Halten Sie es denn für möglich, dass öffentlich gewordene Widersprüche zwischen Staatssekretär und Innenminister, zum Beispiel, um nur ein Beispiel zu nennen, bei der Frage, gibt es zukünftig bei der Thüringer Polizei noch Beförderungstermine, halten Sie es für möglich, dass dieses auch dazu beiträgt, die Autorität des Innenministers zu untergraben?
Ich danke Ihnen ausdrücklich für Ihre Frage, Herr Abgeordneter, weil es in den Aussagen des Ministers und des Staatssekretärs zu Fragen der Beförderung immer eine hundertprozentige Übereinstimmung gegeben hat, nämlich dahin gehend, dass sich die Hausleitung im Innenministerium nachdrücklich bis heute für eine möglichst hohe Zahl von Beförderungen in der Thüringer Polizei einsetzt. Eine davon abweichende Berichterstattung eines einzelnen Journalisten ist von allen anwesenden Zeugen anlässlich dieser Befragung als unzutreffend gekennzeichnet worden.
Danke schön. Weitere Nachfragen aus dem Haus gibt es auch nicht. Damit kommen wir zur letzten Mündlichen Anfrage für heute, eine des Abgeordneten Gentzel, SPD-Fraktion, Drucksache 4/898.
Das allgemeine Medieninteresse an der polizeilichen Arbeit ist groß. Einer möglichst raschen und professionellen polizeilichen Medienarbeit kommt eine immer größere Bedeutung zu.
1. Wer ist in den einzelnen Behörden und Einrichtungen der Thüringer Polizei für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich?
2. In welchem Verfahren und nach welchen Kriterien wurden die für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlichen Personen ausgewählt?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gentzel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.
Zu Frage 1: Die Leiter der Behörden und Einrichtungen tragen für die polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit in ihrem Zuständigkeitsbereich Verantwortung. Sie können diese Aufgabe an die Leiter der Bereiche Öffentlichkeitsarbeit/Prävention bzw. an die Pressesprecher delegieren. In der Bereitschaftspolizei Thüringen und am Bildungszentrum der Thüringer Polizei ist auch eine Delegierung dieser Aufgaben an den Sachbearbeiter Öffentlichkeitsarbeit bzw. Sachbearbeiter Organisationsmanagement und Öffentlichkeitsarbeit möglich.
Zu Frage 2: Freie Dienstposten im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit einschließlich der des Pressesprechers werden behördenintern ausgeschrieben. Den Dienstposten erhält derjenige Bewerber, der dem Anforderungsprofil am besten gerecht wird. Der entsprechende Personenkreis muss der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes zuzuordnen sein. Fundierte Rechtskenntnisse, zum Beispiel im Polizeirecht und im Presserecht, werden ebenso vorausgesetzt wie eine gute mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit. Parallel dazu zählen Kontakt-, Kommunikations- und Organisationsfähigkeit sowie gute Kenntnisse in der polizeilichen Organisationsstruktur zu den Auswahlkriterien.
Zu Frage 3: Das Bildungszentrum der Thüringer Polizei in Meiningen führt spezielle Seminare für Führungskräfte und Mitarbeiter in der Öffentlichkeitsarbeit der Behörden und Einrichtungen der Thüringer Polizei durch. Vermittelt werden die rechtlichen Grundlagen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die besonderen Rechte der Medienvertreter und Institutionen sowie Verhaltensregeln für eine professionelle polizeiliche Informationsgebung. Neben Rhetorikseminaren schulen zielorientierte Trainings in Form von Einzelstatements und Interviews das sichere Auftreten vor den Medien. Ebenso wird das Verfassen von Pressemitteilungen gezielt vermittelt. Für
die Mitarbeiter im Bereich Öffentlichkeitsarbeit besteht die Möglichkeit, auch an Lehrgängen in anderen Bundesländern, beispielsweise an Lehrgängen des Fortbildungsinstituts der bayerischen Polizei in Ainring teilzunehmen. Im Rahmen von Praktika der Redaktionen der Lokalzeitungen erhalten sie einen Einblick in die praktische Pressearbeit und können ihr journalistisches Wissen erweitern. Nicht zuletzt trägt auch der regelmäßige Erfahrungsaustausch der für die Öffentlichkeitsarbeit der Polizeibehörden und Einrichtungen zuständigen Mitarbeiter zu einer praxisbezogenen Fortbildung bei.
Herr Staatssekretär, wird denn die Öffentlichkeitsarbeit bei der Thüringer Polizei in gewissen Abständen überprüft - ich will das mal so sagen - oder ausgewertet, und wenn das passiert, wo passiert das und durch wen?
Mir sind persönlich regelmäßige Zusammenziehungen der für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Mitarbeiter im Innenministerium unter Leitung des Pressesprechers des Hauses bekannt.
Einsetzung eines Unter- suchungsausschusses Unternehmensbeteiligungen durch die Thüringer Industrie- beteiligungs-GmbH & Co. KG zur Erfüllung des Zwecks der Stiftung „Thüringer Industrie- beteiligungs-Fonds“ Antrag der Abgeordneten Bärwolff, Berninger, Blechschmidt, Buse, Enders, Dr. Fuchs, Gerstenberger, Dr. Hahnemann, Hauboldt, Hausold, Hennig, Huster, Jung, Dr. Kaschuba, Dr. Klaubert, Kummer, Kuschel, Lemke, Leukefeld, Naumann, Nothnagel, Ramelow, Reimann, Dr. Scheringer-Wright, Sedlacik, Skibbe, Thierbach, Wolf - Drucksache 4/907 - dazu: Änderungsantrag der Frak- tion der CDU - Drucksache 4/934 -
Ich verweise ausdrücklich darauf, dass es sich bei dem vorliegenden Antrag in Nummer 1 um einen so genannten Minderheitenantrag gemäß Artikel 64 Abs. 1 Satz 1 zweite Alternative der Landesverfassung handelt, der gemäß § 83 Abs. 2 Geschäftsordnung die dem verfassungsmäßigen Quorum entsprechende Anzahl von Unterschriften trägt. Gemäß § 2 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes hat der Landtag die Pflicht, auf einen verfassungsrechtlich zulässigen Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Die Ziffern 2 und 3 beinhalten Anträge, die nicht vom Minderheitenrecht erfasst werden, das heißt, sie können geändert oder - Ziffer 3 - auch abgelehnt werden. Einer der Einreicher hat das Wort zur Begründung gewünscht und ich erteile Dr. Kaschuba, PDS-Fraktion, das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, im Vorfeld der heutigen Debatte über unseren Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses „Unternehmensbeteiligungen durch die Thüringer Industriebeteiligungs-GmbH & Co. KG zur Erfüllung des Zwecks der Stiftung ‚Thüringer Industriebeteiligungs-Fonds’“ wurde von Mitgliedern anderer Fraktionen dieses Hauses Skepsis geäußert. Dass unser Antrag nicht auf Gegenliebe bei der Mehrheitsfraktion stößt, ist durchaus nachvollziehbar. Vielleicht gibt es in der CDU-Fraktion nicht nur Befürchtungen im Sinne des Untersuchungsauftrags, sondern vielleicht verfügen die Kolleginnen und Kollegen schon über mehr Informationen und Kennt
nisse - sei es wie es sei. Wir jedenfalls vermuten, dass es im Wirken der Thüringer Industriebeteiligungsgesellschaft zu einer ungenügenden Einhaltung von Stiftungszweck, Missachtung europäischer Festlegungen und mangelhafter Konzeption bzw. Kontrolle von Umstrukturierungsmaßnahmen kam. Wenngleich mit den Beteiligungen zeitweise 5.000 Arbeitsplätze gesichert wurden, deutet im Ergebnis alles auf einen wirtschaftlich nicht vertretbaren Einsatz und Verlust öffentlicher Mittel hin. Wir sind der Auffassung, am Beispiel des Wirkens der TIB erneut darauf aufmerksam machen zu können, dass bei aller wohlwollenden Unterstellung des Handlungsmotivs mit den vorhandenen Geldern nicht immer mit der gebotenen Sorgfalt umgegangen wurde. Dieser kritikwürdige Umgang hatte mehrfach die Einsetzung von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen zur Folge. Auch die beiden Untersuchungsausschüsse der letzten Legislatur haben unsere diesbezügliche Auffassung eher gestärkt als in Zweifel gezogen.
Allen Skeptikern unseres Antrags möchte ich zu Beginn der heutigen Debatte sagen, wir haben uns den Antrag auf Einsetzung eines weiteren Untersuchungsausschusses in der 4. Wahlperiode nicht leicht gemacht. Die Arbeit im Untersuchungsausschuss bindet auch in unserer Fraktion Ressourcen und Mittel, mit denen wir nicht leichtfertig umgehen können, und wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber dem Landtag voll bewusst. Aber in einer ganzen Reihe von Antworten auf Mündliche und Kleine Anfragen von PDS-Abgeordneten zum Thüringer Industriebeteiligungs-Fonds und zur Thüringer Aufbaubank bzw. durch weitere Recherchen sind an vielen Stellen so viele fragwürdige Details bekannt geworden, dass uns eine gezielte Überprüfung der Vorgänge geboten scheint. Hinzu kommen auch Feststellungen von Dritten, die eine solche Vorgehensweise rechtfertigen. Die EU-Kommission kritisiert in einem Amtsblatt vom 9. Juni 2001 - Dokument C 166/04 -, dass der Thüringer Industriebeteiligungsfonds weitgehend unabhängig und praktisch unbeaufsichtigt von der Landesregierung agiert habe. Im Zusammenhang mit den Anfragen an die Landesregierung haben wir die Erfahrung gemacht, dass einer weiteren eingehenden Untersuchung Grenzen gesetzt sind. Folglich bleibt uns als Weg zur Aufklärung lediglich das Mittel des parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Wir erwarten Antworten darauf, wer die Verantwortung für einen solchen Umgang mit Fördermitteln trägt und erwarten Schlussfolgerungen für die zukünftige Förderpolitik und zur Änderung der Struktur. In diesem Sinne wollen wir die Arbeit im Untersuchungsausschuss gestalten. Auf weitere Äußerungen im Hinblick auf die Einsetzung des Untersuchungsausschusses möchte ich hier nicht weiter eingehen, aber ich hoffe, dass die Kolleginnen und Kollegen, die zum
Beispiel die Erweiterung des Untersuchungsgegenstands des Untersuchungsausschusses 4/1 beabsichtigten, um diesen Untersuchungsausschuss umgehen zu können, aktiver an der Debatte um die Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes teilnehmen, denn dort haben wir auf diese Fragen ebenfalls hingewiesen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön. Damit eröffne ich die Aussprache. Als erster Redner hat das Wort Abgeordneter Dr. Pidde, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Thüringer Industriebeteiligungsfonds ist ein Produkt finanziell besserer Tage hier in Thüringen. In seiner Regierungserklärung vom 15. September 1993 kündigte der damalige Ministerpräsident Herr Dr. Vogel an, dass das Land eine Industriebeteiligungsgesellschaft gründen und sich mit Mitteln des Landes beteiligen werde. In einer damaligen Presseerklärung des Ministerpräsidenten heißt es - Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Zustimmung: „Deswegen müssen alle denkbaren Anstrengungen unternommen werden, um vor allem die bereits privatisierten noch bestehenden Industriebetriebe zu erhalten und wettbewerbsfähig zu machen.“ Mit 200 Mio. DM wurde damals der Industriebeteiligungsfonds gefüllt.
Meine Damen und Herren, alle Fraktionen unterstützten grundsätzlich dieses Engagement des Freistaats, war es doch die Zeit, in der gleich reihenweise privatisierte ehemalige Treuhandbetriebe in die Brüche zu gehen drohten. Es war fünf vor zwölf, warnten damals die Gewerkschaften. Aber nicht nur das, auch neue Betriebe gerieten ins Schlingern und die Landesregierung wollte dringend helfen. War es ein Zufall, dass genau in der Zeit, als der Vorschlag zur Errichtung einer Industriebeteiligungsgesellschaft kam, sich erste Liquiditätsprobleme bei der PilzGruppe abzeichneten? Ein Konkurs dieses Vorzeigeprojekts wäre natürlich im anstehenden Landtagswahlkampf des Jahres 1994 für die Landesregierung verheerend gewesen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Meine Damen und Herren, wie ich schon sagte, sahen die Fraktionen hier im hohen Hause in den verschiedenen Gesellschaften und Institutionen zur Wirtschaftsförderung grundsätzlich eine Chance zur Stabilisierung der relativ eigenkapitalschwachen ostdeutschen Unternehmen. Noch 1995 forderte die PDS-Fraktion im Antrag unter der Drucksache 2/575
mehr direkte Kapitalbeteiligungen des Landes an Thüringer Unternehmen. In Punkt 2 des Antrags wird die Ausdehnung der Beteiligung der Thüringer Industriebeteiligungsgesellschaft auf strukturbestimmende Thüringer Unternehmen gefordert. Es ist deshalb natürlich nicht ganz schlüssig, wenn heute seitens der PDS-Fraktion dieses Engagement des Landes so grundsätzlich negativ gesehen wird, wie im vorliegenden Antrag für den Untersuchungsausschuss formuliert.
Meine Damen und Herren, sehr schnell stellte sich allerdings heraus, dass die Landesregierung mit der Gründung der verschiedenen Landesgesellschaften und auch der Industriebeteiligungsgesellschaft einen kontrollfreien Korridor geschaffen hatte. Und sehr schnell nutzte sie diesen Korridor auch, um sich hinter Gesellschaftsrecht und Datenschutz zu verstecken und damit die Kontrollrechte und -pflichten des Parlaments zu unterlaufen. Die Informationen über die Geschäftspolitik der Gesellschaften wurden immer spärlicher. Jeder kann dies bei einer Recherche in den Landtagsdrucksachen nachvollziehen. Diese Informationsblockade zieht sich bis heute hin. Aus meiner Sicht ist das das eigentliche Problem, einerseits die Selbstherrlichkeit, mit der die Landesregierung im Lande Förder- und Strukturpolitik am Landtag vorbei betrieben hat, und andererseits die Ignoranz, mit der die CDU-Fraktion selbst die offenkundigsten Probleme - ich nenne mal nur die Stichworte „Pilz“ und „Simson Suhl“ - gedeckelt hat. Deshalb kann ich die PDS-Fraktion grundsätzlich verstehen, wenn sie nun zum schärfsten Schwert des Parlaments - der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses - greift, um die Geschäftspolitik der Thüringer Industriebeteiligungsgesellschaft und den Verbleib der Mittel des Industriebeteiligungsfonds zu klären. Der Untersuchungsausschuss 4/1 zur so genannten Spielbankaffäre offenbart ja schon nach wenigen Sitzungen, mit wie wenig Fingerspitzengefühl in Thüringen in der Vergangenheit durch die Landesregierung mit Steuergeldern umgegangen wurde, aber auch heute noch wird - siehe Mietvertrag für die Spielbank.
Meine Damen und Herren, wir werden sehen, ob der von der PDS beantragte Untersuchungsausschuss wirklich leisten kann, was sich diese Fraktion davon verspricht. Ist es wirklich möglich, 12 Jahre Wirtschaftsförderung in Thüringen mit einem Untersuchungsausschuss aufzuarbeiten? Wir werden es sehen. Die SPD-Fraktion wird sich diesem Antrag nicht verschließen.
Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren, verehrte Gäste, ja, es geht um einen langen Zeitraum, der Gegenstand unseres Antrags ist. Ich will auch noch einmal eindeutig sagen: Nicht die Tatsache öffentlicher Beteiligungen an Unternehmen in diesem Land und das diesbezügliche generelle Herangehen der Landesregierung ist unser Grund, diesen Antrag einzureichen, sondern die Art und Weise, wie dies offensichtlich - und dazu soll und kann, denke ich, der Ausschuss weitere Aufhellung bringen - gehandhabt wurde in den zurückliegenden Jahren. Das steht hier zur Debatte. In der Vergangenheit hat der Freistaat aus unserer Sicht auf sehr merkwürdigen Wegen mit Landes- und europäischen Mitteln Unternehmen finanziert und dies, obwohl deren mögliche Pleite bereits von Wirtschaftsprüfern - zum Teil jedenfalls - im Vorfeld der Mittelvergabe angedeutet wurde. Einige dieser Unternehmen sind mittlerweile folgerichtig vom Markt verschwunden. Zum Teil stehen auch noch Rückforderungen durch die EU aus. So war vor einiger Zeit der Presse zu entnehmen, dass gegen Kahla-Porzellan noch immer Forderungen erhoben werden. Über deren Berechtigung wird nun vor Gericht gestritten, da nicht unbedingt das Unternehmen als Verursacher der Probleme gelten kann, jedoch jetzt die Zeche für diese Ungereimtheiten zu bezahlen hat. Dies hat also sehr aktuelle Auswirkungen. Das ist auch für ein so erfolgreiches Unternehmen wie Kahla-Porzellan eine nicht einfache Situation.
Doch beginnen wir, meine Damen und Herren, der Reihe nach. Widmen wir uns zunächst den Anfängen der Stiftung Thüringer Industriebeteiligungsfonds. Sie ist im Ergebnis der Haushaltsbearbeitung für das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 1993, also im Dezember 1993, errichtet worden. Sie wurde zulasten des Landeshaushalts mit 200 Mio. DM, davon 1 Mio. DM Grundstockvermögen und 199 Mio. DM sonstiges Vermögen, ausgestattet. Die Stiftung gründete sich als persönlich haftende Gesellschaft, die Thüringer IndustriebeteiligungsgeschäftsführungsGmbH sowie als Kommandit die Thüringer Industriebeteiligungs-GmbH & Co. KG. Als Komplementär trat die Thüringer Industriebeteiligungsgeschäftsführungs-GmbH ein. Ferner wurde durch die Thüringer Industriebeteiligungs-GmbH & Co. KG der Beteiligungsfonds Thüringen GmbH gegründet. Der Vorstand des Industriebeteiligungsfonds wurde von der Thüringer Aufbaubank, bekanntlich Anstalt des öffentlichen Rechts, wahrgenommen. Schon diese verschiedenen Verflechtungen machen deutlich, wie
schwierig die Bewertung der Situation insgesamt ist. Die Stiftung Thüringer Industriebeteiligungsfonds wurde am 1. September 2003 aufgelöst und am 27. August 2003 bekanntlich eine neue Stiftung für Unternehmensbeteiligung und Förderung, die STUWT in der gewerblichen Wirtschaft Thüringens durch die Stifter Freistaat Thüringen und Industriebeteiligungsfonds errichtet. Die Stiftung Thüringer Industriebeteiligungsfonds hat unmittelbar nach Errichtung der neuen Stiftung ihren Kommanditanteil an der Thüringer IndustriebeteiligungsgesellschaftsGmbH und ihren Geschäftsanteil an der Komplementärin, der Thüringer Industriebeteiligungsgeschäftsführungs-GmbH auf die neue Stiftung zum Beteiligungsbuchwert, ferner Darlehenforderungen gegen die TIB, Bankguthaben - übrigens auch welche in Luxemburg - sowie Zinsansprüche aus Gesellschaftsdarlehen übertragen. Die neue Stiftung wurde damit bei ihrer Richtung mit einem sonstigen Vermögen von 45.481.000 € ausgestattet. Die aus Beteiligungs- und Haftungsgründen für die Stiftung Industriebeteiligungsfonds tätigen Unternehmen, Thüringer Industriebeteiligungs- und GeschäftsführungsGmbH und Thüringer Industriebeteiligungs-GmbH & Co. KG, sind weiterhin für die neue Stiftung STUWT tätig und werden durch die BMT Beteiligungsmanagement Thüringen GmbH, eine hundertprozentige Tochter der TAB, verwaltet.
Erstens, die Frage der Notifizierungen für Förderungen: Während der Stiftungszweck des Industriebeteiligungsfonds im Sinne des Artikels 93 Abs. 2 des EG-Vertrags beihilferelevant war, sind die Stiftungsziele der neuen Stiftung marktwirtschaftlich orientiert. Folglich war die für die Beihilferegelung der Industriebeteiligungsfonds notifizierungspflichtig, die marktwirtschaftlichen Ziele der neuen Stiftung aber freigestellt. Die Beihilferegelungen für den Thüringer Industriebeteiligungsfonds wurden durch die EUKommission mit Schreiben vom 9. August 1994 mit Bedingungen gebilligt. Aber mit dem Schreiben vom 15. März 1999 - und, ich glaube, wir müssen uns das schon noch mal ins Gedächtnis rufen - hat die Kommission die missbräuchliche Anwendung der Regelung festgestellt und eine Reihe von Unregelmäßigkeiten, wie zum Beispiel die Beteiligung an Großunternehmen ohne vorherige Notifizierung, Mehrheitsbeteiligungen ohne Einzelnotifizierung oder die Nichteinhaltung von Kumulierungsverboten, dargestellt. Nach umfangreicher Korrespondenz und ausdrücklicher Anerkennung der bis Juli 1997 aufgetretenen Unregelmäßigkeiten durch das Land Thüringen im Rahmen einer Begegnung auf politischer Ebene zwischen der Kommission und dem Land Thüringen am 1. Juli 1997 zeigte die deutsche Seite mit Schreiben vom 17. November 1997, ergänzend dann mit einem Schreiben vom 28.01.1998, die neuen TIF-/
TIB-Regelungen der Kommission an. Allerdings stellte die Kommission die geänderten Regelungen unter Prüfung und bemängelte unter anderem, dass - ich zitiere: „TIF - Einrichtung einer Stiftung, die von der Thüringer Aufbaubank kontrolliert wird, welche ihrerseits der Landesregierung ja untersteht, anscheinend in der Vergangenheit weitgehend unabhängig und praktisch unbeaufsichtigt von der Landesregierung tätig war.“ Diese Aussage ist, denke ich, eine sehr zentrale. Aufgrund des bewussten Verzichts auf eine wirksame Kontrolle durch das Land konnte es in der Vergangenheit dazu kommen, dass die Genehmigungsbedingungen der Regelungen durch die TIB-Verantwortlichen systematisch missachtet wurden. Daher hatten die Kommissionsdienststellen die deutschen Behörden förmlich ersucht, die TIB-Aktivitäten durch Landesrichtlinien eindeutig zu beschränken.
Ein Beispiel dazu, meine Damen und Herren: Die EU-Kommission erklärte in ihrer Entscheidung vom 21. Dezember 2000 über die staatlichen Beihilfen zugunsten der ZEURO-MÖBELWERKE GmbH Thüringen Beihilfen in Höhe von 35.114.000 DM als mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar. Entscheidungen zu Beihilfen hat die Kommission am 10. Dezember 2003 zwar eingestellt, aber den Fakt der mangelnden Kontrolle ließ die Kommission ausdrücklich bestehen. Von Rückforderungen bei einigen Unternehmen, darunter unter anderem Simson Suhl, wurde lediglich abgesehen, weil - ich zitiere - „diese Unternehmen den Wettbewerb nicht mehr verzerren und eventuelle Rückforderungsansprüche damit ins Leere gehen würden, sollte das Verfahren eingestellt werden“. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Verfahren nicht eingestellt wurde, weil das Land die Kritikpunkte ausgeräumt hat, sondern weil ganz simpel eingeschätzt wurde, dass hier nichts mehr zu holen war. Neben den Problemen in der Handhabung der EU-notifizierten Regelungen für die Erfüllung der Stiftungssatzungen sind nach den Mündlichen/Kleinen Anfragen weitere gravierende Auswirkungen auf öffentliche Mittel - und darum geht es hier ja letztendlich - festzustellen.
Damit bin ich - zweitens - bei der Frage der Beteiligungen. An die Stiftung kamen auch Zuschüsse aus Gewinnbeteiligungen; insgesamt erhöhte sich das Stiftungskapital auf 112.958.000 €. Demgegenüber stehen TIB-Verluste in Höhe von 29,6 Mio. €, die das TIF-Vermögen entsprechend vermindern und Kapitalabgänge vom TIB-Kapital durch Abschreibungen auf Finanzanlagen in Höhe von 38,1 Mio. €, darunter 26,2 Mio. € bei insolventen Beteiligungsunternehmen. Damit entwickelte sich das handlungsfähige Kapital der Stiftung eindeutig negativ, das heißt, bezogen auf das erwähnte Stiftungskapital
von 112.950.000 € wurde das Stiftungskapital um 26,2 Prozent geschmälert, meine Damen und Herren. Das ist Ergebnis des Agierens der Landesregierung bzw. aus unserer Sicht eindeutig der fehlenden Kontrolle und Transparenz in dieser Frage. Weiter hat sich die TIB in Erfüllung des Stiftungszwecks im Zeitraum Dezember 1993 bis 31.12.2003 an insgesamt 32 Unternehmen beteiligt und dabei 62 Mio. € in Form offener Beteiligungen und 12,5 Mio. € als stille Beteiligungen eingesetzt. An die Beteiligungsunternehmen wurden Darlehen in Höhe von 37,3 Mio. € ausgereicht. Ausweislich der Wirtschaftsprüf- und Lageberichte für die Thüringer IndustriebeteiligungsGmbH & Co. KG wird in der Aufstellung des Anteilsbesitzes auch sichtbar, dass die Gesellschaft zumindest zeitweilig 100 Prozent der Anteile an Unternehmen mit Sitz in Brasilien, der Ukraine, den USA und England gehalten hat. Inwieweit dies mit dem Stiftungszweck vereinbar ist, bleibt momentan zumindest offen. Der Nominalwert betrug zum Zeitpunkt der TIF-Auflösung noch 44.911.000 €. Mit den eingegangenen Beteiligungen wurden Unternehmen mit insgesamt 5.000 Beschäftigten auf dem Weg der Umstukturierung und Konsolidierung unterstützt. Dieses Anliegen mag freilich positiv bewertet werden, das steht außer Zweifel, aber die Resultate, die sich dann im Weiteren ergeben, sind außerordentlich kritikwürdig. Denn im Wirkungszeitraum des TIF wurden 11 Unternehmen verkauft, die insgesamt 1.900 Mitarbeiter beschäftigten, und 12 Unternehmen haben in diesem Zeitraum Insolvenz angemeldet. Zu Beginn des Jahres 2004 haben zwei weitere Unternehmen, TDW und Petkus, ebenfalls Insolvenz angemeldet. Mit dieser Entwicklung, meine Damen und Herren, sind 43,8 Prozent aller eingegangenen Beteiligungen insolvent geworden und nur 34,4 Prozent konnten bisher verkauft werden. Mit den Insolvenzen sind weitere Millionen Beteiligungskapital und ausgereichte Darlehen aus öffentlichen Mitteln verloren gegangen. Bei den verkauften Unternehmen ist der Kapitalstock der Stiftung indirekt um einen weiteren zweistelligen Millionenbetrag verkürzt worden. Dazu kommen nicht getilgte Darlehen bei den verkauften Unternehmen. Alles in allem hochgerechnet sind 172 Mio. €, und ich wiederhole noch einmal, denn das gilt als sicher, 172 Mio. € an öffentlichen Mitteln durch diese Art der Handhabung durch die Landesregierung mit den Beteiligungen verloren gegangen, meine Damen und Herren, und das in einem Zeitraum, wo wir Jahr für Jahr über die Haushaltssituation in diesem Land gesprochen haben, wo wir mitlerweile auch einen Punkt erreicht haben, wo selbst Wirtschaftsförderung, immer eine hochgehaltene Fahne der Landesregierung, gekürzt wird. Ich frage mich, was mit all diesen Mitteln letzten Endes hätte geschehen können, wenn sie nicht hier verschleudert worden wären.
Die hohen Verluste an öffentlichen Mitteln sowie eine hohe Insolvenzrate von 43,8 Prozent im Zeitraum des Wirkens von TIF und TIB lassen den Schluss zu, dass - und ich betone dies hier -
erstens, die entsprechend der Stiftungssatzung vorgesehenen Eigenkapitalausstattungen und Durchführungen der notwendigen Umstrukturierungen zur Erhaltung unter marktwirtschaftlichen Bedingungen langfristig überlebensfähiger Unternehmen nicht auf der Grundlage tragfähiger Umstrukturierungskonzepte erfolgte. Das Beispiel ZEURO-MÖBELWERKE zeigt das ganz deutlich.