Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

(Beifall bei der PDS)

und ich halte es für richtig, dass den Fraktionen mehr Abstimmungszeit zur Vorbereitung der Schlussabstimmung eingeräumt wird, um zahlreiche Unterbrechungen, so wie dieses Mal stattgefunden, vielleicht in der Zukunft zu vermeiden. Und schlussendlich, aber nicht zuletzt, möchte ich im Namen des Ausschusses stellvertretend allen Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, aber insbesondere Frau Hartung und Herrn Dr. Seidel, für ihre aktive Arbeit und zuverlässige Arbeit im Haushalts- und Finanzausschuss recht herzlich danken. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Gerstenberger für die Berichterstattung. Wir treten damit in die Aussprache ein. Ich möchte folgenden Hinweis geben: Der

Ältestenrat hat in seiner 7. Sitzung am 15. Februar dieses Jahres einvernehmlich beschlossen, dass wir die Aussprache in der folgenden Weise durchführen, d.h., wir werden jetzt erst die Generalaussprache zum Thüringer Haushaltsstrukturgesetz insgesamt, zum Mittelfristigen Finanzplan und Finanzbericht durchführen und dann die Aussprache zu den Einzelplänen, die wir zum Teil in Komplexen zusammenfassen werden, und dann folgt die Schlussrunde. Die Redezeit wurde auf 150 Prozent gemäß § 29 Abs. 2 der Geschäftsordnung verlängert. Die zur Verfügung stehende Redezeit wurde auf die Beratungsgegenstände, die ich gerade genannt habe, aufgeteilt. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt damit 11 Stunden und 6 Minuten. Die Beratung von Entschließungsanträgen erfolgt jeweils im Zusammenhang mit den Aussprachekomplexen.

Wie im Ältestenrat beschlossen, beginnen wir jetzt mit der Genralaussprache zum Thüringer Haushaltsstrukturgesetz insgesamt, zum Mittelfristigen Finanzplan und zum Finanzbericht. Ich gebe Ihnen noch einmal die vereinbarten Redezeiten bekannt: für die CDU 55 Minuten, für die PDS 41 Minuten, für die SPD 30 Minuten und ich verweise auch darauf, nach 17 Minuten Redezeit der Landesregierung verlängert sich entsprechend die Redezeit jeder Fraktion gemäß § 29 Abs. 4 der Geschäftsordnung. Wir beginnen die Aussprache mit der Oppositionsfraktion. Es hat sich der Abgeordnete Ramelow zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Abgeordneter Ramelow.

Mein sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, unser Ministerpräsident hat sich ja am Samstag von einer sehr erfolgreichen Familienshow überzeugen können, die Erfurt in der Welt, in der Bundesrepublik wirklich sehr positiv dargestellt hat. Diese Familienshow hat einen Vorläufer, der genauso erfolgreich war. Das war "Einer wird gewinnen" mit Hans-Joachim Kulenkampff, in der alten Bundesrepublik eine der beliebtesten Shows, die eine gleich hohe Einschaltquote hatte wie das, was Sie am Samstag haben sehen können und wohl 15 Millionen Menschen auch in der Bundesrepublik gesehen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind hier im Thüringer Landtag und nicht bei "Einer wird gewinnen".

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Sie da schon gar nicht.)

Ich liebe die qualifizierten Zwischenbemerkungen der mittleren Sitzreihe, die sich damit auszeichnet, den Ernst der Lage wirklich begriffen zu haben und of

fenkundig ihre Teilnahme hier im hohen Haus nur unter dem Aspekt des "Kessel Buntes" sehen. Herzlichen Dank für diese qualifizierten Bemerkungen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, es geht nicht am heutigen und morgigen Tag darum, ob Sie Ihr Gesicht verlieren, wie man in einigen Zeitungen lesen kann. Es geht nicht darum, ob die Regierung stürzt oder nicht stürzt, ob Sie gewinnen oder nicht gewinnen. Deswegen wollte ich die Bemerkung machen, wir sind hier nicht bei "Einer wird gewinnen". Ich glaube, bei den Themen, die anstehen, können sehr viele Menschen in diesem Land verlieren. Ich glaube, wir müssen sehr ernsthaft als Abgeordnete, und zwar alle 88 Abgeordneten dieses hohen Hauses, sehr verantwortungsbewusst die nächsten zwei Tage miteinander verbringen und Entscheidungen treffen, bei denen die Gefahr, die zurzeit droht, abgewendet werden kann, nämlich, dass mit der Art und Weise, wie die Haushaltsberatung stattgefunden hat, wie die Haushaltsaufstellung bisher verlaufen ist und wie die Sparmaßnahmen, die darin verpackt sind, mit Wirkungen verbunden werden, deren Nachhaltigkeit im negativen Sektor vielen Menschen Schaden zufügen wird. Ich sage, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Stand der Haushaltsberatungen und die Herangehensweise, die wir bisher erlebt haben mit der vorläufigen Haushaltsführung von allen Gemeinden, Städten und Landkreisen hat durch die Haushaltsberatungen und die Haushaltsherangehensweise der Landesregierung alle frei gewählten Abgeordneten der Gemeindeparlamente in Geiselhaft genommen. Ich halte diese Vorgehensweise für nicht richtig und für nicht akzeptabel.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich wiederhole das, dass die Form des Sparens vom Grundsatz her - sparen an sich - von niemandem hier im hohen Haus in Frage gestellt wird. Auch von denen, mit denen ich Kontakt hatte auf der Gemeinde- oder auf der Landkreisebene, ist überall mittlerweile akzeptiert worden, dass Sparen notwendig ist, denn wir haben es mit einem Schuldenberg zu tun und einer Einnahmesituation, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, bei dem ich sage, dieser Schuldenberg, den wir schon haben, der uns die Gestaltungsspielräume nimmt, der uns die Luft zum Atmen nimmt, der ist auch von Ihnen verantwortet worden, von Ihnen und Ihren Vorgängern.

(Beifall bei der PDS)

Dieser Schuldenberg hat eine Handschrift und heißt CDU.

(Beifall bei der PDS)

Aus dieser Verantwortung kann man sich doch überhaupt nicht herausmogeln. Aber er ist da und niemand stellt ihn mehr in Frage oder sagt, man könnte da noch beliebig oben draufpacken. Es ist schon schlimm genug, was an Nettoneuverschuldung oben draufgepackt wird. Deswegen muss man endlich den Mut haben, die Richtung des Sparens miteinander so zu verabreden, dass alle die, die sparen sollen, auch auf dem Sparweg mitgenommen werden und nicht vorher von der Dampfwalze überrollt werden und dann als Kollateralschaden am Rande der Haushaltsberatung übrig bleiben.

(Beifall bei der PDS)

Ich befürchte, dass die Kommunen und die freigewählten Abgeordneten der Gemeindeparlamente zum Schluss auf der Strecke bleiben, weil die werden vertreten müssen, was sie gar nicht vertreten können, da sie kein Geld mehr haben, um die so genannten freiwilligen Leistungen zu finanzieren, da sie die notwendigen Gelder nicht mehr haben, um die sozialen Institutionen, um die freien Träger finanziell auszugestalten. Wir wissen das alles schon seit Dezember, als die ersten Träger angefangen haben, ihre Mitarbeiter zu kündigen und damit Aufgaben abgewickelt werden, die wir dringend brauchen, die wir gerade zurzeit brauchen im Bereich der Jugendarbeit, im Bereich der Kulturarbeit. Und angesichts von Massenarbeitslosigkeit finde ich es sehr problematisch, wenn wir uns nicht mit Sparzielen so aufeinander zubewegen, dass alle Akteure mitgenommen werden. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sagen wir als PDS-Fraktion ganz deutlich: Wir werden nicht akzeptieren, dass man den Gemeinden, den Städten und den Landkreisen im kommunalen Finanzausgleich derart tief in die Tasche greift, um damit einen Sparhaushalt abzusichern,

(Beifall bei der PDS)

bei dem man die ganzen Folgen dieses Einsparens und dieses Eingreifens wirklich nur auf die kommunalen Ebenen verlagert. Die Gemeinden und Städte haben signalisiert, dass sie bereit sind, an diesem Prozess mitzuwirken. Draußen vor der Tür stehen Vertreter der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, die auch signalisiert haben, dass sie bereit sind, den Weg zu gehen. Es ist für mich völlig unverständlich, dass wir uns im Kern hier im Landtag nicht erst auf die Sparziele, auf die Spargröße und den Weg, aber auch die Etappen konzentrieren. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich möchte Sie einfach auffordern, dringlich auffordern, doch mit uns die Diskussion hier im Landtag als Ganzes zu führen und sich nicht durch eine Zweistimmenmehrheit durch den Landtag durchtragen zu lassen mit den Schäden, die es hat, wenn - wie am 16.02.2005 - Eindrücke draußen erweckt werden, über die wir heu

te Morgen ja noch einmal reden mussten. Der Eindruck bleibt, dass ein einzelner freigewählter Abgeordneter zumindest am Ende einer bestimmten Beratung keine Zeit mehr hatte, um so weiter abzustimmen, wie er vorher abgestimmt hat. Die Frage der Gewissensnot derjenigen, die in Gemeindeparlamenten gleichzeitig gewählt sind, also nicht nur hier im hohen Haus sitzen, scheint ja sehr groß zu sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann nicht hier aus dem Landtag herausgehen, wenn man diesen Haushalt, so wie er jetzt vorgelegt ist, abgestimmt hat und dann draußen erzählen, wir waren es nicht, das waren die in Erfurt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine multiple Persönlichkeit von Abgeordneten gibt es nicht, die hier im Landtag diesen Weg, diesen verheerenden Weg erst einmal vorgeben und mitgehen, heimlich sagen, sie können das eigentlich mit ihrem Gewissen nicht aushalten, aber dann sagen, die Parteiraison erfordert es, so vorzugehen. Das erinnert mich doch tatsächlich an Dinge, meine Damen und Herren, die zu anderen Zeiten auch schon einmal praktiziert worden sind.

Ich bitte darum, dass wir inhaltlich über die Menge, das Volumen und den Weg des Sparens gemeinsam debattierten. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, dann heißt das aber auch, Vorschläge der Opposition zu durchdenken, aufzunehmen, zu prüfen, zu wichten und dann der Sache eine Richtung zu geben. Insoweit haben wir in der Tat, SPD und PDS zusammen, 31 Mio.  drei Änderungsanträge heute mit auf den Tisch gelegt. Das ist unser Angebot an das hohe Haus, darüber nachzudenken, zugunsten der Kommunen, der Städte und Gemeinden eine nochmalige Umschichtung zu den 26 Mio.   die die CDU-Fraktion schon mit eingearbeitet hat, weitere 31 Mio.  Weg zu bringen.

Sie haben Gelegenheit, meine Damen und Herren, alle 88 Abgeordneten haben die Gelegenheit, frei nach ihrem Gewissen zu entscheiden, wie sie damit umgehen. Es gibt weitere 30 Mio.  )menge zwischen SPD und PDS, die wir in der Lage sind, zugunsten der Kommunen aus dem bestehenden Haushalt und dem Haushaltsstrukturgesetz umzuschichten. Wir sind bereit dazu. Wir sind bereit, diese Anträge auf den Tisch zu legen. Wir sind bereit, darüber debattieren zu lassen. Wenn Sie bessere Deckungsvorschläge haben, Herr Ministerpräsident, wenn Sie gleichzeitig dafür sorgen, dass Steuergerechtigkeit in Thüringen mit ausreichendem Personal auch sichergestellt wird und nicht gesagt wird, na ja, das ist eine ungedeckte Größe, die die SPD und PDS da auf den Tisch gelegt hat, dann sage ich, dann sorgen Sie dafür, dass Steuereinnahmen in Thüringen auch von denen getätigt werden, die zeitnah geprüft

werden müssten. Das heißt, mehr Personal in der Steuerverwaltung wäre die richtige Antwort. Wenn in dem Haushaltsansatz von Ihnen im Jahr 2004 Immobilienverkäufe drin sind und wir sagen, dann verkaufen Sie sie doch, dann können Sie anschließend nicht sagen, wir hätten schlecht gerechnet. Es waren Ihre Vorgaben. Wir haben sie nur erneut aufgegriffen und sagen, wenn Sie letztes Jahr dieses Geld einnehmen wollten, dann nehmen Sie es bitte dieses Jahr ein oder sorgen Sie dafür, wie Immobilien in Thüringen schneller verwertet werden, die das Land nicht mehr braucht. Sorgen Sie dafür, dass nicht neue Immobilien gebaut werden, wenn vorhandene genutzt werden könnten, wenn gleichzeitig Investitionen im Katasterbereich oder anderen Sachen gemacht werden oder in der Gerichtsbarkeit, wo man das Gefühl hat, es folgt ganz anderen Überlegungen und nicht einer sparsamen Haushaltsführung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind als PDS-Fraktion und als Opposition bereit, sehr prinzipiell an einigen Eckpunkten, ohne dass wir unsere Rolle als Opposition aufgeben, aber sehr prinzipiell der Landesregierung Unterstützung mit angedeihen zu lassen, wenn wir einen ganz klaren Einstieg beim Verwaltungsumbau haben, wenn endlich gesagt wird, wir brauchen eine ernsthafte Diskussion über die Verwaltungsmodernisierung in Thüringen. Es wäre ein lohnenswertes Ziel, in der Bundesrepublik Deutschland als Freistaat Thüringen die mobilste, flexibelste, kleinste und überschaubarste, aber auch effizienteste Verwaltung aufzubauen. Das wäre ein lohnenswertes Ziel. Dazu müsste man dann aber die entsprechenden Verwaltungsdiskussionen jetzt als Modernisierungsdiskussion führen. Ich sage das deswegen, weil Sie zurzeit in Ihren Ministerien die einzelnen Strukturen verändern lassen. Da wird eben im Innenministerium über vier Polizeidirektionen und im Justizministerium über drei Landgerichte geredet. Da gibt es dann keine Abstimmung bezogen auf die Staatsanwaltschaften. Es gibt überhaupt keine Harmonisierung zwischen den einzelnen Institutionen, die das Land zu verantworten hat. Da, sagen wir, hätten wir gern eine gemeinsame Diskussion über einen gemeinsamen Weg, damit Verwaltungsräume in sich schlüssig sind. Das bedeutet, mit den Bediensteten des öffentlichen Dienstes da draußen gemeinsam zu reden. Die Gewerkschaft ver.di hat einen Sozialtarifvertrag angeboten, also einen Verwaltungsumbautarifvertrag. Das Ergebnis ist, dass Sie gleichzeitig beamtenrechtlich den Beamten zur 42-Stunden-Woche überhelfen wollen und als Dankeschön auch noch das Weihnachtsgeld kürzen wollen, so dass in den Amtsstuben in Thüringen weiterhin Dreiklassenrecht herrscht, statt jetzt den Mut zu haben, dass wir Arbeiter, Angestellte und Beamte in einer gemeinsamen Richtung entwickeln

(Beifall bei der PDS)

und sagen, die Sparziele sind von allen Beteiligten gemeinsam zu akzeptieren.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir sind bereit, beim Verwaltungsumbau mitzuarbeiten, wir sind bereit, bei mehr plebiszitären Elementen für die Kommunen, bei mehr Mitgestaltungsrecht der Kommunen, wirklich auch den Bürgern dazu zu verhelfen, dass sie über Transparenzregelungen und Beteiligungsrechte die Möglichkeit haben, ihr Gemeinwesen vor Ort selber mitzugestalten. Wir sind bereit, bei Wasser und Abwasser über die Zweckverbände und über die Größe und über die Inhalte gemeinsam zu reden. Das wären alles Themen. Wir wären auch bereit, bei dem Thema Bildung über ein längeres gemeinsames Lernen und über eine Bildungsmodernisierung gemeinsam zu reden. Zu all diesen Punkten wären wir in den Eckpunkten bereit, auch Verantwortung zu übernehmen. Es käme dann nicht auf eine formale Zweistimmenmehrheit hier im Landtag an, weil man sich dann verlässlich bei der langfristigen Veränderung der Perspektive für das Land auf eine Mehrheit im gesamten Haus konzentrieren könnte, weil wir alle erkennen, so geht es nicht weiter, wie bisher gewurschtelt worden ist. Aber auch das, was Sie im Moment machen, ist nur herumwurschteln und den Eindruck erwecken, als ob es um Ihr Gesicht ginge oder um Ihre Autorität. Deswegen, meine Damen und Herren, geben Sie, sehr geehrter Herr Ministerpräsident und sehr geehrter Herr Parteivorsitzender, hier im hohen Hause Abstimmungsfreiheit. Lassen Sie zu, dass wir uns gemeinsam darauf konzentrieren bei der Frage der kommunalen Finanzausstattung. Ich sage Ihnen, wir werden als PDS-Fraktion bei den Abstimmungen mit allen Abgeordneten anwesend sein. Wir sind bereit, unseren Anteil einzubringen in der Frage der Durchfinanzierung von Städten und Gemeinden und Landkreisen - deswegen unsere Anträge. Wenn aus dem hohen Haus andere Änderungsanträge kommen, weil man sagt, weil da PDS und SPD draufsteht, ist man nicht bereit, so etwas zu machen, dann sind wir auch bereit, anderen Anträgen zuzustimmen, die das gleiche Ziel haben, nämlich eine Verbesserung der Finanzausstattung des KFA für Gemeinden, Städte und Landkreise, auch da sind wir bereit, den Weg mitzugehen. Ich jedenfalls würde da parteipolitisch über meinen Schatten springen und sagen: Wir müssen die Sparziele mit den Akteuren Landkreistag, Gemeinde- und Städtebund gemeinsam qualifizieren und gemeinsam verabreden. Ich glaube, die 30 Mio.      17 !     9%- , *   nicht, weil sich alle örtlichen Vertreter anschließend für etwas vor den Menschen vor Ort rechtfertigen müssen, was sie gar nicht gemacht haben. Da sagen ich Ihnen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir werden alle 88 Abgeordneten nach der Entscheidung heute und morgen befragen, wie sie sich verhalten haben, wenn es darum geht, das Geld

für die Kommunen zu sichern. Die Kommunen

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Soll das eine Drohung sein?)

sind bereit, ihre Sparaufgaben ernst zu nehmen, aber sie müssten selber die Möglichkeit haben, ihre Sparziele gleichberechtigt zu definieren und nicht von uns per Keule übergeholfen zu bekommen. Das heißt, auf gleicher Augenhöhe mit den Kommunen jetzt die Sparziele zu definieren und dazu tragen die 88 Abgeordneten hier im hohen Haus die Verantwortung und wir werden es nicht darunter machen.

(Beifall bei der PDS)

Es geht auch um das demokratische Bewusstsein der gewählten Abgeordneten in Stadt- und Kreisräten, sie dürfen nicht in der Geiselhaft bleiben. Bitte geben Sie Abstimmungsfreiheit. Wir sind bereit, einzelne Anträge innerhalb des Haushalts mitzutragen, wenn damit dem Ziel der Stärkung der Finanzen in den Kommunen Rechnung getragen wird. Wir werden natürlich als Opposition dem Haushalt in Gänze nicht zustimmen. Da wird auch die Beratung heute keine großen Erkenntnisse mehr bringen, weil wir die ganzen Eckpunkte, die Sie vorgeben, für nicht tragfähig halten, für nicht harmonisiert halten, für unausgewogen halten und für durchgewurschtelt halten. Aber die Anträge, die einzeln zu Gunsten der Kommunen auf den Weg gebracht werden, sind wir bereit mitzutun. Deswegen, wenn Sie unseren Anträgen nicht folgen wollen, dann schaffen Sie Anträge her, die wir mit abstimmen können. Aber 100 Mio.  ist die Größenordnung, die die Gemeinden, Städte und Landkreise brauchen, damit sie in diesem Jahr die Sparziele definieren und im nächsten und übernächsten Jahr auch radikal in eine Umschichtung ihrer Sparüberlegungen eintreten können. Nehmen Sie die Städte und Gemeinden beim Wort, nehmen Sie uns beim Wort. Wir sind bereit, gemeinsam mit Ihnen Verantwortung zu tragen, denn es geht nicht um "Einer wird gewinnen". Ich sage, viele können verlieren oder wir alle können mit der gemeinsam getragenen Verantwortung etwas für unser Gemeinwesen tun. Lassen Sie uns heute damit beginnen.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Pidde gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Thüringer CDU ist auf der Autobahn in das Stauende gerast, mit voller Wucht, ungebremst. Es gibt

hohen Sachschaden und viele Verletzte, wovon nicht alle überleben werden. Natürlich stellt sich die Frage: War dieser Unfall unvermeidbar? Die Antwort ist ein klares Nein. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der SPD)

Die CDU hat die Witterungsbedingungen einfach ignoriert. Sie hat ihre Fahrt mit überhöhter Geschwindigkeit fortgesetzt, obwohl der Wind auffrischte und dunkle Wolken aufzogen. Die finanzpolitische Situation von Bund, Ländern und Kommunen verschlechterte sich seit Jahren. Aber nicht nur die zurückliegende Rezession der Jahre 2001 bis 2003 und die nach wie vor sehr hohe Arbeitslosigkeit sind ursächlich für diese Finanznot,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Rotgrün!)

nein, auch die von SPD und CDU gemeinsam getragenen steuerpolitischen Maßnahmen sind eine gewollte Ursache der Einnahmeverluste. Als der Regen einsetzte, hat die CDU nochmals richtig Gas gegeben. Sie war es, die eine weiter gehende Senkung des Spitzensteuersatzes auf 42 Prozent durchsetzte. Ich bin der Auffassung, die von der rotgrünen Bundesregierung geplanten 45 Prozent hätten auch gereicht.

(Beifall bei der SPD)

Unser finanzpolitisches Problem wäre heute um einen dreistelligen Millionenbetrag geringer, aber bei einem damals von der Union geforderten Spitzensteuersatz von nur noch 35 Prozent war dies eben ein Kompromiss. Leider stehen Sie, meine Damen und Herren von der Union, heute nicht mehr zu den Folgen dieses Kompromisses in Form noch höherer Einnahmeverluste. So kamen die Steuereinbrüche keinesfalls unerwartet und aus heiterem Himmel. Die CDU war daran beteiligt, sei es durch Mitwirkung oder durch Blockade. Sie hat es versäumt, rechtzeitig im Thüringer Landtag Sorge für die Auswirkungen zu tragen.

(Beifall bei der SPD)

In Sachsen beispielsweise hat man es erfolgreich getan. Aber die CDU wollte selbst die Staumeldungen in Form der Steuerschätzung nicht hören. Sie hat lieber schnell das Radio ausgeschaltet. Anstatt langsam abzubremsen und auf die Gegebenheiten moderat zu reagieren, wurde weitergerast. Ministerpräsident Dr. Vogel brauchte einen guten Abgang. Der Wechsel musste gelingen. So hat es Thüringen versäumt, seine Verwaltungsstrukturen rechtzeitig an die geringeren Einnahmen, aber auch an die zurückgehenden Bevölkerungszahlen anzupassen. Es wur

den unter der Voraussage blühender Landschaften in Thüringen die Weststrukturen nachgebaut. Aber bereits seit den späten 90er-Jahren müsste auch dem letzten Verantwortlichen klar gewesen sein, dass Veränderungen notwendig sind. Allein, es tat sich nichts. Alle Probleme im Freistaat wurden mit Geld übertüncht. Gab es in der großen Koalition wenigstens noch Ansätze für ein grundlegendes Herangehen an die bestehenden und schon damals erkennbaren strukturellen und finanzpolitischen Probleme - ich erinnere hier nur an einen Vorschlag der SPD für Kosten senkende Strukturmaßnahmen, denen die CDU sich damals leider verweigert hat -, war die letzte Legislaturperiode für Thüringen verlorene Zeit, fünf Jahre verschenkte Zeit für Thüringen.

(Beifall bei der SPD)