Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

Ich hoffe nicht, dass das alles ideologische Idioten waren, die da standen. Es standen auch Landtagsabgeordnete dabei, ich hoffe, aus allen Fraktionen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Die Mitte hat gefehlt.)

Bitte? Die Mitte hat gefehlt? Ich nehme es zurück. Es waren nur aus zwei Fraktionen Abgeordnete dabei. In diesem Sinne bitte ich ganz einfach darum, es nicht so weit kommen zu lassen, über ideologische Diskussionen hier zu reden, sondern dass wir uns mit dem Thema beschäftigen und auseinander setzen mit dem Rechtsextremismus. Die Ausstellung, die gegenwärtig vom Verfassungsschutz in Thüringen über Extremismus und deren Darstellung gezeigt wird, impliziert eben nicht, dass wir sachgerecht mit diesem Thema umgehen.

(Beifall bei der PDS)

Darauf sollten wir doch achten.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Was soll denn das jetzt schon wieder.)

In diesem Sinne, wie Herr Hahnemann es gesagt hat, wird unsere Fraktion, wie in der ersten Lesung auch schon angekündigt, auch in der Abstimmung mehrheitlich gegen dieses Gesetz sein. Das heißt nicht, dass wir Rechten in die Hände spielen wollen. Das heißt, dass wir uns auf der Grundlage der Gesetze mit der Problematik auch weiterhin auseinander setzen werden. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Hahnemann noch einmal.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Köckert, ich spreche, glaube ich, jetzt nicht nur für mich allein. Ich bleibe, auch wenn ich jetzt hier noch einmal an das Mikrofon gehe, Mitglied der PDSFraktion im Thüringer Landtag. Da möchte ich Ihnen, Herr Gentzel und Herr Fiedler, und auch Ihnen, Herr Minister, der Sie das übernommen haben, eines sagen: Der allergrößte Teil der Anwürfe gegen die Positionen, die ich hier vorgetragen habe, beruhte darauf, dass Sie nicht zugehört haben oder dass Sie Aussagen verdreht haben oder dass Sie mir Aussagen unterstellt haben, die ich gar nicht getätigt habe. Mit diesen Anwürfen werde ich mich nicht auseinander setzen. Gegen diese Anwürfe werde ich mich nicht wehren.

Ich will Ihnen, Herr Gentzel, eines erklären, und zwar das mit „den Neonazis vertrauensvoll den Rücken zuwenden“. Ich habe Polizistinnen und Polizisten gefragt, warum sie uns Gesicht zu Gesicht gegenüber stehen. Da haben diese mir das genau so erklärt: Wir gehen davon aus, dass von ihnen, von der Gegendemonstration oder von Teilen dieser, Gefahr ausgeht

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist ja die tägliche Praxis.)

- lassen Sie mich doch ausreden -, nicht von der angemeldeten Demonstration. Was glauben Sie denn, meine Damen und Herren, was der Satz, nach meinem Wunsch, die Polizisten mögen irgendwann uns den Rücken zudrehen, zu bedeuten hatte, als ich gesagt habe - jetzt zitiere ich mich mal selbst und legen Sie es mir bitte nicht als Arroganz aus -, dass auch von Seiten der Gegendemonstranten dafür noch Voraussetzungen geschaffen werden müssen, liegt auf der Hand.

(Beifall bei der PDS)

Das habe ich gemeint. Wir können bei der Polizei nicht damit rechnen, solange aus unseren eigenen Reihen Flaschen fliegen. Also werfen Sie mir doch bitte nicht das Verschweigen von Wahrheiten vor.

Herr Abgeordneter Hahnemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Am Ende bitte, Herr Schwäblein. Herr Minister, ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommen, dass ich glaube, dass man über einen Straßenkampf à la 20er des vergangenen Jahrhunderts das Problem klären könnte. Ich bin nicht der Meinung, dass man auf jede NPD-Demonstration mit einer Gegendemonstration antworten müsse. Ich weiß gar nicht, ob wir das durchhalten würden. Das ist nicht die Frage. Aber ich glaube, dass man solchen Veranstaltungen anders begegnen muss,

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Wie in Weimar.)

dass man sie gegebenenfalls ins Leere laufen lassen muss - z.B. wie in Weimar -, dass man dafür aber auch die Unterstützung der staatlich Zuständigen braucht. Auch das gehört zum gesellschaftlichen, zum zivilgesellschaftlichen Engagement. Ich glaube nicht, dass allein die Bürger das Problem klären können. Davon bin ich weit entfernt.

Eines muss ich ganz ehrlich sagen, Herr Gentzel, ich kann einfach nur hoffen, dass Sie es nicht ernst gemeint haben, aber Ihr Ratschlag, ich solle vor das Bundesverfassungs- oder vor das Landesverfassungsgericht ziehen und die Rechtsregelung kippen, das würde bedeuten, mir zu sagen: Hahnemann, mach die Arbeit der Neonazis. Was glauben Sie denn, wer ein primäres Interesse daran hat, dieses Gesetz zu Fall zu bringen. Das sind doch nicht wir, das sind die Neonazis. Wer uns nahe legt, dieses Gesetz vor dem Verfassungsgericht zu Fall zu bringen, der heißt uns die Arbeit von Neonazis machen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Herr Gentzel.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Dr. Hahnemann, der Abgeordnete Schwäblein wollte Ihnen eine Frage stellen.

Entschuldigung, Herr Schwäblein, ich hatte es vergessen.

Herr Abgeordneter, Sie hatten es ja schon fast angedeutet, ich möchte Sie trotzdem fragen: Als Polizist, in welche Richtung würden Sie sich drehen, mit dem Gesicht und den Händen in die Richtung, aus der Flaschen angeflogen kommen und sie noch notfalls Ihr Schild hochreißen können, oder würden Sie den relativ ungeschützten Rücken hinhalten in Richtung der Wurfgeschosse?

Herr Schwäblein, Sie haben Recht. Ich habe es im Prinzip schon gesagt. Deswegen gebe ich Ihnen vielleicht eine Antwort, die Sie jetzt nicht hören wollen, weil Ihre Frage im Grunde genommen darauf fußt, dass ich Ihnen das bestätigen soll, was Sie meinen. Ich möchte irgendwann einmal, und das sollte möglichst nicht sehr lange dauern, dahin kommen, dass Polizisten den Gegendemonstranten den Rücken zuwenden können, weil sie wissen, dass ihnen von dort keine Gefahr droht.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Fiedler möchte noch einmal eine Rede halten.

Frau Präsidentin, ich möchte keine Rede halten, ich möchte nur kurz darauf antworten, was Herr Kollege Hahnemann gerade noch mal gesagt hat. Herr Kollege Hahnemann, ich müsste eigentlich Ihnen noch mal die Frage stellen, was sind denn das, unsere eigenen Reihen, die Sie hier vorhin benannt haben. Sind das die der Linksextremisten, die da mit beinhaltet sind?

Ich möchte, weil man das selber schlecht machen kann, auch den Kollegen Gentzel hier ausdrücklich in Schutz nehmen. Er hat nicht beabsichtigt, dass Sie die Arbeit von Neonazis hier machen müssen. Das war sicherlich nicht seine Einlassung. Ich kann nur der PDS empfehlen, dass sie nun endlich dem Gesetz ihre Zustimmung gibt. Namens meiner Fraktion werden wir namentliche Abstimmung dazu fordern. Da werden wir doch mal sehen, wer vielleicht auch in der PDS-Fraktion nicht mit diesem extremen Gedankengut verhaftet ist. Vielleicht hilft uns das auch noch.

Ein Zweites möchte ich noch mal anmerken, eigentlich waren wir ja bei Mittelbau-Dora und Buchenwald, aber es hat sich dann alles weiterentwickelt. Ich möchte auch von der Stelle noch mal klar und deutlich sagen, es gab immer die Diskussion zu dem Einsatz der Polizei auch auf dem Erfurter Anger usw. und dass natürlich Polizeiführer dann auch Anzeigen bekommen von den entsprechenden Leuten. Ich möchte noch mal von der Stelle aus klar sagen, weil auch der Name genannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlung gegen den Polizeiführer Grube Gott sei Dank eingestellt hat.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Damit schließe ich die Aussprache. Ich lasse zunächst über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 4/885 abstimmen. Ich glaube, Herr Abgeordneter Fiedler, hier wollten Sie noch keine namentliche Abstimmung. Wer für diese Beschlussempfehlung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Und die Stimmenthaltungen. Danke schön.

Dann werden wir jetzt zur Abstimmung zum Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/813 in zweiter Beratung unter der Berücksichtigung der jetzt angenommenen Beschlussempfehlung kommen. Jetzt gilt also namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

Ich gehe davon aus, dass jeder die Möglichkeit hatte, seine Stimmkarte abzugeben. Ich bitte darum, dass die Stimmen ausgezählt werden. Ich habe das jetzt abgeschlossen.

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Thüringer Gesetz zum Schutz der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Gesetzentwurf der Landesregierung, in der Drucksache 4/813 bekannt. Es wurden 72 Stimmen abgegeben, mit Ja haben gestimmt 54, mit Nein 14 und es gab 4 Enthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich angenommen worden (namentliche Abstim- mung siehe Anlage 3).

Ich bitte das in der Schlussabstimmung zu dokumentieren. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Und die Stimmenthaltungen. Danke. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über die staat- liche Anerkennung sozialpädago- gischer Berufe Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/817 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/916 - ZWEITE BERATUNG

Als Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Künast benannt worden und ich bitte um die Berichterstattung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, am 21. April 2005 wurde das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die staatliche Anerkennung sozialpädagogischer Berufe zur ersten Lesung in den Landtag gegeben und durch Beschluss des Landtags vom 21. April 2005 zur Beratung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit federführend und den Bildungsausschuss überwiesen. Bei diesem Gesetzentwurf geht es im Wesentlichen um die Anpassung an EURecht. Im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit am 13. Mai 2005 wurde der Gesetzentwurf in seiner 11. Sitzung beraten. In dieser Sitzung beantragte die PDS-Fraktion in Artikel 1 Nr. 16 der Drucksache 4/817 in der Überschrift zu § 10 das Wort „Außer-Kraft-Treten“ und im Text die Worte „und mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft“ zu streichen. Dieser Antrag wurde bei einer Enthaltung mehrheitlich abgelehnt.

Der Bildungsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 6. Sitzung am 26. Mai 2005 beraten und empfohlen, den Gesetzentwurf anzunehmen.

Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit empfiehlt mehrheitlich dem Landtag, den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/817 „Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die staatliche Anerkennung sozialpädagogischer Berufe“ zu beschließen.

Mir liegen keine Wortmeldungen vor, so dass ich die Aussprache gleichzeitig eröffnen und wieder schließen kann. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es keine Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Ge

sundheit gibt, da diese die Annahme des Gesetzentwurfs vorsieht.

Wir stimmen demzufolge zuerst über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/817 in zweiter Beratung mit Handzeichen ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall.

Dann bitte ich, das in der Schlussabstimmung zu dokumentieren. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Ich frage jetzt noch einmal nach den Gegenstimmen. Gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Gibt es auch nicht. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf

Thüringer Verwaltungskosten- gesetz (ThürVwKostG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/912 - ERSTE BERATUNG

Die Landesregierung wünscht das Wort zur Begründung durch Frau Finanzministerin Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, das Thüringer Verwaltungskostengesetz ist das zentrale Regelungswerk des Thüringer Verwaltungskostenrechts. Es findet in fast allen Bereichen der Landesverwaltung Anwendung. Das Thüringer Verwaltungskostengesetz vom 7. August 1991 wurde seinerzeit in dem Bestreben zur schnellen Schaffung gesetzlicher Grundlagen an das damalige hessische Verwaltungskostengesetz angelehnt. Es bedarf einer Anpassung an spezielle Thüringer Belange und die aktuellen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse. Die im Rahmen der Beteiligung und der Anhörung vorgetragenen Änderungswünsche konnten weitgehend berücksichtigt werden. Das Abstimmungsverfahren gestaltete sich ausgesprochen konstruktiv. Das Verwaltungskostengesetz enthält nahezu ausschließlich Regelungen allgemeiner Art. Die konkrete Höhe der Verwaltungskosten ergibt sich nicht unmittelbar aus diesem Gesetz, sondern aus den Verwaltungskostenordnungen. Das Gesetz hat somit keinen unmittelbaren Einfluss auf den Landeshaushalt. Der Entwurf setzt folgende Schwerpunkte: In Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts wird der Begriff der Gebühr neu definiert sowie die individuelle Zu