Protokoll der Sitzung vom 01.07.2005

(Heiterkeit bei der PDS)

Meine Damen und Herren, unser Antrag hatte das eindeutige Ziel, und das haben die Äußerungen vom CDU-Kollegen Gumprecht ganz klar bewiesen, die Unterschiede in den Ansätzen deutlich zu machen. Genau darauf kommt es an. Und die Menschen sollen vor einer möglichen Bundestagswahl wissen, woran sie sind und welches Modell für sie nach unserer Auffassung das bessere ist. Da muss ich an dieser Stelle nun nicht betonen, welches Modell wir für das bessere halten. Letztendlich, meine Damen und Herren,

(Zwischenruf Abg. Gumprecht, CDU: … trauen Sie sich nicht mehr zu.)

Herr Gumprecht, Sie hätten hier am Rednerpult deutlich sagen sollen, wie Sie sich das vorstellen und sich nicht in Allgemeinplätzen ergehen sollen. Das wäre wesentlich angebrachter gewesen als Ihre Zwischenrufe, die im Übrigen von der Substanz her ebenso wenig dazu beitragen, Erhellungen in das Modell der CDU zu bringen.

Letztendlich, meine Damen und Herren, dieser Antrag hat nach unserer Auffassung sowohl das Ziel erreicht, hier der Thüringer Öffentlichkeit zu verdeutlichen, wo die Unterschiede im System liegen, was nicht heißt, dass wir in der Zukunft nach wie vor für dieses Modell kämpfen wollen und streiten müssen. Eines, Kollege Ramelow, ist auch klar: Ohne eine SPD in Regierungsverantwortung im Bund brauchen wir über das Thema „Bürgerversicherung“ in den nächsten Jahren nicht zu reden. Darüber sollten Sie nachdenken.

(Beifall bei der SPD)

(Unruhe im Hause)

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Sie- ben Jahre!)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Frau Abgeordnete Thierbach? Bitte schön.

Meine Damen und Herren, es geht nicht darum, ob SPD und PDS sich streiten, sondern es geht darum, was mit einem Antrag im Thüringer Landtag in Bezug auf einen Bürgerantrag zum Thema „Bürgerversicherung“ letztendlich politisch gemacht wird. Der Landtag ist nicht die Öffentlichkeit und die Anträge im Plenum sind nicht die höchste Form der Demokratie,

(Beifall bei der PDS)

sondern wir gemeinsam haben in den letzten Jahren die Verfassung geändert, um den Bürgerantrag zu ermöglichen.

(Beifall bei der PDS)

Damit es nämlich fraktionsübergreifend diese Verfassungsänderung Thüringens gab, sind diese Initiativen gestartet worden. Und wer sich dann, Herr Höhn, im Trägerkreis mit demselben Satz, wie dieser eben formuliert wurde, dass neben dem parlamentarischen Antrag keine höhere Demokratie existieren würde, der hat ein komisches Demokratieverständnis.

Der Bürgerantrag, der jetzt zur Errichtung einer solidarischen sozialen Bürgerversicherung durch Bürger auf den Weg gebracht worden ist, ist der erste Bürgerantrag in Thüringen, der versucht wurde und versucht wird. Er stellt den Präzedenzfall für die Inanspruchnahme dieses Instruments dar und er ist der Weg der direkten Demokratiebeteiligung von Bevölkerung. Genau dieses haben Sie mit Ihrem Antrag gestört. Dieser Antrag zur Bürgerversicherung ist schon in seinem Zustandekommen die Form direkter Demokratie gewesen, weil er nämlich im Umfeld des Thüringer Sozialforums durch betroffene Leute, durch Leute von Fachkompetenz in verschiedenartigsten Strukturen, die in der Gesellschaft tatsächlich repräsentativ sind, erarbeitet wurde.

(Unruhe im Hause)

Diese Hilflosigkeit, Herr Höhn, die Sie gegenwärtig dokumentieren, bedeutet, dass Sie sich mit dem

Inhalt eines Bürgerantrags zu wenig auseinander gesetzt haben. Natürlich brauchen wir nur - da haben wir alle dafür gestritten - 50.000 Unterschriften und die wird es geben. Vom 1. Mai bis Ende Oktober ist dieses drin. Aber was wäre es doch wert, wenn eine viel größere Bevölkerungsstruktur als 50.000 Einwohner - meiner Meinung nach ist das ungefähr die Stadt Weimar ohne die Dörfer -, wenn wir über das Land in den politischen Dialog um die Bürgerversicherung gegangen wären und viel mehr Unterschriften vorhanden wären?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das steht uns doch völlig frei!)

Sie haben am runden Tisch erklärt, dass Sie keine Unterschrift mehr sammeln. Ich werde Ihnen gern das Protokoll auch noch hier vorlesen, was aber Ihrer Persönlichkeit keinen Gefallen tut. Aus diesem Grund sollte es aufhören,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich weiß aber, was ich gesagt habe; Sie waren doch gar nicht dabei!)

dass Sie unbedingt Recht haben wollen und einen Antrag schreiben, der eine politische Tragweite hat, wo Leute draußen dann sagen: Die SPD will den Bürgerantrag nicht mehr, sollen wir etwa nicht mehr sammeln?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wir wol- len die Bürgerversicherung!)

Und genau an dieser Stelle tun Sie noch nicht mal Ihrer Mitgliedschaft einen Gefallen, sondern Sie verunsichern diejenigen, die auch in Ihrer Partei für eine ganze andere Sozialpolitik antreten als die der Begrenzung von Leistungen.

(Beifall bei der PDS)

Seitens der Abgeordneten gibt es jetzt keine Redemeldungen mehr. Herr Minister Dr. Zeh, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollegen von der SPD, Sie wollten eine Schaufensterveranstaltung und Sie hatten eine Schaufensterveranstaltung.

(Beifall bei der CDU)

Frau Taubert, Sie ließen unlängst vernehmen, der Termin ist gut gewählt, es ließe sich nun endlich sa

gen, wie die elementaren Lebensrisiken der Menschen abgesichert werden können. Erstens muss ich Ihnen sagen, der Termin war natürlich nicht gut gewählt. Heute blickt alles nach Berlin. Selbst Ihre eigenen Kollegen waren bei Ihrer Rede alle draußen und haben offenbar die Handys mehr strapaziert, als Ihre Argumente vernehmen zu wollen. Ich darf an der Stelle sagen, Sie haben sieben Jahre Zeit gehabt, um den Menschen zu erklären, wie Sie die elementaren Lebensrisiken absichern wollen. Sieben Jahre lang ist dieses Gesundheitssystem eben nicht in Ordnung gekommen. Deswegen würde ich schon noch mal, Herr Höhn, in Erinnerung rufen, 1998 hat die damalige Bundesregierung die Krankenkassen in geordneten Verhältnissen übergeben. Der Beitragssatz lag durchschnittlich bei 13,6 Prozent und wir hatten einen Überschuss von mehr als 500 Mio. €. Sechs Jahre später hatten wir einen Beitragssatz von 14,6 Prozent und ein Defizit von 7,6 Mrd. €. Meine Damen und Herren, Sie hatten sieben Jahre Zeit, dies zu ordnen und wollen heute den Menschen erklären, wie Sie die elementaren Lebensrisiken der Menschen in der Zukunft sichern wollen. Ich halte das für eine einzige Überschrift "Der Wahlkampf hat begonnen." Mehr möchte ich zu diesem Thema nicht sagen. Sie konnten es den Menschen heute auch nicht erklären, wie Sie die Lebensrisiken absichern wollen. Ich warne vor Versprechungen des Herrn Schröder. Er hat so viel versprochen in vielen Bereichen. Er hat vieles gebrochen in seiner Legislatur.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Und Sie sind noch nicht einmal in der Lage etwas zu versprechen, weil Sie gar kein Kon- zept haben.)

Ich denke, wir sollten den Menschen diesmal nichts versprechen, was wir nicht halten können.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie haben ja keinen Plan.)

Diese Wahlen, die wir jetzt haben müssen, sollen wieder Vertrauen in Politik bewirken und nicht falsche Versprechungen und falsche Hoffnungen wecken.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man Ihren Antrag liest bzw. Ihr Modell und das Kleingedruckte liest, dann kann man schon einigen Aufschluss darüber bekommen, wie und in welcher Weise die Menschen auch mit dieser so genannten solidarischen Bürgerversicherung belastet werden. Denn wenn Sie alle Einkommen einbeziehen, dann sage ich, werden viele Mittelständler,die gerade so am Limit sind und ihren Betrieb aufrecht erhalten können, natürlich wesentlich mehr belastet. Es wird auch wieder den Mittelstand belasten und damit natürlich Arbeitsplätze kosten. Wenn Sie im

Nebensatz sagen, Sie wollen gleichberechtigt private und gesetzliche Krankenversicherung erhalten, dann heißt das doch Folgendes: Sie können die privaten oder gesetzlichen gar nicht ohne Weiteres abschaffen. Eine Übergangszeit von 40 Jahren wäre notwendig, um das zu erreichen, was Sie eigentlich wollen. Also kalkulieren Sie Ihre Zahlen noch einmal neu und gehen Sie dann vor die Öffentlichkeit und erklären Sie, wie Sie das bezahlen wollen. Aber lügen Sie nicht in Ihren Wahlkämpfen die Menschen mit Versprechungen voll.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD. Wie wol- len Sie die Kopfpauschale bezahlen?)

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, ich kann jetzt die Aussprache schließen und tue das. Es ist keine Ausschuss-Überweisung beantragt worden. Dann werden wir direkt über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 4/969 abstimmen. Herr Abgeordneter Stauch.

Wir bitten um namentliche Abstimmung.

Wir stimmen namentlich über diesen Antrag ab und ich bitte darum, die Stimmkarten einzusammeln. Ich nehme an, dass jeder die Möglichkeit hatte, seine Stimmkarte abzugeben. Ich bitte darum, dass ausgezählt wird.

Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 4/969 vor. Es wurden 77 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben 8 gestimmt, mit Nein 69 (namentliche Abstimmung siehe Anlage 2). Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf

Bericht der Landesregierung über die Entwicklung des Rechtsextre- mismus in Thüringen auf Grund- lage des Verfassungsschutzbe- richts 2004 Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/976 - dazu: Unterrichtung durch die

Landesregierung

- Drucksache 4/1028

Wünscht die SPD-Fraktion das Wort zur Begründung? Das ist offensichtlich nicht der Fall. Und die Fraktionen sind übereingekommen, die Landesregierung zu bitten, den Sofortbericht als schriftlichen Bericht vorzulegen. Dieser ist inzwischen eingegangen, er trägt die Drucksachennummer 4/1028. Die Fraktionen haben sich weiterhin dazu verständigt, den Bericht im Innenausschuss in öffentlicher Sitzung zu beraten. Wenn sich jetzt kein Widerspruch erhebt, gehe ich davon aus, dass dieses als Sachverhalt so gilt und kann den Tagesordnungspunkt 18 schließen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf.

Auslobung eines Preises „Wirt- schaftsfreundlichste Kommune in Thüringen“ Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/983 -

Gibt es hier den Wunsch zur Begründung? Das ist auch nicht der Fall. Auch hier gibt es eine Übereinkunft, diesen Beratungsgegenstand ohne Aussprache in einem oder in mehreren Ausschüssen zu beraten. Diese Beratungen sollen dann öffentlich sein. Ich frage jetzt, weil mir das noch nicht vorliegt, in welchem Ausschuss oder in welchen Ausschüssen diese Beratung erfolgen soll. Herr Abgeordneter Höhn.