Protokoll der Sitzung vom 19.06.2009

Das Land Hessen hat kurzfristig vor Zustimmung zur Brückenfinanzierung eine zusätzliche Plausibilitätsprüfung in Auftrag gegeben. Im Ergebnis der Prüfung wurde festgestellt, dass die Annahmen und Erwartungen des Magna-Konzepts einen realistischen Ansatz verfolgen, das Konzept plausibel ist und dem entspricht, was an Restrukturierungsansätzen in der Branche üblich ist. Aufgrund der Ergebnisse der Plausibilitätsprüfung hat sich die hessische Landesregierung entschieden, der Brückenfinanzierung ebenfalls zuzustimmen.

Meine Damen und Herren, kommen wir zu Magna: Die Entscheidung fiel zugunsten des österreichischkanadischen Automobilzulieferers, weil Magna im Vergleich das Erfolg versprechendste Konzept aller Interessenten vorgelegt hat. Das soll aber nicht heißen, dass jetzt alle Probleme gelöst sind. Auch das Konzept von Magna ist mit erheblichen Risiken verbunden. Es handelt sich bekanntermaßen um ein Beteiligungskonzept eines Investorenkonsortiums, Magna 20 Prozent, Sberbank 35 Prozent, GM 35 Prozent, Mitarbeiter 10 Prozent. Verhandelt werden muss, welchen finanziellen Beitrag Magna zu leisten hat, um die Investitionen zum Abschluss zu bringen. Offen ist, ob und wie GM angesichts der zwischenzeitlich eröffneten Insolvenz seinen Cashbetrag in Milliardenhöhe überhaupt leisten kann. Zudem ist die Frage nach der Übernahme eines Teils der Pensionsverbindlichkeiten weiterhin ungeklärt. Auch die Konditionen, unter denen Patente und Lizenzen genutzt werden können, bedürfen noch einer abschließenden Klärung, denn sie liegen nach wie vor in der Hand von GM. Auch wenn GM die weitere Nutzung zu geringen Lizenzgebühren bereits zugesagt hat, so fallen dafür in den nächsten fünf Jahren immerhin noch Kosten in Milliardenhöhe an. Nicht zuletzt ist derzeit auch die wirtschaftliche Situation von Magna selbst nicht unproblematisch. Die Umsatzzahlen sind zurückgegangen. Wegen des schlechten Marktumfeldes ist zu befürchten, dass sie auch noch weiter zurückgehen. Im Ergebnis erweist sich deshalb auch das vorsichtige und überlegte Agieren von Bundeskanzlerin und Bundeswirtschaftsminister als die richtige Strategie, wenn es um derart weitreichende finanz- und wirtschaftspolitische Entscheidungen für Deutschland geht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch zur aktuellen Situation in der Automobilzuliefererbranche: Nach Auskunft des Branchenverbandes Automotive Thüringen ist im I. Quartal 2009 die Auslastung in fast drei Viertel aller Betriebe gegenüber der eigenen Planung um 25 Prozent gesunken. Bei einem Viertel der Betriebe ging die Auslastung sogar um bis zu 50 Prozent zurück. Besonders hart ist die Nutzfahrzeugsparte betroffen, die sogar Absatzrückgänge bis zu 60 Prozent verzeichnet.

Auch für das II. Quartal sieht man hier noch keine Besserung. Nach Einschätzung des Automotive Thüringen hat im I. Quartal dieses Jahres mehr als die Hälfte aller Zulieferbetriebe Kurzarbeit eröffnet, wobei jeweils bis zu 10 Prozent der Mitarbeiter betroffen waren. Im II. Quartal könnten die Zahlen der Unternehmen mit Kurzarbeit noch einmal zulegen auf drei Viertel aller Betriebe. Erfreulich ist, dass nun mehr als jedes zweite Unternehmen in Kurzarbeit seine Mitarbeiter geschult hat. Was die finanzielle Situation betrifft, so hatten bis Ende März rund 14 Prozent der Unternehmen Kreditbürgschaften der KFW-Bank und des Freistaats in Anspruch genommen.

Viele Unternehmen klagen derzeit über eine sich verschlechternde Zahlungsmoral sowie zunehmende Schwierigkeiten, Warenkreditversicherungen abzuschließen oder ihre Liquidität über die Abtretung von Forderungen, sprich Factory, zu verbessern. In Summe heißt das, die Kapitaldecke vieler Unternehmen ist dünner geworden und die Insolvenzgefahr ist gestiegen.

Einen ersten Hoffnungsschimmer für Hersteller und Zulieferbranchen liefert die aktuelle Einschätzung des Verbandes der Automobilindustrie von Anfang Juni, der Anzeichen für eine leichte Erholung sieht. Danach wurde mittlerweile nicht nur der weltweite Absatzeinbruch gestoppt, man geht sogar so weit, dass deutsche Autohersteller insbesondere in den USA und China zusätzliche Marktanteile erobert haben. In Deutschland gehen die aktuellen Verkaufszuwächse vor allem auf das Konto der Umweltprämie, die den Verkauf von Kleinwagen belebt mit der Folge, dass derzeit auch das Werk in Eisenach gut ausgelastet ist. Trotzdem bestehen natürlich auch in Eisenach große Unsicherheiten, was die Zukunft betrifft, zum einen wegen der laufenden Restrukturierungsbemühungen bei Opel, zum anderen wegen der laufenden Planungen von Magna.

Meine Damen und Herren, ich kann es an dieser Stelle nur immer wieder betonen: Das Angebot der Landesregierung zur Unterstützung des Opelwerks in Eisenach steht, und zwar nicht nur mit Blick auf die Sicherung, sondern auch, wenn es um eine strukturelle Neuausrichtung der Opel Eisenach GmbH geht. Dazu zählt neben einer same and respect-Lö

sung auch das Angebot zur Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmen, um die eigenen Kosten zu senken. Konkret geht es beispielsweise um die Zusammenarbeit mit regionalen Presswerken, die Teile für Opel in Eisenach fertigen könnten. Außerdem könnte die Landesregierung Opel dabei unterstützen, Kooperationen mit Technologieunternehmen einzugehen und für Forschung und Entwicklung Fördermittel aus der Technologieförderung zur Verfügung zu stellen. Diese Angebote sind Opel-Eisenach bekannt und werden auf diesem Wege auch Magna als potenziellem Investor zugänglich gemacht.

Meine Damen und Herren, um es noch einmal klar zu sagen, die Landesregierung unternimmt alles, was möglich und sinnvoll ist, um den Opelstandort Eisenach nachhaltig zu sichern, und sie tut alles dafür, was möglich und sinnvoll ist, um den Zulieferbetrieben in unserem Land unter die Arme zu greifen, die trotz solider Unternehmensführung in schwieriges Fahrwasser geraten sind. Wir haben dazu maßgeschneiderte Hilfspakete aufgelegt, die an den Schwachstellen ansetzen und effektive Unterstützung bieten. Dazu zählt auch die Bündelung des Themas Opel im Wirtschaftsministerium, die es dort schon seit längerer Zeit gibt. Die kann man natürlich nennen, wie man möchte, auch z.B. Task Force, Tatsache ist, wir sind zum Thema Opel auch organisatorisch richtig aufgestellt. Was wir deshalb jetzt nicht brauchen, sind wirkungslose Nebelkerzen und Forderungen, die der Realität hinterherhinken und die Beschäftigten bei Opel in Eisenach noch mehr verunsichern. Das wünscht im Übrigen auch der Betriebsrat nicht. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Dann frage ich jetzt, wer die Aussprache zum Sofortbericht wünscht. Das sind SPD-Fraktion, CDU-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE. Dann eröffne ich jetzt die Beratung zum Sofortbericht und die Aussprache zu Nummer 2 des Antrags. Als erster Redner hat Abgeordneter Dr. Schubert, SPD-Fraktion, das Wort.

Ich habe nur 26 Seiten.

(Heiterkeit im Hause)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedanke mich erst einmal für den Bericht, Herr Reinholz. Was die sachlichen Aussagen zum Stand waren, war das okay, was ich nicht ganz nachvollziehen kann, waren die Ausführungen zu der ruhigen Arbeitsweise von Frau Merkel und Herrn zu Guttenberg. Ich habe eigentlich immer nur von

Herrn zu Guttenberg gehört, dass er am liebsten die Insolvenz von Opel gehabt hätte. Sie haben das auch tatenlos ihn sagen lassen, ohne da einmal zu widersprechen und die Interessen Thüringens zu vertreten. Das fällt mir in dem Zusammenhang ein.

Noch eine weitere Bemerkung zu Ihren Ausführungen: Sie hatten von unsinnigen Forderungen von uns gesprochen. Ich weiß gar nicht, wo die sein sollen. Entweder haben Sie da jetzt noch den alten Antrag zitiert, wir haben jetzt in dem neuen Antrag formuliert, dass alles zu tun ist, den Standort in Eisenach zu sichern - das haben Sie selbst genauso gesagt, dass Sie das tun wollen - und dass im Wirtschaftsministerium eine Task Force eingerichtet werden soll. Das sind unsere Forderungen. Ich weiß nicht, inwieweit die unsinnig sind, wenn Sie selbst noch gesagt haben, dass Sie das eigentlich so machen. Ich weiß wirklich nicht, was das hier soll.

Das Problem, was wir haben, ist nämlich, dass man bei der ganzen Situation nicht vergessen sollte, dass die Rettung der Arbeitsplätze am Opel-Standort längst nicht erreicht ist. Die Lage ist nach wie vor kritisch und unübersichtlich. So berichten zum Beispiel heute mehrere Online-Medien, dass die von der Bundesregierung favorisierte Übernahme von Opel Europa durch ein Konsortium rund um Magna, was Sie auch gesagt haben, noch gar nicht gesichert wäre, vielmehr hätten andere Interessenten ebenfalls gute Karten. Auch General Motors forciere die Verhandlungen mit weiteren potenziellen Käufern. Das zeigt eigentlich, wie diffus, unsicher und auch wechselhaft die derzeitige Lage ist, und das zehrt natürlich auch an den Nerven der Betroffenen, ebenso wie die Tatsache, dass die Krise langsam, aber sicher zur Entlassung von Arbeitnehmern in der Automobilbranche führt, denn wie das Statistische Landesamt am Mittwoch berichtete, ging erstmals in Thüringen seit Beginn der Krise die Zahl der Beschäftigten im April um ca. 4 Prozent zurück. Das entspricht 85 Beschäftigten, die damit dem kräftigen Einbruch der Exporte im Vergleich zum Vorjahresmonat um 50 Prozent zum Opfer fielen. Was unklar ist und auch nach Ihrem Bericht unklar bleibt, sind konkrete Maßnahmen, Vorstellungen, Aktivitäten der Landesregierung, um das einzudämmen. Um mal ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir diesen Antrag heute eingebracht bzw. hatten wir das schon das letzte Mal gemacht, aber da ist er nicht mehr drangekommen, der auch ein Berichtsersuchen beinhaltet, das Sie auch heute erfüllt haben.

Nichtsdestotrotz oder gerade wegen dieser Lage ist die Politik, insbesondere die Landesregierung, gefordert, für die Interessen der Arbeitnehmer des Opelwerkes in Eisenach und des Landes Thüringen einzutreten und aktive Vorstellungen zu entwickeln.

Wir haben schon öfter darüber diskutiert, welche Folgen es geben würde, wenn in Eisenach die Produktion nicht mehr stattfindet. Wir haben das in den 90er-Jahren in der DDR erlebt, wie mühsam es ist, die Deindustrialisierung dann wieder durch den Aufbau von Arbeitsplätzen rückgängig zu machen. Deshalb denke ich, dass alles, was machbar ist, notwendig ist, um das zu verhindern, und dann können diese Maßnahmen, die wir in unserem Antrag stehen haben, ein Beitrag dazu sein und deshalb bitte ich um Zustimmung. Danke.

(Beifall SPD)

Als nächster Redner folgt Abgeordneter Heym, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, man kann es kurz machen an der Stelle. Der Bericht vom Minister ist sehr umfangreich und auch aufschlussreich gewesen und ich möchte an der Stelle eigentlich nur noch auf einen Aspekt, Herr Dr. Schubert, Ihrer Ausführungen hier eingehen, und zwar auf den Vorwurf, dass unser Minister sich nicht gegen die ausgesprochene Idee vom Wirtschaftsminister zu Guttenberg gewendet hat, der von einer geordneten Insolvenz sprach. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich meine, dass die Variante, die jetzt mit der Bürgschaft gefahren wurde, auch die bessere ist. Denn ein Insolvenzverfahren hätte auch nur bedeutet, dass die Beschäftigten über drei Monate Insolvenzausfallgeld von der Bundesagentur für Arbeit bekommen hätten, und dann hätte in einem ordentlichen Insolvenzverfahren schon wieder aus dem Unternehmen heraus geschöpft werden müssen. Das hätte ich als sehr unwahrscheinlich angesehen und unser Wirtschaftsminister hat es auch gesagt, selbst mit dem Konzept von Magna wissen wir nicht, wie wir im Herbst dieses Jahres aussehen, und die 1,5 Mrd. € reichen bis zum Herbst dieses Jahres. Was danach kommt, muss man sehen. Von daher können wir hier sicherlich Anträge formulieren und uns hier im Plenum darüber unterhalten, das ist in Ordnung, aber letztendlich sollte man auch vermeiden, der Öffentlichkeit in Thüringen zu suggerieren, dass wir als Landtag dort eine maßgebliche Möglichkeit hätten, in diesen ganzen Prozess steuernd mit eingreifen zu können.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass die Ausführungen und Berichte zu dem, was Sie beantragt hatten, gegeben worden sind. Das Letzte war diese Einrichtung der Task Force. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir die Notwendigkeit so eines Gremiums in der Tat auch nicht sehen, weil auch durch

die Ausführungen von Minister Reinholz deutlich geworden ist, dass das Wirtschaftsministerium hier sehr wohl voll eingebunden ist und dort die Dinge entsprechend im Interesse von Thüringen, und damit meine ich im Interesse von Eisenach und den Zulieferern, mit begleitet. Von daher sehen Sie es uns nach, es ist nicht böse gemeint, wir können Ihrem Antrag in der Form nicht zustimmen.

(Beifall CDU)

Das Wort hat jetzt Abgeordnete Wolf, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, dpa berichtete Ende April, dass die Umsätze in der Thüringer Industrie zu Jahresbeginn erheblich gesunken sind, laut Landesamt für Statistik ca. 26 Prozent weniger Umsätze als im Vorjahreszeitraum. Besonders stark, und das kam hier schon zur Sprache, brachen die Erlöse in Eisenach ein. Hier waren die Einbrüche bei ca. minus 55 Prozent, was natürlich schon frustrierende Zahlen sind. Auch der Landkreis Sömmerda minus 52 Prozent und der Wartburgkreis minus 40 Prozent. Diese Negativentwicklung schlägt natürlich auch in der Entwicklung der Gewerbeanmeldungen und auch -abmeldungen zu Buche. Folge sinkender Industrieumsätze sind Firmenpleiten, die sich in Thüringen aktuell auf 547 erhöht haben. Das entspricht einem Anstieg um 6,2 Prozent. Damit hat Thüringen 2008 im Vergleich der ostdeutschen Bundesländer mit 6,2 Prozent den höchsten Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen, Tendenz weiter steigend. Ursachen dafür sind vor allem die Verschlechterung der Auftragslage, geringe Nachfrage, zu geringe Eigenkapitaldecke und all das, was in diesem Zusammenhang immer wieder zu nennen ist.

Auch das Thüringer Handwerk sieht die Talsohle der Krise noch nicht erreicht. Das schlägt sich natürlich auch in der jüngsten Konjunkturumfrage nieder. Nur 17 Prozent der Kfz-Betriebe z.B. bezeichnet derzeit ihre Geschäftslage als gut. Besonders betroffen von den immensen Umsatzeinbußen und der rückläufigen Entwicklung des Auftragsindex ist die Automobilbranche in Thüringen. Sie haben es schon genannt. Die Autobauer mussten einen Auftragsrückgang um 52 Prozent hinnehmen. Das will ich an der Stelle als Eisenacherin sagen, an der Stelle war auch verheerend das Gerede von Herrn zu Guttenberg bezüglich der Insolvenz, weil damit die Einbrüche beim Corsa auch wieder zu spüren waren aufgrund der Verunsicherungen der Käuferinnen und Käufer. Das führte dazu, dass insbesondere der Automobilzulieferstandort in Eisenach in große Gefahr gerät. Gefahr besteht

nicht nur für die Opelaner, sondern zugleich, wie schon angedeutet, für die zahlreichen Zulieferbetriebe und damit natürlich Tausende Arbeitnehmer. Helfen soll das 100-Mio.-Euro-Liquiditätsprogramm der Landesregierung. Nutznießer dieses Programms soll der industrielle Mittelstand Thüringens sein. Die kleinen und Kleinstbetriebe bleiben leider wieder einmal außen vor. Gleiches gilt für Unternehmen, die vor dem 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten geraten sind. Für diese Unternehmen steht nach Aussage des Wirtschaftsministeriums der Konsolidierungsfonds zur Verfügung. Hierbei, Herr Minister, muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass dieser Fonds ausdrücklich für Unternehmen in Schwierigkeiten zur Verfügung gestellt wird.

Unternehmen, die Fördermittel aus dem Konsolidierungsfonds in Anspruch nehmen, können und dürfen keine weiteren Strukturfondsfördermittel beantragen. In der relevanten Förderrichtlinie ist eindeutig die Förderung von Unternehmen in Schwierigkeiten ausgeschlossen. Demgemäß werden sich die von Insolvenz bedrohten Firmen sehr wohl überlegen, ob sie Fördermittel aus dem Konsolidierungsfonds beantragen. Eine Lösung für die Not leidenden Firmen wird damit nicht geboten.

Ein weiteres Problem, was ich hier ansprechen möchte, welches sich zunehmend offenbart und nicht dazu beiträgt, die prekäre finanzielle Situation der Automobilbranche zu entschärfen, ist die sogenannte Abwrackprämie. Ich weiß, da gibt es Licht und Schatten. Natürlich hat sie auch Vorteile, das sage ich ausdrücklich auch als Eisenacherin. Natürlich war die Abwrackprämie positiv für das Corsawerk, aber es gibt eben auch die andere Seite und die möchte ich nicht verschweigen an dieser Stelle. Aus den Reihen der Handwerkerschaft wird zunehmend scharfe Kritik an der Abwrackprämie für Altautos laut. Viele Werkstätten bekommen existenzielle Probleme, weil Reparaturaufträge ausbleiben, Gebrauchtwagenhändlern bleiben ihre Gebrauchtwagen auf den Höfen stehen. Zudem entzieht die Ankurbelung des Neuwagengeschäfts, von dem natürlich auch die Billiganbieter aus dem Ausland profitieren, anderen Branchen die Nachfrage. Auch meine Fraktion sieht die Pläne der Bundesregierung zur Verlängerung der Abwrackprämie an dieser Stelle äußerst kritisch.

Es ist eben versäumt worden, das will ich ausdrücklich sagen, nachhaltige Maßnahmen zu ergreifen, um einen grundlegenden Strukturwandel in der Branche einzuleiten.

(Beifall DIE LINKE)

Wir bewerten die Abwrackprämie als ökonomisch fragwürdig, ökologisch unsinnig und sozial ungerecht und ich möchte das begründen, meine Damen und

Herren.

Die Probleme der Automobilindustrie werden nicht beseitigt, sondern in die Zukunft verschoben; das muss uns, glaube ich, allen klar sein. Die Branche befindet sich in einer strukturellen Krise, ausgelöst durch Überproduktion, Nachfragerückgang und die reine Ausrichtung auf kurzfristige Renditen. Ökologisch unsinnig ist die Verlängerung der Prämie, weil sie den tatsächlichen CO2-Ausstoß eines Neuwagens nicht berücksichtigt und dementsprechend Spritschleudern genauso subventioniert werden.

Die Entwicklung umweltfreundlicher Fahrzeuge und Verkehrssysteme ist in Deutschland weitgehend verschlafen worden.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Un- sinn.)

Bitte, wo ist denn der Rußpartikelfilter entwickelt worden? Doch nicht in Deutschland.

(Unruhe CDU)

Doch statt die Abwrackprämie zu nutzen, um Impulse für den notwendigen ökologischen Wandel zu setzen, wurde lediglich der Status quo zementiert. Schließlich, das will ich auch ausdrücklich sagen, ist die Abwrackprämie sozial ungerecht, weil sie nach wie vor nicht an Hartz-IV-Bezieher ausgezahlt werden soll, und das, obwohl sogar inzwischen der Präsident des Bundessozialgerichts die Verfassungsmäßigkeit der bisherigen Regelung infrage stellt.

(Unruhe CDU)

Ich freue mich ja, dass Sie so wunderbar darüber diskutieren, aber vielleicht könnten Sie sich hinterher einfach noch einmal zu Wort melden, da wäre das nämlich konstruktiver.

(Zwischenruf Abg. Wackernagel, CDU: Ist das das Thema?)

Meine Herrschaften - Entschuldigung, Frau Abgeordnete -, ich darf jetzt mal ein bisschen um Ruhe bitten. Wir haben ja noch viel Zeit heute Abend. Sie können sich gern noch zu Wort melden. Im Moment hat aber Abgeordnete Wolf das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. DIE LINKE tritt für einen grundlegenden Strukturwandel in der Automobilindustrie ein. Wir schlagen einen Zukunftsfonds von 100 Mrd. € vor,

(Unruhe CDU)

der sich an den Unternehmen der Automobilindustrie, aber auch an anderen Branchen beteiligen und den sozialen und ökologischen Strukturwandel unterstützen soll. Über die Geschäfte der Fonds sollten Vertreter von Belegschaften, Gewerkschaften, Umwelt- und Sozialverbänden, Gebietskörperschaften und Unternehmen gemeinsam entscheiden. Insofern sind wir der Ansicht, dass ein Autopakt für Thüringen anders aussehen sollte, als es in Ihrem Antrag, sehr geehrte Damen und Herren von der SPD, gefordert wurde.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Nicht in Thüringen, bundesweit 100 Mrd. €. Trotzdem können wir doch sagen, welche Vorstellungen wir bundesweit haben, oder? Unsere Position zum Umgang und vor allem zur Rettung des Automobilstandorts Thüringen haben wir hier im Plenum, in den Ausschüssen und im Rahmen einschlägiger Diskussionsrunden mehrfach kundgetan. Entgegen aller anders lautenden Erfolgsmeldungen ist Opel eben noch nicht gerettet. Es ist weiter alles offen, auch wenn Magna seinen Kaufwillen bekundet hat.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das hat auch keiner gesagt.)