Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Insofern müssen Sie sich ja entscheiden, was Sie wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Frage ist bisher überhaupt nicht diskutiert worden, dass nämlich die Kommunen nicht nur von dem Konjunkturpaket I und II profitieren, sondern auch insbesondere im Zusammenhang mit den Veränderungen im Steuerrecht belastet werden. Ich gehe davon aus, die Finanzministerin wird darauf jetzt vielleicht noch einmal eingehen. Ich darf erinnern, die Kommunen

sind mit 15 Prozent an der Einkommenssteuer beteiligt. Das heißt, jede Veränderung bei der Einkommenssteuer, also Anhebung des steuerlichen Freibetrages, was die Progression betrifft, wirkt sich auch auf den kommunalen Anteil aus, ebenso die Pendlerpauschale, sie mindert die Einkommenssteuer und die veränderten Abschreibungsmöglichkeiten für die Unternehmen wird zu einer Reduzierung der Gewinne führen. Da der Gewinn des Unternehmens den wesentlichen Bestandteil der Gewerbesteuer darstellt, muss mit Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer gerechnet werden. Es gibt inzwischen Berechnungen, dass 2009 die Kommunen mit etwa 1,9 Mrd. € Mindereinnahmen rechnen müssen, in den Folgejahren mit 3,4 Mrd. €. Das heißt, schon jetzt 30 Prozent und künftig bis 60 Prozent der Konjunkturmittel, die in die Kommunen fließen, fließen auf der anderen Seite den Kommunen wieder ab, nämlich durch geringere Steuereinnahmen. Das gehört zumindest zur Wahrheit dazu. Darüber müssen wir reden, ob es möglich ist, das ausgeglichener zu gestalten. Da ist insbesondere der Bund gefordert; wir sind gefordert, das über den Finanzausgleich zu berücksichtigen. Wenn ich jetzt noch die Abzugsfähigkeit der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherungen ab 2010 mit einberechne, die mindert auch die Einkommenssteuer, dann müssen die Kommunen mit jährlich bis zu 4,5 Mrd. € Steuermindereinnahmen rechnen, das sind 80 Prozent dessen, was an Konjunkturmitteln jetzt in die Kommunen läuft. Nur die Konjunkturmittel sind einmalig und die Steuerveränderungen wirken länger. Insgesamt ist zu befürchten, dass es für die Kommunen ein Nullspiel wird. Wir müssen zumindest darüber diskutieren, das können wir heute nicht abschließen, dazu müssen wir erst einmal abwarten, wie die Debatte im Bundestag ausgeht. Mich verwundert schon, dass weder die Bundesregierung und bisher auch nicht die Landesregierung dieses Problem thematisiert haben. Das müssen Sie mal beantworten, warum diese Einnahmeausfälle auf der Steuerseite überhaupt keine Rolle spielen und erst wir wieder dieses Thema ansprechen müssen. Wir erwarten - zu einem verantwortungsbewussten Handeln der Landesregierung gehört auch diese Seite -, dass man eine Gegenrechnung aufmacht. Nicht, dass wir jetzt wieder Hoffnungen entwickeln, die Kommunen denken, sie können jetzt zusätzliche Investitionen tätigen. Das können sie machen, aber es besteht die Gefahr, dass ursprüngliche Planungen bei den Kommunen nicht mehr in dem Maße realisiert werden können, weil die Steuereinnahmen in der Folgezeit fehlen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch einmal auf die Frage eingehen, wie die Konjunkturmittel ausgereicht werden sollen. Da darf ich darauf verweisen, dass sowohl der Gemeinde- und Städtebund als auch einzelne Gebietskörperschaften, wie z. B. Verwaltungsgemeinschaft „Am Sand“

mit Sitz in Wasungen, aber auch andere, sich an die Landespolitik gewandt und gesagt haben, die effektivste Form ist die Auszahlung als Pauschale, weil dann die Kommunen selbst entscheiden können, was sie machen, natürlich in einem vorgegebenen Rahmen. Ich hatte schon gesagt, wenn 1,5 Mrd. € Investitionsbedarf besteht, aber nur 700 bis 800 Mio. € realisiert werden, dann können wir ein Höchstmaß an Vertrauen haben, dass die Kommunen diese Mittel sachgerecht einstellen. Unser Gesetzentwurf nimmt diese Anregung auf. Wir geben einfach zu bedenken, die Investitionspauschale, die wir vorgeschlagen haben, die 92 Mio., könnten natürlich auch als Eigenmittel für die Konjunkturmittel, also als kommunale Eigenmittel, zum Einsatz kommen. Wir müssen uns in dem Zusammenhang noch einmal mit der Frage beschäftigen, wie viel Zeit haben wir noch? Ist es wirklich Panikmache, wenn wir auf Zeit drücken? Da bitte ich, einfach zu überlegen, wenn Investitionen in diesem Jahr noch realisiert werden sollen, dann müssen sie spätestens im Mai und Juni beginnen. Jetzt rechnen wir rückwärts; dann ist es gar nicht so schwer zu sagen, dass tatsächlich die Zeit drückt. Unabhängig davon, dass jetzt mehr Aufträge freihändig oder beschränkt ausgeschrieben werden können, also nicht mehr zwingend die öffentliche Ausschreibung erst ab 1 Mio. € Bausumme, bleibt, dass die Ausschreibung vorbereitet und durchgeführt werden muss und die Angebote ausgewertet werden müssen. Selbst wenn ein Zeitraum von sechs bis acht Wochen angesetzt wird, ist das ein sehr enger Zeitraum. Vorher müssen die Kommunen - dazu könnte ja der Innenminister noch etwas sagen, ich weiß nicht, ob er mit seinem Staatssekretär in Kontakt ist, um die Antwort zu formulieren, inwieweit die kommunalen Haushalte geändert werden müssen, also Nachtragshaushalte gemacht werden müssen. Das kommunale Haushaltsrecht schreibt vor, Neuinvestitionen bedürfen dringend eines Nachtragshaushalts. Das heißt, wenn dann auch noch die Nachtragshaushalte vorgeschaltet werden müssen, dann müssen eigentlich im Februar die Kommunen ihre Nachtragshaushalte auf den Weg bringen, damit ab März die Ausschreibungen getätigt werden können. Nur dann ist sichergestellt, dass ab Mai oder Juni die Investitionen tatsächlich realisiert werden können. Der Innenminister kann sich erkundigen, ob das stimmt, was ich gesagt habe. Er kann das noch einmal so klarstellen oder ergänzen, wie auch immer. In der Hinsicht drückt aus unserer Sicht die Zeit.

Eine letzte Anmerkung betrifft unseren Vorschlag im Gesetzentwurf, die Hälfte der Mittel des Landesausgleichsstocks sofort den Kommunen auszuzahlen, das sind kommunale Mittel. Wir sind etwas beunruhigt von einer Information des Gemeinde- und Städtebundes, der Presse vor wenigen Tagen zu entnehmen, die die Befürchtung haben, dass die bisherigen Sicherungen dieser Mittel für den kommu

nalen Bereich, dass dort das Land heran will. Ich bitte vielleicht die Finanzministerin klarzustellen, ob an den Befürchtungen etwas dran ist. Der Gemeinde- und Städtebund sagt, überschüssige Gelder sollen jetzt nicht mehr dem Landesausgleichsstock zufließen, sondern dem Landeshaushalt. Insgesamt würden sie damit der Finanzausgleichsmasse entzogen. Wir sagen, das wäre sehr bedenklich, wir als Fraktion DIE LINKE. Sie können das aber klarstellen, nicht dass sich solche, wenn es ein Gerücht ist, noch verstetigen und dann von den grundsätzlichen Dingen, die wir zu entscheiden haben, ablenken.

Insgesamt, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir mit unserem Gesetzentwurf zur Stärkung der kommunalen Investitionskraft ein Diskussionsangebot unterbreitet. Das sollten Sie aufgreifen, also insbesondere die CDU ist gefordert, im Ausschuss können wir darüber reden, ob wir das ergänzen oder wie wir die Verzahnung mit dem Konjunkturprogramm vornehmen. Wir sehen es als eine Ergänzung und Beförderung des Konjunkturprogramms. Es wäre hilfreich für Thüringen, wenn relativ schnell die kommunale Ebene über eine Investitionspauschale in die Lage versetzt wird, zusätzliche Investitionen zu tätigen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt hat sich Abgeordneter Fiedler für die CDUFraktion noch zu Wort gemeldet. Ministerin Diezel hat auch einen Redebeitrag angemeldet. Frau Ministerin, die Abgeordneten zuerst? Ja, dann Herr Abgeordneter Fiedler.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, da nun der sehr geehrte Herr Huster meinte, die lokalen Dinge, die in Hermsdorf stattfinden, hier zum Thema im Landtag zu machen, will ich gern darüber reden, denn es sind alles Dinge, die im Lande zu dem Konjunkturprogramm wichtig sind. Die sollte man in diesem Raum besprechen, da stimme ich meinem Kollegen Fraktionsvorsitzenden ausdrücklich zu. Wir brauchen nicht nur irgendwelche Sondergremien, sondern hier ist der Ort, wo das Ganze gemacht wird und ich kann Ihnen jetzt schon sagen, Herr Kaiser, wenn Sie mir einmal kurz zuhören, wir werden natürlich Ihrem Antrag nicht zustimmen, weil wir schon damals gesagt haben, dass die Dinge, die hier stehen, nicht unsere Meinung sind und wir werden auch dieses nicht mittragen. Das ändert aber nichts daran, dass man über einige Punkte durchaus nachdenken kann. Jetzt will ich ausdrücklich noch einmal darauf hinweisen, damit klar ist, was ich da vor Ort gesagt habe, nicht dass ich mich ent

schuldigen muss, aber damit es nicht so stehen bleibt. Ich habe dort ausdrücklich gesagt, dass ich mir durchaus vorstellen kann, dass man Teilpauschalen auf den Weg bringt, denn keiner von uns weiß heute, was der Bund überhaupt will und wo der Bund hinmarschiert. Wir haben die grobe Richtlinie, aber es kann durchaus sein - das sagt auch Mike Mohring -, dass man in den Gegebenheiten auch über entsprechende Fallpauschalen nachdenken kann, und das ist ja wichtig. Gestern haben wir noch die Information gehabt, der Bund lehnt Pauschalen insgesamt ab, kaum drei Stunden später kommt irgendwoher eine Meldung, man kann darüber reden. Herr Tiefensee verkündet, kommunale Straßen kommen überhaupt nicht infrage. Es gibt aber auch kommunale Straßen, für die keine Gebühren oder Beiträge erhoben werden, es gibt ja auch außerörtliche und ähnliche Dinge. Da kommt alle Minute eine neue Hiobsmeldung. Nun sollten wir aber die Gelassenheit trotzdem haben bei allem Verständnis, dass wir abwarten, bis insbesondere die Verwaltungsvereinbarung vom Bund da ist, dass wir überhaupt erst mal wissen, was können wir denn nun wirklich und was können wir denn nun wirklich nicht. Alle erinnern sich noch daran, zweiter Feiertag, wo Meldungen abgefordert wurden, was da jeder schnell gemeldet hat und, und und. Es haben sicher alle gut gemeint, aber wir wissen, dass ist alles Makulatur von vorgestern. Es wird darauf ankommen, was der Bund am Ende herausbringt. Der Bund ist der Geldgeber und der Bund legt fest, wie wir das Geld im Land zu verwenden haben. Da wird es sicher gewisse Spielräume geben, die ich mir durchaus gut vorstellen kann. Wir müssen also ganz schnell vor allen Dingen - da stimme ich der PDS und allen anderen zu, das ist eine Binsenweisheit - wir alle kennen, wie es im kommunalen Bereich zugeht mit Ausschreibungen und allem, was dazugehört, hier muss es Vereinfachungen geben, hier muss es Beschleunigungen geben, denn sonst besteht wirklich die Gefahr, dass das Ganze erst im September, Oktober oder November wirkt. Deswegen, denke ich, ist es notwendig, und dessen ist sich erstens die Landesregierung bewusst, denn der Klaus Zeh steht ja im ständigen Kontakt mit der Kanzlei von Frau Merkel, und die Birgit steht im ständigen Kontakt mit der Frau Merkel selber, dass wir also hier auch schnellstmöglich entsprechend...

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Kanzlei der Frau Merkel?)

Kanzlei ist doch ein schöner Begriff oder nicht? Staatskanzlei, Kanzlei ist doch ein schöner Begriff, freundlicher Begriff.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich glaube, das heißt Bundeskanzleramt.)

Ja mein Gott, du kannst es ja so nennen. Ich nenne es Kanzlei, ist doch mir überlassen.

Ich meine, dass die Abstimmung auf engstem Raum und Zeit hier immer wieder passieren muss, dass wir wissen, was will der Bund, was macht der Bund. Jetzt redet der Bundestag noch mit, das ist doch ganz normal. Wir reden doch auch mit, die einen wollen einen Nachtragshaushalt machen - mein Gott, da weiß ich, wann das wird -, die anderen wollen alles mitbestimmen, da weiß ich auch, wann es wird, dann wird es dieses Jahr überhaupt nichts mehr. Wir müssen jetzt Regularien finden und das ist angesagt worden, dass hier insbesondere mit dem Gemeinde- und Städtebund, Landkreistag die Gespräche laufen. Wie man dann, wenn die Klarheit da ist, im Land ganz schnell das Ganze umsetzt und dass wir dann ganz schnell die entsprechenden Programme auf den Weg bringen, und deren haben wir ja viele. Wenn ich mir das anschaue, Herr Kuschel, in Ihrem Programm steht ja u.a. drin, den Landesausgleichsstock plündern. Das ist ein altes Thema - ich sage bewusst „plündern“, ich sage das mit voller Absicht. Wir waren und sind froh, so lange wie ich in dem Parlament hier bin, auch wenn jetzt eine besondere Krisensituation ist, so lange wie wir hier sind, hat immer die Opposition gefordert, Auflösung des Landesausgleichsstocks, das kann man doch für viel wichtigere Dinge nehmen. Aber dieselbe Opposition und dieselben Kommunalen kommen dann 14 Tage später zum Innenminister und sagen: Ich habe das Problem, das Problem, das Problem, das Problem, hilf mir mit dem Landesausgleichsstock. Das sind genau dieselben. Wir sind heilfroh, dass wir diesen Landesausgleichsstock - und jetzt sage ich mal was, wo die Finanzministerin ja jetzt mit Höherem beschäftigt ist - immer verteidigen mussten, dass die Finanzministerin natürlich gern darauf zugegriffen hätte, das haben wir bisher aber immer erfolgreich verhindert und, ich denke, das werden wir auch weiterhin so machen. Es wird natürlich auch durchaus, das kenne ich an Diskussionen, dass man darüber nachdenkt, da auch bestimmte von Pauschalen von zurückliegenden Jahren da noch was zusammenzukratzen, damit man das also auch mit nutzen kann. Kann man das sagen oder sagst du was?

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Nein, nein.)

Dann sagst du was, dann überlasse ich es dir. Man muss immer aufpassen, dass man nicht vorher schon zu viel verrät. Ich will damit nur deutlich machen, dass wir uns wohl bewusst sind, dass die Forderungen der Kommunen sehr hoch sind, dass die Kommu

nen auch in den Startlöchern stehen, viele jedenfalls. Es hat auch der Wirtschaftsminister gesagt, hoffentlich haben sie dann noch Programme, die sie umsetzen können. Deswegen ist es wichtig, vor allen Dingen muss auch darüber zu reden sein, wie die Anteile, die der Bund dann verlangt oder wir verlangen nach den Forderungen des Bundes, das muss ja auch gesehen werden. Vielleicht brauchen wir dann zum Beispiel den Landesausgleichsstock, um bestimmte Dinge, die es sich leisten können, dass die über den Landesausgleichsstock aufgestockt werden können. Da kann ich natürlich vorher verfrühstücken und für andere Pauschalen herausgeben, das nützt mir nämlich wenig. Wenn ich das mal an so einem Beispiel machen darf. Meine Gemeinde ist 500 Seelen, wenn ich nach Ihrem Vorschlag hier gehe, 500 Seelen mal 20 dann hätte ich 10.000 €, ja mein Gott, da kann ich aber das ganze Dorf renovieren damit und kann dann jetzt aber die Konjunktur ankurbeln mit den 10.000 €. Ich will damit sagen, es muss geschaut werden, wo ist Pauschalierung möglich, und es muss zielgerichtet geschaut werden, wo Projekte, die handlungsfähig da sind, entsprechend ganz schnell ausgeschrieben und umgesetzt werden können. Es wird uns sicher noch einiges einfallen und da setze ich auf die Kreativität des Innenministers und seines Hauses, dass man die normalen vorhandenen Hürden, die die Kommunalordnung natürlich vorgibt - die kennt ja jeder, der damit zu tun hat, wenn ich keinen Haushalt habe, kann ich auch nicht investieren z.B., wenn ich keinen genehmigten Haushalt habe, kann ich auch nicht investieren -, da muss man Wege und Möglichkeiten finden, wie über die Kommunalaufsicht diese Dinge zu regeln sind. Da setze ich auf die Kreativität, dass das alles auch passieren kann.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist es wichtig, dass wir uns jetzt zwar vorbereiten, aber dass wir erst einmal die Verwaltungsvereinbarung brauchen, dann geht das Ganze noch an den Bundesrat - da sind wir ja schon beim 20. Februar, erst waren sie ja beim 14. Februar -, dann haben die Gelben, die vor Kraft nicht laufen können, gemeint, sie müssen jetzt auch mitreden, dass man also in dieser Richtung aufpassen muss, dass das nicht zum Beschaffer wird und dass das ganz schnell auch im Land ankommt.

Fazit des Ganzen: Der vorgelegte Gesetzentwurf der LINKEN ist untauglich, der hilft uns nicht, sondern wir müssen jetzt anhand der vorhandenen Krise ganz schnell die Dinge, die der Bund uns vorgibt, umsetzen, müssen unsere Mittel dazu einbringen und ich bin überzeugt davon, dass wir damit gute Aussichten haben, das Land weiterhin voranzubringen.

(Beifall CDU)

Für die Landesregierung hat sich Ministerin Diezel zu Wort gemeldet. Vielleicht noch einmal ein Wort in der Sache Mittagspause. Wir werden diesen Tagesordnungspunkt erst abschließen mit allen Abstimmungen und dann in die einstündige Mittagspause gehen. Nur, dass sich jeder schon einmal darauf einrichten kann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich werde versuchen, die Mittagspause nicht allzu sehr zu verzögern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben heute eine sehr, sehr umfangreiche Debatte geführt über ein schwerwiegendes Thema: Die Finanzkrise, die Wirtschaftskrise, die Depression, aber auch die Hilfen von Bund, Land und Kommunen für die Bürgerinnen und Bürger unseres Freistaats.

Lassen Sie mich beginnen mit der ersten Maßnahme von Bund und Land, der Stabilisierung des Finanzmarkts. Sie diente der Kreditversorgung von Industrie und Handel und sie diente vor allen Dingen dem Vertrauensgewinn bei den Sparerinnen und Sparern dieses Landes. Sie diente nicht dazu, Margen, Tantiemen von Vorstandsvorsitzenden, die nicht verantwortungsvoll gehandelt haben, zu stabilisieren. Das ist der große Unterschied. Herr Kuschel und auch Herr Hausold, Sie sprechen immer von dem Schirm über die Banken, das macht ja auch die Öffentlichkeit, aber dieser Schirm wurde vor allen Dingen für den Kreditmarkt und für die Sparerinnen und Sparer gespannt.

Das Zweite: Das erste Konjunkturpaket zielte vor allen Dingen auf die Betriebe, auf die Unternehmen, die Verbesserung der Abschreibung, die Absetzbarkeit von Handwerksrechnungen, die Aussetzung der Kfz-Steuer. Thüringen, den Freistaat, kostet dieses erste Konjunkturpaket 25 Mio. €. Dann jetzt das zweite Konjunkturpaket. Das zweite Konjunkturpaket hat einen immensen Investitionsumfang und soll die private Nachfrage, den Konsum stärken. Das verfügbare Einkommen der Steuer- und Beitragszahler soll steigen durch die Beitragsreduzierung der Krankenversicherung auf 14,9 Prozent, durch den einmaligen Kinderbonus, durch die Erhöhung des Grundfreibetrags bei der Einkommenssteuer in zwei Stufen um 340 €, die Steuerprogression wird geglättet und zusätzlich ab 2009 der Eingangssteuersatz von 15 auf 14 Prozent gesenkt. Herr Matschie, das sind Maßnahmen der Großen Koalition und nicht Maßnahmen von Herrn Steinmeier. Interessanterweise tritt auch Herr Steinbrück eher auf als Herr Steinmeier in Steuerfragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Konjunkturpaket II hat steuerliche Auswirkungen auf den Freistaat in Höhe von 77,70 Mio. € je nach Veranschlagungsjahr 2009 und 2010. Ja, es wird auch Auswirkungen haben, Herr Kuschel, auf die Steuereinnahmen der Kommunen. Aber, Herr Kuschel, wir sind nicht mehr im alten System des Kommunalen Finanzausgleichs. Ich habe immer so den Eindruck, Sie sehen immer nur das alte System

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Richtig. Er hat es ja noch dazu getrieben, dass es umgerissen wurde.)

- ja -, aber wir sind im neuen Kommunalen Finanzausgleich, der die angemessene Finanzausstattung der Kommunen garantiert; Mike Mohring hat darauf hingewiesen. Wenn es zu Steuermindereinnahmen bei den Kommunen kommt, muss das in der angemessenen Finanzausstattung berücksichtigt werden - das ist das neue System des Kommunalen Finanzausgleichs. Es ist keine Gemeinschaft mehr der Steuerverbundmasse in guten und in schlechten Zeiten - die Kommunen hatten ja geklagt -, vor allen Dingen in schlechten Zeiten, wo sie hätten mit beteiligt werden müssen an Steuermindereinnahmen, sondern es ist die angemessene Finanzausstattung, die wir als Land garantieren müssen. Deswegen kommen nochmals Leistungen auf das Land zu, wenn es zu Steuermindereinnahmen bei den Kommunen kommt.

Das Konjunkturpaket II mit seinen umfangreichen Investitionen soll vor allen Dingen zügig wirken, zielgerichtet, und wir wollen in Thüringen, dass wir es ohne Schulden schultern können, zügig, weil wir den Bürgerinnen und Bürgern, vor allen Dingen den kleinen und mittelständischen Unternehmen in Thüringen sagen wollen, es kommen zusätzliche Aufträge aus den Kommunen und aus dem Land und dem Bund auf sie zu. Sie brauchen ihre Auftragsbücher nicht zuzumachen, es kommen weitere Aufträge. Sie müssen ihre Mitarbeiter nicht entlassen, sondern sie können auf weitere Aufträge in Höhe von über 400 Mio. € rechnen. Das sind 28 Prozent zusätzlich zu den Investitionen, die das Land mit 1,5 Mrd. € schon in seinem laufenden Haushalt hat - fast ein Drittel noch zusätzliche Investitionen in das Land. Das ist die Maßnahme, die zügig wirken soll, innerhalb von einem und dann von zwei Jahren und auch zügig abgerechnet werden, zügig ausgeschrieben werden soll.

Hier ist die Forderung an den Bund, so schnell wie möglich Vorgaben zu machen, was die Vergaberichtlinien betrifft, aber so schnell wie möglich mit uns auch die Verwaltungsvereinbarung zu behandeln. Hier sage ich auch etwas: Das ist nicht Herr Steinmeier, der die Verwaltungsvereinbarung mit uns

verhandelt, sondern es ist vor allen Dingen Herr Steinbrück. Hier appelliere ich an den Bundesfinanzminister, diese Verwaltungsvereinbarung - ich meine, Finanzminister neigen manchmal dazu, gerade in solchen Vorschriften, dann die Schraube wieder etwas anzudrehen - so mit uns zu verhandeln, dass wir zügig die Gelder gemeinsam mit den Kommunen fließen lassen können und dass wir dann aber auch bei der Abrechnung nicht die Gelackmeierten sind. Ich bin ja schon einige Zeit im Finanzministerium, auch vorher als Staatssekretärin, und habe erfahren, wie es war beim IFG. Da haben wir Krankenhäuser saniert mit IFG-Mitteln, die uns dann der Bundesfinanzminister nicht mit angerechnet hat. Das waren dreistellige Millionenhöhen, die wir dann allein als Land schultern mussten. Deswegen werden wir bei der Verwaltungsvereinbarung schon sehr aufpassen, dass das nicht wieder passiert. Erst sehr großzügig sein und bei der Verrechnung dann sehr nachfragend, denn das tragen wir dann wieder, wir, das Land und die Kommunen, deswegen ist es wichtig zielgerichtet. Wir wollen die Anforderungen des Bundes erfüllen zusätzlich, aber dann müssen sie auch genau präzisiert werden, was heißt „zusätzlich“, das ist zurzeit der kniffligste Punkt in der Diskussion. Dann muss gesagt werden, welche Projekte, wie weit ist die Ausschlussliste. Das Gesetz hat einige Vorgaben gemacht. Was kommt noch in den Verwaltungsvereinbarungen?

Das Wichtigste für uns ist, dass Arbeitsplätze erhalten werden. Der Wirtschaftsminister hat auf die Arbeitslosenquote hingewiesen. Wir können froh sein, dass wir immer noch die niedrigste Arbeitslosenquote der neuen Länder haben und dass es durch unsere Maßnahmen gelungen ist durch die vielen Investitionen - Sachsen war ja immer so der Konkurrent -, Sachsen weiter hinter uns gelassen zu haben, Brandenburg, Sachsen-Anhalt. Aber wir müssen jetzt mit unseren Maßnahmen auch dafür Sorge tragen, dass wir diese Krisensituation abfedern auf dem Arbeitsmarkt. Da sind Qualifizierungsmaßnahmen, da sind die Erweiterungen der GA-Mittel, da sind die Maßnahmen, die der Wirtschaftsminister vorgestellt hat im Rahmen der Bürgschaften, im Rahmen der revolvierenden Fonds, die richtige Antwort.

Meine Damen und Herren, die Maßnahmen sollen nachhaltig sein - ich kann das nur unterstreichen: zielgerichtet, nachhaltig. Zielgerichtet in Bildung, in alle Bildungsbereiche und hier hat Klaus Zeh in den Verhandlungen mit erreicht, dass wir die Weiterbildung mit aufnehmen können, dass wir gerade auch in den Kommunen und im Bereich des Bundes und des Landes die Weiterbildungsmaßnahmen mit in diesen Bereich der Bildung aufnehmen können. Wir wollen durch diese Bildungsmaßnahmen unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken. Wir als Thüringer leis

ten uns mit die höchsten Bildungsausgaben pro Schüler oder pro Student. Mit diesen Maßnahmen können wir Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Bildung noch steigern - nachhaltig. Wir wollen dies ohne Schulden tun, weil ich beim Wort Nachhaltigkeit bin. Ja, wenn wir allen Maßnahmen der damals PDS- und jetzt Linksfraktion in den Haushalten, allen Anträgen zugestimmt hätten, dann wären wir nicht bei 15,7 Mrd. € Schulden, dann wären wir bei 30 Mrd. €, Herr Kuschel.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wie viele Einnahmen wären denn zu- sätzlich gekommen?)

Nun kenne ich noch aus den Haushaltsverhandlungen, das ging immer in Milliardenschritten. 1994, ich war frisch in diesem Landtag, da machte die PDS Anträge, richtig große Vorschläge in Milliardenhöhe - man war ja nicht kleinlich. Wir wären in ganz anderen Größenordnungen der Verschuldung. Ich kenne keinen Antrag, der auch nur akzeptable Einsparungsvorschläge gemacht hätte.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Doch, wir wollten den Landtag nicht bauen.)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wie ist es mit unseren Einnahmenvor- schlägen?)

Einnahmenvorschläge, genau, die Vermögensteuer. Seit vier Jahren diskutieren wir über die Vermögensteuer bei - wieviel haben wir in Thüringen Einkommensmillionäre, das ist ja eine Kleine Anfrage von Ihnen, ich glaube ca. 54 -

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: 54 Lotto- millionäre hat Thüringen seit 1990.)

ca. 100 Personen, die über diese 200.000 € im Einkommen kommen. Wir haben mal ausgerechnet, 4 Mio. € würden wir einnehmen mit der Vermögensteuer, aber wir hätten einen Verwaltungsaufwand in der gleichen Höhe. Alle kennen diese Berechnung, aber Sie bringen es immer wieder gebetsmühlenartig, immer wieder. Damit kann man den Haushalt im Freistaat nicht unterstützen, sondern man muss ihn mit Wachstum, mit Einnahmen aus den elementaren Steuern, das ist die Umsatzsteuer, das ist die Einkommensteuer, das ist die Lohnsteuer, das sind die Steuern, die einen Landeshaushalt speisen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, wir wollen ihn ohne Schulden, und da bin ich immer so gespannt, wenn die Rechnungen gemacht werden. Die Rücklage haben Sie ja alle schon drei-, viermal verbraucht die letzten Monate. Ich bin froh, dass wir

erst mal eine haben. Eigenartigerweise hat heute keiner, und ich bin froh, den Nachtragshaushalt gefordert. Der Bund muss ihn machen, weil er Schulden aufnehmen muss. Viele Länder müssen es machen, weil sie keine Kreditermächtigung haben. Wir sind in der Lage durch Finanzpolitik, dass wir diese Maßnahmen schultern können ohne Nachtragshaushalt, diese Verpflichtung eingehen können ohne Nachtragshaushalt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, wir haben eine Rücklage von 321 Mio. € und - schade, dass Herr Pidde heute nicht da ist - wir haben auch nachhaltig gewirtschaftet im Bereich des Pensionsfonds; das geht so unter. Der Herr Pidde hat immer gefordert, 50 Mio. in den Pensionsfonds, nehmen Sie Kredite auf in den Pensionsfonds. Jetzt haben wir 89 Mio. für den Pensionsfonds durch das Gesetz, § 3 Abs. 2 des Haushaltsgesetzes. 25 Prozent - das ist ein Vorschlag der CDU-Fraktion gewesen, ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion für das Haushaltsgesetz. 89 Mio. in den Pensionsfonds - das ist nachhaltige Politik für unsere Beamten hier im Freistaat. Die laufenden Kosten eines Jahres zurzeit im Bereich der Pensionen liegen bei 30 Mio. € - nur mal so als Vergleich - und wir werden dieses Jahr 89 Mio. € in den Pensionsfonds einzahlen.

(Beifall CDU)

Wir können aus dieser Rücklage auch die Steuerausfälle, die jetzt gekommen sind durch die Konjunkturprogramme, schultern. Herr Matschie, Sie wären doch der Erste, wenn die Steuerschätzung im Mai kommt - oder es hätte eine Februarschätzung gegeben, das hat ja der Bundesfinanzminister abgelehnt, Nordrhein-Westfalen, auch ich habe unterstützt, dass wir eine Februar-Steuerschätzung machen könnten, eine Zwischenschätzung gab es schon mal, hat der Bundesfinanzminister abgelehnt -, der im Mai gesagt hätte, wir können das nicht schultern, das Land muss Schulden aufnehmen, wir sind wieder die Schuldenmacher. Da hätten Sie vielleicht wieder Herrn Seitz aus der Kiste gezogen und auftreten lassen. Wir können es schultern, ohne Schulden zu machen, und wir wollen es auch in Zukunft schultern, ohne Schulden zu machen.