Protokoll der Sitzung vom 03.06.2005

Ich frage die Landesregierung:

1. Entspricht die Darstellung der Problemlage durch das JugendSozialwerk Nordhausen e.V. den Tatsachen?

2. Trifft es zu, dass durch die Heranziehung der Grundschulwerte als Berechnungsgrundlage das Thüringer Kultusministerium nicht beachtet hat, dass für jeden Schüler der spezialisierten Förderschulen des Trägers ein sonderpädagogisches Gutachten vorliegt?

3. Ist sich die Landesregierung darüber im Klaren, dass, wenn als Berechnungsgrundlage die Grundschulwerte herangezogen werden sollten, die Faktorenberechnung der Förderschule (Schüler - Lehrer) außer Kraft gesetzt wird?

4. Wie begründet die Landesregierung, wenn es so ist, die Gleichsetzung der Berechnungsgrundlage der spezialisierten Förderschulen des Trägers mit Grundschulen oder anderen Förderschulen?

Danke. Es antwortet Staatssekretär Eberhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Buse beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Darstellung der Problemlage durch das JugendSozialwerk Nordhausen e.V. spiegelt den tatsächlichen Sachverhalt nicht in vollem Umfang wider. Zur Berechnung des zu zahlenden pauschalierten Personalkostenzuschusses sind aufgrund der Festlegung in § 16 Abs. 2 Thüringer Gesetz über die Schulen in freier Trägerschaft die Vorschriften anzuwenden, die auch im staatlichen Bereich für die Berechnung des Lehrereinsatzes für den Unterricht anzuwenden sind. Die Verwaltungsvorschrift für die Schuljahre 2003/2004 und 2004/2005 legt fest, dass für die genannten Klassenstufen die Faktoren des Förderzentrums mit den Förderschwerpunkten emotionale und soziale Entwicklung, Lernen und Sprache anzuwenden sind. Damit wird erreicht, dass für alle Schulen mit den genannten Klassenstufen ein Personalbedarf errechnet wird, der für 4,5 Prozent der Schüler einen höheren Personalschlüssel vorsieht. Davon profitieren alle Grundschulen, auch die des JugendSozialwerks Nordhausen e.V. Da in der weiteren Folge für alle weiteren Schüler der Klassenstufe 1 und 2 die Faktoren der Grundschule gelten, ergab sich für zwei Förderschulen des JugendSozialwerks Nordhausen e.V. mit den genannten Förderbereichen ein zu den Vorjahren verringerter Personalschlüssel. Diese Problematik ist bereits seit längerem einvernehmlich geklärt.

Zu Frage 2: Das Vorliegen eines sonderpädagogischen Gutachtens ist Grundlage für den Besuch einer Förderschule, unabhängig davon, ob es sich um eine Förderschule in staatlicher oder freier Trägerschaft handelt.

Zu Frage 3: Ja.

Zu Frage 4: Die eben genannte Regelung aus der Verwaltungsvorschrift soll bewirken, dass Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in emotionaler und sozialer Entwicklung, Lernen und Sprache auch in der Grundschule betreut werden können und gerade nicht in ein Förderzentrum wechseln müssen. Der frühzeitigen und teilweise auch vorschnellen Separierung von Schülern zum Förderschulbereich soll entgegengewirkt werden, der integrative Ansatz in Grundschulen gestärkt.

Danke. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Gentzel, SPD-Fraktion, Drucksache 4/896.

Verwendung von Deformationsgeschossen bei der Thüringer Polizei

In Thüringen werden von der Polizei seit 2001 neuartige Deformationsgeschosse eingesetzt. Sie sollen eine "mannstoppende Wirkung" haben, weil sie sich beim Auftreffen auf das Ziel vergrößern. Sie haben eine geringere Durchschlagskraft als die früher verwendeten Vollmantelgeschosse, führen beim Eindringen in Körper aber zu gefährlicheren Wunden.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welcher Form wurden die bisherigen Erfahrungen mit der Verwendung der Deformationsgeschosse durch die Thüringer Polizei ausgewertet?

2. Wie bewerten die Polizeipraktiker die Vor- und Nachteile dieser Munition nach nunmehr mehrjährigen Erfahrungen?

3. Wie hat sich diese Munition insbesondere im praktischen Einsatz a) gegen Personen und b) gegen Sachen bewährt?

Es antwortet Staatssekretär Baldus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gentzel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Thüringer Polizei hat seit dem Jahr 2002 die Schusswaffen mit Deformationsgeschossen siebenmal gegen Personen oder Sachen

eingesetzt, Warnschüsse und Schüsse gegen Tiere ausgenommen. Infolge wurden zwei Personen tödlich verletzt und eine Person verletzt. Diese geringe Zahl von Einsätzen lässt eine repräsentative Bewertung der Wirkung von Deformationsgeschossen im Vergleich zu herkömmlichen Geschossen nicht zu.

Zu Frage 2: Mit der bundesweiten Einführung der neuen Einsatzmunition wurden folgende Vorteile gegenüber der bis zum Jahr 2001 verwandten Munition verbunden: geringe Gefährdung Unbeteiligter, geringe Abprall- und Querschlägergefahr, große Energieabgabe auf Weichziele zur Erzeugung der Angriffs- und Fluchtunfähigkeit, keine Splitterbildung und ausreichende Wirkung beim Beschuss von Hartzielen und Fahrzeugreifen. Einer Untersuchung aus Bayern zufolge wird durch die hohe Wahrscheinlichkeit von Steckschüssen die Gefährdung Unbeteiligter verringert. Durch eine große Energieabgabe wird, je nachdem, welcher Körperteil getroffen wird, eine Angriffs- und Fluchtunfähigkeit erreicht. Durch rasches Entweichen der Luft haben die Deformationsgeschosse auch bei Reifenschüssen auf PKW ihre Wirksamkeit erwiesen.

Zu Frage 3: Ich verweise auf meine Antwort zu Frage 1. Die bisherigen Einsätze lassen bislang keine Ansatzpunkte erkennen, die gegen die neue Munition und deren Vorteile sprechen.

Danke. Gibt es Nachfragen? Abgeordneter Gentzel, bitte.

Gibt es eventuell entsprechende Untersuchungen in anderen Bundesländern?

Uns liegen die Ergebnisse der bayerischen Untersuchungen vor und die entsprechen auch dem, was bei der Einführung der neuen Munition an Anforderungen an diese gestellt worden ist.

Danke. Weitere Nachfragen gibt es nicht. Dann folgt die nächste Mündliche Anfrage, eine des Abgeordneten Gentzel, SPD-Fraktion, Drucksache 4/897.

Keil zwischen Beschäftigten der Thüringer Polizei und Innenminister

Der Zeitschrift des Thüringer Innenministeriums für die Polizei "PIT" Nummer 2/2005 wurde ein Schreiben des Innenministers an die Kolleginnen und Kollegen der Thüringer Polizei beigelegt. Darin wird unter anderem beklagt, dass von dritter Seite versucht würde, einen Keil zwischen Innenminister und Polizei zu treiben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wer versucht einen Keil zwischen die Kolleginnen und Kollegen der Thüringer Polizei und den Innenminister zu treiben?

2. Welche Tatsachen veranlassen den Innenminister zu der Schlussfolgerung, "dass sich einzelne Mitarbeiter der Polizei und ihre Gewerkschaft dafür einspannen lassen", ihn gegen die Mitarbeiter der Polizei "auszuspielen"?

3. Für wie groß hält die Landesregierung den Schaden, den die so genannte dritte Seite dem Ansehen der Thüringer Polizei zugefügt hat?

Danke. Es antwortet wiederum Staatssekretär Baldus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gentzel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Der im Mitarbeiterbrief wiedergegebene Eindruck, es werde von dritter Seite versucht, einen Keil zwischen Polizei und Innenminister zu treiben, lässt sich nicht auf bestimmte Namen spezifizieren bzw. reduzieren.

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Heiko, schade.)

Er wird maßgeblich von all denjenigen Personen aus Politik und Öffentlichkeit genährt, die Äußerungen des Innenministers in verzerrender Art und Weise darstellen oder auf anderem Wege, zum Beispiel durch permanente Stimmungsmache in Sachen Beförderungen oder Besoldung, versuchen, in der Thüringer Polizei Unmut über die politische Leitung zu schüren. Der Eindruck macht sich gleichermaßen aber auch an denjenigen fest, die die

Polizeieinsätze der vergangenen Wochen einer pauschalen oder sonst unberechtigten Kritik unterziehen oder nicht vorhandene Mängel in der Polizei schlicht unterstellen und auf diese Weise eine Distanzierung des Innenministers von seinen Kolleginnen und Kollegen bei der Thüringer Polizei erreichen wollen.

Danke. Gibt es Nachfragen?

Entschuldigung.

Der Schluck Wasser, okay.

Zu Frage 2: Der Innenminister hat in dem Schreiben sein Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass sich einzelne Mitarbeiter der Polizei oder ihre Gewerkschaft dafür einspannen lassen, die Kolleginnen und Kollegen der Polizei gegen ihn auszuspielen. Es handelte sich also entgegen der suggestiven Fragestellung nicht etwa um einen pauschalen Vorwurf gegenüber den Interessenvertretungen der Polizei. Die Äußerung bezog sich vielmehr nur auf das Verhalten einzelner Personen. Sie war veranlasst durch verschiedene Äußerungen dieser Personen, die auf die in der Frage 1 genannten Versuche aufsatteln und ihrerseits den Ton gegenüber der politischen Führung der Polizei verschärfen.

Zu Frage 3: Sehr groß. Als normativ ethische Größe entzieht sich der Schaden für das Ansehen der Polizei eo ipso einer empirisch-naturwissenschaftlich präzisen Quantifizierung.

Danke. Es gibt eine Nachfrage. Abgeordneter Gentzel.

Herr Staatssekretär, das hätte ich natürlich jetzt sehr viel lieber den Innenminister gefragt, aber ich muss nehmen, was ich bekomme.

(Heiterkeit und Beifall bei der PDS)

Halten Sie es denn in Ansätzen für möglich, dass die eine oder andere, um es vorsichtig zu formulieren, unglückliche Aussage des Innenministers in der Öffentlichkeit diesen Keil auch ein Stückchen mit getrieben hat?

Der Staatssekretär im Innenministerium würde sich Ihrer Bewertung von durch Medien übertragene Äußerungen des Innenministers als „unglücklich“ nicht anschließen.

Zweite Nachfrage bitte.