Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Wenn Herr Schwäblein nicht da ist, müssen wir einspringen.)

Damit kommen wir zur zweiten Möglichkeit, es findet eine geheime Wahl statt. Ich erläutere kurz den Stimmzettel. Auf dem Stimmzettel kann Ja, Nein oder Enthaltung angekreuzt werden und jeder hat natürlich nur die Möglichkeit ein Kreuz zu machen. Als Wahlhelfer werden berufen die Abgeordneten Berninger, Carius und Künast und ich bitte die Wahlhelfer, ihre Tätigkeit aufzunehmen. Dafür brauchen wir ersatzweise noch Schriftführer hier oben. Als Schriftführer fungieren hier ersatzweise die Abgeordneten Günther und Hennig. Herzlichen Dank dafür.

Ich rufe jetzt die Wahlhandlung auf und bitte die Namen aufzurufen.

Althaus, Dieter; Bärwolff, Matthias; Bausewein, Andreas; Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Berninger, Sabine; Blechschmidt, André; Buse, Werner; Carius, Christian; Diezel, Birgit; Doht, Sabine; Döring, Hans-Jürgen; Ehrlich-Strathausen, Antje; Emde,

Volker; Enders, Petra; Fiedler, Wolfgang; Dr. Fuchs, Ruth; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Prof. Dr. Goebel, Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Grüner, Günter; Gumprecht, Christian; Günther, Gerhard; Dr. Hahnemann, Roland; Hauboldt, Ralf; Hausold, Dieter; Hennig, Susanne; Heym, Michael; Höhn, Uwe; Holbe, Gudrun; Huster, Mike; Jaschke, Siegfried; Jung, Margit; Dr. Kaschuba, Karin; Dr. Klaubert, Birgit; Köckert, Christian; Dr. Krause, Peter; Krauße, Horst; Kretschmer, Thomas; von der Krone, Klaus.

Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Mike Mohring, Kersten Naumann, Maik Nothnagel, Eckhard Ohl, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Bodo Ramelow, Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Wieland Rose, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, Harald Stauch, Carola Stauche, Christina Tasch, Heike Taubert, Tamara Thierbach, Andreas Trautvetter, Marion Walsmann, Siegfried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh, Christine Zitzmann.

Hat jeder Abgeordnete seine und jede Abgeordnete ihre Stimme abgegeben? Das ist der Fall. Damit schließe ich die Wahlhandlung und bitte die Stimmen auszuzählen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich komme zum Verlesen des Wahlergebnisses: abgegebene Stimmzettel 84, ungültige Stimmzettel keine, gültige Stimmzettel damit 84. Auf den Wahlvorschlag der Fraktion der PDS, Drucksache 4/738, Dr. Roland Hahnemann, entfielen 39 Jastimmen, 45 Neinstimmen, keine Enthaltungen. Damit ist die Mehrheit der Mitglieder des Landtags, nämlich 45 Stimmen, nicht erreicht und Abgeordneter Dr. Roland Hahnemann nicht gewählt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 13 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Wahl von Vertrauensleuten für die Ausschüsse zur Wahl der ehrenamtlichen Richter bei den Verwaltungsgerichten des Freistaats Thüringen Wahlvorschläge der Fraktionen der SPD, CDU und PDS - Drucksachen 4/520/722/723

Wird Aussprache zu diesem Punkt gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann verweise ich auf folgende Formalien: Gemäß § 26 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung wird bei jedem der drei Verwaltungsgerichte ein Ausschuss zur Wahl der ehrenamtlichen Richter bestellt. Die Wahlausschüsse bestehen nach § 26 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung unter anderem aus sieben Vertrauensleuten. Diese sieben Vertrauensleute sowie deren Vertreter sind aus den Einwohnern der jeweiligen Verwaltungsgerichtsbezirke vom Landtag zu wählen. Es werden also insgesamt 21 Vertrauensleute sowie 21 Vertreter gewählt. Ich bitte die Vertreter der Landesregierung, doch etwas ruhig zu sein. Nach § 9 Abs. 2 der Geschäftsordnung entfallen für jeden Wahlausschuss der drei genannten Verwaltungsgerichte auf die Fraktion der CDU vier Vertrauensleute und vier Vertreter, auf die Fraktion der PDS zwei Vertrauensleute und zwei Vertreter und auf die Fraktion der SPD eine Vertrauensperson und ein Vertreter.

Damit komme ich jetzt zur Wahlhandlung. Ich frage, ob offene Wahl Widerspruch erfährt. Erfährt Widerspruch. Damit kommen wir dann zur geheimen Wahl. Jeder Abgeordnete erhält für jedes der drei Verwaltungsgerichte einen Wahlschein. Er hat für jeden dieser Wahlscheine nur eine Stimme.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sagen Sie das noch mal laut!)

Ich wurde gebeten, das zu wiederholen; machen wir doch gern. Jeder Abgeordnete erhält für jedes der drei Verwaltungsgerichte einen Wahlschein und er hat für jeden dieser Wahlscheine nur eine Stimme. Es wird auch noch besser. Zur besseren Unterscheidung wurden die Wahlscheine in unterschiedlichen Farben - Gera weiß, Meiningen blau und Weimar gelb - ausgefertigt und wir wählen in einem Wahlgang. Ich denke, das ist verstanden. Damit rufe ich die Wahlhandlung auf und bitte die Schriftführer, die Namen aufzurufen.

Althaus, Dieter; Bärwolff, Matthias; Bausewein, Andreas; Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Berninger, Sabine; Blechschmidt, André; Buse, Werner; Carius, Christian; Diezel, Birgit; Doht, Sabine; Döring, Hans-Jürgen; Ehrlich-Strathausen, Antje; Emde, Volker; Enders, Petra; Fiedler, Wolfgang; Dr. Fuchs, Ruth; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Prof. Dr. Goebel, Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Grüner, Günter; Gumprecht, Christian; Günther, Gerhard; Dr. Hahnemann, Roland; Hauboldt, Ralf; Hausold, Dieter; Hennig, Susanne; Heym, Michael; Höhn, Uwe; Holbe, Gudrun; Huster, Mike; Jaschke, Siegfried; Jung, Margit; Dr. Kaschuba, Karin; Dr. Klaubert, Birgit; Köckert, Christian; Dr. Krapp, Michael;

Dr. Krause, Peter; Krauße, Horst; Kretschmer, Thomas; von der Krone, Klaus.

Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Mike Mohring, Kersten Naumann, Maik Nothnagel, Eckhard Ohl, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Bodo Ramelow, Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Wieland Rose, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Eckehard Kölbel, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, Harald Stauch, Carola Stauche, Christina Tasch, Heike Taubert, Tamara Thierbach, Andreas Trautvetter, Marion Walsmann, Wolfgang Wehner, Siegfried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh, Christine Zitzmann.

Hat jetzt jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete seine Stimme abgegeben? Ich stelle fest, das ist so. Damit schließe ich die Wahlhandlung und bitte die Stimmzettel auszuzählen.

Wie vereinbart fahren wir mit der Tagesordnung fort, während die Stimmen ausgezählt werden, und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7

Landeskulturkonzept Thüringen Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/689

Wird die Begründung durch den Antragsteller gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich die Landesregierung, den Sofortbericht zu Punkt 1 des Antrags zu geben.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Thüringen ist ein Land der Kultur.

(Beifall bei der CDU, PDS)

Wir haben fast 30.000 schutzwürdige Denkmale. Unsere Museen präsentieren Kulturschätze von herausragender internationaler Bedeutung. Die Literatur hat ihren bleibenden Stellenwert in Thüringen in den Traditionen des klassischen Weimar. In unserem Land sind wissenschaftliche Bibliotheken mit national und international bemerkenswerten Sammlungen zu Hause. Die Welle der Hilfsbereitschaft nach dem schrecklichen Brand der Herzogin-AnnaAmalia-Bibliothek beweist, es gibt ein hohes Kultur

bewusstsein in unserer Bevölkerung. Zu unserem reichen Kulturerbe gehört die Musik. Wir fördern institutionell sieben Theater und drei Orchester mit jährlich etwa 60 Mio.   3 ,  einmalig in Deutschland. Wir setzen auf unseren künstlerischen Nachwuchs. Ergänzt wird das kulturelle Angebot durch Festivals wie beispielsweise durch das Tanz- und Folkfest in Rudolstadt oder die Kulturarena in Jena. Die kulturelle Substanz zu bewahren, zugleich aber den aktuellen Bedürfnissen und unseren materiellen Möglichkeiten gerecht zu werden, ist einer der wesentlichen Ausgangspunkte unserer Kulturpolitik. Wir als Landesregierung unterstützen Kunst und Kultur nach Kräften. Der jüngste Kulturfinanzbericht des statistischen Bundesamtes belegt das. Die öffentlichen Haushalte in Thüringen geben knapp 280 Mio. 8

Auch im Lichte der gegenwärtigen Haushaltslage müssen wir unsere Kulturlandschaft optimal gestalten. Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung angekündigt, dass die Landesregierung mit einem Kulturkonzept verbindliche Ziele für die Kulturpolitik des Landes definieren wird. Als Zeitpunkt der Vorlage habe ich stets Mitte des Jahres 2005 genannt. Insofern kann ich Ihnen heute nur einige erste Analyseergebnisse und Prämissen des Kulturkonzepts nennen. Dieses Konzept kann im Übrigen keine planerische Vorgabe des Landes für die kulturelle Entwicklung im Freistaat sein; solche Zeiten haben wir, Gott sei Dank, überwunden. Unser Kulturkonzept soll Potenziale für Vielfalt in unserem Land erschließen und fördern. Das wird nicht nur dadurch geschehen, dass wir als Freistaat finanzielle Mittel bereitstellen. Wir wollen landesweite Initiativen unterstützen und Schwerpunkte in der Kulturarbeit gezielt fördern. Gegenwärtig sind wir dabei, für die einzelnen Kultursparten Entwicklungslinien und Förderbedingungen zu analysieren. Wir wollen dabei die Relationen zwischen den einzelnen Kultursparten nach den bestehenden Bedürfnissen optimieren und Schwerpunkte setzen. Ein Beispiel: Gegenwärtig fließen 49 Prozent der Thüringer Kulturausgaben in die Theater. Für die Projektförderung bleiben lediglich 3,8 Prozent. Außerdem stehen etwa 9 Prozent der Mittel für institutionelle Förderung der Museen, Musikschulen, Bibliotheken, die Stiftung Weimarer Klassik und die Stiftung Buchenwald zur Verfügung. 4,7 Prozent gelten Investitionen bei Museen, Musikschulen, Bibliotheken, den Stiftungen. 20 Prozent sind für überregionale Rechtsverpflichtungen, wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Kultur

stiftung der Länder, im Haushalt vorgesehen und 13,5 Prozent werden für die Arbeit der Landesämter und der Archive aufgewendet. Wenn wir die Förderung neu austarieren, werden wir wieder mehr finanziellen Spielraum für Projekte gewinnen können. Wir stehen dabei in einem stetigen Dialog mit Kulturträgern, mit Verbänden und allen anderen Beteiligten, denn das sind die Experten, auf die es ankommt, und mit ihnen werden wir auch die Ergebnisse der jetzt angefertigten Analysen diskutieren. Dabei sind wir uns bewusst, dass ein Kulturkonzept nichts Statisches sein kann. Kultur in einem freiheitlichen Land ist immer in einem Zustand der Entwicklung und dynamischen Veränderung. Sie lebt von freier Kooperation und nicht von Kommissionen. Wenn nach Artikel 30 unserer Landesverfassung Kultur, Kunst und Brauchtum Schutz und Förderung durch das Land und seine Gebietskörperschaften genießen, dann heißt das, dass in unserem Freistaat Verantwortung für die Kultur nur im Geiste einer solchen Zusammenarbeit und in gemeinsamer Verantwortung wahrgenommen werden kann. Auch in der Kulturpolitik gilt das Prinzip der Subsidiarität. Kulturpolitik muss dort ansetzen, wo die Kultur ihre Wurzeln hat, bei den Menschen. Das ist ein weiterer Kerngedanke unseres Konzepts.

Unseren in vielen Vereinen und Initiativen engagierten Bürgerinnen und Bürgern danke ich, dass sie wesentlich dazu beitragen, unsere Kulturlandschaft zu erhalten und voranzubringen. Wir setzen in unserem Kulturkonzept stark auf Vereine und auf bürgerschaftliches Engagement und wir wollen alle Chancen auch für Mäzenatentum in der Kultur nutzen. Laut KMK-Statistik aus dem Jahr 2003 liegen in Thüringen die Finanzierungsanteile für Kultur überwiegend beim Land, obwohl das Land faktisch keine eigenen Einrichtungen hat, sieht man einmal vom Panoramamuseum Bad Frankenhausen und vom Museum für Ur- und Frühgeschichte in Weimar ab.

Bei uns in Thüringen stehen bei den Kulturausgaben 56 Prozent Landesanteil 44 Prozent der Kommunen gegenüber. Auf Bundesebene ist die Relation bei den Flächenländern 38 Prozent Landesanteil und 62 Prozent Kommunalanteil. In Thüringen beträgt der Landesanteil also das 1,5-fache des Bundesdurchschnitts. Rechnet man das in absolute Beträge um, so ist es sogar das Doppelte. Mit unserem Kulturkonzept werden wir die Kulturfinanzierung auf eine breitere Basis stellen. Nach unserer Prämisse, dass weder das Land noch die Städte, Gemeinden und Landkreise ihre Kulturausgaben erhöhen können, sind Prioritäten zu setzen und Neuordnungen erforderlich, um finanzielle Spielräume zu eröffnen. Kulturelle Prozesse sind langfristig und müssen von Verlässlichkeit getragen sein. Insofern sind von einem Kulturkonzept keine schnellen Wunder zu erwarten. Wir werden und müssen gemeinsam mit den Kom

munen eine behutsame, längerfristige Neuordnung der institutionellen Landesförderung zur Sicherung und Weiterentwicklung der kulturellen Infrastruktur einleiten. Dazu werden wir miteinander einen Konsens über die Kulturausgaben in den nächsten Jahren suchen. Das Kulturkonzept soll eine Grundlage sein für praktisches Regierungshandeln in einem für unser Land bedeutsamen Bereich in den kommenden Jahren, indem es Schwerpunkte und Strategien der Kulturförderung beschreibt. Ich berichte dem hohen Haus gern zum gegebenen Zeitpunkt weiter über den jeweiligen Sachstand unserer Arbeit am Kulturkonzept. Natürlich werden auch die Vorschläge aus der heutigen Debatte Beachtung finden. Im Übrigen halte ich es mit Theodor Heuss, der einmal geschrieben hat: "Mit Politik kann man keine Kultur machen, aber vielleicht kann man mit Kultur Politik machen". Ich darf ergänzen, Kultur verstanden als Lebensweise, das ist sicherlich die glaubwürdigste Politik. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. Für den Sofortbericht der Landesregierung wird Aussprache zum Bericht durch die PDS-Fraktion gewünscht. Damit kommen wir zur Aussprache und als erste Rednerin hat sich gemeldet Frau Abgeordnete Dr. Klaubert, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, Sie haben einen sehr kurzen Bericht gegeben, Herr Minister Prof. Dr. Goebel. Ich frage mich immer, wann bekomme ich Sie in welcher Form zu einer leidenschaftlichen Regung für Kultur.

(Heiterkeit und Beifall im Hause)

Ich bin ja schon froh, dass Sie den Bericht zum Tagesordnungspunkt 7 insofern gegeben haben, dass Sie in sehr allgemeiner Form statistische Größen der Finanzierung des Kulturhaushalts dargelegt haben. Das entspricht wahrscheinlich dem mathematischen Verständnis des Kultusministers. Aber zum Wert der Kultur und zu den Erwartungen, die meine Fraktion an ein Landeskulturkonzept stellt, sind Sie leider nicht gekommen. Nun haben Sie ja die Möglichkeit eröffnet, aus der Debatte zu diesem Antrag einiges aufzunehmen, und es erfüllt mich mit der Hoffnung, dass ich Sie doch noch ein bisschen weiterführen kann.

(Heiterkeit im Hause)

Ich beginne mit einem Zitat von dem russischen Lyriker Alexander Bloch aus dem Jahre 1919. Er

sagte: "Das Wachstum der Welt ist Kultur." Die Mal- und Zeichenschule Weimar wirbt für ihre Ausstellung im Gang zum Kunstturm mit einer kurzen Formel, zwei Worten und einem mathematischen Zeichen: "Kultur = Kapital". Beide Aussagen könnten nach unserer Auffassung als Überschrift eines Landeskulturkonzepts taugen, welches Ministerpräsident Althaus in seiner Regierungserklärung zu Beginn dieser Legislaturperiode angekündigt hat. Herr Minister Goebel, Sie verwiesen darauf. Er sagte dort: "Mit einem Kulturkonzept definieren wir bis Mitte 2005 die verbindlichen Ziele für die Kulturpolitik des Landes." Es folgte dann: "Nicht alles, was wünschenswert wäre, lässt sich immer finanzieren und deshalb müssen wir zu Weiterentwicklungen kommen." Zu dieser Äußerung möchte ich bereits hier zwei Anmerkungen machen.

Erstens: Dass es ein Landeskulturkonzept geben soll, ist ausdrücklich zu begrüßen. Wenn die Regierung eine gute Idee hat, kann das auch von der Opposition einmal ausgesprochen werden.

(Beifall bei der PDS)

Ich möchte davor warnen, ein solches Konzept mit Kulturplanung früherer Art zu vergleichen, verweise aber darauf, dass Kulturraumplanung im europäischen Raum durchaus ihre Berechtigung hat und in vielen Ländern angewandt wird. Wenn Sie ganz einfach mal in der Suchmaschine "Google" das Wort "Kulturkonzept" eingeben, finden Sie über 3.000 Hinweise auf Kulturkonzepte. Die meisten davon finden Sie mit Schweizer Adressen, sehr viele mit kommunalen Adressen, aber auch einige mit Landesbezug.

Als zweite Anmerkung möchte ich sagen: Dass zur Begründung eines solchen Konzepts die Finanznot herhalten muss, ist ausdrücklich nicht zu loben, denn die erste Frage muss sein: Welche und wie viel Kultur brauchen wir? Wir haben in diesem hohen Hause mehrfach Debatten gehört, nach welchen das Diktat der Finanzen inhaltliche Themen bestimmte. Zum Beispiel zur Pflegeversicherung am heutigen Morgen gab es eine heftige Debatte um das Verhältnis des Inhalts solcher Pflegeleistungen zu den dafür benötigten Finanzen. Immer wieder stellen wir unter dieser Landesregierung fest, zuerst sind es die Finanzen und dann kommt der Inhalt. Ich glaube, der Weg ist falsch.

(Beifall bei der PDS)

Wir werden uns also auch nach der mathematischen Berichterstattung zum Thema mit dem Begriff "Weiterentwicklung" befassen müssen, wenn der ernsthafte Wunsch besteht, Kunst und Kultur im Freistaat wachsen und gedeihen zu lassen.

Lassen Sie mich zunächst folgende Feststellungen treffen: Der Freistaat Thüringen hat historisch bedingt und durch die Residenzen geprägt ein dichtes und über das ganze Land verteiltes Netz kultureller Schwerpunkte. Thüringen ist nicht das Land der Metropolen, sondern der Vielfalt kultureller Attraktionen. Ich könnte jetzt das anfügen, was Sie am Beginn Ihrer Rede gesagt haben, denn ich habe auch auf der Internetseite des Kultusministeriums nachgeschaut. Dort findet man nämlich die Informationen, mit denen Sie Ihren Bericht begonnen haben. Ich möchte aber darauf verweisen, Weimar reicht als Leuchtturm weit über Thüringen hinaus. Und ich gebe an dieser Stelle zu bedenken: Der Ambivalenz des Ortes wird gerade im 60. Jahrestag der Befreiung von Nationalsozialismus und Krieg in vielfältiger Weise gedacht. Doch in jeder Ecke des Landes finden wir Bedeutsames, um welches man uns beneiden könnte. "Kultur = Kapital", sagen die Kinder der Mal- und Zeichenschule. Die Schlussfolgerung wäre, dieses Kapital ständig zu mehren, denn die Dichte der kulturellen Landschaft ist beachtlich. Doch manche meinen inzwischen, dass das alles viel zu viel sei für ein so kleines Völkchen in der Mitte Europas, welches sowieso wirtschaftlich schwach auf der Brust ist und an Einwohnern ständig verliert. Der Reichtum wird inzwischen immer mehr als Last denn als Lust verstanden. Die Kommunalpolitiker stöhnen unter dieser Last und werden inzwischen gefragt, ob in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten so viel Geld überhaupt noch in die Kultur fließen kann bzw. muss. In den Kommunen, die ein Theater haben, blickt man auf die Zielmarke 2008. Dann laufen die Theaterfinanzierungsverträge aus. Wir wissen alle, dass bis Mitte des nächsten Jahres die Weichen gestellt werden für die Zeit ab 2009. Nun denke ich, dass bis zu den Bürgermeisterund Landratswahlen 2006 keiner offen bekennen wird, dass er sein Theater schließen oder verkleinern möchte. Doch was wird danach in Bewegung kommen? Die Schlösser und Gärten des Landes, die Denkmale in den Händen der Kommunen und des Landes prägen die Landschaft, doch sie wollen unterhalten und genutzt werden. Wer kann sich das leisten und vor allem wie? Frau Finanzministerin, ich nehme jetzt gleich einmal Bezug auf eine Beratung zwischen Ihnen und mir. Ich habe eine Anfrage gestellt nach den Denkmalen in Landeshand. Die Zahl ist derartig groß, ich greife noch keiner Zahl voraus, dass wir uns inzwischen über eine Verfahrensfrage geeinigt haben, welche dieser Denkmale in der Hand des Landes mit welcher Nutzung wir durch unsere Fragestellung genauer beleuchten können. Das zeigt, dass wir hier einen Reichtum haben, der derzeit brach liegt und nicht genutzt wird. Ich denke, das kann nicht allein in der Verantwortung eines Kultusministeriums liegen.

Spätestens zu den Beratungen zum Landeshaushalt 2005 und in finanzpolitischen Entscheidungen durch die Landesregierung wurde die Gefährdung der Thüringer Kulturlandschaft deutlich. Erst leise und dann immer lauter regten sich die Proteste. Die Heidecksburg sollte keinerlei Zuschüsse mehr bekommen, die Museen der Landeshauptstadt ebenfalls nicht. Den Kommunen mit hoher kultureller Belastung wurde die Unterstützung aus dem Kommunalen Finanzausgleich verwehrt. In einer Thüringer Tageszeitung sprach man vom Schritt zur kulturellen Einebnung des Landes.

Hier sei mir eine Randbemerkung gestattet: In der Auseinandersetzung damit wurde mir zum wiederholten Male - ich glaube, immer von Herrn Schwäblein - die Rolle der Kassandra zugeordnet. Eigentlich könnte mich dieser Vergleich ehren, doch ich gebe zu bedenken, Sie haben das sicher inzwischen auch recherchiert: Kassandra hatte Recht; es glaubte ihr nur keiner. Die Fähigkeit aus Weissagung und Nichtverstandenwerden war für sie die Strafe aus ihrer Weigerung, eine Beziehung zu Apollon einzugehen. Ich möchte das nur zur Richtigstellung mancher Vorwürfe aus vergangenen Kulturdebatten hier anmerken. Ich möchte übrigens mit meinen Mahnungen auch nicht Recht haben, doch die Befürchtungen dafür konnte bisher noch keiner zerstreuen.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Nein, ich habe nicht gesagt, dass Herr Schwäblein Apollo ist.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Nein, Sie haben vorhin den Kultusmi- nister angehimmelt.)

Haben wir also eine Chance, diese scheinbar aussichtslose Situation noch zu retten? Für die PDSFraktion möchte ich diese Frage mit Ja beantworten. Wir haben diese Chance und wir haben die Pflicht, diese zu nutzen. Um das zu erreichen, brauchen wir verbindliche Standards für die Kulturpolitik des Landes. Diese gilt es zu vereinbaren und zum Schutz der Thüringer Kultur auch als Maßstab für künftige Haushalts- und Strukturentscheidungen zu nehmen. Um diese Herausforderung anzunehmen, brauchen wir die vorbehaltlose Akzeptanz des Thüringer Reichtums an Kultur - und ich schließe auch an - und Natur, denn von beiden haben wir viel. Keiner kann heute noch davon ausgehen, dass wir eine Industrialisierung nach dem Modell des 18. oder 19. Jahrhunderts vorantreiben könnten oder sollten. Künftige Produktionsstrukturen werden kleinteiliger sein, hoch effizient und in starker Abhängigkeit von globalen Prozessen. Doch das wäre ein weiteres Problemfeld. Ich möchte nur darauf verweisen: Wenn es in früheren Jahren häufig Mäzene gab und Sie