Nein, das ist nicht der Titel. Ich kann es Ihnen gern noch mal vorlesen, wenn es immer noch nicht gereicht hat, das Ganze zu verstehen. Wie das Gesetz lautet, steht in der Überschrift.
Dann haben Sie hier als Nächstes, obwohl wir auch in Mathematik in Thüringen ganz gut sind, eine Rechnung vollzogen, die ich auch nicht so richtig nachvollziehen kann. Sie haben festgestellt, dass 66 Mio. € bereits verbürgt sind, davon haben Sie dann die 51 Mio. € für Opel abgezogen, der Grund ist mir zwar schleierhaft, und dann festgestellt, also sind noch 90 Prozent des Bürgschaftsrahmens übrig. Mit anderen Worten, wozu machen wir das Ganze, wir brauchen doch offensichtlich gar keine Erhöhung des Bürgschaftsrahmens, obwohl Sie anfänglich festgestellt haben, dass das eigentlich in Ordnung wäre, den Rahmen zu erhöhen. Mit anderen Worten: Ihre Rede glänzt so vor Widersprüchen und eigentlich kann ich nur in einem dem Ganzen zustimmen: Wenn es Klärung zum Nachbesserungsbedarf noch geben sollte, dann ist der Haushalts- und Finanzausschuss der richtige Ort dafür. Ich freue mich, dass Sie dieser Ausschussüberweisung, die ich hiermit auch beantrage namens meiner Fraktion, auch zustimmen werden.
Herr Dr. Pidde, Sie haben richtigerweise dargestellt, dass Sie schon vor längerer Zeit dafür waren, den Bürgschaftsrahmen zu erhöhen. Nun fragen Sie danach, warum macht es denn nun die CDU-Fraktion erst jetzt mit. Nun, es hat sich in der Zwischenzeit auch ein bisschen was geändert. 51 Mio. € allein für Opel verbürgt ist auch kein Pappenstiel. Das ist immerhin mehr als ein Viertel des kompletten bisherigen Bürgschaftsrahmens gewesen. Wenn es neue Bedingungen gibt, dann muss man sich natürlich auch darüber unterhalten, wie wir den neuen Bedingungen hier durch Gesetzesänderungen gerecht werden können.
Was Sie zur Verfassungswidrigkeit hier sagen, es enttäuscht mich eigentlich. Natürlich können Sie auch wieder zu Gericht gehen, aber Sie haben doch auch eingangs gesagt, dass Sie im Ziel mit der Landesregierung vollkommen konform gehen und dass eine Erhöhung des Bürgschaftsrahmens auch aus Ihrer Sicht geboten ist. Nun haben Sie ausge
führt, Sie haben die Arbeit der Landesregierung mal kurz übernommen und einen Änderungsantrag, den ich leider noch nicht kenne, eingebracht. Ich kann Ihnen nur sagen, wenn wir uns gerade über Verfassungswidrigkeit unterhalten, wenn Sie als Parlament die Aufgaben der Landesregierung übernehmen, dann riecht das zumindest - da ich den Antrag nicht kenne, kann ich es natürlich nicht abschließend bewerten - auch etwas nach Verfassungswidrigkeit.
Ich bitte alle Kollegen im Haushalts- und Finanzausschuss noch mal um eines: Wenn wir uns alle einig sind, dass wir die Erweiterung des Bürgschaftsrahmens brauchen, lassen Sie uns doch nach vernünftigen Möglichkeiten suchen, das auch umzusetzen und die Landesregierung dabei begleiten und uns nicht ständig mit diesen Argumenten der Verfassungswidrigkeit hier auseinanderzusetzen. Herzlichen Dank.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache. Es ist beantragt worden, dieses Gesetz zur Beratung an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer für diese Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung? Wer enthält sich der Stimme? Damit ist der Überweisung einstimmig zugestimmt worden.
Beitragsbegrenzungsgesetz (Ge- setz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes) Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 4/5333 - ERSTE BERATUNG
Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Taubert, SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, das Gesetz hat ja eine Vergangenheit, obwohl es ganz neu ist. Wir erinnern uns an 2004 und an 2005.
Auch an 2006, Herr Sklenar, erinnern wir uns, vielleicht lieber als an 2004 und an 2005. Aber bezüglich dieses Gesetzes sollten wir uns schon noch mal vergegenwärtigen, warum wir heute auch über diesen Gesetzentwurf sprechen müssen.
Der Thüringer Ministerpräsident, Herr Althaus, hat ein Versprechen abgegeben, er löst die brenzlige Lage im Wasser-/Abwasserbereich. So war das Versprechen - Moratorium, können Sie sich entsinnen? Dann wurde erst überlegt, wie man das überhaupt machen kann. Erst handeln, dann denken, war das Motto damals gewesen. Die Auswirkungen kennen wir. Die gesetzlichen Regelungen sind beim Thema Abwasser für nichtig erklärt worden. Beim Wasser muss man einfach sagen, die Regelungen, die die Landesregierung auch damals vorgeschlagen hat, sind durch das Verfassungsgericht durchgekommen, aber man muss sagen, Sie sind da mit einem blauen Auge davongekommen. Denn wer genau hingehört hat zu der Veranstaltung, als das Urteil verkündet wurde, der konnte sehr deutlich hören, dass es da Einwände gab, die auch nicht vom Fachpublikum, das sich in der vergangenen Zeit mit dem Urteil beschäftigt hat, weggewischt wurden. Die Bedenken, die dort geäußert wurden, sind in der Fachwelt durchaus sehr anerkannt. Aber sei es drum, Wasser ist erledigt.
Im Abwasserbereich haben wir die Nichtigkeit einiger Regelungen und müssen jetzt damit umgehen. Herr Mohring hatte ja heute Vormittag gesagt, was hat denn da die SPD gemacht? Da sage ich ganz einfach, wer den Pfusch angerichtet hat, der muss ihn auch wieder beseitigen. Dass Sie es jetzt für die Landesregierung getan haben, das ist in Ordnung. Uns ist egal, woher das Gesetz kommt, das diese Missstände beseitigt. Wir können, denke ich, auch im Großen und Ganzen gar nicht anders als diese Regelung vorzunehmen, denn das Verfassungsgericht hat gesagt, nur mit Geld könnt ihr die Ungleichheit beseitigen. Es ist allerhand Geld, immerhin kommt fast 1 Mrd. oben drauf über die Jahre, 1 Mrd., die uns an anderen Stellen durchaus fehlt. Da will ich kurz, von mir aus gesehen, nach rechts schauen, DIE LINKE muss aufhören zu sagen, die Abschaffung von Abwasserbeiträgen koste nichts. Wir wissen, dass schon das was kostet, schon fast 1 Mrd. Wenn wir davon ausgehen, dass es richtig ist, was im Gesetzentwurf steht, dass es 25 Prozent der Investitionskosten sind, die in diese Privilegierung fallen, dann bedeutet das, es sind 4 Mrd. € über die Jahre. Das heißt, es kostet eine ganze Menge, wenn man die Abwasserbeiträge ganz abschaffen würde. Ich denke, das gehört einfach zur Klarheit und Wahrheit dazu, dass man dann andere Investitionen in die Zukunft, die wir auch vorhaben, nämlich z.B. in der Kindertageseinrichtung mehr Erzieherinnen, in Schule jüngere Lehrer, dass wir die uns
Deswegen sind wir im Großen und Ganzen mit dem Gesetzentwurf so einverstanden. Wir möchten aber die Diskussion vor allen Dingen auch im Innenausschuss haben und auch eine mündliche Anhörung. Das wäre mir ganz wichtig, weil es doch noch eine ganze Reihe von zumindest Unklarheiten gibt, die in dem Gesetzentwurf stecken, die wir unbedingt bereden müssen. Ich sage jetzt nur mal eine, die sich um das Geld dreht. Ist es gerechtfertigt, dass man z.B. jetzt auf die 2 Prozent Abschreibung geht oder spart das Land am Ende auch Geld, wenn wir auf eine 3-prozentige Tilgung gehen und damit eher fertig sind und durchaus auch im Zinsbereich Kosten sparen können. Im Wasserbereich haben wir im Übrigen die 3 Prozent angesetzt. Also ist die Frage, warum jetzt hier eine andere Regelung?
Dann gibt es auch noch einzelne Details, die wir noch mal besprechen müssen, ob wir jetzt nach vier Jahren Arbeit mit einer adäquaten Regelung tatsächlich alle Problemlagen erfasst haben, die sich um die Frage der Privilegierung, Rückzahlung drehen, oder ob es noch einzelne Dinge gibt, die man gleich mit lösen muss.
Ich will noch mal darauf verweisen: Beiträge und Gebühren sind immer eine schwierige Kiste gewesen. Je niedriger ich die Beiträge mache, gerade im Bereich Abwasser, desto mehr schlägt sich das auf die Gebühren nieder. So rum wie so rum nehmen wir der Bevölkerung Kaufkraft weg, das wissen wir. Aber in Verantwortung, dass auch in einer Gemeinde etwas passieren muss, denke ich, muss man abwägen und muss einen Mittelweg finden, um auch eine Entwicklung in den Gemeinden, gerade im Bereich der Infrastruktur, zu erreichen. In diesem Zusammenhang will ich mal etwas tun, was wir sehr selten in diese Richtung machen, auch mal denen danken, die sich mit dem Thema viele Jahre nicht nur beschäftigt, sondern auseinandergesetzt haben, das sind die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, das sind auch die Leute bei den Aufgabenträgern, in den Zweckverbänden, die durchaus nicht alle unverantwortlich gearbeitet haben, die durchaus geschaut haben, dass Investitionen besonnen angefasst werden, nicht überzeichnet werden, dass man nicht die größte Queranlage und nicht das dickste Abwasserrohr in der Erde hat und die sich mit den Bürgerinnen und Bürgern auseinandergesetzt und Lösungen gefunden haben, die durchaus tragfähig sind auch für die Zukunft. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Taubert, das Gesetz hat eine viel längere Geschichte, die geht nicht erst 2004 los, denn aus unserer Sicht war die reine Übernahme der gesetzlichen Regelungen 1991 aus den alten Bundesländern ein grundsätzlicher Fehler, ein Fehler deshalb, weil wir in Thüringen, wie in den anderen neuen Bundesländern auch, eine ganz andere Eigentümer- und Vermögensstruktur hatten und insofern dieses Finanzierungsmodell, das unterstellt, dass Eigentümer gleichzeitig vermögend sind, das funktionierte nie. Das hat übrigens auch Ferdinand Kirchhof in seinem Gutachten 2004 im Auftrag der Landesregierung aus meiner Sicht überzeugend dargelegt. Er hat damit die Abschaffung der Wasserbeiträge begründet, weil er gesagt hat, die Eigentümerstruktur in den neuen Bundesländern und in Thüringen ist immer noch, selbst nach 20 Jahren, eine andere als in den alten Bundesländern. Es ist ja bekannt, ich stelle ab und zu einmal eine Anfrage an die Landesregierung, damit auch der Innenminister,...
Ab und zu nur, ich könnte noch mehr, Herr Innenminister, aber ich akzeptiere, dass Sie noch etwas anderes zu tun haben. Jeden Tag drei? Okay, das ist schon eine Herausforderung für Sie. In einer solchen Anfrage hatte ich einmal hinterfragt, wie viel Bezieher von Arbeitslosengeld II denn Grundstückseigentümer sind? Fast 15 Prozent der Bezieher von Arbeitslosengeld II sind im selbst genutzten Wohneigentum, das sind zwischen 15.000 und 20.000. Daran sieht man schon, wir haben hier in Thüringen eine andere Eigentümerstruktur und insofern beginnt die unendliche Geschichte der Kommunalabgaben bedauerlicherweise schon 1991. Ich befürchte, das Jahr 2009 wird nicht das Ende sein. Das ist bedauerlicherweise so, weil einfach der Mut fehlt, dieses überalterte Finanzierungsmodell, das 1884 in Preußen entwickelt wurde, das es nur noch in der Bundesrepublik gibt, in keinem anderen europäischen Land gibt es ein vergleichbares Modell, infrage zu stellen und einfach darüber zu reden, ob es denn Alternativen gibt. Je länger wir natürlich warten, umso schwieriger wird es. Jetzt geht es um viel Geld, weil schon eine gewisse Entwicklung vonstatten gegangen ist, aber wir werden nicht müde und führen immer wieder diese Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Erhebung von Abwasser- und auch
Straßenausbaubeiträgen. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich seit 1992 immer wieder diese Diskussionen entfacht habe, wurde ich bis 2004 als derjenige bezeichnet, der verfassungswidrige Forderungen stellt und durch das Land zieht und dann hat die CDU selbst die Wasserbeiträge abgeschafft.
Und jetzt hat das Verfassungsgericht gesagt, es ist okay mit all den Problemen, da gebe ich Ihnen, Frau Taubert, durchaus recht. Für jemanden, der sich auch wissenschaftlich mit diesem Thema beschäftigt, ist natürlich, wenn er in dieser alten Denkweise des besonderen Vorteils usw. verharrt, dann stellen sich schon verfassungsrechtliche und auch abgabenrechtliche Probleme. Wenn man sich aber von dem Grundsatz dieses besonderen wirtschaftlichen Vorteils einmal trennt, kommt man zu anderen Bewertungen. Was ich nicht teile, Frau Taubert, ist die Sache, dass die Fehler des Gesetzes nur mit Geld heilbar wären. Darauf komme ich jetzt noch. Die einfache Hochrechnung, weil die CDU es jetzt ausgerechnet hat, es kostet 2 Mrd. €, wenn man 25 Prozent der Beträge stundet und wenn wir die Beträge vollständig abschaffen, Sie haben 4 Mrd. € gesagt, dann wäre es noch teurer. Das teilen wir auch nicht, weil wir einen anderen Lösungsansatz haben, der, das gebe ich zu, immer schwieriger umzusetzen ist, je länger wir warten, deshalb ist auch Zeitdruck und es erfordert jetzt Mut. Ich gebe Ihnen recht, es wird nicht aufkommensneutral sein, aber wir brauchen erheblich weniger Geld ausgeben, als die Landesregierung jetzt geplant hat, wenn sie unseren entsprechenden Konzepten dann auch folgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Althaus hat heute früh an manchen Stellen ganz Erstaunliches formuliert. Das waren Worte, die hat man vor einigen Monaten und Jahren von ihm nicht in dieser Deutlichkeit gehört. Er hat z.B. formuliert, dass die Proteste der Bürger, die von 1995 bis 2004 immer wieder aufgeflammt sind, zu Recht waren. Ich kann mich noch erinnern, Herr Fiedler hat es immer wieder formuliert, die waren angeblich alle durch DIE LINKE und durch mich aufgehetzt. Das hat er hier mehrfach getan. Jetzt hat Herr Althaus offenbar sich noch mal erkundigt, sich noch mal belesen oder in Gesprächen ist er zur Erkenntnis gekommen, die Proteste waren berechtigt. Jetzt wäre es an der Zeit, sich einmal bei mir zu entschuldigen. Das wäre ja jetzt eine große Geste.
chen Sie sich persönlich bei mir nicht zu entschuldigen. Natürlich hat Herr Althaus auf das Problem verwiesen, dass es sich hier um eine Erblast aus der DDR handelt. Da bitte ich einfach noch mal gerade auch Herrn Mohring, zu akzeptieren, dass wir nie infrage gestellt haben, dass es einen Investitionsstau im Bereich Wasserver- und Abwasserentsorgung gab. Es geht aber um die Art und Weise der Refinanzierung. Da fordern wir andere Modelle. Es geht uns um die Diskussion dieser Modelle und dazu komme ich noch einmal. Es geht uns nicht um die Frage, dass wir die Abwasserpolitik der DDR hier in irgendeiner Art und Weise rechtfertigen wollen. In der DDR ist tatsächlich mit Infrastruktur sehr fahrlässig umgegangen worden. Das hatte ökonomische Ursachen, das wissen wir. Das Wirtschaftssystem ist daran gescheitert, nicht nur an wirtschaftlichen Fragen, auch an politischen Fragen ist die DDR gescheitert. Sie laufen immer nur Gefahr, wenn Sie für das Heute und Morgen keine Lösung haben, dann eine Diskussion weit in der Vergangenheit zu suchen. Das wird uns nicht voranbringen. Aber ich akzeptiere noch einmal - das kann sich Herr Mohring aufschreiben, wenn er das nächste Mal das zitieren will -, wir haben auch erkannt, dass die Infrastruktur in der DDR nicht dem Stand der Technik entsprach und dass da Nachholbedarf bestand. Das stellen wir nicht infrage, aber die Art und Weise der Finanzierung unter Beteiligung der Bürger, das ist Diskussionsgegenstand. Ihr Gesetzentwurf, meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU, ist der endgültige Offenbarungseid, dass Ihre Abwasserpolitik in Thüringen gescheitert ist.
Das wussten wir vorher schon, aber in dieser Deutlichkeit - da bin ich Ihnen wirklich dankbar, weil Sie insbesondere in der Begründung zum Gesetzentwurf eine sehr überzeugende Argumentation verwandt haben, so dass nur diese Schlussfolgerung „Offenbarungseid“ zum Tragen kommen kann. Ich komme auf die Zahlen noch zurück, die sprechen dort Bände und sie sind nicht von uns. Wir gehen davon aus, dass die Zahlen richtig sind. Daraus wird deutlich, dass diese Abwasserpolitik gescheitert ist. Sie ist gescheitert, weil Sie sehr frühzeitig auf zentrale Lösungen und auf Lösungen aus Beton gesetzt haben. Sie haben bisher 3,6 Mrd. € investiert. Rechnen Sie das mal auf den Einwohner um - 1.500 € pro Einwohner. Da sind 1,1 Mrd. € Fördermittel reingeflossen. 1,1 Mrd. € haben die Bürger als Beiträge gezahlt. Der Rest ist über Gebühren refinanziert worden. Da sind wir uns doch im Klaren auch in Kenntnis der Zahlen, die jetzt noch folgen, weitere 3,8 Mrd. € sollen noch mal in Beton investiert werden. Da sollen die Bürger noch mal 1,3 Mrd. € Beiträge bezahlen, da sind wir irgendwo zwischen 7 und 8 Mrd. €. Rechnen Sie das auf die Einwohner
um, da sind wir fast bei 4.000 € pro Einwohner. In den alten Bundesländern liegt die durchschnittliche Investitionssumme pro Einwohner bei 1.500 €. Jetzt wollen Sie mir doch nicht sagen, dass in den alten Bundesländern die Standards der Abwasserbeseitigung niedriger sind als in den neuen Bundesländern. Das glaube ich nicht und von daher bin ich überzeugt, bei dieser Abwasserpolitik ging es gar nicht so sehr um ökologische Fragen. Da betone ich noch einmal: Die Belastung des Grundwassers und der Fließgewässer aus häuslichen Abwässern beträgt ganze 6 Prozent. 94 Prozent sind andere Herkunftsbereiche. Mit einem gigantischen Aufwand versuchen wir, die Qualität der Fließgewässer und des Grundwassers dadurch zu verbessern, dass wir ausgerechnet bei diesen 6 Prozent gigantische Investitionen machen mit veralteten Technologien, nämlich in Beton, anstatt auf neue innovative Dinge zu setzen, dezentrale Anlagen, ökologisch orientierte Anlagen wie Teichanlagen und dergleichen; die wären billiger. Es ging nur um das Geldverdienen in diesem Bereich und da haben sich viele eine „goldene Nase“ verdient. Die Kommunalpolitiker waren oft zu unerfahren und haben sich oftmals Konzepte aufschwatzen lassen, die gigantisch teuer sind. Deswegen richtet sich der Vorwurf gar nicht da hin, aber der Vorwurf richtet sich an die Leute, die die Landesregierung rübergeholt hat als sogenannte Aufbauhelfer, die dem tatenlos zugesehen haben, wie die Kommunen dort mit offenem Visier in die Falle tappten. Sie sind in die Falle getappt und mit den Konsequenzen haben wir jetzt zu leben und die Bürger sollen das letztlich bezahlen. Es ging um Geschäft, es ging um Profit und deshalb muss sich die CDU vorwerfen lassen, sie war Lobbyist einer Abwasserindustrie, um kein anderes Wort zu gebrauchen - manche sprechen ja da von anderen Strukturen, die in Südeuropa und auch zunehmend in Osteuropa verbreiteter sind. Die haben hier ihr Unwesen getrieben und da waren CDU-Politiker, auch herausragende CDU-Politiker, mit beteiligt, wenn ich mal an Herrn Jürgen Gnauck erinnern darf, der diese unsinnige Struktur in Thüringen mit geschaffen hat, aus drei Aufgabenträgern 222 Aufgabenträger zu entwickeln. Jetzt haben wir noch 150 Aufgabenträger und dafür mussten wir schon 400 Mio. € Strukturhilfe in die Hand nehmen - 150 Aufgabenträger bei 2 Millionen Einwohnern! Das verursacht allein Transaktionskosten in der Struktur, wenn wir dort ansetzen würden, dann hätten wir schon finanzielle Spielräume, um tatsächlich andere Kostenentwicklungen zumindest abzudämpfen. Es ist da aber nichts in Sicht. Zumindest gibt uns das Urteil etwas in die Hand, indem das Gericht gesagt hat, die Zweckverbände haben nicht die gleichen Rechte wie Gemeinden. Damit kann natürlich der Gesetzgeber aus öffentlichem Interesse in die Struktur von Zweckverbänden leichter eingreifen.
Nein, das habe ich nicht. Da können wir ja in den Dialog treten, Herr Innenminister; ich bin im Gegensatz zu Ihnen lernfähig. Bei mir gehört der politische Irrtum auch zur Biografie. „Die Partei, die Partei hat immer recht“ - das haben andere für sich in Anspruch genommen seit 1990. Ich gehöre da nicht dazu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das jetzige Agieren der CDU hat auch so ein wenig den Verdacht, wir machen mal wieder Wahlversprechen, koste es, was es wolle - diesmal nur 1,8 Mrd. €. Ich habe mal ausgerechnet, für 1,8 Mrd. € könnten wir in Thüringen sieben Jahre das Abwasser für alle Bürger entgeltfrei reinigen. Da habe ich nur mal die laufenden Kosten genommen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist natürlich auch eine Einladung an die Aufgabenträger, ihre Investitionspolitik so fortzusetzen, wie sie in den 90erJahren mal geplant war. Es ist eine Einladung, weiter auf Teufel komm raus zu investieren, denn gegebenenfalls übernimmt ja all das, was unter Privilegierung fällt, das Land. Da kann ich sogar Zweckverbände verstehen, die das in Anspruch nehmen, anstatt zu überlegen. Es ist ja so - und da komme ich zu dem Offenbarungseid: Zum ersten Mal wird eingestanden, dass offenbar in Anlagen investiert wurde, die gar nicht in Anspruch genommen werden, denn 500 Mio. privilegierte Beiträge sollen vom Land erstattet werden. Das heißt, die CDU geht davon aus, diese Flächen werden niemals in Anspruch genommen, werden niemals an eine Abwassereinrichtung angeschlossen. Da fragt man sich aber, warum sind denn dann nicht gleich die Planungen darauf abgestellt worden, dass man diese Flächen gleich rausrechnet. Dann hätte man Anlagen anders dimensionieren können. Insofern gestehen Sie mit diesem Gesetzentwurf ein, dass zu viel sinnlos investiert wurde, nämlich mindestens 500 Mio. €. Als wir das immer gesagt haben, wir investieren zu viel in Beton, da wurden wir dafür kritisiert, dass wir Panik machen. Es wird ja noch schlimmer. Wenn wir weitere 20 Prozent der Bevölkerung verlieren, rechnen Sie es aus, 30 Kubikmeter Abwasser pro Einwohner im Jahr, wenn wir weitere 400.000 Einwohner verlieren, dann wissen Sie, wie viel Ab
wassermenge noch verlorengeht. Wie reagieren wir darauf, wenn die Anlagen dastehen, Großanlagen? Dann spülen wir mit Trinkwasser, das kostet dann wieder.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Land kann hier nicht sagen, das haben alles die Kommunen gemacht, denn das Land hat diese Investitionen gefördert, bisher mit 1,1 Mrd. €. Das heißt ja, die Kommunen wurden animiert. Ich weiß noch, die Förderrichtlinie zur Förderung abwassertechnischer Einrichtungen war so ausgerichtet, je höher die Kapazität der Anlage, umso höher der Fördersatz.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist aber lange Vergangenheit.)
Es ist zwar lange her, aber damit haben Sie grundsätzliche Entscheidungen getroffen. Wenn einmal so eine Anlage steht, da ist doch der Rückbau kaum noch möglich. Deswegen müssen jetzt viele Kommunen, Aufgabenträger, Zweckverbände versuchen, krampfhaft weitere Anschlussnehmer an die zentralen Kläranlagen anzuschließen, weil die Anlagen dastehen. Das verursacht jetzt erst einmal Kosten. 80 Prozent aller Investitionskosten entfallen auf die gigantischen Leitungssysteme. Sie funktionieren im ländlichen Raum kaum, weil zu wenig Abwasser anfällt, also müssen sie gespült werden, das verursacht höhere Unterhaltungskosten und belastet die Abwassergebühr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu den Strukturen der Aufgabenträger habe ich schon etwas gesagt. Wir haben gegenwärtig 68 Prozent Anschlussgrad. Das hat uns 3,5 oder 3,6 Mrd. gekostet. Sie wollen, um den restlichen Anschlussgrad zu erhöhen, also für die verbleibenden 32 Prozent, noch einmal fast 4 Mrd. zum Einsatz bringen. Das geht nicht, da müssen Sie umdenken. Da haben Sie das Wassergesetz auf den Weg gebracht. Sie haben es ganz geschickt gemacht, Sie haben sich aus der Verantwortung gestohlen und wieder einen Konflikt auf die kommunale Ebene runtergedrückt. Sie haben nämlich geregelt, Sie lehnen sich zurück, der Aufgabenträger soll entscheiden, welche Gebiete dauerhaft nicht an zentrale Kläranlagen angeschlossen werden.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das muss er ja, wer denn sonst?)
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist doch Quatsch, was Sie erzählen.)