Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat sich zu Wort gemeldet Frau Arenhövel, CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist richtig, dass die Diskussion um ein Präventionsgesetz in vollem Gange ist. Nur sind wir der Auffassung, dass, wenn ein solches Gesetz kommt, das dringend über die Bundesebene verabschiedet werden muss, weil wir in ganz Deutschland einheitliche Rahmenbedingungen brauchen. Außerdem sind die Diskussionen dazu noch nicht abgeschlossen. Der Freistaat Thüringen hat aufgrund von Verordnungen hervorragende Bedingungen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Wenn man sich die Zahlen einmal ansieht, beispielsweise bei der Durchimmunisierung von Kindern, so liegen wir hier im bundesweiten Vergleich sehr gut, nämlich bei über 90 Prozent.
Der vorgelegte Gesetzentwurf der PDS-Fraktion hat natürlich auch das Problem und das Regelungsbedürfnis ausgewiesen und bezüglich der Kosten heißt es, dass die Kostenermittlung und -prognose nur mit Hilfe der Landesregierung erfolgen könne, da es ansonsten nicht möglich ist. Ansonsten sagt der Gesetzentwurf zu diesem Punkt überhaupt nichts und damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir wieder bei den ganz allgemeinen Problemen, die wir haben bei solchen Gesetzentwürfen, dass nämlich die Kostenfrage überhaupt nicht geklärt ist und kein Mensch weiß, wie man die Dinge bezahlen soll. Sicherlich ist es richtig, und das meinen wir auch, dass wir ein Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst
brauchen, aber da ist es auch wichtig, dass die finanziellen Rahmenbedingungen geklärt werden. In dem gesamten Gesetz zieht sich eines durch: Es werden Leistungen und Aufgaben dem Öffentlichen Gesundheitsdienst zugeschrieben, die ihm eigentlich gar nicht zukommen. So haben z.B. den Sicherstellungsauftrag für die Gesundheitsleistung die Kassenärztlichen Vereinigungen und es ist überhaupt nicht einzusehen, weshalb man diesen Pfad verlassen soll und jetzt alles auf den öffentlichen Dienst schiebt.
Ja, doch, das verstehen wir schon. Frau Dr. Fischer, bei aller Liebe zu dem Gesetzentwurf, es ist auch nicht das erste Mal, dass die PDS hier einen Gesetzentwurf einbringt über den Öffentlichen Gesundheitsdienst, sondern in der vorigen Legislaturperiode haben Sie das auch schon vorgelegt,
meistens kurz vor Wahlen. Auch die Zuständigkeit zur Prüfung von Arzneimitteln, hierfür gibt es Behörden, so dass Ihre Ausführungen eigentlich vollkommen unnötig sind. In § 19 haben Sie ausgeführt die Rechtsmedizin und das Totenscheinwesen, auch das gehört eigentlich nicht in so ein Gesetz. Da gibt es andere Gesetze, in denen die Dinge geklärt sind. Insgesamt gesehen, müssen wir als CDU-Fraktion diesen Gesetzentwurf aus den Gründen, die ich hier vorgetragen habe, ablehnen. Wir werden es auch ablehnen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss zu überweisen, weil eines nämlich deutlich wird: Das, was Sie hier konzipiert und veranschlagt haben, ist der gradlinige Weg in die Staatsmedizin. Einen solchen Weg, den werden wir nicht mitgehen können und auch nicht mitgehen wollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Grundlage für den ÖGD in Thüringen ist die Verordnung vom
8. August 1990 in der Fassung vom 2. Oktober 1998. Wenn man dieses in ein Gesetz umändern will, muss man nachweisen, dass dieses notwendig ist und auch eine Verbesserung bedeutet. In der 66. Plenarsitzung am 14. Juni 2002 hatte der damalige Gesundheitsminister Dr. Pietzsch einen Bericht über die Situation des ÖGD in Thüringen gegeben. Nach diesem Bericht besteht seiner Ansicht nach kein dringender Handlungsbedarf betreffs einer gesetzlichen Grundlage für den ÖGD. Meiner Meinung nach wäre die Einschränkung des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung Artikel 13 Grundgesetz ein wichtiger Grund. Weiterhin wäre auch die in § 11 Abs. 1 des Entwurfs ermöglichte Warnung durch den ÖGD vor bestimmten Produkten usw., unter Nennung des Namens als Grund zu nennen. Für diese Problematik wäre eine größere Rechtssicherheit durch eine gesetzliche Regelung gegeben. Ob für die praktische Arbeit des ÖGD vor Ort der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form Verbesserungen bringt, müsste nach meiner Meinung in Ausschussberatungen und durch Anhörung geklärt werden. Kritisch möchte ich anmerken: Vergleicht man den Gesetzentwurf zum Beispiel mit dem brandenburgischen Gesetz, so fällt mir auf, dass man ein Gesetz auch ohne Regelungsverlust etwas präziser und noch klarer formulieren könnte. Zum Beispiel wird in § 25 Abs. 5 Satz 2 gesetzlich vorgeschrieben, dass der Personalbedarf auch durch Versetzung oder in Ausnahmefällen Abordnung von den Behörden zu decken ist. Aber auch das ist marginal im Vergleich zur gewollten Umstrukturierung des Thüringer Landesamts für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz in ein Thüringer Landesamt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Will man diese Umstrukturierung, so sollten auch deutlich die Vorteile im Hinblick auf rasches Reagieren, personelle Situation und Finanzen genannt werden. Da Sie von der PDS die Kosten des ÖGD ganz auf den Freistaat Thüringen verlagern möchten, wäre wohl wenigstens eine Grobschätzung in diesem Gesetz angebracht gewesen. Nach unserer groben Schätzung liegen die Kosten für alle Landkreise und kreisfreien Städte bei ca. 30 bis 35 Mio. Unklar ist uns, ob Sie diese Summe aus dem derweiligen Kommunalen Finanzausgleich nehmen möchten, oder das Geld dann zusätzlich vom Land fordern.
Zum Schluss möchte ich hier noch auf ein Problem eingehen, das unabhängig von dieser Gesetzesvorlage besteht, und aufmerksam machen auf den Mangel an ärztlichem Nachwuchs in diesem Bereich. Auf Rückfrage in der Landesärztekammer Thüringen kam als Antwort, hochgegriffen sind zwei Ärzte in der Weiterbildung zum Facharzt Öffentliches Gesundheitswesen. Der Gesetzentwurf sollte unserer Meinung nach im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit federführend und im Innen- sowie Justizausschuss beraten werden. Ich danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Arenhövel, ich muss Sie an dieser Stelle - ich sehe Sie im Moment nicht - ein bisschen korrigieren. Selbstverständlich haben wir in den letzten 10 Jahren sehr, sehr viele Anfragen zum Öffentlichen Gesundheitsdienst, Mündliche Anfragen, Kleine Anfragen, Anträge usw. eingebracht. Einen Gesetzentwurf haben wir noch nie eingebracht, denn wir halten sehr viel von solider Arbeit, wir haben erstmal etwas gesammelt usw., usf. Auch Ihre anderen Argumente, Frau Arenhövel, greifen so nicht. Natürlich haben wir alles, was zum Präventionsgesetz vorhanden ist, also nur ein Teil des Gesetzentwurfs, schon eingearbeitet und ich mache darauf aufmerksam, Thüringen ist das letzte Land, das noch keinen Gesetzentwurf hat. Handlungsbedarf und Spielraum gerade in diesem Bereich besteht für das Land, darauf mache ich auch aufmerksam.
Bitte reden Sie sich an der Stelle nicht raus. Frau Künast, ich danke Ihnen, dass Sie zumindest die Ausschussberatung für die SPD angekündigt haben, aber ich nehme mal an, Sie haben auch einen eigenen Gesetzentwurf, denn im Wahlkampf hat Frau Ellenberger mal damit geworben, dass Sie einen Gesetzentwurf einbringen wird. Also, ich denke, das könnte was sehr Sinnvolles werden.
Meine Damen und Herren, der Öffentliche Gesundheitsdienst nimmt die hoheitlichen und kommunalen Aufgaben der gesundheitlichen Daseinsvorsorge und des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung gemeinwesenorientiert ohne wirtschaftliche Eigeninteressen wahr. Zu den klassischen Aufgaben der Seuchen- und Kommunalhygiene gehören der Trinkwasser- und Bädergewässerschutz, der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, der sozialpsychiatrische Dienst, die Tuberkulose-, Geschlechtskrankheiten-, HIV- und Aidsberatung und -fürsorge, die Behindertenberatung, die Impfberatung und die Impflückenschließung. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, die Fülle der Aufgaben, während ich rede, auf sich wirken zu lassen und zur Kenntnis zu nehmen. Dazu sind weitere neue Aufgaben gekommen wie Gesundheitsförderung, Gesundheitsberichterstattung, Umweltmedizin, Epidemieologie, Selbsthilfeorganisationen sowie sozialkompensatorische Aufgaben und medizinische Betreuung von Asylbewerbern und Prävention. Mit anderen Worten, meine Damen und Herren, das Leistungsspektrum der Gesundheitsämter wurde ständig erweitert. Damit kommt dem Öffentlichen Gesundheitsdienst bei der fachlichen Beratung der kommunalen politischen Entscheidungsträger bei der Planung einer bedarfsgerechten medizinischen und sozialen Versorgungsstruktur eine
besondere Bedeutung zu. Zugleich stellen neue Bedrohungen für die Gesundheit der Bürger neue Herausforderungen für den öffentlichen Gesundheitsdienst dar, wie SARS oder auch Bioterrorismus oder ganz aktuell - vielleicht Ihnen in Erinnerung - der Ausbruch der Vogelgrippe in bereits 10 Ländern. Die in Thüringen geltende Verordnung fasst die Erfahrungen in den alten Ländern der Bundesrepublik mit einem Stand von 1990 zusammen. Diese Verordnung ließ den Amtsärzten im Grunde genügend Handlungsspielraum, entsprechend ihrer spezifischen Aufgabenstellung. Kernproblem dabei ist aber die finanzielle Ausstattung der Gesundheitsämter und damit die personelle und sächlich-technische. Meine Damen und Herren, bekanntlich wird der ÖGD aus öffentlichen Haushaltsmitteln finanziert. Damit wird der Öffentliche Gesundheitsdienst, der Gesundheitsschutz der Bevölkerung, die Bevölkerungsmedizin nach Kassen- bzw. Haushaltslage vorgenommen. Das kann und darf aber in diesem Fall nicht sein.
Um auf Herrn Schwäblein heute früh zu antworten: Beim Denkmalschutz habe ich schon Bedenken, aber kann ich mir vorstellen. Aber in diesem Fall, wenn es um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung geht, sollten wir das alle überdenken. Damit nicht genug, der Thüringische Landkreistag hat mit seinem Organisationsmodell für die Landkreise gleich eine Empfehlung der Personalreduzierung auf 18 Stellen für den Fachdienst Amtsärztlicher Dienst herausgegeben und die Zusammenlegung zum Fachbereich Schule, Kultur und Gesundheit. Der Fachdienst Lebensmittelüberwachung/Veterinärwesen gehört zum Fachbereich Sicherheit und Ordnung, zu dem im Übrigen auch der Fachdienst Kfz-Zulassung zählt. Das lässt einiges vermuten an Inhalten oder, meine Damen und Herren, sind Sie nicht mit mir einer Meinung, dass mehr "Innovation" zur Reform der Verwaltungsorganisation im Sinne von Kooperation und besserer Kommunikation nicht mehr geboten werden kann. Sollte Ihnen das jetzt etwas ironisch erscheinen, dann sage ich Ihnen, das ist ausdrücklich gewollt.
Meine Damen und Herren, unserer Fraktion ist leider nicht bekannt, ob überhaupt und wenn ja und in welchem Umfang das zuständige Fachministerium in die Erarbeitung dieses Organisationsmodells mit einbezogen wurde. Ich gehe davon aus, dass Herr Dr. Pietzsch als damals zuständiger Minister in seiner Plenarrede zur Situation im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Thüringen am 14. Juni 2002 auf diese Überlegungen des Landkreistags, die bereits 2001 angestellt wurden, eingegangen wäre, falls er einbezogen gewesen ist. Bekannt ist, dass bei nicht wenigen Amtsärzten dieses Organisationsmodell Missmut und Ärger ausgelöst hat. Aber zum Sparen gezwungen frei nach dem Shellslogan "Packen wir es an", wird es bereits öffentlich umgesetzt. Herr Minister
Zeh, wie viele Gesundheitsämter haben wir eigentlich noch in Thüringen und wie ist deren personelle und sächliche Ausstattung heute, jetzt? Können Sie uns das tatsächlich sagen? Sehr geehrte Damen und Herren, der Zunahme von Aufgaben im Öffentlichen Gesundheitsdienst steht eine Abnahme von Ressourcen und Einsparungen in Größenordnungen gegenüber. Waren 1994 in den Gesundheitsämtern in Thüringen noch 810 Mitarbeiter beschäftigt, das sind 3,2 pro 10.000 Einwohner, so waren es 2001 nur noch 651, 2,6 pro 10.000 Einwohner. Dieser Personaltrend ist auch im Landesuntersuchungsamt, dem Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz, trotz wachsender Aufgaben zu verzeichnen. Das Personal der Gesundheitsämter zehrt von der Substanz hoch ausgebildeter Fachkräfte in der DDR. Für die qualifizierten Fachkräfte im Gesundheitsschutz, in der Sozialarbeit, im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst ist offensichtlich keine Nachfolge geplant. Dafür haben einige Ämter - eigentlich sind es ja nur noch Fachbereiche - mehr Verwaltungskräfte und Gesundheitsaufseher in ihrem Stellenplan ausgewiesen. Gesundheitsaufseher haben eine sechsmonatige Ausbildung zu absolvieren. Mit dieser - mit Verlaub - "Schnellbesohlung" sollen sie die komplizierten und komplexer werdenden Probleme und Aufgaben wirklich lösen? Ich bezweifele das. Bereits vor zwei Jahren hat die Landesärztekammer in Thüringen darauf hingewiesen - ja, Frau Künast, das stimmt -, dass von den 29 Amtsärzten im Land 24 über 50 Jahre alt sind und sich nur noch zwei Ärzte in der Weiterbildung im Öffentlichen Gesundheitsdienst befanden. Wie, Herr Minister Dr. Zeh, sieht die Situation inzwischen aktuell aus - außer dass Sie mir vielleicht sagen, dass wir alle zwei Jahre älter geworden sind?
Sehr geehrte Damen und Herren, die Europäische Union fordert mit ihrem Aktionsprogramm eine auf individuelles Verhalten und strukturelle Verhältnisse abzielende Gesundheitsförderung ein. Es ist zu erwarten, dass sich die Globalisierungsprozesse, insbesondere die EU-Osterweiterung sowie der zunehmende Wettbewerbsdruck, stärker auf die nationale Gesundheitspolitik in Zukunft auswirken werden. Die Aktionsbereiche der EU "Verbesserung der Informationen zur Entwicklung der öffentlichen Gesundheit", "Rasche Reaktion auf Gesundheitsgefahren und Gesundheit durch Gesundheitsförderung und Prävention" beschreiben den neuen Auftrag für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Genau das ist in unserem Gesetzentwurf bereits berücksichtigt.
Meine Damen und Herren, Gesundheitsförderung im Öffentlichen Gesundheitsdienst erfährt auch einen größeren Stellenwert durch das Vorhaben der Bundesregierung, ein Gesetz für Prävention und Gesundheitsförderung - kurz: Präventionsgesetz - zu verabschieden. Im Entwurf steht dazu: "Der Ausbau der Prävention und der Gesundheitsförderung ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung für private und staatliche Hand
lungsebenen. Er soll allen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen, unabhängig von sozialen Faktoren, ethnischer Zugehörigkeit, Alter und Geschlecht." Ich erlaube mir, noch ein Zitat hinzuzufügen. Es stammt aus der Herzog-Kommission, benannt nach dem Vorsitzenden der Kommission, Prof. Roman Herzog, Bundespräsident a.D.: Die Kommission ist der Auffassung, dass der gesundheitlichen Prävention mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Deutschland ist noch weit davon entfernt, von einer gesellschaftlich fest verankerten und auf breiter Front praktizierten Kultur der Prävention. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf die bewusst eingegangenen Gesundheitsrisiken, die mit übermäßigem Genuss von Nikotin, Alkohol sowie mit mangelnder Bewegung verbunden sind. Die Kommission ist der Überzeugung, dass konsequente Prävention zu einer spürbaren, allerdings nicht quantifizierbaren Dämpfung der Ausgabenentwicklung im Gesundheitswesen führen wird. Dieser Meinung kann ich mich als Kinder- und Jugendärztin anschließen. Da sich Erfolge in diesem Bereich nicht in Wahlperioden auswirken können, können wir auch an dieser Stelle Roman Herzog hinsichtlich der Einsparvolumen nicht direkt behilflich sein. Allerdings, auch an Frau Künast, rechnet die Bundesregierung mit Einsparpotenzialen durch Prävention z.B. allein bei chronischen Erkrankungen und Risikofaktoren wie Hypertonie, Cholesterinerhöhungen, Rauchen, Übergewicht/Adipositas mit ungefähr 12 Mrd. + Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen errechnen lassen.
Wir, sehr geehrte Damen und Herren, können zu unserem Gesetzentwurf keine Kostenprognose abgeben und das hat verschiedene Gründe. Einen Grund können Sie unserem Gesetzentwurf unter D, Kosten, entnehmen. Die im Landeshaushalt ausgewiesene Kostenpauschale an die Landkreise und kreisfreien Städte bildet eben nicht die tatsächlich entstehenden Kosten für den Gesundheitsdienst auf kommunaler Ebene ab. Die tatsächlichen Kosten lassen sich nur aus den Haushalten der Kreise und kreisfreien Städte erschließen, wobei der gegenwärtige personelle und sächlich geschrumpfte Ausstattungsgrad widergespiegelt wird - also keine Grundlage. Die Landesregierung konnte auf unsere Kleine Anfrage im Februar 2002 zur Umsetzung und Anwendung der Verordnung über den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Oktober 1998 nicht einmal Aussagen zum Durchschnittsalter des im Öffentlichen Gesundheitsdienst tätigen Fachpersonals machen, da keine Informationen vorlagen. Ich denke, das liegt nicht an der PDS.
Meine Damen und Herren, dennoch sehen wir durchaus Möglichkeiten der Finanzierung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Thüringen. Der Thüringer Rechnungshof leistet hier eine gewisse Zuarbeit - Dank an Dr. Dr. Dietz. In der Drucksache 3/3718, Seite 91, verweist der Rechnungshof darauf, dass das Land mit Mitteln
des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auch Krankenhäuser fördert, die nach erwerbswirtschaftlichen Grundsätzen arbeiten und erhebliche Überschüsse erzielen. Daher wird der Landesregierung empfohlen, eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen herbeizuführen, künftig Förderung von der jeweiligen wirtschaftlichen Situation eines Krankenhauses abhängig zu machen. In dem geprüften Zeitraum von 1996 bis 2000 hat die geprüfte Gesellschaft jeweils Überschüsse bis zu 20,2 Mio. erwirtschaftet. Das Eigenkapital konnte sie dadurch in dem geprüften Zeitraum von rund 13,3 Mio. ;;.1 ! stocken, also um 31,5 Mio. +
Meine Damen und Herren, fachliche Leit- und Integrationsstellen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes wie Landesgesundheitsämter in Baden-Württemberg oder in Brandenburg, wissenschaftlich leistungsfähige Landesuntersuchungsämter und Bundesämter wie das RobertKoch-Institut, stärken die Fachkompetenz der Gesundheitsämter und den fachlichen Transfer zur Landes- und Bundesebene an den Schnittstellen zwischen örtlicher Gesundheitsverwaltung, Gesundheitspolitik und Wissenschaft. Deshalb sieht das Gesetz eine Veränderung der Behördenstruktur vor. Dazu gehört die Schaffung eines Landesamtes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Das Landesamt soll aus dem vorhandenen Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen gebildet und weiterentwickelt werden. Das würde auch den Verbraucherschutz stärken. Die Zusammenlegung kann und wird zu Synergieeffekten führen. Die kommunalen Gesundheitsämter brauchen ein wissenschaftliches Rückgrat, das über die reinen Untersuchungsaufgaben hinaus durch wissenschaftliche Leistungen Kraft und Kompetenz besitzt.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir kennen die Ängste und Befürchtungen der verantwortlichen Mitarbeiter der Gesundheitsämter, dass bei einer derzeitigen Diskussion des Öffentlichen Gesundheitsdienstes eher Aufgaben infrage gestellt werden. Genau aus dem Grund haben wir in der letzten Legislaturperiode kein Gesetz eingebracht, weil die Diskussion weiter fortgeführt wurde. Und Sie werden es sicher glauben, dass wir das natürlich auch mit Gesundheitsämtern usw. gut besprochen haben. Da sind die Erfahrungen, die sie mit der Verordnung zur personellen Ausstattung der sozialpsychiatrischen Dienste gemacht haben. Die Bereitschaft und die Fähigkeiten der
Kommunen, die notwendige personelle und sächliche Ausstattung der Einrichtung sicherzustellen, hat nicht gerade zugenommen. Dennoch sind wir der Auffassung, dass es an der Zeit ist, ein modernes Gesundheitsdienstgesetz für Thüringen auf den Weg zu bringen. Da die Thüringer Landesregierung gern auf Bayern verweist, wollen wir das auch tun. Dort wurde im vergangenen Jahr ein neues Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz verabschiedet.
Herr Minister Zeh, Sie haben zum Neujahrsempfang mir wird ja ziemlich viel zugetragen, ich war ja selber nicht da aus unterschiedlichen Gründen - der Thüringer Zahnärzte gesagt: Demokratie ist Streit. Streiten wir kulturvoll und möglichst ideologiefrei um eine sinnvolle, zielorientierte Ausgestaltung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes für Thüringen ähnlich, wie wir es in der Enquetekommission "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" getan haben. Im Namen der PDS-Fraktion beantrage ich die Überweisung federführend an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und mitberatend an den Haushalts- und Finanzausschuss, Innenausschuss und Justizausschuss. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Es liegen mir keine Redemeldungen seitens der Abgeordneten mehr vor. Seitens der Landesregierung möchte Minister Dr. Zeh das Wort ergreifen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte das aufgreifen, was meine Kollegin Künast hier gesagt hat. Sie hat so ähnlich gesagt: Ein Gesetz brauchen wir, wenn es nötig wäre, und ein Gesetz muss besser sein als das, was wir haben. Beides trifft hier nicht zu. Erstens: Wir haben etwas, das gut ist. Zweitens: Das Gesetz, was vorgelegt ist, ist nicht besser. Schon eine kurze Befassung mit der Materie zeigt, lassen Sie mich das gleich auch mal in der rechtlichen Würdigung nachweisen, es ist keineswegs dringlich aus rechtlich formalen Gründen nötig, ein neues Gesetz zu erarbeiten. Das Argument, wir wären das letzte Land, das noch kein solches Gesetz hat, ist das schlechteste aller Begründungen. Damit hat man keine fundierte Begründung, denn wir haben eine Verordnung.
(Zwischenruf Abg. Dr. Hahnemann, PDS: Diese Landesregierung lebt doch von diesem Argument, Herr Minister!)
Frau Thierbach, wir haben eine Verordnung über den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien
Städten vom 8. August 1990 in der Fassung der Bekanntmachung der damals als Landesrecht fortgeltenden Vorschriften der ehemaligen DDR vom 2. Oktober 1998. Ich finde, die Abqualifizierung dieser Verordnung wird weder der frei gewählten Volkskammer der DDR gerecht noch dem Inhalt eben dieser Verordnung. Die Regelungen der Verordnung sind beispielhaft und wurden von ausgewiesenen Fachleuten aus West und Ost erarbeitet, und zwar auf der Grundlage einer Rahmenmustervorschrift aus dem damaligen Bundesministerium für Gesundheit. In den alten Bundesländern wurde diese Mustervorschrift lange Zeit vor allem aus Kostengründen ignoriert und nicht umgesetzt. Erst in den letzten zehn Jahren wurden so genannte ÖGD-Gesetze, ich benutze ebenfalls die Abkürzung, geschaffen, die sich zum Teil eng an diese Verordnung anlehnen.
Frau Dr. Fischer, ich habe das Gefühl, die Materie ist so wenig von allgemeinem Interesse, dass wir uns dann bilateral über die Details unterhalten sollten, ich glaube, das haben wir bisher immer gut gepflegt. Ich komme dann auf Sie zu, dann können wir uns unterhalten.