Protokoll der Sitzung vom 16.09.2005

Ich habe eben gerade beschrieben, wie das mit der Situation von behinderten Kindern ist. Ich habe eben gerade beschrieben, wie das mit bedarfsgerechten Angeboten im ländlichen Raum ist. Ich habe im Übrigen noch nichts dazu gesagt, dass genau die Mitbestimmungsrechte der Eltern sich im Gesetz finden. Das war vorher nicht in dieser Form verankert. Auch das kommt mir in der Diskussion der letzten Wochen zu kurz. Wir haben Anregungen der Enquetekommission aufgegriffen. Sie wissen, dass die zusätzliche Qualifikation zunächst über den Bachelorabschluss an der Fachhochschule in Erfurt beginnen soll. Wir können uns vorstellen, dass das ausgeweitet wird, aber dazu muss man beginnen. Das haben wir getan und deswegen auch Anregungen der Enquetekommission 3/3 aufgenommen. Wir führen diesen umfassenden Dialog. Ich habe vorhin gesagt, die Kollegen sind alle in den Kreisen bei den Trägern unterwegs und diskutieren mit den Leuten. Also insofern ist vieles von dem, was Sie in Ihrem Antrag fordern, bereits erledigt. Den ersten Punkt tragen wir nicht mit. Genau deswegen werden wir diesen Antrag auch ablehnen. Wir werden den Dialog, wie Sie ihn beschrieben haben, im Ausschuss, aber auch außerhalb des Ausschusses in den nächsten Wochen intensiv fortsetzen. Wir wollen Eltern informieren, wir wollen Träger informieren, wir wollen ihnen diese Sorge nehmen und wir wollen im konstruktiven Dialog mit den Trägern und den Eltern und den Kommunen

(Unruhe bei der SPD)

ein Gesetz schaffen, was wir in dem Sinne, wie ich es vorhin beschrieben habe, weiterentwickeln, das weiterhin den besten Standard der Kinderbetreuung deutschlandweit sichern wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie jetzt die Zwischenfrage, Herr Panse?

Ja, bitte.

Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Panse, als ich mich gemeldet hatte, haben Sie ja über die Zuschüsse an freie Träger, über die

Sachkostenzuschüsse - 20,45 € pro Kind und Monat - gesprochen. Stimmen Sie mir zu, dass diese Zuschüsse dazu dienten, das Subsidiaritätsprinzip durchzusetzen, auch von Ihrer Seite? Meine Frage wäre jetzt: Was hat Sie denn bewogen, diesen Sinneswandel vorzunehmen? Die zweite Frage bezieht sich auf die von Behinderung bedrohten Kinder. Stimmen Sie mir zu, dass die Behauptung, dass zu viele Kinder, von Amtsärzten wohlgemerkt, als von Behinderung bedroht eingestuft sind, eine Unterstellung an die Amtsärzte ist? Denn Sie sagen, es gibt so viele von Behinderung bedrohte Kinder, also stimmen Sie dann der Meinung zu, dass die Amtsärzte an der Stelle ihrer Arbeit nicht gerecht werden?

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, wenn Sie das Protokoll der letzten Plenarsitzung lesen, werden Sie feststellen, dass Sie mir die gleiche Frage dort schon mal gestellt haben, ich Ihnen damals schon erklärt habe, dass ich nicht gesagt habe, dass es zu viele behinderte Kinder gibt,

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Ich ha- be von durch Behinderung bedrohten Kindern gesprochen.)

dass ich schon gar nicht gesagt habe, dass die Kinder durch Gutachten von Amtsärzten falsch eingestuft werden. Das ist eine böswillige Unterstellung, die Sie gerade vorgenommen haben. Ich habe das nicht gesagt, das werden Sie weder im Protokoll der letzten Sitzung noch dieser Sitzung nachlesen können.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin schon der Auffassung, dass die Zahl der Kinder, die behindert sind, und die Zahl der Kinder, die von Behinderung bedroht sind, in den letzten paar Jahren gestiegen ist. Ich habe das letzte Mal dazu ausgeführt, dass es da eine Vielzahl von Ursachen gibt.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Da muss man mal fragen, warum?)

Diese Kinder sollen vernünftig und sachgerecht betreut werden, wenn es möglich ist, in einer Regeleinrichtung, so steht es im Gesetz. Es wird nicht in allen Fällen möglich sein. Es wird Fälle geben, wo eine integrative Einrichtung mit allen sonderpädagogischen Fachkräften, die man hat, der beste Weg ist, und es wird darüber hinaus auch notwendig sein, dass es reine Kindertagesstätten gibt, wo man entsprechend nur den zusätzlichen Förderbedarf für behinderte Kinder aufnehmen kann. Diese drei Formen

wird es nebeneinander geben und genau dem wird dieses Gesetz gerecht. Mit dem, was jetzt als Übergangslösung für die behinderten Kinder drinsteht, bin ich deswegen an dieser Stelle sehr zufrieden. Das habe ich eben gerade gesagt. Es ist mitnichten so, und das bitte ich Sie wirklich sich zu überlegen und gegebenenfalls auch zurückzunehmen, Amtsärzte stellen keine falschen Gutachten aus. Wenn Sie so etwas hier behaupten, ist das schlichtweg unredlich und diskriminierend. Ich habe das nie gesagt und insofern belegen Sie es mir bitte, bevor Sie mit so einer Frage noch einmal kommen.

Zu Ihrer ersten Frage - Subsidiaritätsprinzip, richtig: Das sieht vor, dass wir freie Träger mindestens gleich gut stellen wollen wie kommunale Träger. Ich habe vorhin gesagt, als wir dieses Gesetz eingeführt haben Anfang der 90er-Jahre, ging es um eine zusätzliche Förderung für die freien Träger. Ich habe eben gerade erklärt, in den letzten paar Jahren hat sich da vieles verschoben. Es ist keine zusätzliche Förderung für die freien Träger mehr, in vielen Regionen eine zusätzliche Förderung für die Kommunen, die Einrichtungen in freie Trägerschaft abgegeben haben. Das halten wir für nicht sachgerecht, weil das natürlich auch dieses Verhältnis aus dem Lot schmeißt und weil es den freien Trägern an keiner Stelle weiterhilft, wenn sie diese 20,45 € nicht behalten dürfen, sondern es quasi am Jahresende von der Kommune abgerechnet bekommen. Genau das habe ich deutlich gemacht, genau das hat zu dieser Überlegung geführt, dass dieser Zuschusss von 20,45 € lange Zeit eine Lenkungsfunktion hatte, die er auch erfüllt hat. Deswegen sind jetzt 70 Prozent der Einrichtungen in freier Trägerschaft, aber diese Lenkungsfunktion wird inzwischen mehr und mehr missbraucht als ein Stückchen kommunale Kofinanzierung. Deswegen haben wir das geändert.

Bitte, Frau Abgeordnete Reimann.

Herr Panse, Sie haben von den konstruktiven Gesprächen mit den freien Trägern gesprochen und dabei auch sozusagen Verständnis geweckt. Ich frage Sie: Sie haben den schwarzen Peter den Kommunen zugeschoben, um 50 Mio. € Landesgelder zu sparen. Haben Sie den freien Trägern aber auch gleich dazu gesagt, dass sie im nächsten Jahr wieder 250 Mio. € bei den Kommunen wegnehmen wollen? Wissen Sie zum Beispiel, dass in solchen Flächenkreisen wie der, aus dem ich komme, nur um den Status quo zu erhalten, die Kreisumlage um 8 bis 10 Prozent erhöht werden müsste? Also, bei dem Gespräch mit den freien Trägern ist der Verweis auf die Kommunen einfach unehrlich und Sie haben damit die Maske fal

len lassen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das sind doch Verträge, die...)

(Unruhe bei der CDU)

Wissen Sie, Frau Kollegen, ich habe das ja gar nicht gesagt, dass die Kommunen die 20 Mio. € zu tragen haben. Ich habe diese fünf Punkte aufgezählt, was momentan kostentreibend wirkt und habe gesagt, dann müssten wir an dieser Stelle auch umsteuern und regulierend eingreifen, das habe ich gesagt. Es wird dort die Kommunen treffen, wo sich Kommunen mehr leisten, als dass wir gegenwärtig im Gesetz fixiert haben, wenn der Bedarf da ist. Das habe ich am Beispiel Gera erläutert, wenn der Bedarf da ist und eine soziale Leistung vor Ort ist, dann muss diese Leistung auch vor Ort finanziert werden. Man kann doch nicht sagen, der Bedarf ist da, bitte schön, du Land, bezahle es doch mal. Das ist doch etwas, da bitte ich Sie einen kleinen Moment zu verharren und zu überlegen, was nicht sachgerecht ist. Sie haben von Ihrem Flächenkreis gesprochen, wo die Kreisumlage erhöht werden sollte. Das sind Diskussionen, die wir in den letzten Wochen ein paar Mal erlebt haben, gerade mit Kommunalvertretern. Schauen Sie sich das Gesetz an, das ist ja gerade geändert worden, was die Landkreise an Kosten tragen, dass es eben nicht über die Kreisumlage erst reingeholt und dann wieder bezahlt wird, sondern dass die Landkreise einen Prozentsatz zahlen, dass die Kommunen einen Prozentsatz bezahlen. Insofern stimmt Ihre Zahl nicht mit den 8 Prozent Erhöhung der Kreisumlage.

Flächenkreis, Ihr Landkreis, da will ich Ihnen das Beispiel sagen. Ich habe es doch vorhin angesprochen, Sie müssen doch einräumen, dass es genau das gibt, dass Kinder aus Sachsen in Ihrem Landkreis Kindertagesstätten besuchen. Das ist mir von Leiterinnen von Einrichtungen gesagt worden. Das ist mir in dem Moment erst offenkundig geworden, dass das nicht nur ein Problem zwischen Thüringen und Bayern, Thüringen und Hessen und Thüringen und Niedersachsen ist, sondern jetzt augenscheinlich auch Sachsen. Da muss man doch schauen, wo man dieses Geld so ein Stückchen auch herbekommt, wenn wir uns in Thüringen mehr leisten, als die es sich dort leisten können. Genau das habe ich gesagt und das führt eben nicht dazu, dass 20 Mio. € bei den Kommunen oder 20 Mio. € bei den Eltern eingespart werden, sondern dass man ein Stückchen Strukturen auch effektiver gestaltet, und überall auch ein Stückchen schaut, wo man andere Partner, die bis jetzt sehr über den Schnaps gelebt haben, an diesen Kosten auch mit beteiligen kann. Das ist der

Punkt, das habe ich gemeint. Genau das sage ich auch den Leuten vor Ort bei den Diskussionen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke. Das Wort hat die Abgeordnete Pelke, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich bei dieser Thematik mit einem Zitat beginnen - das machen ja hier oftmals Abgeordnetenkollegen - und dieses Zitat möchte ich ausdrücklich in Richtung der Landesregierung orientiert wissen und auch in Richtung von Herrn Panse. Es ist ein Zitat aus dem Gebet für Thüringen: „Herr, sende deinen Geist denen, die hier in Thüringen politische und wirtschaftliche Verantwortung tragen und sich für andere einsetzen.“

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Es scheint mir, dass Sie auf diesen Geist noch warten. Denn das, was Sie hier vorgelegt haben, meine Damen und Herren, ist weder ein Gesetz für Familien noch ein Gesetz für Kinder. Herr Panse, Sie haben unseren Antrag, zu dem Sie ganz kurz Stellung genommen haben, nicht richtig gelesen oder auch nicht richtig interpretiert. Wir haben bis zum 19. April, bis Sie die Familienoffensive vorgestellt haben bzw. der Ministerpräsident, eine gemeinsame Zielsetzung gehabt und eine gemeinsame Verantwortung. Wir wollten dieses flächendeckende Netz an Kindertagesstätten, diese gesetzlichen Regelungen, die wir haben, erhalten, alle gemeinsam, weil wir sie für gut und für vorzeigefähig in dieser Bundesrepublik gehalten haben. Dieses wollen Sie heute nicht mehr. Wir, so haben wir das in unserem Antrag geschrieben, wollen Ihr neues Gesetz nicht. Klar und deutlich, wir wollen dieses Gesetz nicht. Wir wollen das, was sich bewährt hat, in diesem Land erhalten.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Sie haben vorgeworfen, dass Verbände - der DGB und andere - mit diesem Gesetz Politik machen. Nein, Herr Panse, Sie machen mit dem Gesetz Politik. Sie machen mit diesem Gesetz Politik, von dem insbesondere die, um die es auch in Zukunft geht, nämlich die Kinder, nichts haben. Sie haben noch was für mich sehr Interessantes gesagt. Sie wollen ja eigentlich nichts ändern, was die gesetzliche Grundlage angeht, Sie wollen weiterentwickeln. Das hätten wir gerne mit Ihnen getan. Darüber haben wir mona

telang in der Enquetekommission „Erziehung und Bildung“ geredet. Dort sind auch Dinge festgeschrieben, die sich in Ihrem Gesetzentwurf überhaupt nicht mehr wiederfinden. Sie entwickeln nicht weiter, Sie haben rückentwickelt. Wenn Sie hätten weiterentwickeln wollen, hätten Sie im Vorfeld nämlich all die genannten Verbände ordentlich beteiligt und hätten zurückgegriffen auf die Dinge, die bereits auf dem Tisch liegen, beispielsweise die Ergebnisse der Enquetekommission. Dann wäre es ehrlich gewesen. Was Sie jetzt gemacht haben, ist eine Festschreibung Ihrer Politik, an der Sie sowieso nichts ändern wollen und auch nur marginal geändert haben. Das muss man einfach mal ganz deutlich sagen.

Wenn Sie dann sagen, wir wollen Eltern etwas vorschreiben, muss ich Ihnen widersprechen. Ich habe Ihnen ja schon öfter gesagt, die Art und Weise, wie Sie manchmal auftreten, ist schon seltsam und scheinbar hören Sie auch in bestimmten Veranstaltungen nicht zu. Wir wollen Eltern gerade nicht vorschreiben, wir wollen die Wahlfreiheit erhalten, die sie später nach Ihrer Gesetzeslage nicht mehr haben, weil sie sich nicht fiskalisch orientieren wollen,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

sondern oftmals müssen. Das wissen Sie doch. Wenn Sie dann sagen, es ist rechtzeitig in der Landeselternvertretung informiert worden, dann stimmt das nicht. Es ist auch immer spaßig und müßig und man kann es bald nicht mehr hören, die eine Person ist dann in der SPD, die andere ist linksparteiorientiert. Ich habe mir sagen lassen, es gibt auch eine Reihe von CDU-Mitgliedern hier in diesem Land. Also solche Unterstellungen finde ich eigentlich irgendwo ein bisschen seltsam. Wir haben damals in der Veranstaltung der Landeselternvertretung, in der Herr Matschie ein Grußwort gehalten hat und auch andere da gewesen sind - wo ich beispielsweise zwei Stunden in einer Gruppe mit Ihnen gesessen habe - über Fragen diskutiert. Da waren wir auch noch relativ offen, weil auch Sie gesagt haben, es ist noch Beratungsbedarf und es wird noch das eine oder andere geändert. Das ist eben nicht geschehen. Sie konnten zu dem damaligen Zeitpunkt die Fragen nicht beantworten und die Fragen stellen die Verbände noch heute, auch der Landeselternbeirat. Sie haben hier in Ihrem Beitrag - ich bin nicht unbedingt ein Zahlenmensch, deswegen bin ich, Gott sei Dank, auch nicht im Haushaltsausschuss - die Frage, dass hier Geld verschwindet, rausgerechnet wird, einfach nicht beantwortet. Jetzt lassen Sie mich nur ein paar Zahlen mal zitieren, wie sich das entwickelt: 2005 auf Basis HaushaltsIst 2004 148 Mio. für den Betrieb von Kindergärten - 148 Mio. Nach den Finanzdaten Ihres Gesetzentwurfs wären das dann in 2006 133,6; es wären 2007 121,8; es wären 2008 117,8, wovon dann die 17 Mio.

Investpauschale abzurechnen wäre, sind dann 100,8 Mio. und wären in 2009 115, ebenfalls minus 17 Mio. Invest, dann wären es 98 Mio. Der Ordnung halber will ich noch dazusagen, nicht dass Sie mich dann wieder verbessern, bis einschließlich 2007 darf die Investitionsförderung, diese 17 Mio., auch für den Betrieb eingesetzt werden. Das heißt für mich im Klartext, von 2005 148 in 2009 98 Mio., das ist für mich ein Minus, einfach so.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Punkt: Familienförderung insgesamt, und da haben wir alles mit reingerechnet, Kindergärten, Betriebsförderung, den Ausbau Tagesbetreuung, Landeserziehungsgeld, mit dem alles hin- und hergerechnet, wie Sie es beschrieben haben, Investitionszuschuss und alles, was die Familienförderung betrifft, ergibt ein Gesamt von jetzt rd. 170 Mio. und bliebe dann in 2009 ein Betrag von rd. 138 Mio. So, und Herr Panse, dazu haben Sie nichts gesagt. Sie haben nichts dazu gesagt, dass dieses Geld zur Haushaltssanierung aus unserer Sicht an der falschen Stelle genutzt wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Diese Frage müssen Sie beantworten. Da nützt es auch gar nichts, wenn Sie die Kritik auf die AWO als solche schieben, weil - weiß ich nicht, was Ihnen die AWO getan hat - ich habe mich mit vielen Verbänden auseinander gesetzt. Es ist sehr deutlich gesagt und angesprochen worden sowohl von der Liga, sowohl von den Kirchen, sowohl von den Spitzenverbänden, dass dieses Gesetz kein gutes Gesetz ist. Es hat Herr Heller von der Caritas sehr deutlich gesagt im Rahmen einer Podiumsdiskussion, dass er im Zweifel sei, ob er zukünftig noch vom erfolgreichen Thüringer Modell berichten könne. Ich habe bis jetzt nicht erlebt, dass irgendeiner von Eltern, von Verbänden oder Fachexperten ein positives Votum zu diesem Gesetzentwurf abgegeben hat, und da reden Sie einfach immer drum herum und beziehen sich auf die AWO, weil das Ihr neues Feindbild ist. Ich kann es nicht nachvollziehen. Die Einbindung von Trägern in die Beratung, das haben Sie auch nicht gemacht. Sie haben sich erst dazu hinreißen lassen, nachdem die Proteste schon offenkundig waren. Es wurde erst nach den öffentlichen Protesten, z.B. durch die Liga, am 26. August eine Anhörung durchgeführt, um zumindest das Gesicht zu bewahren. Diese Anhörung, das will ich auch noch mal deutlich sagen, war nicht mehr als ein Feigenblatt, das zeigt nämlich jetzt Ihr Gesetzentwurf. Sie haben, wenn man es überhaupt sagen kann, nur marginal geändert, Sie haben eigentlich nichts anderes gemacht, als den freien Fall der Familienförderung in eine steile Bruchlandung abzumildern, um es mal so zu formulieren. Denn genau das, was angespro

chen worden ist auch von meiner Kollegin Taubert, die Frage, die behinderte Kinder und von Behinderung bedrohte Kinder betrifft, das ist eine Verschiebetaktik. Aber tatsächlich stehen Sie genau zu dem, was von Frau Taubert nachgefragt worden ist. Das heißt, es wird hier das Modell der Kinderbetreuung zerstört. Das machen Sie mit Ihrem Gesetz und da ist es nicht die Frage, ob das jetzt passiert oder sechs Monate später. Es wird bei diesem Gesetz keiner gewinnen, weder die Familien, weder die Kinder noch die Träger, noch die Kommunen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich auch in aller Deutlichkeit feststellen: Den Eltern wird weniger Geld als bisher zur Verfügung stehen - ich habe es eben an den Zahlen deutlich gemacht - und sie werden für Kindergärten auch mehr bezahlen müssen. Auch das haben wir schon sehr oft gesagt, betroffen werden Familien im ländlichen Bereich sein und manche kleinere Einrichtung in den Dörfern wird nicht mehr zu halten sein. Das müsste Sie eigentlich auch schon erreicht haben, wenn Sie mit freien Trägern geredet haben. Und - das finde ich eigentlich auch den ganz bösartigen Aspekt in diesem Gesetz und komme noch mal darauf zurück - behinderte Kinder oder von Behinderung bedrohte Kinder und ihre Eltern werden es künftig erheblich schwerer haben, ein angemessenes Betreuungsangebot zu finden, wenn dann der Behördenweg über Sozial- und Jugendämter und über den Ärztebereich, wenn das alles erfolgreich bewältigt ist, dann wird der Besuch dieser betroffenen Kinder oft eben nicht mehr in einer Regeleinrichtung sein, sondern in wenigen so genannten integrativen Einrichtungen und das, Herr Panse, ist ein Rückschritt. Das war so nicht gewollt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Wenn das dann genau diskutiert wird zu einem Zeitpunkt, wo wir in diesem Hause ein Behindertengleichstellungsgesetz beraten, dann ist das schon ein Punkt, wo ich sagen muss, da sollte man sich eigentlich schämen. Außerdem und endlich werden berufstätige, auch allein erziehende berufstätige Eltern längere Wege in Kauf nehmen müssen und die Frage, die Sie als bedarfsgerechte Öffnungszeiten beschrieben haben, aber das wissen Sie doch auch als kommunalpolitischer Realist, Sie werden behaupten, das seien dann möglicherweise 11 oder 12 Stunden, weil es bedarfsgerecht entsprechend geöffnet wird, das können aber auch nur 6 oder 7 Stunden sein. Das wissen Sie genau, Herr Panse und insofern wird es dann wiederum zulasten der Kinder und der Frauen oder auf dem Rücken der Kinder und der Frauen ausgetragen.

So, und nun brauche ich eigentlich nichts mehr zu dem Bereich Landeserziehungsgeld zu sagen. Es ist ja letztendlich eine Förderung für einkommensstärkere Familien und, wissen Sie, das habe ich Ihnen damals auch in der Veranstaltung gesagt, ich hätte ja gar nichts dagegen gehabt, wenn man neue Varianten diskutiert und wenn man tatsächlich versucht, Neues, Gutes für Familien zu machen, aber wenn man nur Zahlentrickserei in ein Gesetz hineinschreibt, um die Kürzung nicht offenkundig werden zu lassen und letztendlich Kindertagesstätten und Familien Geld entzieht, dann ist das unehrlich und dann muss man das deutlich ansprechen und das ist keine Aufhetze von Opposition, in welcher Form auch immer.

(Beifall bei der SPD)

Über die Kürzung der Zahlen habe ich etwas gesagt. Lassen Sie mich noch einiges zur Stiftung „Familiensinn“ sagen. Auch die Liga hat das Vorhaben für grundsätzlich fragwürdig erklärt und hat neben der Finanzausstattung auf die Besetzung der Gremien und bedenkliche Verquickungen von Interessen z.B. mit der Elternakademie hingewiesen. Ich kann der Liga nur Recht geben und es ist interessant, dass auch in der Liga die beiden Kirchen mit ihren Wohlfahrtsverbänden vertreten sind. Ich frage mich deshalb auch wirklich, wer eigentlich eine derartige Stiftung will und wer letztendlich davon profitieren soll.