Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

(Zwischenruf Abg. Hausold, DIE LINKE: Ich habe gedacht, es war die SED.)

Nein, die SED war das in dem Fall nicht. Man hätte vermutet, dass reflexartig der Vorwurf kommt. Nein, die Parteien, die sich am meisten mit dem Bild der Steuersenkungspartei behängen, haben am meisten in der Geschichte der Bundesrepublik zu verantworten gehabt, dass Massenkaufkraft abgezogen wurde und dass die Binnennachfrage geschwächt wurde. Ich behaupte, dahinter steckt ein ökonomisches Konzept. Das heißt nämlich nichts anderes als, wir subventionieren in hohem Maße unsere Exportwirtschaft. Sollen doch die anderen sehen, wie die mit ihren Defiziten in den Handelsbilanzen klarkommen und wir können mit aggressiver Banken- und Versicherungspolitik noch Geldflüsse hin und her organisieren und das ist alles. Das bedeutet aber, dass man im Inland tatsächlich die Binnennachfrage gröblichst vernachlässigt und dazu gehören natürlich auch nicht bloß Gehälter der kleinen Leute, sondern dazu gehören natürlich auch die öffentlichen Investitionen. Wer über die Ursachen dieser Finanzkrise nachdenkt und sie immer zu stark in den USA und in England verurteilt, der sollte doch nicht vergessen, dass insbesondere seit der Steuerreform von 2000/2001, die sogenannte große Steuerreform, Nettoentlastungen von 60 Mrd. € jährlich zu Buche standen. Die wurden verteilt.

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: … Steuer … genannt.)

Naja, die war von Anfang an umstritten. Sie kennen ja die Maßnahme. Aber wenn man es volkswirtschaftlich betrachtet, hat diese Steuerreform 2001, die nun von allen politischen Eliten damals gefordert wurde, zu Entlastungen geführt, aber zu Mindereinnahmen in öffentlichen Haushalten von jährlich 60 Mrd. €. Das summiert sich auf weit über 300 Mrd. € bis jetzt.

Was ist mit dem Geld passiert, wo ist es im volkswirtschaftlichen Kreislauf gelandet? Das ist natürlich zum Teil bei Menschen gelandet, das ist natürlich zum Teil in Investitionen gegangen. Aber zum Großteil ist es natürlich in Spekulationen gegangen und war sozusagen politisch begünstigt, politisch gewollt, dem volkswirtschaftlichen Kreislauf entzogen. Was es im Kern nicht gebracht hat, was Ihre Erwartungen waren, dass danach die steuerentlasteten Bürger nun zu Massen losgehen und sich ein

decken mit allen möglichen Konsumgütern, die sie glauben zu brauchen, und die Binnennachfrage massiv ansteigt. Das ist nicht eingetreten. Was wir aber hatten, war die chronische Schwäche der öffentlichen Haushalte und dieses Milliardendefizit hier im Thüringer Landeshaushalt. Auch wenn man über Schulden redet, Herr Mohring, muss man über die Gesamtzusammenhänge und auch über das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben in einem Staatshaushalt diskutieren. Anders ist eine seriöse Debatte, wie man Schulden abbauen will, überhaupt nicht möglich.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ich habe es doch selbst gesagt, …)

(Beifall DIE LINKE)

Herr Mohring, da will ich Ihnen noch etwas anders sagen, weil Sie die Frage gestellt haben - und das will ich auch ohne jede Polemik machen -, was passiert, wenn wir aus Ihrer Sicht wieder Normalzustände erreichen, wie gehen wir dann mit den öffentlichen Haushalten und den Schulden um. Ich will Ihnen eines sagen, ich kann mir Zustände, wie sie am Ende der Hochkonjunkturphase, wenn ich sie so bezeichnen darf, Ende des Jahres 2008, die dort geherrscht haben, kaum noch vorstellen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass, zumindest über längere Zeiträume, Wirtschaftswachstum der alten Art zu generieren ist, wo alle mit ihren Kapazitäten am Anschlag laufen. Eher kann ich mir vorstellen, dass wir wieder einen deutlich erhöhten Sockel an Arbeitslosen weltweit haben werden und die Frage steht, wie bekommen wir die wieder weg, wie bekommen wir die mit nachhaltigem Wirtschaftswachstum weg einerseits, aber mit welchen Instrumenten bekommen wir die wieder weg? Wie bekommen wir die Menschen in Lohn und Arbeit? Ich glaube, dass solche Fragen, wie Arbeitszeitverkürzung, dann wieder auf die Tagesordnung gehören. Es müssen neue innovative Elemente auch in der Arbeitsmarktpolitik gefunden werden, auch in der sozialen Sicherung gefunden werden, damit nicht noch einmal so etwas passiert, wie wir das jetzt gerade in der Weltwirtschaftskrise erleben. Drittens - das muss ich auch an der Stelle sagen, wenn man darüber nachdenkt, wie das weitergehen kann, Herr Mohring - werden Sie um eine Frage nicht umhinkommen: Sie müssen darüber nachdenken, wie Sie hohe Vermögen und hohe Einkommen besteuern, wie Sie Geld, das dort im Wesentlichen für Spekulationen eingesetzt wurde und auch wieder eingesetzt werden wird, wenn wir die Möglichkeit dazu geben. Sie müssen überlegen, wie Sie dieses Einkommen so besteuern, dass zumindest ein Teil davon in den öffentlichen Haushalten ankommt. Wenn Sie das zur Zufriedenheit der Gesellschaft lösen können, da bin ich sicher, Sie werden auch eine Antwort darauf finden, wie wir aus dem Schulden

kreislauf herauskommen. Eines steht fest, was völlig kontraproduktiv ist und schon zum jetzigen Zeitpunkt, in der jetzigen Phase klar ist, ein Schuldenverbot ist in keinster Weise ein Schritt in die richtige Richtung und kann es auch nicht sein.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn ich erlebe, was man im Rahmen der Föderalismus-II-Kommission vorhat, um sein Gesicht zu wahren, also eine Schuldenbremse mit der Ansage, ab 2015 sollen sie gelten. Sie sind vielleicht Optimist. Ich gehe davon aus, diese Krise wird unsere wirtschaftlichen und politischen Ordnungen verändern. Es wird in jedem Fall anders sein als es heute ist und ich bin sicher, mit …

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Dass Ihr das hofft, ist klar.)

Ich gehe davon aus, dass Sie jenseits aller Polemik diese Erkenntnis auch haben werden. Ich habe ja beschrieben, in welchen Feldern das ist. Es wird sich z.B., wenn man es schafft, massiv die Spekulationen zurückzudrängen, dann, denke ich, hat man qualitativ etwas verändert. Wenn man es schafft, bei der Binnennachfrage tatsächlich qualitativ etwas zu tun, ein qualitatives Wachstum in Deutschland zu erzeugen, dann wird sich in der Gesellschaft sehr viel verändern. Ich bin aber deshalb überzeugt, dass der Versuch, mit den Kategorien von heute festzulegen, was im Jahr 2015 gut ist, dass das der falsche Weg ist. Das wird nicht das Papier wert sein, auf dem es steht, glauben Sie mir das, und alles mit viel Primborium, mit viel Tamtam. Sie wissen im Kern genau, was schuldenmäßig auf Sie zukommt, aber Sie wollen heute schon die Deutungshoheit haben und sagen, eigentlich waren wir immer dagegen und wir mussten ja, weil uns wahrscheinlich die Sozis dazu gezwungen haben. Aber der Kern wird sein, dass Ihre Politik, vor allem aber auch Ihre Steuerpolitik, mit der Entlastung der Vermögen dazu geführt hat, dass die öffentlichen Haushalte verarmt sind, dass die Binnennachfrage abgestorben ist und dass natürlich ein Großteil der Entlastungen in Spekulationsanlagen gelandet und damit unwiderruflich vernichtet sind. Damit werden wir zumindest Sie konfrontieren, nicht, dass Sie tun...

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist doch ein Schrott, was Sie erzählen.)

Nein, das ist einfach eine andere politische Auffassung.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: So et- was Verqueres habe ich überhaupt noch nicht gehört.)

Ich habe eine Debatte darüber geführt, die Einnahmen zu erhöhen und zu stabilisieren.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ja, die Vermögensteuerdebatte kommt einem schon zu den Ohren raus.)

Herr Mohring, Sie können gern noch einen weiteren Redebeitrag anmelden, jetzt spricht erst mal Herr Huster.

Ich glaube auch, Herr Mohring, hinter Ihren Zwischenrufen, bei allem Respekt, steht auch sehr viel Unsicherheit und auch sehr viel Ärger darüber, dass Sie mit Aussagen konfrontiert werden, die Sie aus Ihrer Sicht am besten nicht getätigt hätten vor ein paar Wochen oder vor ein paar Monaten. Dazu gehört die Frage eines Pro oder Kontra zum Konjunkturprogramm und dazu gehören andere Fragen. Sie sind aber offensichtlich nicht der Einzige in Ihrer Fraktion, der sehr verunsichert ist. Auch bei Herrn Fiedler habe ich diese Verunsicherung wahrgenommen. Ich kann Ihnen auch noch ein anderes Beispiel nennen und das will ich zumindest tun...

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Die Sorge ist ja unheimlich. Ich melde mich nachher noch mal.)

Darum würde ich herzlich bitten, lieber Wolfgang.

(Unruhe CDU)

Wie sehr Sie aber offensichtlich verunsichert sind, will ich also nicht nur den Nachweis führen an Herrn Mohring und an Herrn Fiedler, sondern auch ein anderer Kollege hier im Haus hat sich um einige Verwirrtheit verdient gemacht. Der Kollege Bornkessel, den ich jetzt nicht sehen kann, hat sich brieflich an Kollegen gewandt, sie mögen ihn doch unterstützen im Wahlkampf. Und ich darf Ihnen zumindest mal eine kleine Passage aus dem Brief vorlesen, der hier mit dem Thema zu tun hat, dort schreibt er nämlich: „Ich verfolge seit Monaten, dass schon jetzt im Thüringer Landtag ein immer enger werdendes politisches Zusammengehen zwischen der LINKEN und der SPD vorbereitet wird. Fast 20 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR und dem historischen Prozess der Wiedervereinigung gewinnt die sozialistische Ideologie wieder an Gewicht, überwunden Geglaubtes scheint zu überleben.“ Und fortfahrend: „Oskar Lafontaine und Bodo Ramelow sprechen bereits offen von Verstaatlichungen der strukturbestimmten Industrie und der Banken.“

Als ich das gelesen habe - dieser Brief trägt das Datum 4. Januar -, habe ich mir gedacht, na ja, mal sehen, wer in ein paar Wochen von der Union auf die Idee kommt, massiv Schlüsselbanken und Schlüsselindustrien zu verstaatlichen, um den gesamten Laden am Laufen zu halten. Und siehe da, jetzt haben wir es Ende Januar und dieser ganze sogenannte sozialistische Klamauk á la Lafontaine und Ramelow, den Sie herbeizaubern wollen, der findet sich jetzt in offiziellen Unionsdokumenten wieder.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Habt Ihr es endlich geschafft, ja?)

Mal abgesehen davon, dass in diesem Brief das Datum der Landtagswahl nach hinten geschoben wurde und aus dem 30. August sozusagen die Wähler von Herrn Bornkessel gebeten werden, am 3. September ihn zu wählen,

(Heiterkeit DIE LINKE)

er verspricht, dass er auf diese Gefahren auch im Jahr 2009 angemessen - ich meine „vermessen“ im doppelten Wortsinn - reagieren möchte und danach natürlich um Spenden auch für den CDU-Kreisverband Gera bittet, hat er noch eine interessante Position, was die Frage des Demokratieverständnisses betrifft - zu diesem hatten wir ja in diesem Haus hoch interessante Debatten - und er endet mit dem Satz, der in gewisser Weise, Herr Bornkessel, bezeichnend ist auch ein bisschen für Ihre Politik - ich darf zitieren: „Gerade im Vorfeld von Wahlkämpfen ist Ihre kollegiale Meinung gefragt.“ Ich finde, das ist für CDU-Politik ganz hervorragend geeignet und prädestiniert.

(Beifall DIE LINKE)

Im Vorfeld von Wahlen bitten Sie um Geld und Sie bitten natürlich im Vorfeld von Wahlen um Ihre Meinung, denn nur im Vorfeld von Wahlkämpfen ist Ihre kollegiale Meinung gefragt. Was ist die Ratio des Ganzen? Werte Kollegen, ich bin davon überzeugt, dass diese Gesellschaft vor einem umfassenden Diskussionsprozess über Ursachen, aber auch über Auswege aus dieser Krise stehen sollte. Ich habe Ihnen schon, ich glaube, in der Dezembersitzung oder in einer der Oktobersitzungen zumindest eine Befürchtung mitgeteilt, dass nicht sicher ist, dass alle Staaten dieser Welt in dieser Krise mit demokratieorientierten Modellen versuchen zu antworten, sondern stattdessen vielmehr die Gefahr besteht, dass der eine oder andere Staat versucht, autoritäre Politikentwürfe darzubieten. Die hätten es dann so an sich, dass sie nicht demokratisch diskutiert werden. Ich meine, werte Kollegen, dass dieser Thü

ringer Landtag auch eine Debatte darum braucht, dass all diese Wege und Mittel, die jetzt in nächster Zeit gegangen werden müssen, zumindest einen Anspruch haben müssen, wenn sie nachhaltig sein wollen. Sie müssen demokratisch orientiert sein, sie müssen in Diskurs mit den Menschen kommen, die im Wesentlichen von diesen Politikentwürfen betroffen sind.

Werte Kollegen der CDU, ich hoffe, dass auch Sie hier erkennen, wie tief diese Vertrauens- und Systemkrise letztlich auch politische Ursachen hat und natürlich dort, wo Sie die Verantwortung tragen, auch von Ihnen politisch mitzuverantworten ist. Um diesen Bogen noch etwas weiter zu zerren: Wenn wir uns über die Verhältnisse Gedanken machen, wie konnte es so weit kommen und wie kommen wir dort auch im internationalen Maßstab, aber auch bei uns wirklich zu einem nachhaltigen Wachstum, zu einem friedlichen Miteinander, dann möchte ich schon noch zumindest ein Wort verlieren, was wir in den letzten Jahren hatten. Was Sie gefeiert haben nach dem Ende der DDR, die überraschende Wiederkehr des Marktes und die Dominanz des Marktes und die Alternativlosigkeit des Marktes, zumindest das dürfte schon infrage gestellt werden. Aber was wir in den letzten Jahren von den Lobbyisten dieses Modells überall tagein, tagaus gehört haben - ich will nur an die Wirtschaftsforschungsinstitute mit ihren Prognosen und mit ihren Handlungsvorschlägen für die Politik erinnern. Ich will nur daran erinnern, dass Sie selbst aus der volkswirtschaftlichen universitären Lehre so gut wie keinen mehr vernommen haben öffentlich, der für eine stärkere nachfrageorientierte Politik angetreten wäre -, da war kein Marxist oder sonst was dabei, sondern selbst in dem Bereich, was in den 70er-Jahren noch Konsens in der Altbundesrepublik war, ein Diskurs zwischen mehr angebots- und mehr nachfrageorientierten Ökonomen, selbst dieser Diskurs hat netto nicht mehr stattgefunden, sondern es ist nur noch eine geistige Linie in dieser Gesellschaft öffentlich vertreten worden. Unser aller Auftrag müsste es eigentlich sein, auch anderen Stimmen gerade in der jetzigen Zeit wieder zu mehr Gewicht zu verhelfen und eine offene Debatte zu führen, wie diese Krise letztlich auch zum Nutzen der Menschen insgesamt abgewendet und überwunden werden kann. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Für die Landesregierung hat sich Minister Reinholz zu Wort gemeldet. Es gibt noch weitere Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten, Herr Abgeordneter Höhn, aber die Landesregierung hat gewünscht, jetzt zu sprechen. Laut Geschäftsordnung gebe ich der Landesregierung jetzt das Wort.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das dürfen die.)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Gute Geschäftsordnung.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hausold, wenn Sie sich hier vorn hinstellen und sagen, die CDU habe nicht verstanden, worum es eigentlich geht, dann macht mich das schon ein bisschen stutzig, denn wenn ich draußen mit den Bürgern, egal welcher sozialen Schichten, rede, dann machen die mir eines klar: Ausgerechnet Ihrer Partei trauen sie es nicht zu, diese Wirtschafts- und Finanzkrise zu überwinden, sie trauen es ausschließlich der CDU zu. (Unruhe DIE LINKE)

Mike Mohring hat Ihnen die Zahlen genannt: 4 Prozent aller Thüringer haben in Ihre Politik Vertrauen und 33 Prozent in die der CDU. Herr Matschie, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, wir hätten jetzt erst reagiert und zitieren dort den einzigen Zeitungsartikel, der sich heute darum dreht, der auch noch von einem Journalisten ist, der gar nicht dabei war beim Hintergrundgespräch, dann muss ich Ihnen sagen, wir haben bereits im November reagiert. Sie müssen es nur wahrnehmen und Sie müssen vielleicht dann auch mal Zeitung lesen,

(Beifall CDU)

wenn Sie hier so oft verkünden, dass Sie Ihre Meinung auch aus der Zeitung rekrutieren. Denn wir haben bereits im November das GuW Plus angehoben von 750.000 auf 2 Mio. € pro Einzelfall und haben es auch für nicht KMU geöffnet. Wir haben an der GA-Schraube gedreht und wir haben auf die Bürgschaften verwiesen. Wir haben darauf verwiesen, dass im Landeshaushalt 200 Mio. € Bürgschaften stehen. Und wenn Sie sich hier hinstellen und sagen in einer der letzten Landtagsdebatten, wir müssen noch 200 Mio. € drauflegen, dann muss ich Ihnen sagen, es sind leider nur 80 Mio. überhaupt gebunden worden, geschweige denn abgerufen. Insofern, man muss auch ein bisschen lesen und verstehen, vor allen Dingen natürlich verstehen.

(Beifall CDU)

Wenn sich der Bundeswirtschaftsminister hinstellt in der vergangenen Woche und spricht von einem Abschwung von 2,25 Prozent, dann bleibe ich nach wie vor bei meiner Auffassung, dass Thüringen das in dieser Form nicht treffen wird. Davon bin ich nach

wie vor fest überzeugt, denn Thüringen ist gut aufgestellt. Sicher haben wir ein Problem in der Automobilindustrie, sowohl in der Zulieferindustrie als natürlich auch bei Opel Eisenach. Klaus Zeh und ich haben gerade gestern mit dem alten und mit dem zukünftigen Geschäftsführer von Opel Eisenach an einem Tisch gesessen und das Problem besprochen. Sicher wissen wir, dass wir in der Automobilindustrie einen Rückgang von 30 Prozent in den Aufträgen haben, wir wissen auch, dass die Aufträge sehr stark schwanken, wir wissen aber auch alle, dass weltweit ein Bedarf von 50 Mio. Einheiten besteht und wir alle zugeschaut haben, wie Kapazitäten für 75 Mio. Einheiten aufgebaut worden sind, und wundern uns jetzt plötzlich, dass wir ein Drittel zuviel Kapazitäten haben.

Ich denke, meine Damen und Herren, Thüringen kommt die Kleinteiligkeit und die hohe Branchenzahl zugute. Schauen Sie auf das Ernährungsgütergewerbe - ein Zuwachs von 14 Prozent, schauen Sie auf den Maschinenbau - ein Zuwachs von 8 Prozent. Am Rande des Jenoptik-Neujahrsempfangs hatte ich Gelegenheit, mit Klaus Berger von Analytik Jena zu sprechen, der hat mir gesagt, er hat noch nie so gute Auftragseingänge im Januar gehabt wie im Januar 2009. Meine Damen und Herren, das zeugt doch davon, dass letztendlich Thüringen auch mit dieser Krise wird umgehen können.

Die Arbeitslosenquote - ich erinnere daran, wir haben im Oktober/November das erste Mal eine Arbeitslosenquote im Durchschnitt des Landes von unter 10 Prozent gehabt, nämlich mit 9,9 Prozent. Wir haben Regionen gehabt mit Arbeitslosenquoten unter 7 Prozent. Da würde sich manche Region in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz eine dicke Scheibe davon abschneiden, wenn sie das gehabt hätten. Dass wir jetzt eventuell - und so sehen die Zahlen heute auch aus - wieder bei 12,3 Prozent gelandet sind, das ist sehr bedauerlich, sehr ärgerlich und nicht schön für all die, die es betroffen hat, aber es ist immer noch die niedrigste Januararbeitslosigkeit seit 1991. Vor einem Jahr haben wir 13,1 Prozent gehabt. Ich erinnere mich noch an den 1. November 2007, da habe ich zu meiner Frau beim Frühstück gesagt: Pass auf, heute kommen wir seit 1991 das erste Mal unter 12 Prozent. Es ist dann auch eingetreten. Wir sind bei 11,8 Prozent gelandet. Wenn wir jetzt wieder bei 12 Prozent landen, ist das zwar sehr schlecht, aber das Jahr 2007 war kein schlechtes Jahr für Thüringen, und wir werden uns davon auch erholen. Denn gerade auch gestern, wenn man die Nachrichten verfolgt hat, sprach man davon, dass die Konsumlaune der Deutschen überhaupt nicht eingetrübt ist, im Gegenteil. Das liegt sicher auch an dem Rückgang der Inflationsrate. Das erste Mal seit langen Jahren ein Rückgang in der Inflationsrate. Das liegt natürlich an den Ener

giepreisen, das wissen wir sicher, aber wer hätte denn noch vor einem halben Jahr gedacht, dass das Barrel Öl jemals wieder unter 100 Dollar/Barrel fallen würde - kein Mensch. Wir sind inzwischen weiter darunter und die niedrigeren Ölpreise werden sich auch auf die Gaspreise auswirken, allerdings, wie wir natürlich alle wissen oder einige von Ihnen auch nicht, erst nach 200 Tagen. E.ON hat Entsprechendes schon angekündigt.

Ich denke, dass das Konjunkturpaket II jetzt gerade zum richtigen Zeitpunkt kommt. Das Konjunkturpaket II muss uns helfen, gestärkt aus dieser Krise herauszugehen. Ich bin nach wie vor - und das verkünde ich ganz deutlich von hier - für Projektförderung. Mein Haus wird das mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln auch machen, sowohl im Sportstättenbau als auch im Tourismus. Ich habe für 201 Sportstätten in Thüringen Anträge auf Förderung. Der Arbeitskreis Sportstättenbauförderung, in dem auch Vertreter der verschiedensten Fraktionen des Landtags sind, hat 26 befürwortet. Die restlichen, die bis 201 noch offenstehen, werden wir versuchen aus dem Konjunkturpaket zu bedienen, weil ich denke, dass das nachhaltige Investitionen sind, nachhaltige Investitionen auch in den Breitensport und in die einzelnen Sportvereine in Thüringen. Da brauchen wir nicht eine globale Vergabe von Geld über die Landkreise oder über die Kommunen, das können wir sehr gut anhand der vorliegenden Projekte auch steuern. Ich hoffe nur, dass all die, die den Antrag gestellt haben, auch tatsächlich ein Projekt in der Schublade haben, wenn ich sie jetzt zur Abgabe auffordere und auch die Kofinanzierung sichergestellt haben.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, sehen wir natürlich weitere Möglichkeiten, vor allen Dingen den Thüringer Unternehmen in dieser besonderen Situation eine sinnvolle und natürlich auch zusätzliche Unterstützung anzubieten. Deshalb haben wir ja - und Sie können das ja heute in der Zeitung lesen - ein Paket geschnürt, um der Thüringer Wirtschaft zu helfen, wobei viele der Maßnahmen der besseren Finanzierung der Unternehmen und der Investitionen dienen. Konkret enthält das neue Projekt folgende Bausteine vorerst allerdings begrenzt auf ein Jahr: