Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

(Beifall SPD)

Wenn Sie zum anderen besser kontrollieren, für was wird das Geld ausgegeben, wird es wirklich so benötigt, dann hätten wir den Anteil für die Landesstraßen in den Ortslagen längst wieder rein, es würden überhaupt keine Mehrkosten für das Land entstehen. In diesem Sinne appelliere ich an Sie, denken Sie noch einmal über diese Lösungsmöglichkeit nach. Ich beantrage die Überweisung unseres Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Bau und Verkehr federführend und begleitend an den Justizausschuss.

(Beifall SPD)

Seitens der Abgeordneten liegen mir keine weiteren Redemeldungen mehr vor. Für die Landesre

gierung Minister Wucherpfennig, bitte.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion der SPD greift eine alte Forderung auf und schlägt vor, die bestehende gesetzliche Verpflichtung der Gemeinden, in ihrer Ortslage auch für Bundes-, Landes- und Kreisstraßen auf eigene Kosten für den Winterdienst zu sorgen, zu streichen. Stattdessen soll diese Pflicht künftig den jeweiligen Baulastträgern selbst obliegen. Ich gebe diesbezüglich zu erkennen, dass das Vorblatt und die Begründung gegenüber der Initiative der SPD-Landtagsfraktion aus dem Jahr 2005 geändert wurden, ansonsten ist der Gesetzentwurf völlig identisch und als Wiedervorlage -

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ja, das war Absicht.)

keine Abrede - zu werten. Spätestens seit der letzten Debatte hier im Parlament hätte klar sein müssen, dass der Gesetzentwurf weder dazu geeignet ist, die Gemeinden finanziell zu entlasten, noch per Landesgesetz die Räumpflicht auf alle Baulastträger übertragen werden kann. Die Landesregierung empfiehlt daher die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Die Fraktion der SPD übersieht in ihrer Argumentation die Regelungen des geltenden Thüringer Finanzausgleichgesetzes. Herr Schugens sagte es bereits, schon die Prämisse, die Gemeinden würden für den Winterdienst auf fremden Straßen in ihren Ortslagen keine Mittel erhalten, ist falsch. Es trifft zu, dass den Gemeinden nicht mehr wie früher gezielt aus seperaten Haushaltstiteln Mittel für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt werden, die Finanzierung ist damit aber keineswegs gestrichen worden und auch nicht weggefallen. Im Zuge der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs wurde die Finanzierung lediglich auf neue Füße gestellt, wie es der Thüringer Verfassungsgerichtshof gefordert hat. Auch die früheren Formen der Finanzierung waren Bestandteil des Kommunalen Finanzausgleichs, nur als besondere Finanzzuweisung.

Bei der Ermittlung des Finanzbedarfs der Gemeinden nach dem neuen Finanzausgleichsgesetz wird der Finanzbedarf der Gemeinden auch für den Winterdienst auf Straßen in fremder Baulast berücksichtigt. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben werden diese Daten regelmäßig überprüft und auch fortgeschrieben. Hierbei wird auch die Entwicklung der Preisanstiege für Verbraucher berücksichtigt. Der für den Winterdienst auf fremden Straßen bestehende Bedarf wird den Gemeinden heute entsprechend ihrer Finanzkraft durch Schlüsselzuweisung ersetzt.

Die vorgeschlagene Gesetzesänderung hätte zur Folge, dass diese Ausgaben zukünftig nicht mehr zugunsten der Gemeinden im Kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt werden könnten und es damit zu einer Verringerung der Schlüsselzuweisungen an sie käme. Gleichzeitig würde sich der Bedarf der Kreise für den Winterdienst auf Kreisstraßen erhöhen und sich damit die Frage nach der Finanzierung stellen. So wäre beispielsweise zu klären, ob nach den Vorstellungen der SPD-Fraktion nun der Anteil der Schlüsselzuweisungen von den Gemeinden an die Landkreise fließen soll oder die Landkreise auf Wunsch der SPD-Fraktion die Kreisumlage zur Kostendeckung für den Winterdienst erhöhen sollen.

So, meine Damen, meine Herren, ist eine finanzielle Entlastung der Gemeinden nicht zu erreichen. Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass alle anderen Formen von besonderen Finanzzuweisungen des Landes nicht mit den Vorgaben des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vereinbar sind. Das Gericht hat in seinem Urteil vom 21. Juni 2005 die frühere Vielzahl an seperaten Zuweisungen als selbstverwaltungsfeindlich kritisiert und den Gesetzgeber aufgefordert, eine deutliche Gewichtung hin zu den allgemeinen, nicht zweckgebundenen Finanzzuweisungen vorzunehmen. Ich denke, es wird deutlich, dass die Landesregierung kaum den Entwurf eines Gesetzes unterstützen kann, das nicht dem vorgenannten Urteil entspricht.

Das Thüringer Straßengesetz ist, meine Damen, meine Herren, das falsche Instrument, um eine Entlastung der Gemeinden zu bewirken. Soweit der Vorschlag allerdings auch Elemente enthält, die rein praktischer Natur sind, möchte ich darauf hinweisen, dass solche praktischen Erleichterungen auch tatsächlich praktisch gelöst werden können und auch gelöst werden. Den Gemeinden steht es jederzeit frei, mit der TSI oder anderen Anbietern vertragliche Vereinbarungen zu treffen. Diese Möglichkeiten werden auch zahlreich genutzt. Die TSI hat mitgeteilt, derzeit mit 616 Thüringer Gemeinden entsprechende Vereinbarungen getroffen zu haben.

Im Übrigen entspricht die Regelung des Winterdienstes im Thüringer Straßengesetz der Rechtslage. In fast allen Flächenländern, genau genommen 11 - da ich noch mal einen Ländervergleich gemacht habe - wird analog Thüringen gehandelt. Die Straßengesetze sehen vor, dass die sogenannte polizeiliche Reinigungspflicht, zu der auch der Winterdienst zählt, den Gemeinden in Ortslagen auch immer für Straßen obliegt, die nicht in ihrer Baulast stehen. Auch wenn die Begrifflichkeiten des öffentlichen Rechts manchmal schwer verdaulich sind, möchte ich klarstellen, die polizeiliche Reinigungspflicht hängt im Gegensatz zur Verkehrssicherungspflicht nicht mit

der Straßenbaulast zusammen. Die polizeiliche Reinigungspflicht ist eine eigenständige Verpflichtung, die der Gefahrenabwehr, das heißt der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, dient, in diesem Fall auf der Straße. Aus diesem Grund wird sie in allen Straßengesetzen auch gesondert geregelt und daher ist der Vorschlag des vorliegenden Gesetzentwurfs, den Winterdienst an die Straßenbaulast zu koppeln, rechtlich nicht haltbar. Schließlich berücksichtigt der Vorschlag eine weitere Besonderheit nicht: Unabhängig davon, wer Straßenbaulastträger ist, sind die Gemeinden in jedem Fall Träger der Baulast für die Gehwege und Parkplätze. So ist es nicht zuletzt aus praktischen Gesichtspunkten sinnvoll, die Zuständigkeit für den Winterdienst in eine Hand zu legen. Da die Gemeinden für die Gehwege ohnehin zuständig sind, ist es zweckmäßig, ihnen auch die Zuständigkeit für die Fahrbahnen zu übertragen, zumal sie ihre örtlichen Problemzonen sicherlich auch am besten kennen. Meine Damen und Herren, aus den genannten Gründen empfehle ich, dem Anliegen des SPD-Gesetzentwurfs nicht zu entsprechen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Ich schließe jetzt die Aussprache. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bau und Verkehr und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen.

Ich lasse zuerst über die Überweisung an den Ausschuss für Bau und Verkehr abstimmen. Wer dieser Überweisung folgt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Die Stimmenthaltungen frage ich jetzt ab. Es gibt keine Stimmenthaltungen. Die Überweisung an den Ausschuss für Bau und Verkehr ist abgelehnt worden.

Nun stimmen wir zur Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten ab. Wer diesem folgt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es keine. Damit ist die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten ebenfalls abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7.

Mir ist mitgeteilt worden, dass - entgegen der Vereinbarung im Ältestenrat - wir nach 19.00 Uhr doch noch einen Tagesordnungspunkt aufrufen sollen, und zwar den Tagesordnungspunkt 8 und dass das ei

ne Vereinbarung zwischen den Fraktionen wäre. Ich lasse darüber nicht abstimmen, wenn sich jetzt kein Widerspruch gegen diese Verfahrensweise erhebt.

Demzufolge rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 8

Gesetz zur Anpassung des Thü- ringer Landesrechts an das Le- benspartnerschaftsgesetz des Bundes Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4806 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4840 -

ERSTE BERATUNG

Die Fraktion DIE LINKE hat nicht beantragt, das Wort zur Begründung zu nehmen. Ich kann demzufolge gleich die Aussprache eröffnen und rufe für die CDUFraktion Frau Abgeordnete Lehmann auf.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, die Linkspartei hat den vom Lesben- und Schwulenverband an alle Fraktionen und Ministerien versandten Gesetzentwurf offenbar fast komplett übernommen, ohne ihn im Detail noch einmal zu hinterfragen. Die dort aufgeführte Gebotenheit in Sachen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften ist unserer Auffassung nach so nicht richtig. Im Bereich der Beamtenbesoldung und -versorgung hat etwa das Bundesverfassungsgericht am 6. Mai 2008 eine Beschränkung des Verheiratetenzuschlags auf verheiratete Beamte verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Es ist also durchaus im Umkehrschluss zulässig, Unterschiede zwischen Lebenspartnerschaften und der nicht nur grundgesetzlich geschützten, sondern auch privilegierten Ehe zu machen und wir, die CDU-Fraktion, sind der Meinung, dass das auch richtig so ist.

(Beifall CDU)

Deshalb ist in Thüringen auch geregelt, dass Lebenspartnerschaften grundsätzlich nicht vor den Standesämtern geschlossen werden sollten. Diesen Gesetzentwurf unserer Landesregierung haben alle Fraktionen am 12. September 2008 einstimmig beschlossen, das möchte ich besonders betonen. Insofern verwundert mich ein Stück weit auch die jetzige Vorlage dieses Gesetzentwurfs der Fraktion der LINKEN und ihr Sinneswandel von September bis heute.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nicht nachvollziehbar.)

Ich denke, man wird doch dem etwas komplexeren Thema auch nicht gerecht, wenn es in der hier vorgelegten Pauschalität behandelt wird. Dort, wo eine Gleichstellung rechtlich geboten ist, muss sie natürlich auch umgesetzt werden. Dies ist in der Vergangenheit - und das haben Sie auch in Ihrem Gesetzentwurf in der Begründung richtig angeführt - geschehen, z.B. in Regelungen im Meldegesetz oder im Sicherheitsüberprüfungsgesetz usw. Deshalb ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit der jeweils betroffenen Rechtsmaterie geboten und keine Lobbygesetzgebung, wie sie hier vorgeschlagen wird. Sie verweisen in der Begründung des Weiteren auch noch auf einige andere Gerichtsurteile. Sollte es zwingend erforderlich sein, dass Thüringen weitere Anpassungen in einzelnen Bereichen durchzuführen hat, so wird dies ganz sicherlich auch geschehen und durch unsere Landesregierung entsprechend die Gesetze dann auch vorgelegt werden. Wie Sie selber darlegen in Ihrer Begründung, wurde bisher in Thüringen ebenso verfahren und Sie zitieren selbst in einem Hinweis darauf, dass die Länder auch eigene Regelungen für diesen Lebensbereich haben können. Aus diesem Grund werden wir Ihren Gesetzentwurf und den Entschließungsantrag dazu ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordneter Höhn zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, versprochen, ich werde es kurz machen. Wir haben es hier mit einem der seltenen Fälle zu tun, wo das Parlament ein Gesetzentwurf erreicht hat, der außerhalb dieses Parlaments mit einer gewissen juristischen, sachlichen und fachlichen Sorgfalt, jedenfalls nach unserer Auffassung, erarbeitet worden ist. Das ist das Erste, was wir an diesem Gesetzentwurf honorieren sollten,

(Beifall DIE LINKE)

da ich davon ausgehe, Kollege Hauboldt, dass die Fraktion DIE LINKE an den Inhalten so, wie dieser Entwurf alle Fraktionen erreicht hat, keine Änderungen vorgenommen hat.

Zum anderen - und da unterscheide ich mich durchaus von meiner Vorrednerin - halten wir schon die Anpassung der Rechtsvorschriften, die insgesamt 52 Gesetze im Thüringer Landesrecht umfassen, für geboten.

Frau Lehmann, ich kann mich eines gewissen Eindrucks nicht erwehren, dass Ihre Ablehnung dieses Gesetzentwurfs nicht sachlichen oder fachlichen Gründen entspricht, sondern eher - aus meiner Sicht jedenfalls - gewissen ideologischen Scheuklappen, die hier zutage treten.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist mein Eindruck, den ich bei Ihren Ausführungen gewonnen habe. Ich kann Ihnen nur sagen, die Lebenswirklichkeit hat Sie an dieser Stelle tatsächlich überholt, falls Sie das noch nicht mitbekommen haben sollten.

(Beifall DIE LINKE)

Ich finde, dieser Gesetzentwurf ist es allemal wert, in den entsprechenden Ausschüssen behandelt zu werden, auch wenn man sich über gewisse Details sicherlich unterhalten muss. Was die Frage des Entschließungsantrags betrifft, ich habe mich da vorhin extra noch mal bei den Kollegen der Fraktion DIE LINKE erkundigt, wenn es tatsächlich so sein sollte, dass es im Bundesrecht an dieser Stelle noch Regelungslücken geben sollte, muss man natürlich darüber reden, das ist ganz klar. Deshalb werden wir sowohl Ihrem Entschließungsantrag als auch dem Gesetzentwurf insgesamt unsere Zustimmung nicht verweigern. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Abgeordneter Hauboldt zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke mich erst einmal ausdrücklich für den Beitrag von Herrn Höhn. Ich denke, er hat mit seinen Worten genau den Kernpunkt benannt, den Nagel sozusagen auf den Kopf getroffen und teilt unsere Intention voll. Sie haben es erwähnt, dieser Gesetzentwurf ist an alle Fraktionen gegangen, einschließlich Ministerien, einschließlich Ministerpräsidenten. Wir haben den Weg über den Landesverband Thüringen gesucht und uns verständigt und auch im Einvernehmen letztendlich als Fraktionen den parlamentarischen Weg diesbezüglich gewählt.

Meine Damen und Herren, dem Landtag liegt heute ein Artikelgesetz vor mit 51 Artikeln. Die Fraktion DIE LINKE möchte damit die längst überfällige Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes des Bundes in das Thüringer Landesrecht ein großes Stück voranbringen und diese Aufgabe möglichst

umfassend lösen, deshalb auch diese 51 Artikel. Wenn auch die Beschäftigung mit der Materie gezeigt hat, dass das Thüringer Landesrecht in seiner Gesetzes- und Verordnungsstruktur stellenweise recht unübersichtlich gestaltet ist, so ist die Deregulierung um der deregulierenden Entrümpelung willen nicht unbedingt angesagt, aber sicherlich doch eine Art Struktur- und Transparenzcheck, was wir hier vorgenommen haben.

Doch nun zum eigentlichen Thema dieses Gesetzentwurfs, die Gleichstellung von Lesben und Schwulen in Thüringen. Was wir als Fraktion an dieser Stelle wie auch bei anderen Themen mit bürgerrechtlichem und gleichstellungspolitischem Bezug leider wieder sagen müssen, es ist längst überfällig. Das hat mit der sehr altvorderen Position, Herr Höhn hat es auch umschrieben, der Thüringer CDU zum Thema Gleichstellung von Lesben und Schwulen zu tun. Wissenschaftliche Erhebungen gehen davon aus, zwischen 5 und 10 Prozent der Bevölkerung in Thüringen haben eine gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierung. Statistisch verlässliche Daten liegen für Thüringen nicht vor. Zurzeit gibt es allerdings, so ist es uns zu Ohren gekommen, ca. 170 eingetragene Lebenspartnerschaften. Ein wichtiger Schritt zur längst überfälligen Gleichstellung und gleichen Teilhabe von Lesben und Schwulen bzw. gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist das Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften, das im August 2001 in Kraft trat. Dagegen hatten die Landesregierungen der Länder Thüringen, Sachsen und Bayern, das haben Sie vernommen, Verfassungsklage beim Bundesverfassungsgericht erhoben. Es wurde moniert, dass dieses Gesetz gegen Artikel 6 Grundgesetz - garantierten Schutz der Ehe - verstoße. Ich denke, Frau Lehmann hat das diesbezüglich in ihrem Beitrag versucht hier zu artikulieren. Die Klage der Landesregierungen allerdings, das wissen Sie auch, ist um so erstaunlicher, als gerade Thüringen in Sachen Diskriminierungsverbot und Gleichstellung lesbischer und schwuler Menschen eine ziemlich moderne Verfassung hat. Anders als z.B. das Grundgesetz, ist unter den vom Diskriminierungsverbot umfassten Kriterien Artikel 2 Abs. 3 auch die sexuelle Orientierung genannt. Noch zutreffender wäre unseres Erachtens die Verwendung des Begriffs sexuelle Identität. Wir haben das in den Entwurf aufgenommen. Aber dennoch, aus dieser ausdrücklichen Benennung in Artikel 2 Abs. 3 erwächst den staatlichen Akteuren, insbesondere dem Gesetzgeber, eine besondere Verpflichtung zu konkreten Maßnahmen zur Verwirklichung einer diskriminierungsfreien Gesellschaft und zur Herstellung von Gleichstellung und gleicher Teilhabe schwuler und lesbischer, aber auch transsexueller Menschen in der Gesellschaft.

Doch von der Erfüllung dieser verfassungsrechtlichen Verpflichtung ist bis auf sehr winzige Oasen, wie z.B. dem Melderecht, wenig zu merken. In seinem Urteil vom 17. Juli 2002 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist, Frau Lehmann, vereinbar ist. Die eingetragene Lebenspartnerschaft berührt nicht die grundrechtlich geschützte Eheschließungsfreiheit. Schließlich verstößt das Lebenspartnerschaftsgesetz nicht gegen das in Artikel 6 Grundgesetz enthaltene Gebot, der Ehe einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung zu geben. Die Ehe wird durch das Gesetz weder geschädigt, noch beeinträchtigt. Dennoch, die Thüringer Landesregierung und die CDU-Fraktion - sie haben es heute bewiesen - lehnen immer noch die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften ab und verhindern sie weitestgehend mit der Behauptung, es bestünde ein verfassungsrechtlicher Vorrang der Ehe. Das war ganz aktuell vor wenigen Tagen auch wieder in der Presse zu lesen. Allerdings gab es in den Medien auch Kommentare, dass die Landesregierung offensichtlich den Fortgang der gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Entwicklung völlig verpasst hat. Dieser Einschätzung können wir uns als Fraktion DIE LINKE nur anschließen. Daher sind in Thüringen immer noch die Kreise und kreisfreien Städte für die Eintragung der Lebenspartnerschaften zuständig und nicht die Standesämter, wie dies für eine Personenstandsangelegenheit eigentlich gelten müsste. Wie es in anderen Bundesländern längst der Fall ist - übrigens seit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes mit ganz marginalen Ausnahmen -, steht für das Thüringer Landesrecht die Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes noch aus. An dieser Haltung hat offensichtlich auch das Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs, des EuGH, vom 1. April 2008 in Sachen Maruko gegen die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen nichts geändert. Andere Bundesländer, wie z.B. auch Rheinland-Pfalz, sind mittlerweile aktiv geworden, um den Gleichstellungspflichten nachzukommen, die sich aus diesem Urteil ergeben.

Nun ist das Maruko-Urteil leider nicht der einzige Fall, in dem die Bundesrepublik Deutschland vom Europäischen Gerichtshof in Sachen Einhaltung und Verwirklichung von Menschen- und Bürgerrechten gerügt wurde.

Beim Blick auf die europäische Ebene wird deutlich, dass viele Länder in Sachen Gleichstellung von Lesben und Schwulen sich früher umfassender auf den Weg gemacht haben. Es gibt auch Länder, die das Rechtskonstrukt der Lebenspartnerschaft gleichermaßen für gleichgeschlechtliche wie für heterosexuelle Paare bzw. Lebenspartner anbieten. In Frankreich feiert diese offen gestaltete Form der Le