Redebeitrag anlässlich der Beratung des Gesetzentwurfs in der letzten Woche bereits betont - die nachhaltige Berücksichtigung des Zeitfaktors, aber auch des Gesichtspunkts der demokratischen Bewährung im Rahmen des Vollzugs des Thüringer Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes erfolgen müsse. Es handele sich daher nicht um eine Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit einer derartigen Regelung, sondern um eine allerdings sehr ernst zu nehmende Frage des verantwortungsvollen Vollzugs des Gesetzes.
In der Gesamtbetrachtung und vor allem in der Gesamtabwägung der widerstreitenden Verfassungsrechtsgüter - dem Status des Abgeordneten auf der einen und dem Integritätsinteresse des Parlaments auf der anderen Seite - sah die Mehrheit der Ausschussmitglieder gute sachliche Gründe für eine Fortführung der Abgeordnetenüberprüfung auf der Grundlage des noch in dieser Wahlperiode bis zum Ablauf der 5. Wahlperiode prolongierten und hinsichtlich der K 1-Tätigkeit klargestellten Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten.
Die anderen in der Diskussion behandelten Überprüfungsmodelle - Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung auf der Grundlage einer zu Beginn der 5. Wahlperiode zu verabschiedenden Regelung auf entsprechende Bestimmungen des Bundes oder Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung ohne jegliche gesetzliche Regelung lediglich auf Grundlage einer zu Beginn der 5. Wahlperiode herbeizuführenden interfraktionellen Verständigung über Abgeordnetenüberprüfung auf freiwilliger Basis - wurden hingegen mehrheitlich als nicht tragfähig eingestuft.
Ich will dies im Folgenden kurz begründen: Gegen einen Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung auf der Grundlage einer zu Beginn der nächsten Periode zu verabschiedenden Regelung entsprechend des Bundes wurde geltend gemacht, dass eine Überprüfung lediglich vereinzelter Abgeordneter möglicherweise mit dem Gebot der formalen Gleichbehandlung aller Abgeordneten kollidieren könne und dass die Normierung der wesentlichen Verfahrensvorschriften lediglich in einer Richtlinie mit den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs im Widerspruch stehe, wonach wegen der hohen Bedeutung der Abgeordnetenüberprüfung das Überprüfungsverfahren gesetzlich geregelt werden müsse.
Auch gegen einen Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung ohne jegliche gesetzliche Regelung auf freiwilliger Basis wurden Bedenken geltend gemacht. So sei angesichts der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine Abgeordnetenüberprüfung ohne jegliche gesetzliche Grundlage seitens des Verfassungsgerichtshofs beanstandet würde.
Im Übrigen sei auf den Erfahrungswert hinzuweisen, dass eine Abgeordnetenüberprüfung auf freiwilliger Basis einmalig und zugleich letztmalig in der 1. Wahlperiode des Landtags funktioniert habe. In der 2. Wahlperiode des Landtags sei der Versuch einer Abgeordnetenüberprüfung auf freiwilliger Basis am Widerstand der damaligen PDS-Fraktion gescheitert und sei seitdem regelmäßig Gegenstand verfassungsgerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen. Angesichts dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass im Fall einer Entscheidung für dieses Überprüfungsmodell in der 5. Wahlperiode des Landtags überhaupt noch irgendeine Überprüfung stattfinden könne.
Meine Damen und Herren, abweichend von der sonst üblichen Praxis können Sie meiner sehr ausführlichen Berichterstattung entnehmen, dass sich der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten inhaltlich tiefgehend mit der Thematik der StasiÜberprüfung von Abgeordneten in der 5. Wahlperiode auseinandergesetzt hat, die zu dieser Thematik bestehenden unterschiedlichen Sichtweisen unter Austausch sachlicher Argumente diskutiert und schließlich in einer gründlichen Gesamtabwägung aller zu berücksichtigenden Umstände ein positives Votum für den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung abgegeben hat. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Gäste! Frau Präsidentin, gestatten Sie mir, Sie hatten darauf verwiesen, dass wir uns gemeinschaftlich im Wahlkampf befinden, deshalb an dieser Stelle zunächst eine Bemerkung außerhalb des heute zu beratenden Themas.
Wir werden gegenwärtig Zeuge einer rassistischen und ausländerfeindlichen Kampagne gegen Herrn Zeca Schall. Ich will hier deutlich sagen, unabhängig jeder Parteizugehörigkeit gehört ihm und gehört solchen in dieser Art leider immer wieder durch die NPD bedrohten Menschen unsere Solidarität. Wir sollten das als Demokraten immer wieder gemeinschaftlich zum Ausdruck bringen und hier auch als Demokraten zusammenstehen in diesem Hause.
Ich muss es nicht hinzufügen und tue es trotzdem für das Protokoll, dass wir diese Kampagne der NPD wie ihre gesamte rassistische, ausländerfeindliche und neofaschistische Politik entschieden zurückweisen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Umstände um die Anhörung zum Gesetz im Justizausschuss und um die Tagesordnung der Plenarsitzung letzte Woche beweisen eben doch, dass die CDU gewillt war, aus wahltaktischen Gründen verfassungsrechtlich verankerte Rechte der Opposition als auch die Geschäftsordnung des Thüringer Landtags beiseitezuwischen. Wir haben es bereits mehrfach erlebt, dass mittels Ihrer Mehrheit die Minderheitenrechte der Oppositionsfraktionen oft aus durchsichtigen politischen Gründen missbraucht und verletzt wurden. Viele erinnern sich an eine skurrile Eigentümlichkeit auch dieser Wahlperiode, dass Abstimmungen so oft wiederholt werden mussten, bis sie im Sinne der CDU in diesem Saale ausgegangen sind. Dass, meine Damen und Herren, der Verfassungsartikel 59 der Opposition das Recht auf Chancengleichheit einräumt, interessiert Sie als Mehrheit in solchen Momenten offensichtlich nicht, wohl - und der Verdacht drängt sich auch auf - auch deshalb nicht, weil Ihr Agieren und Ihre Vorhaben oft genug gegen die Interessen der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land von Ihnen hier durchgesetzt werden sollen.
Was nun die konkrete Angelegenheit betrifft, so will ich unterstreichen, das Problematische, ja geradezu Schlimme an Ihrer Verhaltensweise ist doch, dass die von der CDU hier zur Debatte gestellten Inhalte, nämlich die Überprüfung von Abgeordneten auf eine Stasi-Zusammenarbeit, durch dieses Verfahren von Ihnen konterkariert werden, dass diesem Anliegen durch Ihr Vorgehen, meine Damen und Herren, überhaupt in keiner Art und Weise Rechnung getragen wird, ja, im Gegenteil, dass es in diesem Hause und vor der Öffentlichkeit dieses Landes in der benannten Angelegenheit geradezu kontraproduktiv ist, meine Damen und Herren. Die Urteile des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, insbesondere die zahlreichen Sondervoten von Richtern, machen deutlich, dass die Abgeordnetenüberprüfung ein gesellschaftspolitisch wie juristisch sehr komplexes und auch umstrittenes Thema ist und offensichtlich bleibt. Gerade die Sondervoten zeigen, dass ein anderer Umgang mit Abgeordnetenüberprüfung möglich und auch notwendig ist, meine Damen und Herren. Es geht darum, die demokratische Transparenz beim Umgang mit Biografien zu wahren, aber auch der bisher von der CDU betriebenen politischen Instru
Gerade die massiven Bedenken, die gegen den von der CDU vorgelegten Gesetzentwurf sehr deutlich in der Anhörung des Ausschusses zutage getreten sind, müssen genauer in diesem Hause erörtert werden.
Ich möchte aber an dieser Stelle insbesondere zwei Bemerkungen machen, meine Damen und Herren. Ich möchte auf den Gegenstand der generellen Fristverlängerung und auf die Frage der Vergangenheitsaufarbeitung, die ja mit dieser Problematik zu tun hat und zu der es gerade in letzter Zeit sicher auch angesichts unserer Jahreszahl 2009 neue Einschätzungen und Bewertungen gibt, eingehen.
Zur Fristverlängerung möchte ich hier noch einmal grundsätzlich anmerken: Wir als LINKE, und ich betone dies, sind auch weiterhin für einen offenen und transparenten Umgang mit Biografien von Kandidatinnen und Kandidaten und Mandatsträgern und haben das auch in der Vergangenheit stets so praktiziert. Die Wähler haben Anspruch auf die Offenlegung, um eine adäquate Wahlentscheidung treffen zu können. Darum sind wir nicht gegen Überprüfungen, wie das zum Teil von unseren politischen Widersachern immer wieder falsch dargelegt wird. Wichtig - und das möchte ich hier betonen - war uns immer die Auseinandersetzung mit der eigenen, mit der jeweiligen Biografie, die Frage nach den Schlussfolgerungen, die Frage nach der Bewertung jeweils anhand der Biografie. Ein besonders wichtiger Aspekt der Bewertung war neben Beweggründen vor allem auch die Frage nach eventuell angerichtetem Schaden und den Folgen für andere.
Ich sage es hier noch einmal: An der Tätigkeit des nach innen gerichteten Spitzelwesens und Repressionsapparats des MfS gab es für unsere Partei nie etwas zu beschönigen, aber Menschen hat sie, unsere Partei, auch immer Einsichts- und Veränderungsfähigkeit zugestanden. Ich denke, das ist in diesem Prozess auch unbedingt notwendig. Deshalb seien hier nochmals an Ihrem Vorgehen einige deutliche Zweifel erlaubt.
Erstens: Beim Erlass des Stasi-Unterlagen-Gesetzes war immer vom Gesetzgeber betont worden, dieses Gesetz hat lediglich eine befristete Geltung und ist der historischen Übergangssituation von der Diktatur in die Demokratie geschuldet. Die Veränderung der Überprüfungen für bestimmte Personengruppen hinsichtlich einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst verstieß bei der Verlängerung im Jahre 2006 im Deutschen Bundestag eigentlich schon gegen den ursprünglichen Willen des Gesetzgebers, meine
Damen und Herren. Dieser hatte 1991 die Überprüfung gemäß § 20 Abs. 10 Nr. 3 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes auf 15 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes, das heißt bis zum bekannten 29.12.2006, befristet. Demnach durfte nach Ablauf dieser Frist die Tatsache einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst dem Mitarbeiter im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwendet werden.
Meine Damen und Herren, zum Rechtsstaat gehört der Rechtsgedanke der Verjährung im Strafrecht wie im Zivilrecht. Die Zeit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Diese Bewährung in der Demokratie, meine Damen und Herren, spielte bei den Abwägungen des bekannten Landtagsgremiums aus meinem Erleben und aus Sicht meiner Fraktion keinerlei Rolle, weil es durch eine politische Ausrichtung ausschließlich Bestrafung - und das für eine Mehrheit - von vornherein zum Ziel hatte. Das lehnen wir deutlich ab, meine Damen und Herren!
Im Grunde ging es Ihnen mit Ihrer Mehrheit nur um die Stigmatisierung des politischen Gegners, niemals, meine Damen und Herren, um wirklich ehrliche Vergangenheitsaufarbeitung und -auseinandersetzung.
In den Sondervoten zum zweiten denkbar knappen Verfassungsgerichtsurteil kommt ganz besonders diese Fragwürdigkeit des gesamten Verfahrens im Thüringer Landtag zum Tragen. Ob ein Gremium des Landtags dieses öffentliche Verdikt verhängen darf, dazu meinte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil - nein. Auch der Bundestag verzichtet bekanntlich auf eine diesbezügliche Wertung der Feststellungen. Ich darf hier die Verfassungsrichterin Frau Dr. Iris Martin-Gehl aus ihrem Sondervotum zitieren. Sie schreibt: „Das Attribut der Unwürdigkeit, dem Landtag anzugehören, ist ein Werturteil, das sich anders,“ meine Damen und Herren, „als die Mehrheit meint, nicht den Tatsachenfeststellungen zu einer etwaigen Stasitätigkeit zuordnen lässt.“
Es geht also nicht um das Transparenzprinzip, nicht um die Bewertungsmöglichkeiten der Wählerinnen und Wähler, sondern es geht, meine Damen und Herren, um ein politisches Werteurteil. Das wird der Sache und der Gesetzlichkeit nicht gerecht. Die größten und glaubwürdigsten Bedenken in dem Verfahren hat die eben zitierte Verfassungsrichterin jedoch aus demokratischen Erwägungen angebracht und ich möchte auch das hier zitieren. Sie schrieb: „Das Parlament erhält seine Legitimation durch das Volk. Zieht es die politische Tragbarkeit einzelner seiner Mit
glieder in Zweifel, stellt es seine eigene Legitimation infrage und erhebt sich damit über den Wählerwillen. Der Respekt vor dem Wählerwillen verbietet es, im parlamentarischen Raum über Abgeordnete Urteile zu fällen, durch die sich der Wähler dem Vorwurf ausgesetzt sieht, eine Fehlentscheidung getroffen zu haben. Zudem kommt es einer Bevormundung des Wählers gleich, dass ihm die eigene Einschätzung, ob er einem Abgeordneten sein Vertrauen geben kann, vom Parlament durch ein vorgefasstes Urteil der Parlamentsunwürdigkeit abgenommen wird. Auf diese Weise politischen Druck auf die Wählerinnen und Wähler auszuüben, ist mit dem Demokratieprinzip schwerlich vereinbar.“ Ich glaube, meine Damen und Herren, diesen Worten gibt es nichts hinzuzufügen, was die hier zu debattierende Sache betrifft.
Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle zweitens auch klarstellen, DIE LINKE hält die Öffnung und Beibehaltung der Öffentlichkeit der Stasi-Akten nach wie vor für richtig. Allerdings kritisieren wir die Art und Weise des Umgangs mit ihnen und vor allem den Fakt, dass die sie verwaltende Behörde sich ungeniert parteipolitisch vereinnahmen und missbrauchen lässt, meine Damen und Herren. Nach der allgemeinen Überzeugung einer großen Zahl von Zeithistorikern ist auch in diesem Zusammenhang die Aufarbeitung der DDR-Geschichte bisher weitestgehend gescheitert. Eine der wesentlichen Ursachen dafür - und das sagen Experten unverblümt - ist die politische Instrumentalisierung des Themas und der damit verbundene subtile Eingriff in die Wissenschaft. Das Ergebnis geschichtswissenschaftlichen Forschens war unter dem durch die Bundesregierung 1994 ausgegebenen Motto „Delegitimierung der DDR“ quasi in eine einzige Richtung und Betrachtung entwickelt, Drittmittelprojekte wurden zum Beispiel nur dann gefördert, wenn sie auch in diese Richtung gehen. Deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren, hier brauchen wir einen Neuanfang ohne parteipolitische Einflussnahme.
Im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was gerade von der CDU-Fraktion und der CDU im Allgemeinen immer wieder beklagt wird, nämlich dass es eine Verklärung der DDR-Geschichte gibt, die wir keinesfalls wollen, das hat - lassen Sie sich das gesagt sein - mit Ihrem eigenen Agieren zu tun. Ihre einseitige Reduzierung der DDR auf das Ministerium für Staatssicherheit und dessen Tätigkeit, Ihre ungerechtfertigten Totalverurteilungen jeglichen politischen und gesellschaftlichen Handelns in der DDR führt einfach dazu,
dass eine wachsende Zahl von Menschen in diesen einseitigen Betrachtungen nicht ihr eigenes Leben wiederfinden kann, dass sie sich deshalb auch einer wirklichen Auseinandersetzung mit dem Geschehen zur DDR-Zeit dann vielfach verschließen. Wenn es eine Verklärung im Geschichtsbild und in der Bewertung der DDR gibt, dann ist das das Ergebnis Ihrer Politik und solcher Gesetzesvorlagen, wie Sie sie hier heute wieder eingebracht haben. Das lassen Sie sich gesagt sein.
Frau Landtagspräsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, liebe Gäste, insbesondere auch hier noch mal der Gruß an die Mitglieder des Freiheit e.V.,
Es ist heute ein besonderer Tag, der 13. August. Es jährt sich zum 48. Mal diese Problematik des Mauerbaus mit all dem Drum und Dran, den Reden, der Aussage von Walter Ulbricht. Wenn man dann das hört, was wir eben vernehmen durften, dann erschüttert einen das.
Ich will vorwegnehmen, ich war letzte Woche am Anger zu Wahlkampfzwecken und es sprach mich ein Mensch an und er sagte: Halten Sie wacker durch, dass Sie es schaffen; diese Chamäleon-Partei, die darf nie wieder drankommen.
Sie wissen, wer mit Chamäleon bezeichnet wird. Das ist ein Tier, das die Farbe wechselt bei jeder Situation. Er meinte nicht die Farbe, sondern den Namen und alles, was dahintersteht. Ich habe das Gefühl, Sie lehnen jede Verantwortung für die Vergangenheit ab.
friedlichen Revolution. Die Geschichte der Jahre 1989 und 1990 rückt uns dabei wieder in besonderer Weise nahe. Wir denken an die Momente dieses wohl aufregendsten Monats unseres Lebens, in dem die zarte Pflanze der Freiheit und der Demokratie durch die Betondecke brach, die das SED-Regime über alle eigenständigen politischen Regungen gelegt hatte.