Protokoll der Sitzung vom 29.01.2004

sind, solche Landesfenster auszustrahlen.

Ein dritter Punkt, und auch der ist hier schon genannt worden, ist die Gebührenpflicht von internetfähigen PCs. In Artikel 4 wird die Verlängerung des Moratoriums bis zum 31. Dezember 2006 festgeschrieben. Das begrüßen wir ausdrücklich, weil wir damit auch in Zukunft die Computer, die einen Zugang zum Internet und damit auch zum TV- und zum Radioangebot des www. haben, von den Rundfunkgebühren freistellen. Das ist deshalb besonders wichtig, weil das die Entwicklung sowohl der Hardware- wie auch der Softwareproduzenten negativ beeinflussen würde.

Weiteren Regelungsbedarf für kommende Staatsverträge, so muss man hier sagen, sehen wir in der Umstellung der Erhebung der Rundfunkgebühren auf das Haushaltsprinzip. Wir halten es für gerechtfertigt, zu einer Pauschalgebühr zu kommen, die unabhängig von der Anzahl der Geräte pro Haushalt errichtet wird. Es ist erst einmal aufwändig, das juristisch alles klarzustellen, wer alles dann wie erfasst werden soll und wie hoch veranschlagt werden soll. Wenn es zu keiner Mehrbelastung kommen soll, ist allerdings ausgerechnet worden, dass das bei ARD und ZDF zu Ausfällen von 440 Mio.   2  und deshalb ist sie also vorerst zurückgestellt worden. Darüber muss man diskutieren. Ich denke, man sollte die grundlegende Reformation der Gebührenerhebung nicht aus den Augen verlieren.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion wird dem vorliegenden Gesetz zustimmen. Die wesentlichen Punkte haben wir schon einmal im Ausschuss für Bildung und Medien beraten. Wenn wir noch einmal überweisen würden, dann sind wir beim gleichen Stand und können nichts an dem unbefriedigendem Zustand bei den Regionalfenstern der Privatsender ändern. Also bringt es unseres Erachtens nichts und wir würden auch befürworten, dass wir heute noch in die zweite Lesung einsteigen. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Seela zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, vorab möchte ich namens meiner Fraktion beantragen, dass wir heute gleich im Anschluss in die zweite Lesung gehen. Das ist ganz einfach, wir haben im vergangenen Jahr bereits zweimal im Ausschuss für Bildung und Medien intensiv zu der Problematik Siebter Rundfunkänderungsstaatsvertrag diskutiert. Wir haben im vergangenen Jahr hier auch im Plenum gemäß einem Antrag der PDS noch einmal zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag diskutiert.

Es gab da eine Reihe von Wiederholungen, ich könnte mir also durchaus vorstellen, was mein Kollege von der SPD und meine Kollegin von der PDS hier noch dazu zu berichten haben. Es ist auch bestätigt worden. Doch hat mich Frau Dr. Kaschuba schon etwas enttäuscht, vielleicht weil ich erwartet hatte, dass Sie zustimmen, besonders bis zum letzten oder vorletzten Abschnitt Ihrer Rede. Weil ich da eigentlich eine Zustimmung herausgehört habe, einige Vorteile, und der Schwenk zu Frau Professor Schipanski ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich habe erwartet, dass sie erst morgen kommt. Ich könnte dazu noch etwas sagen, ich habe mir die Rede noch einmal durchgelesen, ich konnte überhaupt keinen Angriff auf die Presse oder die Medien dabei entdecken, und eine wahrhafte Berichterstattung sollte eigentlich das Anliegen eines jeden Journalisten sein, daran gibt es gar nichts zu rütteln, das ist schon korrekt.

Aber ich würde dann noch einmal etwas ausführen zu Medien und Parteien. Das liegt uns, also der CDU-Fraktion, besonders am Herzen. Das ist auch eine Protokollnotiz, eine von den fünf, an denen sich Thüringen beteiligt hat. Zu meinem Kollegen Dr. Pidde gleich vorab: Ich glaube, Sie verwechseln etwas mit der Forderung, dass SAT 1 und RTL hier zu Landesfenstern mit regionalem Inhalt zu verpflichten sind. Das ist nicht nur ein frommer Wunsch, das ist aber nicht zu verwechseln mit dem Landesjournal Thüringen. Das ist nicht so vorzustellen, dass RTL oder SAT 1 jetzt in jedem Bundesland eine halbe Stunde aus diesem Bundesland zu berichten hat; darum geht es nicht. Es geht eigentlich darum, dass für dritte Anbieter Sendezeiten bereitzustellen sind. Das wird sicherlich SAT 1 und RTL auch einhalten. Alles andere ist, wie gesagt, ein frommer Wunsch und ist nur zu realisieren, wenn jetzt z.B. RTL oder SAT 1 ihren Sitz in Thüringen hätten, könnten wir sie verpflichten, hier auch eine regionale Berichterstattung zu betreiben. Das ist aber nicht an dem, es sei, wie gesagt, ein frommer Wunsch, und wenn Sie jetzt in das Landesmediengesetz oder in ein anderes Gesetz etwas hineinschreiben, das motiviert RTL oder SAT 1 nun wirklich nicht nach Thüringen zu kommen. Im Gegenteil, wir müssen etwas motivierend sein und dürfen keine "Klötzer" da reinlegen, sondern wir müssen uns etwas einfallen lassen, damit wir solche Sender nach Thüringen locken. Aber das ist ja auch Gegenstand - wie gesagt, ein frommer Wunsch - der morgigen Diskussion im Zusammenhang mit der Regierungserklärung.

Ich hätte eins, zwei Punkte genannt, die ich als großen Vorteil in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag betrachten würde: Einmal das Moratorium, das haben Sie vollkommen richtig gesagt. Gerade aus Thüringer Sicht ist Ihnen bekannt, besonders den Bildungspolitikern unter Ihnen - Herr Döring ist wieder einmal nicht da -, dass Thüringen ja einen Spitzenplatz bei der PC-Einrichtung und -Ausstattung an den Schulen hat. Stellen Sie sich einmal vor, wenn wir das Moratorium nicht verlängert hätten bis 2006, welche Belastung auf unseren Haushalt

in Thüringen zukäme. Das halte ich für außerordentlich vernünftig. Das ist noch keine endgültige Regelung. Aber wir haben Zeit und werden sicherlich auch im Zusammenhang mit der Gebührenmodelldiskussion darüber nachdenken müssen, was wird mit den PCs.

Die zweite wichtige Sache für Thüringen ist die Möglichkeit der Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an der Filmförderung. Für Thüringen als Kindermedienland auch außerordentlich wichtig. Jetzt hat der MDR Möglichkeiten, hier voll einzusteigen und natürlich, das ist auch wieder im Zusammenhang mit der morgigen Regierungserklärung vielleicht noch einmal erwähnenswert, hier auch in Produktion zu gehen und natürlich auch wertschöpfend vorzugehen, damit an Thüringen auch etwas hängen bleibt. Ansonsten der große Vorteil und der zentrale Dreh- und Angelpunkt des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags ist, wie es auch schon mehrmals gesagt worden ist, die gesetzliche Festschreibung des Funktionsauftrags. Meine Vorredner haben mehrmals diesen Funktionsauftrag richtigerweise auch im Zusammenhang mit der Gebührendiskussion, die momentan natürlich tobt draußen in der politischen Landschaft, gebracht. Das ist ein Vorteil, denn was treibt Gebühren nach oben? Das sind in der Regel zusätzliche Aufgaben, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu bestreiten hat. Wenn ich aber jetzt, und das ist auch Sinn und Zweck des Rundfunkänderungsstaatsvertrags, die Aufgabe oder den Funktionsauftrag genau festschreibe, kommen natürlich dann auch keine neuen Aufgaben hinzu. Also in der Regel sind es immer die Politiker, die Politik, die zusätzliche Aufgaben festschreiben und auch verlangen, die der Öffentlich-Rechtliche auch zu lösen hat. Wenn jetzt aber das festgeschrieben ist, so wird es ja auch sein, wobei man natürlich in einem Staatsvertrag das nicht im Detail festschreiben kann, aber in groben Zügen, ist es eben nicht mehr möglich. Der zweite Schritt - und das halte ich auch für außerordentlich vernünftig - sind dann die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gefragt, das mit Satzungen und Richtlinien auszustatten und diesen Auftrag noch etwas näher ins Detail gehend zu definieren.

Meine Damen und Herren, und Frau Dr. Kaschuba, Sie stimmen nicht zu. Was ist denn an Transparenz schädlich? Dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag gibt uns die Möglichkeit zu mehr Transparenz. Sie hatten es auch erwähnt bis zum vorletzten Abschnitt, glaube ich, dass ich jetzt mit diesem Staatsvertrag den öffentlichrechtlichen Rundfunk transparenter mache und diese zweijährige Berichterstattung - den ersten Bericht können wir schon zum 1. Oktober dieses Jahres erwarten ist ein weiterer Vorteil, eine Möglichkeit der indirekten Einflussnahme auch durch uns, durch das Parlament, weil wir eben auf entsprechende Entwicklungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk hingewiesen werden und wir könnten dann kraft unserer Möglichkeiten, z.B. über den Rundfunkrat, dann auch Einfluss nehmen. Ich halte das für den richtigen Schritt und als Möglichkeit, positiv in die Gebührendiskussion oder auch sachorientiert ohne

Emotionen auch Einfluss zu nehmen, nämlich über den Funktionsauftrag.

Meine Damen und Herren, ich kann diesem Vertrag fast nur Positives abgewinnen. Natürlich grämt es mich auch als Parlamentarier, dass man erst im Nachhinein abstimmt. Aber hier habe ich volles Vertrauen in unsere Landesregierung und natürlich auch in die Rundfunkreferenten, die auf Länderebene die Vorarbeit leisten. Wenn ich ernsthaft herangehe, muss ich mir auch die Frage stellen, stellen Sie sich einmal vor, wenn alle Fraktionen aller Landesparlamente sich an einen Tisch setzen und versuchen, diesen Staatsvertrag hinzubekommen, das ist - das wissen wir alle, wir sind alle politisch tätige Menschen - schier unmöglich und deswegen muss es konzentriert erfolgen. Das erfolgt nun mal hauptsächlich und vor allem über die Rundfunkreferenten der entsprechenden Länder.

Meine Damen und Herren, die eigentliche Gebührendiskussion erwarten wir dann im Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Wir sind hier mit diesem Staatsvertrag nicht direkt betroffen. Deswegen würde ich auch heute dazu nichts weiter vorbringen wollen.

Namens meiner Fraktion bitte ich daher, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zuzustimmen und wenn Sie einverstanden sind, dass wir danach gleich in die zweite Lesung gehen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor, so dass ich die Aussprache schließen kann. Es ist beantragt worden, dass die zweite Beratung gleich heute angefügt wird. Da müssen wir aber über die notwendige Fristverkürzung mit Zweidrittelmehrheit entscheiden. Ich stelle jetzt die Frage, ob die Bereitschaft da ist, dass die zweite Lesung jetzt gleich angeschlossen wird. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Es gibt 1 Stimmenthaltung, aber die Zweidrittelmehrheit ist damit erreicht, so dass wir die zweite Beratung gleich anschließen können.

Ich rufe die zweite Beratung auf und frage, ob sich in dieser zweiten Beratung jemand zu Wort melden möchte. Das ist offensichtlich nicht der Fall. Damit schließe ich die zweite Beratung und wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 3/3912, also Thüringer Gesetz zu dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nach zweiter Beratung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Das ist eine Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Es gibt eine ganze Reihe Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Es gibt 1 Stimmenthaltung. Mit einer Mehrheit von Jastimmen ist der Gesetzentwurf angenommen. Ich bitte, das in der Schlussabstimmung zu bekunden.

Wer dem Gesetz zustimmen möchte, möge sich von den Plätzen erheben. Danke schön. Die Gegenstimmen jetzt bitte. Danke schön und die Stimmenthaltungen. Danke schön. Mit einer Mehrheit von Jastimmen ist das auch in der Schlussabstimmung bekundet worden, dass dieser Gesetzentwurf angenommen worden ist. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 12.

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 13

Zweites Thüringer Rechtsbereinigungsgesetz Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3932 ERSTE BERATUNG

Ich nehme an, Herr Staatssekretär Koeppen nimmt die Begründung für die Landesregierung vor.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr oft wird über die so genannte Gesetzesflut und Überreglementierung geklagt. Sehr oft wird die Kompliziertheit und die Unübersichtlichkeit der Rechtsordnung beklagt. Es wird übrigens genauso oft populistisch nach zusätzlichen oder schärferen Gesetzen gerufen. Für die Thüringer Rechtsetzung trifft nach meiner Überzeugung beides nicht zu. Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung sind wichtige Grundsätze und Ziele der Arbeit der Thüringer Landesregierung. In diesem Zusammenhang weise ich auf die hervorragende, wie ich finde, Arbeit der von der Landesregierung eingesetzten Stabsstelle "Verwaltungsvereinfachung, Entbürokratisierung" hin.

Zu unseren Aufgaben als Justizressort gehört es, die Fachministerien in Rechtsetzungsfragen zu unterstützen und zu beraten. Die Wahrung der Übersichtlichkeit, Bestimmtheit und Klarheit des Landesrechts hat hierbei naturgemäß oberste Priorität. Auf diese Weise ist eine permanente Deregulierung und Bereinigung des Landesrechts gewährleistet. Diesem Ziel dienen aber auch die von Zeit zu Zeit notwendigen gesetzlichen Rechtsbereinigungen. So haben in den Jahren nach 1945 die alten Bundesländer und auch der Bund eine ganze Reihe von Rechtsbereinigungsgesetzen erlassen, um ihr geltendes Recht übersichtlicher zu gestalten.

Zusammengefasst geht es bei der Rechtsbereinigung darum, einen nach Verkündungsblättern oder Normgebern - also Gesetzgebern - abgrenzbaren Rechtsbestand zu überprüfen, gegebenenfalls aufzuheben und fortgeltende Vorschriften festzustellen. Der von der Landesregierung vorgelegte Entwurf des Zweiten Thüringer Rechtsbereinigungsgesetzes soll Klarheit über den Bestand des Thüringer Landesrechts schaffen und einen Schlusspunkt hinter die Rechtsentwicklung vor dem 3. Oktober 1990 setzen.

Ausgangspunkt, meine Damen und Herren, ist der Einigungsvertrag. Dieser hat durch seinen Artikel 9 Abs. 1 das zu Landesrecht gewordene Recht der ehemaligen DDR pauschal übergeleitet. In einem ersten Schritt wurde deshalb zunächst das in den Verkündungsblättern der ehemaligen DDR veröffentlichte Recht überprüft. Dies fand seinen Abschluss mit dem Ersten Thüringer Rechtsbereinigungsgesetz im Jahre 1986. Der Entwurf des nunmehr Zweiten Thüringer Rechtsbereinigungsgesetzes reicht weiter in die Vergangenheit zurück und erfasst nach seinem § 1 das Recht sämtlicher anderer Staatsgewalten auf dem Territorium des heutigen Freistaats Thüringen, welches nach den Regelungen des bereits genannten Artikels 9 Abs. 1 des Einigungsvertrages die Rechtsordnung der ehemaligen DDR überlebt hat und somit zu Landesrecht in Thüringen geworden ist.

Um welche Rechtskreise geht es hierbei? In der Rechtsetzung spiegelt sich die wechselvolle Geschichte des Freistaats Thüringen wider. Diese Geschichte ist geprägt durch kleinstaatliche Strukturen und eine zweimalige Auflösung der Staatlichkeit durch Diktaturen. Auch der Einfluss hessischer, westfälischer und preußischer Staatlichkeit sowie die Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg sind zu berücksichtigen. In Betracht kommen danach insbesondere das Recht des Landes Thüringen von 1946 bis zur Auflösung der Länder der ehemaligen DDR im Jahre 1952. Es kommt in Betracht Besatzungsrecht, das Recht des Deutschen Reiches und der Vorgängerstaatsgebilde, das Recht des Landes Thüringen von 1920 bis zur Gleichschaltung der Länder im Jahre 1933, das Recht der thüringischen Einzelstaaten vor 1918 sowie das Recht besonderer Rechtskreise für einzelne Gebiete des heutigen Freistaats Thüringen.

Die Anwendbarkeit älterer Vorschriften hat lediglich in den Anfangsjahren nach 1990 in Einzelfällen zu kontroversen Diskussionen geführt. So war beispielsweise die Anwendbarkeit älterer Thüringer Regelungen zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuches oder auch von Bestimmungen über Waldgenossenschaften klärungsbedürftig. Diese Zweifelsfragen wurden jedoch rechtlich geklärt oder vom Thüringer Gesetzgeber nach dem 3. Oktober 1990 aufgegriffen und neu geregelt. Insgesamt haben sich diese Rechtskreise nur wenig oder gar nicht auf das geltende Landesrecht ausgewirkt. Dies hat spezifische Gründe, die für die alten Länder so nicht zutrafen. So hatte die ehemalige DDR mit dem Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der Deutschen Demokratischen Republik vom 23. Juli 1952 die Länderstrukturen faktisch aufgelöst und die Grundlagen für die sukzessive Aufhebung älterer landesrechtlicher Regelungen geschaffen. Nachfolgend wurden nahezu sämtliche Rechtsgebiete neu kodifiziert. Beispielsweise erhielt § 15 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch der DDR vom 19. Juni 1975 die Regelung über das AußerKraft-Treten des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie sämtlicher zu dessen Ausführung erlassener landesrechtli

cher Regelungen. Darüber hinaus wurden mit diesem Gesetz etwa 50 weitere reichsrechtliche und Thüringer Gesetze und Verordnungen ausdrücklich aufgehoben. Dies ist eine wesentliche Besonderheit der Rechtsentwicklung in den neuen Ländern. Es kommt hinzu, dass die neuere Rechtsetzung Thüringens mittlerweile nahezu sämtliche landesrechtlich relevanten Sachgebiete erfasst und somit das nach der DDR vorgefundene landesrechtliche Vakuum ausgefüllt hat. Hierbei wurden vorgefundene ältere Vorschriften entweder ausdrücklich oder inhaltlich aufgehoben. Dazu verweise ich beispielsweise auf die Aufhebungsbestimmungen des Thüringer Waldgenossenschaftsgesetzes und des Thüringer Landesvermessungsgesetzes.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach 13 Jahren Rechts- und Verwaltungspraxis sollte nunmehr eine abschließende Pauschalaufhebung des noch verbliebenen Rechts älterer Rechtskreise erfolgen. Per Gesetz wird also nunmehr festgestellt, dass älteres Recht nicht als Landesrecht fortgilt. Rechtslücken sind nach den Feststellungen in Vorbereitung des Zweiten Thüringer Rechtsbereinigungsgesetzes nicht zu befürchten. Die der Gesetzesinitiative vorausgegangene Befragung der Verwaltungspraxis bestätigt unseres Erachtens diese Prognose. Der vorliegende Gesetzentwurf ähnelt einschlägigen Landesgesetzen Sachsen-Anhalts, Brandenburgs und Sachsens. Das von § 1 des Entwurfs erfasste alte Landesrecht soll pauschal außer Kraft gesetzt werden. Die §§ 2 und 3 enthalten Vorbehaltsklauseln, die aus den Erfahrungen der Rechtsbereinigung in den anderen Ländern sowie auch aus konkreten Hinweisen bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs resultieren.

An dieser Stelle darf ich besonders den in Thüringen vertretenen Kirchen für ihre Hinweise und Vorschläge zu den kirchenrechtlichen Regelungen herzlich danken. Der Gesetzentwurf trägt dazu bei, Zweifel und Streitigkeiten über Fragen des anzuwendenden Landesrechts zu vermeiden. Diese abschließende Bereinigung der älteren Rechtskreise dient der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Sie ist ein Beitrag zur Transparenz der Rechtsordnung und erleichtert den Bürgern den Umgang mit dem Recht. Das Recht des Freistaats Thüringen besteht fortan allein, für jedermann nachlesbar, aus den im Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Thüringen verkündeten Rechtsvorschriften.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Gesetzesinitiative der Landesregierung ist gleichwohl nicht der Abschluss aller deregulierenden Maßnahmen. Auch zukünftig wird jeder neuen Rechtsetzung eine gründliche Prüfung der Erforderlichkeit und der Möglichkeiten der Aufhebung überflüssig gewordener Vorschriften vorausgehen. Ich bitte um Beratung und positive Beschlussfassung über den Gesetzentwurf. Ich danke Ihnen für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Schemmel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Staatssekretär Koeppen hat aus meiner Sicht sehr ausführlich, sehr klar und sehr umfassend dargestellt, worum es sich bei diesem Rechtsbereinigungsgesetz handelt und warum es in dieser Phase jetzt durchgeführt wird. Ich kann mich erinnern, als ich als einer der Vorgänger von Herrn Koeppen auch Staatssekretär im Justizministerium war, haben wir das Erste Thüringer Rechtsbereinigungsgesetz durchgesetzt. Ich durfte dies begleiten. Es war eine etwas interessantere Geschichte, weil wir damals die Einzelfallprüfung durchgezogen haben, jetzt kommt es zu einer Pauschalüberprüfung, das ist aber dieser Thematik, denke ich, völlig angemessen. Ich denke, es wird auch in den Beratungen im Justizausschuss nicht viele Unklarheiten geben. Ich werde ein paar Fragen nach dem Sinn und Zweck mancher Regelungen in §§ 2 und 3, diese Vorbehaltsklauseln, stellen. Aber, ich denke, man wird sie schnell klären können. Ich denke, wir werden dieses Gesetz so in der Art und Weise, wie es jetzt vorliegt, dann auch in der Zweiten Beratung verabschieden können.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Wolf zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen, das klang eben schon mehrmals an, es ist das Zweite Rechtsbereinigungsgesetz und wir alle, oder ein Großteil der hier im Raum sitzenden Kollegen, können uns noch daran erinnern, dass wir 1996 das Erste Rechtsbereinigungsgesetz hier beschlossen haben. An der Stelle muss ich den Kollegen Staatssekretär ein klein wenig korrigieren. Er hatte sich versprochen, er hatte von 1986 gesprochen, war sicherlich ein Versprecher. Damals ging es um fortgeltendes Recht, was in der ehemaligen DDR geschaffen wurde als Landesrecht in Thüringen und das war eine sehr diffzile Arbeit, all die Gesetze noch einmal zu überarbeiten und vor allen Dingen auch zu bereinigen. Also den Rat des Kreises z.B. aus dem Text zu entfernen oder das Kreisgericht und ähnliche Begriffe und vieles mehr, was dann zu korrigieren war, wenn dieses Gesetz auch weiter gelten sollte. Es klang eben schon einmal bei meinen Vorrednern an, der Einigungsvertrag in seinem Artikel 9 Abs. 1 hat auch darüber hinaus weitergeltendes Recht geregelt, denn auch die DDR hatte schon vor ihrer Zeit gesetztes Recht übernommen, speziell,

Herr Staatssekretär Koeppen hat es schon ausgeführt, ging es um Recht, das zwischen 1946, also in dem ehemaligen Land Thüringen schon gesetzt wurde, bis zum Jahre 1952, aber auch Rechtsnormen aus dem Deutschen Reich und aus den Strukturen, die vor dem Deutschen Reich bestanden haben, sind übernommen worden. Von 1945 bis in die Gründungsjahre Thüringens oder Wiedergründungsjahre Thüringens hinein galt Besatzungsrecht, auch davon ist zum Teil Recht übernommen worden. Auch aus der Zeit, die vor dem Zweiten Weltkrieg existierte, also von 1920 bis zur Gleichschaltung in etwa 1933, ist Recht in Thüringen übernommen worden, aber auch Recht aus Thüringer Einzelstaaten. Ich will die jetzt nicht alle aufzählen. Ich habe vorhin gehört, wie das Thema angerissen wurde, wie viele Leute dann plötzlich wussten, wo von Preußen über Reußen bis hin zum Henneberger Land oder Meiningen-Sachsen-Coburg Recht übernommen wurde. Ich will jetzt nicht auf die Einzelheiten so intensiv eingehen. Jedenfalls nach dem 3. Oktober 1990 wurde vieles in Thüringen landesrechtlich neu geregelt, so dass vieles von dem, was in diesen Rechtsvorschriften enthalten ist, für heute eigentlich überflüssig ist. Es ergeben sich aber auch noch andere Notwendigkeiten, dieses Recht außer Kraft zu setzen. Allein der Zugriff auf die entsprechenden Veröffentlichungen wird von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr schwieriger. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit des vor uns liegenden Gesetzentwurfs und ich will jetzt nicht noch einmal alles in Einzelheiten vortragen. Ich habe es mir zwar aufgeschrieben, aber ich trage es trotzdem nicht vor. Ich beantrage die Überweisung an den Justizausschuss. Wir werden es dann dort im Detail in Ruhe alles durchsprechen können, auch inwieweit wichtige alte Rechte durchaus noch Bestand haben sollten. Mir fällt das Braurecht ein oder das Wasserrecht, was sicherlich für den einen oder anderen in seiner Kommune von sehr großem Interesse sein könnte. Ich beantrage deshalb die Überweisung an den Justizausschuss. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Ich schließe damit die Aussprache. Es ist beantragt worden, diesen Gesetzentwurf an den Justizausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit kann ich diesen Tagesordnungspunkt 13 schließen.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 14

Gesetz zur Modernisierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im Freistaat Thüringen - Gesundheitsdienstmodernisierungsgesetz - ThürÖGDModG Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3929 ERSTE BERATUNG

Die einreichende Fraktion hat Frau Abgeordnete Nitzpon zur Begründung des Gesetzentwurfs angemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der PDS-Fraktion zum Öffentlichen Gesundheitsdienst, ab sofort in meiner Rede mit ÖGD benannt, geht von einer umfassenden Aufgabenstellung dieses Bereiches aus. Die Betätigungsfelder eines modernen Gesundheitsdienstes umfassen heute die Bereiche Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsfürsorge und Gesundheitshilfe. Sie dienen vor allem der gesundheitlichen Versorgung gesundheitlich und sozial besonders schutzbedürftiger und belasteter Bevölkerungsgruppen, wie Kinder und Jugendliche, Frauen, Senioren, behinderte Menschen, sucht- und chronisch kranke Menschen. Die Gesundheitsreform der rotgrünen Bundesregierung mit ihrem selektiven Charakter und die Tatsache, dass wir in Thüringen als einziges neues Bundesland noch nach dem so genannten Kleditschgesetz aus der DDR arbeiten, das unter ganz anderen Rahmenbedingungen entstanden ist, machen es notwendig, in Thüringen nach einem neuen Gesetz für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu arbeiten. Deshalb erhält in unserem Gesetzentwurf der ÖGD einen nachgeordneten Sicherstellungsauftrag. Diese Aufwertung des ÖGD resultiert aus der Tatsache, im Bereich der gesundheitlichen Daseinsvorsorge möglichst keine Lücken entstehen zu lassen. Gesundheit ist für uns Grund- und Menschenrecht. Angesichts der gravierenden Veränderungen im Zuge des Raubbaus dieser Bundesregierung im Sozialversicherungssystem wird ein solcher Sicherstellungsauftrag an Bedeutung zunehmen und gewinnen. Deshalb wird dem ÖGD in unserem Entwurf die gesetzliche Pflicht auferlegt, den öffentlichen Sicherstellungsauftrag dann zu erfüllen, wenn vorrangig zuständig andere Beteiligte und Leistungserbringer an der Gesundheitsversorgung dies nicht können. Das entspricht unserer Auffassung der Bedeutung, die der Öffentliche Gesundheitsdienst als dritte Säule des Gesundheitswesens erfüllt und ist im Hinblick auf die Entwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung mit ihrer zunehmenden ökonomischen und sozialen Diskriminierung für immer mehr Betroffene von existenzieller Bedeutung.

(Beifall bei der PDS)

Deshalb sieht der Gesetzentwurf für jeden Bürger ein Recht auf Inanspruchnahme der Leistungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes vor. Vorgesehen ist auch eine enge Vernetzung der Arbeit des ÖGD mit anderen Behörden und Akteuren, da Gesundheitspolitik auch und insbesondere auf kommunaler Ebene eine Querschnittsaufgabe ist. Zunehmen wird auch die Bedeutung des Gesundheitsschutzes in Zeiten der Globalisierung von Gesundheitsrisiken wie SARS, aber auch die Zunahme bei TBC, nicht nur durch Migranten, sondern auch durch sozial schwache Bevölkerungsgruppen, wie z.B. Obdachlose. Gestärkt werden soll zudem die Rolle des ÖGD im Katastrophenschutz. Von Bedeutung sind für uns auch die Regelungen zur Gesundheitsberichterstattung und der Gesundheitsplanung. Wenn in diesem Lande mehr für Prävention getan werden soll, dann gehört auch eine kommunale Gesundheitsberichterstattung und eine kommunale Gesundheitsplanung zur Pflichtaufgabe. Bekanntlich, meine Damen und Herren, will die Bundesregierung ein Präventionsgesetz auf den Weg bringen. Das wird aber ohne ein modernes ÖGD-Gesetz für Thüringen nicht funktionieren, deshalb heute unser Gesetzentwurf. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat sich zu Wort gemeldet Frau Arenhövel, CDU-Fraktion.