Protokoll der Sitzung vom 19.06.2009

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das hat auch keiner gesagt.)

Der Rettungsplan für Opel wird in einschlägigen Wirtschaftskreisen als unverbindlich und vage bezeichnet, unverbindlich deshalb, weil das Opel-Konzept bislang nur eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung ist, an der die Bundesregierung, der klinisch bereits tote General Motors Konzern und der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna beteiligt sind. Für die rechtlich verbindlichen Verträge soll es laut Bundesregierung Ende September eine abschließende Runde geben, rechtzeitig vor der Bundestagswahl.

Ich möchte dazu ausdrücklich noch etwas zu unserem Konzept sagen. Wir sehen in der Gründung eines Konsortiums der vier beteiligten Bundesländer und im Einbringen von Bundes- und Landesbeteiligung bei Opel nach wie vor die größten Chancen zum Überleben der Opelwerke und der gesamten Automobilbranche.

(Beifall DIE LINKE)

Es muss das unumstößliche Ziel bleiben, Standorte und Arbeitsplätze zu erhalten und zukunftsfähig, das heißt sozial, ökologisch und nachhaltig zu entwickeln. Staatliche Bürgschaften sind an Auflagen zur Arbeitsplatz- und Lohnsicherung sowie zur Entwicklung eines zukunftsfähigen Konzeptes zu binden. Die Produktion von Opel muss neu strukturiert werden,

das sehen wir so. Der Produktion umweltverträglicher Autos mit geringem Treibstoffverbrauch gehört in unseren Augen die Zukunft. Wir treten dafür ein, dass staatliche Zuschüsse unter Einbeziehung der Belegschaft in Eigentumsformen umgesetzt werden, die mit umfassenden gesellschaftlichen Mitbestimmungsrechten verbunden sind. Das trifft auch auf die Beteiligung Thüringens im Beirat der Treuhand zu. An der Stelle will ich ausdrücklich sagen, dass ich mit diesem Treuhandbeirat nicht zufrieden bin. Ich finde, dass hier Steuermittel nicht ausreichend und wirklich sicher eingesetzt sind, der Treuhandfonds oder der Treuhandbeirat ist in meinen Augen einfach zu stark wirtschaftslastig ausgerichtet.

(Beifall DIE LINKE)

Die weitreichenden Mitbestimmungsmöglichkeiten der Belegschaften bei VW haben gezeigt, dass die Beschäftigten die besseren Entscheidungen treffen. Sie sind am Erhalt ihrer Arbeitsplätze und damit auch an einem dauerhaften und nachhaltigen Erfolg ihres Unternehmens interessiert. Die Herstellung eines Thüringer Opel soll ein realistisches Vorhaben bleiben. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht und die Möglichkeiten des Eisenacher Werkes, der Batterietechnik von BOSCH und der Übertragungstechnik in Ilmenau und wie auch immer, da sollte man einfach in unseren Augen konsequent, kreativ, aber vor allem mit Engagement daran arbeiten, dass wir in Thüringen wirklich eine Zukunft haben. Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE)

Weitere Redemeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Auch der Minister hat nicht signalisiert, dass er noch einmal reden möchte, damit kann ich die Aussprache schließen und ich kann auch, denke ich, davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist - oder erhebt sich dagegen Widerspruch? Es erhebt sich kein Widerspruch. Damit kämen wir dann noch zur Abstimmung zu Ziffer 2 des Antrags.

Eine Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden, demzufolge kommen wir direkt zur Abstimmung über Ziffer 2 des Antrags der Fraktion der SPD in Drucksache 4/5219. Wer ist dafür, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke. Stimmenthaltungen? Damit ist die Ziffer 2 des SPD-Antrags mehrheitlich abgelehnt worden. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und fraktionsübergreifend ist man übereingekommen, dass wir jetzt den Punkt 25 folgende, also die Berichte, aufrufen.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 25

Beratung des Berichts des Unter- suchungsausschusses 4/3 „Aus- bau und Förderung des Flugha- fens Erfurt durch den Freistaat und Aufsicht des Freistaats als Mehrheitsgesellschafter der Flug- hafen Erfurt GmbH (FEG)“ - Druck- sache 4/5283 - auf Verlangen der Abgeordneten Emde, Grüner, Jaschke, Dr. Krause, Schugens, Wackernagel (CDU), Kalich, Lemke (DIE LINKE), Becker und Doht (SPD) dazu: Unterrichtung durch die Prä- sidentin des Landtags - Drucksache 4/5279 - Das Wort hat jetzt die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Abgeordnete Doht. Bitte schön.

Danke schön, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, der Thüringer Landtag hat mit Beschluss vom 9. Dezember 2005 einen Untersuchungsausschuss zur Thematik „Mögliches Fehlverhalten des Freistaats Thüringens als Mehrheitsgesellschafter der FEG im Rahmen der Aufsicht über die FEG und den Flughafen Erfurt sowie beim Umgang mit öffentlichen Mitteln für dessen Ausbau“ eingesetzt. Hintergrund war der inzwischen bestätigte Verdacht, wonach es am Erfurter Flughafen, der vollständig im Besitz der öffentlichen Hand ist, zu erheblichen Manipulationen bei den Passagierzahlen kam.

Die Konstituierung des Ausschusses erfolgte mit seiner ersten Sitzung am 22. März 2006. Durch Beschluss vom 25.12.2006 wurde der Untersuchungsgegenstand konkretisiert und der Name in „Ausbau und Förderung des Flughafens Erfurt durch den Freistaat und Aufsicht des Freistaats als Mehrheitsgesellschafter der Flughafen Erfurt GmbH (FEG)“ geändert. Meine Stellvertreter waren der Abgeordnete Wetzel und ab dem 3. Juli 2008 der Abgeordnete Emde.

Der Ausschuss hat eine enorme Arbeit bewältigt in den zurückliegenden Jahren. Ich will nur einmal kurz etwas zum Aktenumfang sagen; es waren 210 LeitzOrdner des Bauministeriums sowie 57 Leitz-Ordner des Finanzministeriums, die in sieben Stahlschränken aufbewahrt werden mussten, hinzu kamen mehrere Dokumente aus dem Bereich des Justizministeriums und auch die Antworten der Landesregierung füllten mehrere Ordner. Insgesamt wurden 26 Sitzungen in der Zeit vom 22.03.2006 bis 03.06.2009 durchgeführt, davon 13 Sitzungen mit Beweisaufnahmen. Insgesamt wurden 28 Zeugen, teilweise mehrfach, ver

nommen und zahlreiche Urkunden verlesen. Wir hatten 124 Vorlagen. In der Mehrzahl waren es Anfragen an die Landesregierung gemäß § 14 Untersuchungsausschußgesetz. Es gab 18 Drucksachen, beginnend mit dem Antrag auf Einsetzung bis zum heutigen Abschlussbericht.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich jetzt hier an dieser Stelle schon recht herzlich bei den Mitarbeitern der Landtagsverwaltung bedanken, die den Ausschuss unterstützt haben, die zugearbeitet haben.

(Beifall im Hause)

Ich denke, ich tue das auch im Namen der anderen Ausschussmitglieder. Ich nenne namentlich Herrn Dr. Poschmann, Herrn von Hagen, der zeitweise für den Ausschuss zuständig war, Herrn Kölsch und auch Frau Ruhle. Herzlichen Dank, Sie haben uns die Arbeit erleichtert und auch insbesondere mir als Ausschussvorsitzende immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden.

(Beifall CDU)

Zu den Ergebnissen der Untersuchung „Rechtliche Grundlagen der Beteiligung des Freistaats Thüringen“: Zunächst waren nach Ziffer 1 des geänderten Einsetzungsbeschlusses die rechtlichen Grundlagen, insbesondere die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse, zu untersuchen. Hierzu gab es folgende Feststellung: Die FEG ist eine privatrechtliche GmbH mit einem Stammkapital von rund 2 Mio. €, die seit 1995 zu 95 Prozent dem Freistaat Thüringen und zu 5 Prozent der Stadt Erfurt gehört. Sie hat einen Geschäftsführer, einen überwiegend mit Landesbediensteten besetzten Aufsichtsrat mit den nachgeordneten Gremien Finanz- und Bauausschuss sowie eine Gesellschafterversammlung. Der Flughafen Erfurt wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 17. September 1990 gegründet und am 10.01.1991 in das Handelsregister des Amtsgerichts Erfurt eingetragen. Unternehmensgegenstand war und ist der Betrieb und Ausbau des Flughafens für Zwecke des Luftverkehrs sowie die damit zusammenhängenden Nebengeschäfte. Dem Geschäftsführer oblag die Vertretung nach außen. Er hatte für jedes Geschäftsjahr einen Wirtschaftsplan vorzulegen, welchem der Aufsichtsrat vor Beginn des Geschäftsjahres zustimmen musste. Erhebliche Abweichungen von den Planansätzen des Wirtschaftsrats bedurften der Zustimmung des Aufsichtsrats.

In Bezug auf die Berichterstattung war eine unverzügliche Berichtspflicht bei wichtigem Anlass vorgesehen, ferner eine solche auf Verlangen des Aufsichtsrats. Seit Inkrafttreten des Gesellschaftsvertrags vom 2. Februar 1995 waren wichtige Geschäfte des Geschäftsführers, insbesondere die Aufnahme von Krediten in Höhe von mehr als 500.000 DM sowie

die Bestellung der Prokuristen und der außertariflich bezahlten Angestellten, von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig. Darüber hinaus waren ein Investitions- und ein Wirtschaftsplan für das kommende Geschäftsjahr von ihm zu genehmigen. Ferner war geregelt, wie oft Aufsichtsratssitzungen stattzufinden hatten. Das aus Mitgliedern des Aufsichtsrats bestehende Untergremium des sogenannten Finanzausschusses hatte die Aufgabe, Wirtschaftspläne, Jahresabschlüsse und Prüfungsberichte vorzuprüfen. Das andere Untergremium, der Bauausschuss, hatte zudem Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich kleiner Baumaßnahmen. Auch die finanzielle Überwachung genehmigter Bauvorhaben zur Vermeidung von Überschreitungen der Kostenvoranschläge war seine Aufgabe.

Dem letzten Gremium der FEG, der Gesellschafterversammlung, oblagen insbesondere bedeutsame Aufgaben wie etwa die Änderung des Gesellschaftervertrages, die Festlegung des Jahresabschlusses oder auch die Anstellung und Abberufung von Geschäftsführern. Der Jahresabschluss wurde jährlich durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft. Die FEG ist zur externen Abschlussprüfung durch das Handelsgesetzbuch verpflichtet. Der durch die externe Revision erstellte Prüfungsbericht soll den Gesellschaftern ermöglichen, die Aktivitäten des Geschäftsführers zu überwachen und zu steuern. Umfang und Inhalt der Prüfung sind gesetzlich bestimmt. Gemäß § 53 a Haushaltsgrundsätzegesetz war auch die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung Gegenstand der Prüfung. Das Erfüllen der Voraussetzungen eines begünstigenden Planfeststellungsbeschlusses gehörte nicht zu den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungsschwerpunkten. Daher hätte eine solche Prüfung nur auf ausdrücklichen Zusatzauftrag der Gesellschafter erfolgen können. Ein solcher wurde nicht erteilt, da es aus Sicht der Gesellschafter hierfür keine Veranlassung gab. Auch die sogenannte interne Revision des Flughafens prüfte die Passagierzahlen erst, nachdem Manipulationsvorwürfe öffentlich geworden waren.

Anzumerken ist insoweit, dass der Adressat für die Prüfung der internen Revision nicht der Aufsichtsrat, also die Gesellschafterversammlung, sondern der Geschäftsführer zu denen gehört, wie bei der externen Revision die Prüfung der Frage, ob die tatsächlichen Voraussetzungen einer Bedingung eines Planfeststellungsbeschlusses gegeben sind, nicht zu den üblichen Aufgaben einer internen Revision. Daher ist es nicht zu kritisieren, dass die interne Revision die Manipulation an den Passagierzahlen nicht bemerkte.

Meine Damen und Herren, zur Fördermittelverwaltung durch den Freistaat: Die Untersuchungsgegenstände im Bereich der Fördermittelverwaltung waren Gegenstand intensiver Beratungen des Untersu

chungsausschusses. Hinsichtlich der Grundlagen der Förderung hat der Untersuchungsausschuss die Untersuchung auch auf die Grundsätze der Durchführung und Förderung ihrer wesentlichen Fragen erstreckt.

Grundlage der Förderung war der zum Planfeststellungsbeschluss vom 22.12.1995 ergangene Zuwendungsbescheid vom 12. Februar 1999. Durch diesen wurde der Ausbau mit insgesamt rund 200 Mio. € gefördert. Planfeststellungsbeschluss und Grundbescheid basierten auf dem in den Jahren 1991 und 1992 erarbeiteten und 1993 im Thüringer Landtag beratenen Luftverkehrskonzept für den Freistaat. Ziel war der Ausbau des Flughafens zu einem internationalen Verkehrsflughafen.

Auf der Grundlage dieses Ziels wurde ein sogenannter Masterplan erarbeitet, welcher die wesentliche Grundlage für das anschließende Planfeststellungsverfahren war. Rechtsgrundlage für das Gewähren der Zuwendungen waren die Regelungen in den §§ 44 und 23 der Thüringer Landeshaushaltsordnung sowie die dazugehörigen Verwaltungsvorschriften. Nachdem in der Vergangenheit eine institutionelle Förderung der FEG stattgefunden hatte, wurde ab dem Jahr 1999 auf das projektbezogene Förderverfahren umgestellt. Der FEG wurde durch den vorhin genannten Zuwendungsgrundbescheid eine nicht rückzahlbare Zuwendung im Wege der sogenannten Vollfinanzierung zweckgebunden zur Verfügung gestellt. Die Landesregierung entschied sich für das sogenannte Forfaitierungsmodell, was zur Folge hatte, dass bei der Finanzierung Kreditinstitute zwischengeschaltet wurden. Es handelt sich um ein recht komplexes Verfahren. Das damals zuständige Wirtschaftsministerium bewilligte der FEG eine nicht rückzahlbare Zuwendung im Wege der Vollfinanzierung, die zweckgebunden für Neuinvestitionen zu nutzen war. Dieser Anspruch auf Auszahlung der Zuwendung wurde sodann mit Zustimmung des Freistaats durch sogenannten Bestätigungsvermerk an die finanzierenden Banken verkauft. Durch diese juristische Konstruktion erwarben die Banken einen Anspruch gegen den Freistaat Thüringen. Dieser schloss seinerseits Stundungsvereinbarungen über die Ansprüche ab.

Die Entscheidungen für dieses Forfaitierungsverfahren wurden im Untersuchungsausschuss beraten und problematisiert. Insbesondere war zu erwägen, ob die Aufhebung des sogenannten Abtretungsverbots fördermittelrechtlich zulässig war. Auch waren möglicherweise erhöhte Zinssätze zu beachten. Dennoch waren aus Sicht des Untersuchungsausschusses im Ergebnis die Bedenken nicht durchgreifend. So wurde das zuständige Ministerium durch eine Verwaltungsvorschrift zur Aufhebung des Abtretungsverbots ermächtigt. Zudem wurde durch die hier ge

wählte Finanzierungsvariante eine gleichmäßige Haushaltsbelastung bis zum Jahre 2019 gewährleistet, worin der Untersuchungsausschuss einleuchtende und nachvollziehbare Gründe sah.

Die Einzelheiten des Fördermittelverfahrens sind sehr komplex und daher den umfangreichen Ausführungen im vorliegenden schriftlichen Bericht zu entnehmen. Ich beschränke mich daher hier auf die wesentlichen Details. Nachdem während der institutionellen Förderung insgesamt 54 Mio. € ausgereicht worden waren, wurde im Jahre 1998 auf die projektbezogene Förderung umgestellt. In diesem Jahr wurden 7,5 Mio. € für fünf Einzelmaßnahmen erbracht. Im Zuwendungsgrundbescheid des Jahres 1999 wurde dann die Obergrenze der Haushaltsmittel für die projektbezogene Förderung für die Folgejahre auf rund 176 Mio. € festgelegt. Diese Gesamtsumme wurde bis auf einen Betrag von rund 2 Mio. € abgerufen. Zusätzlich wurde ein Betrag in Höhe von rund 54 Mio. € umgeschuldet. Die für den vorliegenden Untersuchungsausschuss besonders interessierende Frage, wie hoch die Summe der Fördermittel gewesen ist, die auf den 500.000 Passagieren beruht, war nicht eindeutig zu beantworten, sondern konnte nur annäherungsweise ermittelt werden, denn eine ganze Reihe von geförderten Maßnahmen betrafen gleichzeitig sowohl Gegenstände der Ausbaustufe II, die von den Passagierzahlen abhängig waren, als auch solche, die hiervon unabhängig waren. Diese Einzelmaßnahmen hätten teilweise kleiner und somit kostengünstiger ausfallen können, wenn die Ausbaustufe II nicht begonnen worden wäre. Die hierdurch ersparten Kosten können nur geschätzt werden; insgesamt waren es zumindest 5 Mio. €. Der Untersuchungsausschuss ist auch nicht der ganz einfachen rechtlichen Frage nachgegangen, inwieweit der Förderbescheid als Grundlage der Förderung dienen konnte, obwohl die Voraussetzungen der Ausbaustufe II des Planfeststellungsbeschlusses nie vorlagen bzw. der Planfeststellungsbeschluss später geändert wurde. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Bedingungen und Bestimmungen im Planfeststellungsbeschluss auch Auswirkungen auf den Zuwendungsbescheid hatten, dennoch war der Untersuchungsausschuss mehrheitlich der Ansicht, dass das Verfahren den Bestimmungen der Thüringer Landeshaushaltsordnung entsprach und ordnungsgemäß war. Es bestand keine automatische Verpflichtung, den Zuwendungsgrundbescheid aufzuheben oder zu ändern, auch wenn die beiden Bescheide in der Form des sogenannten akzessorischen Verwaltungsakts miteinander verknüpft waren. Ferner lagen die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Zuwendungsbescheids bzw. die Möglichkeit des Widerrufs eines rechtmäßigen Verwaltungsakts im Ergebnis nicht vor.

Im Hinblick auf die Informationsmöglichkeiten der Fördermittelverwaltung hat der Untersuchungsausschuss die Feststellung getroffen, dass dem zunächst zuständigen Wirtschaftsministerium und dem später zuständigen Bauministerium ein umfassendes Informationsrecht hinsichtlich aller fördermittelrelevanten Umstände zustand. Der Untersuchungsausschuss musste zur Kenntnis nehmen, dass das Fachreferat keinen Einfluss auf die unternehmerische Tätigkeit der FEG oder deren interne Informationen hatte. Im Hinblick auf den Informationsaustausch zwischen Fachministerium und Finanzministerium nimmt der Untersuchungsausschuss die Mitteilung der Landesregierung zur Kenntnis, dass es keine Rechtsgrundlage gab, aufgrund derer ein Informationsaustausch zwischen beiden vorgeschrieben war. Es konnten auch keine Feststellungen hinsichtlich einer tatsächlichen Zusammenarbeit zwischen den beiden Verwaltungen getroffen werden.

Meine Damen und Herren, zum Gegenstand und zur Planung des Flughafenausbaus sowie deren Abhängigkeit von den Passagierzahlen: Nach dem oben bereits erwähnten Masterplan ging man im Jahr 1993 von 700.000 Passagieren für das Jahr 2000 und von 1 Mio. Passagieren für das Jahr 2010 aus. Bei dieser Schätzung ermittelte man den Kapazitätsbedarf aufgrund der Anzahl der Einwohner im Einzugsbereich. Die übliche Schätzungsmethode, eine prozentuale Steigerung der aktuellen Zahlen, wurde vom damals zuständigen Wirtschaftsministerium für nicht sachgerecht angesehen, da der Erfurter Flughafen zu DDR-Zeiten eine Randlage hatte und es keinen innerdeutschen Flugverkehr von dort gab. Hiervon ausgehend errechnete sich nach den Bestimmungen der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ein Bedarf von 14 Abstellplätzen für die gewerbliche Luftfahrt und von 60 Abstellpositionen für die allgemeine Luftfahrt. Da 60 Abstellpositionen doch etwas viel erschienen, wurde im Rahmen der Planung der Ausbau für die allgemeine Luftfahrt auf 40 Abstellpositionen reduziert. Aus dem Vergleich mit der tatsächlichen Situation von 10 Abstellplätzen für die gewerbliche Luftfahrt und 14 Abstellpositionen für die allgemeine Luftfahrt errechnete sich der zusätzliche Abfertigungsbedarf von 4 bzw. 26 Stellplätzen. Die hierfür notwendigen Flächen wurden im Planfeststellungsbeschluss vom 2. Dezember 1995 festgestellt und in einem Plan dokumentiert. Ergänzend erfolgten bauordnungsrechtliche und luftrechtliche Genehmigungsverfahren. Bei der Dimension des Vorfelds ging man vom maximalen Verkehrsaufkommen in einer möglichen Spitzenstunde aus. Es wurde Platz für ankommende, wegfahrende und stehende Flugzeuge benötigt, zudem musste der Gepäcktransport sowie die Zufahrt für die Passagiere und eventuell zu transportierende Güter in einer Situation maximaler Verkehrslast noch abgewickelt werden können. Hinzu kamen die notwendigen Abfertigungs

kapazitäten im Bereich der Frachtspange, die sich an die Vorfelder anschloss.

Zur Rechtfertigung des Ausbaus gegenüber den Eingriffen in die Natur und Landschaft bei Erweiterung des Flughafens entschied sich das zuständige Wirtschaftsministerium für die Bestimmung bestimmter Verkehrszahlen als Voraussetzung für die Versiegelung von Vorfeldflächen. Nach dem Planfeststellungsbeschluss waren Teile des Ausbaus vom Erreichen bestimmter Passagierzahlen abhängig, die Ausbaustufe I vom Erreichen von 300.000 Passagieren pro Jahr, die hier besonders interessierende Stufe II vom Erreichen von 500.000 Passagieren. Bei Erreichen von 300.000 Passagieren im Jahr konnte die Start- und Landebahn verlängert, der Rollweg F errichtet und Abstellflächen auf dem Vorfeld Terminal versiegelt werden. Nach dem Erreichen von 500.000 Passagieren pro Jahr durften Abstellflächen auf den Vorfeldern Ost bzw. West neu versiegelt werden mit dem Ziel, einen Ausbau auf 14 Abstellplätze für den Linienverkehr bzw. 40 Abstellplätze für die allgemeine Luftfahrt zu erreichen. Die Festlegung von Passagierzahlen galt aber nicht für alle auszubauenden Bereiche. So war die komplette landseitige Erschließung, also die Flughafengebäude, die Terminals und das Parkhaus, hiervon ausgekoppelt. Ebenso wenig war die Anbindung der Frachtspange und deren Ausbau von bestimmten Passagierzahlen abhängig. Bei der landseitigen Erschließung wäre bei einer solchen Bedingung die ständige bauliche Erweiterung des Flughafengebäudes notwendig gewesen, was für die Besucher unzumutbar war. Die Ausbaustufe I beinhaltete die Verlängerung der Start- und Landebahn, deren Neubau und die Sanierung, den Neubau und die Sanierung des sogenannten Rollwegs F und den Ausbau des Vorfelds Terminal. Gegenstand der Ausbaustufe II war der Ausbau des Vorfelds Ost.

Zur inhaltlichen Richtigkeit der mitgeteilten Passagierzahlen: Nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses gab es bei der Erfassung der Passagierzahlen durch die FEG etwa ab Mitte des Jahres 2000 Manipulationen mit dem Ziel, die Passagierzahlen von 500.000 auf dem Papier zu erreichen, obwohl das real nie der Fall war. Die erfassten Passagierzahlen wurden für den gewerblichen Luftverkehr von der Abteilung Passage am Flughafen Erfurt und von der Abteilung Verkehrszentrale in das Datenverarbeitungssystem der FEG eingegeben. Innerhalb der Datenverarbeitungsanlage erfolgte dann die Aufsummierung der durchgeführten Flüge im jeweiligen Zeitraum. Demgegenüber wurden die Flüge des sogenannten allgemeinen Luftverkehrs nicht von der Verkehrszentrale, sondern von dem für die Zwecke der Luftaufsicht beliehenen Mitarbeitern der FEG erfasst, welche allerdings teilweise mit den Mitarbeitern der Verkehrszentrale personenidentisch waren.

Die haupt- oder ehrenamtlichen Mitarbeiter dieser Behörde nahmen die Passagierzahlen getrennt nach Crew und Passagieren auf und gaben sie in das EDV-System ein.

Sachbearbeiter für Luftaufsicht, also Angestellte des öffentlichen Dienstes oder Beamte, gibt es bei der Luftaufsicht am Erfurter Flughafen bislang nicht. Vielmehr sind alle Mitarbeiter der Behörde zugleich auch Angestellte der FEG, was Ursache von Interessenkonflikten sein kann. Hieraus resultieren zwei Empfehlungen des Untersuchungsausschusses, auf die ich am Ende nochmals eingehen werde.

Die Manipulation erfolgte in erster Linie dadurch, dass nach Rechnungstellung in der EDV Flugzeuge bis zur maximal erlaubten Passagierzahl aufgefüllt wurden, die nicht vollständig mit Passagieren besetzt waren. Teilweise übertrieb man es sogar, so wurde eine Maschine mit 999 Passagieren angegeben, was in einem Einzelfall zu einer Nachfrage des Statistischen Bundesamts geführt haben soll, ob die Flugzeuge in Thüringen Anhänger hätten.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Die hat- ten einen Anhänger.)

Teilweise wurden sogar Flugzeuge erfunden oder Flüge zu den Passagierzahlen gezählt, die keine sind, z.B. Polizei und Rettungsdienst. Drahtzieher der Manipulationen war der frühere Geschäftsführer Ballentin. Über seine Motivation gibt es nur Vermutungen, genaue Feststellungen sind nicht möglich, da er von seinem Aussageverweigerungsrecht wegen des laufenden Strafverfahrens Gebrauch machte.

Die gefälschten Passagierzahlen wurden in regelmäßigen Abständen dem Aufsichtsrat mitgeteilt. Das zuständige Ministerium erhielt die Statistiken mit den darin enthaltenen Passagierzahlen per Post.

Innerbetrieblich liefen die Manipulationen nach unseren Feststellungen so ab: Herr Ballentin wies seinen damaligen Verkehrsleiter, den im Untersuchungsausschuss vernommenen Zeugen Gisbert Schäfer, an, welche Passagierzahlen in die Statistik eingegeben bzw. dies zu veranlassen. Da Herr Schäfer keine ausreichenden EDV-Kenntnisse hatte, um dies selbst durchzuführen, gab er die Anweisung an die Mitarbeiter der Verkehrszentrale weiter. Hierbei handelte es sich insbesondere um drei Personen, welche ebenfalls vom Untersuchungsausschuss als Zeugen vernommen wurden. Diese räumten in ihrer Zeugenvernehmung ein, die Manipulationen im System durchgeführt zu haben. Bis zum Jahr 2003 mussten sie noch die Rechnungserstellung abwarten, denn ansonsten wären die Fälschungen aufgefallen, weil den Fluggesellschaften überhöhte Landegebühren in Rechnung gestellt worden wären. Um dieses Hin

dernis zu umgehen, wies der frühere Geschäftsführer seinen EDV-Verantwortlichen im Jahr 2003 an, die Datenbanken für die Statistik und die Rechnungserstellung voneinander abzukoppeln. Danach musste die Rechnungserstellung nicht mehr abgewartet werden.

Nach unseren Feststellungen, die sich mit denen des Landgerichts und der Staatsanwaltschaft Mühlhausen decken, wurden in keinem Jahr die Passagierzahlen von 500.000 pro Jahr erreicht. Für drei Jahre, nämlich die Jahre 2000 mit 509.038 Passagieren, 2003 mit 503.469 und das Jahr 2004 mit 546.975 Passagieren, behauptete die FEG zwar, die erforderlichen Passagierzahlen erreicht zu haben, nach eingehender Überprüfung der Zahlen entspricht dies aber in keinem Fall der Wahrheit. Zwar ist eine mathematisch exakte Berechnung der hinzuerfundenen Passagiere nicht möglich, da die Zahlen nicht exakt rekonstruiert werden konnten, aber selbst wenn man wie das Gericht alle auch nur halbwegs plausiblen Passagiere zugunsten des Geschäftsführers berücksichtigt, selbst dann erreicht man in keinem Jahr die erforderliche Anzahl, sondern nur maximal 490.000 für das Jahr 2000. Damit wurde das geforderte Passagieraufkommen zu rund 98 Prozent erreicht. Die von der neuen Flughafenleitung beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die nicht an die gesetzliche Beweisregel „in dubio pro rero“ gebunden ist, kommt zu einer deutlich niedrigeren Anzahl, nämlich zu rund 473.000 Passagieren für das Jahr 2000. Noch größer sind die Abweichungen für die Jahre 2003 und 2004. Insoweit war die Rekonstruktion aufgrund der bereits vorhin geschilderten Entkoppelung der Datenbanksysteme zwischen Statistik und Rechnungsstelle leichter möglich. Im Jahr 2004 betrug die Abweichung sogar 60.000 Passagiere.

Meine Damen und Herren, zur Überprüfung der Passagierzahlen durch den Aufsichtsrat und den Freistaat Thüringen: Da die Ausbaustufe II durchgeführt wurde, da die FEG das Erreichen dieser Passagierzahl an das Ministerium mitteilte und dieser Meldung ohne in die Tiefe gehende Prüfung Glauben geschenkt wurde, stellt sich hier die Frage nach den Kontrolldefiziten im Bereich des Aufsichtsrats und insbesondere des zuständigen Ministeriums. Dies war ein sehr kontroverses und intensiv diskutiertes Thema in diesem Untersuchungsausschuss. Auch insoweit verweise ich auf die sehr ausführlichen Argumente pro und kontra in dem Ihnen vorliegenden schriftlichen Bericht. Am Ende waren alle Fraktionen einig der Ansicht, dass eine positive Kenntnis der oben genannten Beteiligten von den Manipulationen nicht festzustellen war. Ebenso waren sich die Fraktionen hinsichtlich der Frage, ob man die Manipulation hätte bemerken können, im Ergebnis einig, dass keine Rechtsverletzung festzustellen war. Es gab aber durchaus Kontroversen bei der Frage, ob man die

Manipulation durch vertiefte Kontrollen hätte feststellen können. Für eine solche Prüfung sprachen etwa Hinweise auf mögliche Probleme im Zusammenhang mit den Passagierzahlen im Protokoll einer Finanzausschuss-Sitzung Ende November 2000. Hinsichtlich des Aufsichtsrats war festzustellen, dass dieser nur eingeschränkte Möglichkeiten zu einer solchen Kontrolle hatte. Beim zuständigen Wirtschafts- bzw. Bauministerium war die Sache gesondert zu betrachten, da dort alle Passagierstatistiken vorhanden waren und sich Fachleute von Berufs wegen damit befassten. Insgesamt hat der Untersuchungsausschuss offengelassen, inwieweit die Handlungsweise der Fachebene im zuständigen Ministerium am Ziel einer optimalen Kontrolle ausgerichtet war.

Zum Ende der fehlerhaften Erfassung und Konsequenzen aus der Fehlerhaftigkeit der Passagierzahlen: Die spätestens im Jahr 2000 begonnene Manipulation an den Passagierzahlen wurde bis in das Jahr 2005 fortgesetzt. Sie endeten schlagartig mit dem zweiten anonymen Schreiben an Staatssekretär Richwien vom 30.05.2005, in dem von einer Verschönerung der Passagierzahlen erstmals die Rede war. Zu den personellen Konsequenzen, die der Freistaat aus den Manipulationen gezogen hat, gehört die fristlose Kündigung des FEG-Geschäftsführers und seines Verkehrsleiters sowie die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche gegen Herrn Ballentin, welche derzeit noch beim Landgericht Erfurt anhängig sind. Darüber hinaus wurde gegen Herrn Ballentin, wie von der Presse ausführlich berichtet, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, das letztlich zu einem Urteil durch die Wirtschaftskammer des Landgerichts Mühlhausen vom 11.12.2008 geführt hat. In diesem wurde Herr Ballentin zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da der Angeklagte Revision zum Bundesgerichtshof einlegte, die dort noch anhängig ist. Aus diesem Grund stand Herrn Ballentin auch nach dem erstinstanzlichen Urteil noch ein Aussageverweigerungsrecht vor dem Ausschuss zu, von welchem er Gebrauch machte.

Zu den Konsequenzen: In sachlicher Hinsicht wurden auf Antrag der FEG der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss durch Bescheid des Landesverwaltungsamts vom 21.02.2007 geändert, die Vorfeldflächen reduziert und die rechtliche Situation an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst. Durch das Planänderungsverfahren entstanden Kosten in Höhe von rund 50.000 €. Darüber hinaus forderte das TMBV mit Bescheid vom 08.05.2007 die gezahlten Fördermittel teilweise zurück. Nachdem zunächst eine Rückzahlung in Höhe von rund 5 Mio. € in der Diskussion war, wurde der zu zahlende Betrag auf 260.000 € reduziert. Der Verwaltungsakt wurde von der FEG umgehend erfüllt, indem das Geld von dem Geschäftskonto der FEG bezahlt wurde.