. Sie planen eins, wir auch. Ich habe gehört, das wird in Mecklenburg-Vorpommern etwa Ende des Jahres 2004/2005. So genau weiß man das dort noch nicht. Das hängt nämlich von der Finanzsituation ab, die dort herrscht. Das ist die Begründung, Originalton Ihrer Genossen in Mecklenburg-Vorpommern. Und ein Zweites möchte ich Ihnen sagen, Herr Nothnagel: Dort, wo ein solches Gleichstellungsgesetz bereits existiert, in Berlin beispielsweise, wo auch jetzt rot-rot regiert, gibt es auch Untersuchungen über die Situation von behinderten Menschen. Es wird auch die Landesregierung einen Behin

dertenbericht abgeben. Er wird in der nächsten Zeit auch dem Landtag zur Verfügung gestellt werden. Ich darf jetzt schon sagen, in dem Vergleich der Länder ist die Situation in Thüringen wesentlich besser als in Mecklenburg-Vorpommern, als in Brandenburg oder in Berlin, obwohl es dort ein Gleichstellungsgesetz gibt.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen sage ich noch einmal: Herr Nothnagel, auch Frau Bechthum, das Gleichstellungsgesetz ist nicht das Entscheidende für die Gleichstellung der Menschen, sondern das, was wir tun für die Behinderten.

(Beifall bei der CDU)

Die Landesregierung hat von Anfang an, von 1990 an, erhebliche Mittel investiert, um gerade die Integration von behinderten Menschen zu befördern. Wir haben

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Guts- herrenart, so was!)

Werkstätten für behinderte Menschen gebaut, wir haben Wohnheime gebaut in einem erheblichen Umfang, über 30 Werkstätten, dort sind 7.500 Menschen beschäftigt. Wir haben erhebliche Investitionen auch in allen anderen Bereichen, ich denke an den Behindertensport, aber ich will das gar nicht alles noch einmal aufzählen. Wir haben oft Gelegenheit gehabt, an dieser Stelle darüber zu reden. Es bleibt dabei, wir sind nicht gegen ein Gleichstellungsgesetz, wir werden ein Gleichstellungsgesetz haben und die Landesregierung, die die nächste Legislatur Verantwortung trägt, wird es auch sofort umsetzen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, dann kommen wir zu den Abstimmungen. Es wurde Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beantragt. Wer dieser Ausschussüberweisung die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Enthaltungen? 1 Enthaltung. Dann mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen jetzt unmittelbar zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD in Drucksache 3/3809 in zweiter Beratung. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Dann mit einer Mehrheit von Gegenstimmen abgelehnt. Damit gibt es auch keine Schlussabstimmung, sondern ich kann den Tagesordnungspunkt schließen.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 10

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über die Errichtung der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3865 dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/3879 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst - Drucksache 3/3923 ERSTE und ZWEITE BERATUNG

Es wird uns aus dem Ausschuss berichtet durch Frau Abgeordnete Arenhövel. Ich bitte, die Berichterstattung vorzunehmen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, aufgrund der gütlichen Einigung zwischen dem Großherzoglichen Haus Sachsen-Weimar und Eisenach und dem Freistaat Thüringen zur Abgeltung der Restitutionsansprüche ist das zweite Änderungsgesetz über die Errichtung der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen notwendig geworden, denn im Prozess dieser Einigung hatten sich der Freistaat Thüringen und die Stiftung Weimarer Klassik verpflichtet, dem Haus SachsenWeimar und Eisenach einen Sitz im Stiftungsrat mit vollen Beteiligungsrechten einzuräumen. Deshalb wurde § 7 des Gesetzes geändert und der Stiftungsrat entsprechend erweitert. Nach § 52 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags hatte die Landtagspräsidentin den Gesetzentwurf vorab an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst überwiesen. Der Ausschuss hat in seiner 36. Sitzung am 16.01.2004 hierzu einmütig beraten. Es wurde beschlossen, das Wort "Großherzoglichen" im Gesetzentwurf zu streichen. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst empfiehlt dem Thüringer Landtag die Annahme des Gesetzentwurfs unter Berücksichtigung der Änderung und schlägt dem hohen Haus darüber hinaus auch Verabschiedung in erster und zweiter Beratung vor. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank für die Berichterstattung. Wir kommen damit zunächst zur ersten Beratung. Hier liegen mir allseits Vorbehaltsanmeldungen vor. Da ich aber nicht sehe, dass der Vorbehalt eintritt, gehe ich davon aus, dass ich keine Anmeldungen habe. Ich kann also die Aussprache eröffnen und zugleich wieder schließen. Das war dann die erste Lesung des Gesetzes.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir jetzt noch über eine Frist abstimmen, nämlich nach § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung gemäß § 66 Abs. 1 in Verbindung mit § 56 Satz 4 der Geschäftsordnung könnten wir auch gleich die zweite Lesung anschließen.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Frisch ans Werk!)

Frisch ans Werk! Ich sehe, es gibt keinen Widerspruch gegen diese notwendige Fristverkürzung. Dann darf ich jetzt die zweite Beratung aufrufen. Auch hierzu liegen mir keine Redemeldungen vor. Ich eröffne und schließe also die Aussprache, und wir haben damit auch die zweite Beratung beendet.

(Beifall bei der CDU)

Damit kommen wir jetzt zu den Abstimmungen, und zwar über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Drucksache 3/3923. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Dann ist das einstimmig.

Dann können wir jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/3865 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung der eben angenommenen Beschlussempfehlung abstimmen. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist auch nicht der Fall. Enthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Dann ist auch dieses einstimmig so beschlossen. Und das dokumentieren wir jetzt noch, indem wir uns zur Schlussabstimmung von den Plätzen erheben. Wer zustimmt, den bitte ich also, sich zu erheben. Danke. Auch hier bitte ich noch mal um die Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Enthaltungen gibt es auch nicht, dann ist das einstimmig so beschlossen, auch in der Schlussabstimmung, und ich kann den Tagesordnungspunkt 10 schließen. So schnell und einmütig kann es gehen.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 11

Thüringer Gesetz zur Änderung besoldungs- und anderer dienstrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3883 ERSTE BERATUNG

Hier wird Begründung durch den Einreicher gewünscht. Frau Finanzministerin Diezel, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit dem Thüringer Gesetz zur Änderung besoldungs- und anderer dienstrechtlicher Vorschriften soll erstmals seit dem Jahr 1995 wieder eine umfangreiche Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes erfolgen. Außerdem enthält der Gesetzentwurf Änderungen des Thüringer Hochschulgesetzes und des Thüringer Beamtengesetzes.

Zum Thüringer Besoldungsgesetz: Seit 1995 hat sich im Besoldungsrecht erheblicher Änderungsbedarf aufgebaut. Um nur einige Beispiele zu nennen, die Organisation der Landesbesoldung hat sich in der Zwischenzeit vielfach geändert, neue Behörden wurden geschaffen, alte Behörden sind aufgelöst und zusammengelegt worden. Dementsprechend müssen die im Thüringer Besoldungsgesetz ausgebrachten Ämter der Behörden teilweise gestrichen, neu bewertet oder auch umbenannt werden. Weiterhin ist die Zuständigkeit für die Beamtenbesoldung vom Innenministerium zum Finanzministerium übergegangen. Auch dies erfordert eine Reihe von Änderungen im Thüringer Besoldungsgesetz. Außerdem mussten Änderungen des Besoldungsrechts des Bundes übernommen werden. So wurden z.B. in den §§ 5 und 8 Thüringer Besoldungsgesetz die verschärften Bestimmungen für Gewährung von Aufwandsentschädigungen nachvollzogen. All diese Änderungen sind in Artikel 1 des Gesetzentwurfs enthalten. Kern der Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes ist Artikel 2. Dieser enthält alle Regelungen, die wegen der Neugestaltung des Professorenbesoldungsrechts des Bundes im Thüringer Besoldungsrecht notwendig werden. Um dieses neue Recht in Thüringen anwenden zu können, müssen die landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen spätestens bis zum 31.12.2004 geschaffen werden. Ansonsten tritt die neue Bundesbesoldungsordnung W zum 1. Januar 2005 in Kraft, ohne dass in Thüringen die im Bundesbesoldungsgesetz vorhandenen leistungsbezogenen Besoldungsbestandteile vergeben werden können.

Zur Vergabe dieser leistungsbezogenen Bestandteile sind die folgenden landesrechtlichen Regelungen erforderlich:

1. Bestimmungen zu den genannten Berufungs- und Bleibe-Leistungsbezügen, mit denen Professoren gewonnen oder ihre Abwanderung verhindert werden soll,

2. Regelungen zu den besonderen Leistungsbezügen für erhebliche, über dem Durchschnitt liegende Leistungen auf wissenschaftlichem Gebiet,

3. Regelungen zu den Funktionsleistungsbezügen für die Wahrnehmung von Aufgaben in den Hochschulleitungen und Hochschulselbstverwaltungen,

4. Bestimmungen zu Ruhegehaltsfähigkeit von Leistungsbezügen,

5. Feststellung des Besoldungsdurchschnittes 2001,

6. Bestimmungen zur Forschungs- und Lehrzulage, die aus erworbenen Drittmitteln gewährt werden kann,

7. Bewertung der Hochschulleitungsämter nach der neuen Besoldungsordnung W,

8. Bestimmungen zur Überleitung der vorhandenen Professoren der Besoldungsgruppe C in die Besoldungsordnung W.

Artikel 3 enthält Änderungen des Thüringer Hochschulgesetzes. Durch die Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes wird festgelegt, dass in Zukunft Ämter, Direktoren und Präsidenten der Thüringer Hochschulen hauptamtlich wahrgenommen werden. Die Aufgaben des Rektors oder Präsidenten haben sich durch die Stärkung der Hochschulautonomie und der Hochschulfinanzreform so verändert, dass sie nicht mehr nur neben dem Professorenamt wahrgenommen werden können. Die Bestimmungen für den Eintritt in den Ruhestand für Beamte auf Zeit an den Hochschulen werden aus dem Thüringer Beamtengesetz in das Thüringer Hochschulgesetz überführt. Dort sind sie systematisch richtiger angesiedelt, weil dann die dienstrechtlichen Sonderregelungen für das Hochschulpersonal zusammengefasst sind.

Weiterhin wird für die vorhandenen Chefärzte eine besondere Beurlaubungsmöglichkeit aus dem Beamtenverhältnis geschaffen. Dies ermöglicht es, auch mit einem Chefarzt Privatverträge abzuschließen.

Auch Artikel 4 enthält eine Änderung des Thüringer Beamtengesetzes. Durch sie wird klargestellt, dass sich die Kommunen zur Bearbeitung der Beihilfe privater Dienstleister bedienen dürfen. Die Kommunen sind durch das Krankheitsrisiko der Beamten im Verhältnis zu ihrer Größe und zu ihrer Finanzkraft besonders belastet. Außerdem ist die Unterhaltung einer eigenen Beihilfestelle für kleinere Kommunen mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden.

Alle Bestimmungen zur Professorenbesoldung sollen zeitgleich mit der Bundesbesoldungsordnung W zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Die übrigen Bestimmungen des Gesetzentwurfs sollen dagegen sofort in Kraft treten. Ich bitte um eine zügige Beratung. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Damit kommen wir zur Aussprache. Als Erste hat hier das Wort Frau Dr. Kaschuba, PDS-Fraktion.