„Die Mitglieder der Fraktionen" - hört jetzt mal, wirklich: - „Die Mitglieder der Fraktionen von SPD und PDS haben mit ihren Stimmen die Abschaffung des Landeserziehungsgeldes durchgesetzt.“
Hört, hört! „Damit hat der Sozialausschuss gegen die Stimmen der CDU-Fraktion nun abermals gegen das Landeserziehungsgeld entschieden“ und noch schlimmer, dies soll nun rückwirkend - ich weiß gar nicht, wie das gehen soll - zum 1. Mai 2005 abgeschafft werden!
Kollegin Jung, jetzt spiegeln Sie Ihre Rede mal von den schlimmen Zuständen, die in Thüringen eintreten würden, an dem, was in Mecklenburg-Vorpommern in Bälde Praxis sein wird.
(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Da müssen Sie auch die Kindergartenstruk- turen in Ihre Betrachtung einbeziehen.)
Also so sieht Wirklichkeit in anderen Ländern aus. Wir wollen, und ich sage das noch einmal sehr deutlich, für ein Jahr, nämlich im dritten Lebensjahr, ein Erziehungsgeld zahlen in den bekannten Höhen, 150 € für das erste, 200 € für das zweite, 250 € für das dritte, 300 € für jedes weitere Kind. Im Übrigen ab dem dritten Kind, das spielt auch in der Bundesgesetzgebung zum Beispiel überhaupt keine Rolle mehr, wird nirgendwo prämiert für die, die wirklich viele Kinder haben, die wir auch in unserer Gesellschaft natürlich bejahen und auch brauchen.
Dieses Geld soll nun wirklich dort ankommen, wo das Kind überwiegend betreut, erzogen wird, in der Kindertagesstätte oder eben bei den Eltern, die dafür aber auch eine Tagesmutter mit engagieren können. Und das, meine ich, schafft dann auch auf der Angebotsseite die Flexibilität, die der Vielfalt, der wirklichen familiären und beruflichen Lebenswirklichkeit entspricht, wohl gemerkt und zur Erinnerung, es handelt sich um das Alter vom zweiten bis zum dritten Geburtstag eines Kindes, nicht mehr und auch nicht weniger. Was kommt in zahllosen Briefen-, E-Mails - und auch die Debattenbeiträge haben es ja heute gezeigt -, Pressemeldungen von Ihnen, von Seiten der SPD oder auch der Linkspartei.PDS: Die CDU will die Frauen an den Herd zurückbringen, konservative Ideologie pur, familienpolitisches Mittelalter und wer weiß was noch. Meinen Sie wirklich - und das frage ich allen Ernstes -, Frauen und Männer ließen sich durch 150 € dazu verleiten, zu Hause am Herd zu sitzen, wenn sie Arbeit haben könnten? Wenn sie zuhause bleiben, dann tun sie es um der Liebe zu ihren Kindern willen.
Ich will ja nicht in Abrede stellen, dass es natürlich sozial schwierige Familien und Klientel gibt, darum müssen wir uns auch kümmern, aber
darum müssen wir uns gesondert kümmern und können doch nicht so tun, als wäre das die übergroße Mehrheit hier in unserem Land. Auch da frage ich: Wann gewöhnen Sie sich einmal an, die Gesellschaft nicht unentwegt von ihren Problemgruppen und Randgruppen her zu definieren, sondern wirklich aus der Mitte heraus,
einer Mitte, die Sie mit Ihren Klischees nämlich nur beleidigen? Eine Mutter, ein Vater, die eine Familienphase einlegen, sind zwar möglicherweise am Herd, natürlich, weil eine warme Mahlzeit am Tag schon sein möchte, aber vor allem sind sie bei ihrem Kind. Es gibt überhaupt keinen Grund, das mit ideologischen Plattitüden aus der wirklich allerletzten Floskelkiste zu belegen. Können Sie sich denn gar nicht vorstellen, dass es viele Menschen gibt, die diese Lebensphase ihres Kindes einfach intensiv selbst begleiten wollen? Ich finde, die 150 € sind da gut angelegt.
Zweitens: Meinen Sie wirklich, Kindern, die nicht schon mit zwei Jahren in eine Kindertagesstätte gehen, wird etwas ganz Wesentliches fehlen, was sie nicht auch im Elternhaus in der Regel erfahren können? Meinen sie das wirklich? Ich finde es jedenfalls eine - das muss ich schon sagen - ziemlich dreiste Unterstellung, wenn ich bei der Linkspartei.PDS lese: „Die Landesregierung nehme die soziale Ausgrenzung von Kindern billigend in Kauf und trage dazu bei,“ - so wörtlich - „das immer weniger Kinder in den Genuss einer frühkindlichen Förderung kommen.“ So Originalton. Ich finde das ganz schön dreist. Die Eltern sind wohl nicht fähig zu frühkindlicher Förderung? Na, das ist Ihre …
Ihnen fehlt natürlich auch noch die Erfahrung, Kollege Bärwolff, das ist doch klar. Aber was für ein Zeugnis stellen Sie da eigentlich jungen Eltern aus?
Sie blenden völlig aus, dass der weit überwiegende Teil der Eltern sehr wohl in der Lage ist und viele auch willens sind, ihre Kinder bis zum dritten Lebensjahr zu Hause zu erziehen, und die große Mehrzahl der Eltern am besten in der Lage ist, ihren Kindern eine frühkindliche Förderung angedeihen zu lassen. Wo können Interesse und Zuwendung unmittelbarer sein als eben in den familiären Verhältnissen zu Hause, in aller Regel jedenfalls.
Ich meine also deswegen noch einmal allen Ernstes, Wahlfreiheit für ein Jahr für die Zwei- bis Dreijährigen bewirkt doch nicht wirklich, dass Frauen an den Herd verbannt würden und Kinder Verlust an Sozialkompetenz erleiden würden.
Ich sage auch ganz deutlich, und das scheint durchaus System, doch, ich sage mal so, im linken Lager zu sein, Teile der Oppositionsfraktionen haben offensichtlich ein festes Bild im Kopf, wie Familie zu sein hat, wenn sie denn überhaupt noch von Familie reden. Wir haben uns auch daraufhin in meiner Fraktion noch mal sehr deutlich die Bundestagswahlprogramme angesehen. Bei der Linkspartei.PDS kommt sie nur - ich muss Ihnen das so sagen, Sie mögen ja hier in Thüringen vielleicht anders denken, aber im Wahlprogramm-Bund steht das so - in Spurenelementen vor. Die Linkspartei.PDS folgt dem Leitbild nämlich, ja, wie auch sonst, einer
gleich geschalteten Gesellschaft. Auszug aus dem Wahlprogramm, wörtlich - Herr Ramelow, als Hauptmanager sind Sie ja verantwortlich -: „Wir wollen die Einführung der Individualbesteuerung, die Abschaffung des Ehegattensplittings und aller Regelungen, die die Nichterwerbstätigkeit von Frauen begünstigen.“ Im Klartext heißt das aber doch,
die Möglichkeit, dass Eltern, Frauen oder Männer, sich für eine Familienphase entscheiden, ist schlichtweg unerwünscht.
Es ist schlichtweg unerwünscht, die Familie soll steuerrechtlich klar ausgehöhlt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht Reaktion auf gesellschaftlichen Wandel, sondern das ist die vorsätzliche Herbeiführung eines Wandels, den wir genau so nicht wollen.
In diesem Tenor liegen dann auch die Pressemeldungen, die ja so jeden Tag auf die Schreibtische oder in die Computer flattern: Das Gesetz verhindere die Berufstätigkeit von Frauen. Das ist für ein Gesetz, das den Anspruch auf einen Kindertagesstättenplatz ab zwei Jahren erhebt und realisiert, doch geradezu absurd. Weg von der elterlichen Selbstbestimmung und Selbstverantwortung, hin zu staatlicher Betreuung - Ihr Modell. Da finden Sie sich leider auch in Gesellschaft mit der Politik der Grünen, auch das will ich mal sagen. Katrin Göring-Eckhard, in Thüringen ja auch keine Unbekannte, hat wörtlich in einem Interview in der Ostthüringer Zeitung vom 7. September in entlarvender Klarheit gesagt: „Aber wir haben auch Fehler gemacht.“ Ich erinnere an die Armutsaussagen, die Sie hier von beiden Seiten, SPD und PDS, ausgeführt haben. „Einer davon war die Erhö
hung des Kindergeldes“, sagt Katrin Göring-Eckhard wörtlich. „Richtig wäre gewesen, die Institutionen zu stärken wie Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen.“ Das haben sie dann auch konsequent gemacht, als sie diesen Fehler erkannt haben. 4 Milliarden Ganztagsschule ist immer noch besser als Unterstützung von Familie, sagen jedenfalls die bisher rotgrün Regierenden in Berlin. Ich wollte dies, ehrlich gesagt, gerade bei Katrin Göring-Eckhard zunächst gar nicht glauben, denn es kann aus meiner Sicht nicht um ein „Entweder-oder“ gehen, sondern ich meine - und das ist auch unsere Politik - es geht um ein „Sowohl-als-auch“. Staatliche Betreuung auszubauen auf Kosten der Familie, da muss ich ganz deutlich sagen, das ist schlichtweg unmoralisch und hat eben nichts mit Freiheit zu tun.
An diesem Punkt werden wir uns auseinander setzen müssen, und zwar mit aller Konsequenz. Kindertageseinrichtungen sollen die Erziehung der Kinder durch ihre Eltern unterstützen, aber eben nicht ersetzen, sie können es auch nicht. Im Grundgesetz heißt es ganz klar, jeder kennt den Artikel: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und zuvorderst ihnen obliegende Pflicht.“
Deshalb kann es immer nur um ein Angebot gehen, aber keinen mehr oder weniger sanften Druck in Richtung öffentliche Betreuungseinrichtungen. Sie - und hier meine ich vor allem die Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei.PDS - propagieren einen Weg, genauso wie auch aus dem, was Frau Göring-Eckhard gesagt hat, hervorgeht: weg von elterlicher Selbstbestimmung und Selbstverantwortung, hin zur Priorität staatlicher Betreuungsstrukturen. Das Programm, wie gesagt, was sie auch zur Bundestagswahl vorgelegt haben, beweist das in erschreckender Offenheit. Wir hingegen sagen ganz deutlich: Familie ist Fundament unserer gesellschaftlichen Ordnung - Fundament, auch Keimzelle von Gesellschaft. Ich greife dieses Wort bewusst hier noch einmal auf, weil es hier wirklich unerhörte Versuche des DGB Thüringen gegeben hat, uns damit in eine nationalsozialistische Ecke zu stellen.
Das ist empörend und entlarvt eben auch, welche Debatten wir hier noch zu führen haben. Es wird Ihnen nicht gelingen, die Bedeutung von Familie zu relativieren. Hier sage ich etwas, was auch Erfahrung auf DDR-Hintergrund war. Bei einem kompletten
Betreuungsangebot, was wir hatten, von der Kinderkrippe, über Kindergarten, über Schule, über Horte, über Freizeit, komplette staatliche Fürsorge, die gewährleistet war, aber dennoch ist selbst bei diesem kompletten Versorgungs- und Betreuungssystem die Familie als der prägendste Faktor erhalten geblieben. Es gab das Jugendforschungsinstitut Leipzig, die haben dazu in den 80er-Jahren einschlägige Untersuchungen gemacht. Bei allem, wo Kinder nicht zu Hause waren durch das staatliches Betreuungssystem, ist trotzdem die Familie das Prägendste. Deswegen meine ich, wir haben die Pflicht, Familie zu stärken,