Des Weiteren: Die Schlussabrechnung des Finanzausgleichs des Jahres 2004 ist in die Berechnung der Finanzausgleichsmasse 2006 mit einem Minusbetrag von 1,591 Mio. € eingegangen und die Schlussabrechnung des Finanzausgleichs des Jahres 2005 ist bei der Berechnung der Finanzausgleichsmasse 2007 eingeflossen. Das ist auch vollkommen richtig so. Wenn Sie dann noch alles zusammenmixen, dann kommen Sie natürlich zu anderen Zahlen, wenn Sie meinen, Sie müssten jetzt dieses Geld, welches für den Bereich der Kindertagesstätten etc. vorhanden war, dem kommunalen Bereich für alle Zeiten zuordnen. Was wir gemacht haben, ist doch lediglich, dass wir es herausgelöst und für eine Aufgabe vorgesehen haben, die genau in diese Richtung geht. Also das Genörgel ist vollkommen unberechtigt, was den Bereich des Kommunalen Finanzausgleichs angeht. Wir haben die Aufgabe, das jetzt sorgfältig zu berechnen, sowohl die freiwilligen Aufgaben als auch die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises. Ich weise darauf hin, dass eine solche Aufgabe in der Bundesrepublik Deutschland noch niemals ein Innenressort hatte. Aber wir werden auch das hinbekommen und werden das sehr sorgfältig errechnen und dann werden wir mal sehen, ob Ihre Kritik dann noch berechtigt ist. Ich denke, das wird nicht der Fall sein.
Zu dem Bereich der Polizei: Hier sind ja auch von Herrn Gentzel sehr harte Worte gefallen. Es sei ein Frevel an der Polizei, es werde verharmlost und so weiter und so fort. Vorab vielleicht noch eines zur Hundestaffel. Dazu sage ich jetzt nichts mehr. Ich hoffe, dass die Hundestaffel in Marlishausen erledigt ist, und zwar für alle Zeiten.
Ich meine haushaltsmäßig, Herr Kuschel, selbstverständlich nicht ansonsten. Ich habe nicht vor, den Tieren etwas anzutun.
Jetzt zur Polizei, das klang ja in der Tat entsetzlich, was mit der Polizei hier angeblich geschehen soll. Schauen wir uns einmal in Ruhe die Zahlen an. Wir haben den Einzelplan 03 des Thüringer Innenministeriums und wir haben dort ein Gesamthaushaltsvolumen von 484.486.200 €. Davon entfallen auf die Polizei 293.973.000 €. Im Jahr 2007 erhöht sich das Gesamte - Einzelplan - auf 451.300.000 €, auf den Bereich der Polizei entfallen 296.635.000 €. Dies bedeutet, dass 75 Prozent der Ausgaben im Einzelplan 03 Ausgaben für die Polizei sind, Herr Gentzel, 80 Prozent der Personalausgaben sind Ausgaben für Polizeibeamte und Beamte, die im Bereich der inneren Sicherheit tätig sind. Wenn man hier sagt, die
Polizei wird vernachlässigt, dann kann man wirklich nur lachen. Wir haben im Bereich der Polizei an Mitarbeitern 8.107 insgesamt, die für die innere Sicherheit in Thüringen Sorge tragen, und es sind etwa 6.500 Polizeivollzugsbeamte. Das entspricht etwa auch der Zahl, Herr Gentzel, die Sie genannt haben.
Das sind Dinge, die man einfach mal als Grundlage zur Kenntnis nehmen muss. Der Anteil der Personalausgaben ist leicht um 2 Prozent abgesunken. Die Verwaltungsausgaben und Investitionen sind leicht angestiegen im Vergleich zu 2005. Die geringeren Personalausgaben sind auf die natürliche Fluktuation durch Altersabgänge zurückzuführen. Wenn man sich den Bereich der Investitionen anschaut, dann wird man sehr leicht feststellen, dass hier erhebliche Investitionen vorgesehen sind, zum Beispiel für Digitalfunk der Polizei.
Es sind vorgesehen erhebliche Investitionen bei dem ÖPP-Modell Bereitschaftspolizei/Landeskriminalamt in Erfurt, auch wenn die Kranichfelder Straße vielleicht jetzt noch nicht drin steht. Es sind vorgesehen für Meiningen 4 Mio. €, Bau einer Sporthalle und einer Raumschießanlage, damit dies begonnen werden kann. Herr Gentzel, wenn ich mich recht entsinne, waren eigentlich 15 Jahre oder jetzt bald schon 16 Jahre Zeit, um im Bereich der Polizei auch etwas voranzukommen. Schauen Sie sich die Gerichtsgebäude an, schauen Sie sich einmal die Justiz an, da sieht es aber anders aus. Ich glaube, Sie haben damals auch schon Verantwortung getragen. Sie sind schon lange Innenpolitiker und Sie waren damals, glaube ich, auch Fraktionsvorsitzender.
Deswegen kann ich nicht verstehen, dass Sie jetzt die Welt beklagen nach so einer langen Zeit, dass wir das jetzt nicht sofort auf der Stelle umsetzen können. Wir befinden uns in einer anderen Zeit, dafür ist einfach das Geld nicht auf der Stelle vorhanden, um alles auf einmal zu machen. Aber wir sind an der Arbeit und werden das, denke ich, auch hinbekommen.
Nun vielleicht noch ein paar Worte zu OPTOPOL. Es steckt hier wirklich sehr viel Arbeit in diesem Projekt. Es haben bis zu 118 Polizeibeamte unter Beteiligung in der letzten Phase auch anderer Abteilungen, der Personalabteilung, der Haushaltsabteilung, daran gearbeitet und haben etwas sehr Vernünftiges und Sinnvolles geschaffen und es ist etwas, was die
Struktur der Polizei verbessert. Es werden aus den Stäben Polizeibeamte freigesetzt. Das hat Auswirkungen, dass in dem Bereich der Basisdienststellen mehr Polizei zur Verfügung steht. Es wird mehr Polizei zur Verfügung stehen für die Einsatzzüge, was immer wieder beklagt wird. Die Schlagkraft der Polizei wird dadurch erhöht. Auch im Bereich der Verkehrspolizeiinspektionen sind Zuführungen möglich und natürlich im Bereich der Inspektionen. Sie haben Recht an einem Punkt, wo man schauen muss, und das haben Sie aber jetzt meines Erachtens etwas sehr grob aus dem Vorwort des Haushaltsplanes des Einzelplanes 03 herausgegriffen und haben dort punktuell sich auf diese Zahl 1.085 gestürzt. Die Zielvorgabe, die steht oben drin mit 1.591 und wenn Sie einmal schauen, was ist im Haushalt 2006 verwirklicht worden, nicht der Untergang des Abendlands, 188 Stellen und Planstellen und durch Ausbringung von kw-Vermerken bereits realisiert 318 Stellen. Jetzt steht hier unten als Zielvorgabe: „noch zu identifizierender Abbau“. Dieser noch zu identifizierende Abbau, wir haben ja Gespräche geführt, Herr Abgeordneter Fiedler hat es bereits angeführt, soll sich vollziehen bis zum Jahr 2020 in diesen Bereich hinein, was gleichzeitig bedeutet, dass natürlich Anwärter nachgeführt werden müssen. Anders geht es ja gar nicht, weil durch Altersabgänge Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen natürlich ausscheiden. Dazu wird der Ministerpräsident auch noch etwas sagen. Das ist dann eine Frage, variabel dies zu gestalten nach der Zahl der Altersabgänge, so dass hier das Jammern und Klagen in jeglicher Weise unberechtigt ist. Man muss nur schauen, dass das jährlich in einem vernünftigen Rahmen mit einer vernünftigen Zahl geschieht, und dies wird zu verhandeln sein mit dem Finanzministerium. Ich denke, das wird uns dann auch entsprechend gelingen. Ich glaube, das ist der wesentliche Punkt.
Herr Fiedler, Sie haben Recht, dass Sie klopfen, und ich denke, da sollten Sie sich auch darüber freuen und auch die SPD sollte sich darüber freuen.
Ja, Anträgen zustimmen, da bin ich immer etwas zurückhaltend. Dann schaue ich, welche Anträge noch besser sind und noch vernünftiger sind. Im Übrigen habe ich ja kein Mandat in diesem Landtag und kann Ihrem Antrag demgemäß auch nicht zustimmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache zum Komplex Innenministerium.
Wir kommen zum dritten Komplex: Einzelplan 04 - Kultusministerium - und den Artikeln 11, 12 und 13 des Thüringer Haushaltsbegleitgesetzes 2006/ 2007 sowie Verlängerung der Rahmenvereinbarung zwischen der Thüringer Landesregierung und den Hochschulen des Landes zur Sicherung der Leistungskraft der Thüringer Hochschulen. Das Wort hat der Abgeordnete Döring, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Bildung ist der Schlüssel für Entwicklung, Innovation in unserem Land. Deshalb wird der Bildungs- und Erziehungsbereich auch in Zukunft einen wesentlichen Schwerpunkt der Landespolitik ausmachen. So heißt es in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom September 2004 und in der gleichen Rede wird gesagt: Das Land habe vor allem in die Bereiche zu investieren, die Zukunft bedeuten, das heißt Wirtschaft, Bildung und Familie.
Das alles sind schöne Worte, ihren Niederschlag im konkreten bildungspolitischen Handeln der Landesregierung finden sie allerdings nicht. Hier ist vielmehr eine deutliche Kluft auszumachen zwischen Regierungsrhetorik und Realität. In den Jahren 2000 bis 2005 sind im Bildungsbereich sage und schreibe 255 Mio. € gestrichen worden. Im gleichen Zeitraum fielen immerhin 6.600 Lehrerstellen weg und auch in den kommenden beiden Haushaltsjahren wird sich diese Negativentwicklung ungebremst fortsetzen. Laut den Einzelplänen 04 und 17 werden 2006/2007 bei der Bildung weitere 44,5 Mio. € eingespart. Ein Großteil dieser Summe soll durch den ungeschmälert fortgeführten Personalabbau an den Schulen realisiert werden. Obwohl im Schuljahr 2004/2005 in Thüringen 14.000 Unterrichtsstunden ersatzlos ausgefallen sind, also demnach ein deutlicher Mangel an pädagogischem Personal existiert, ist auch die Streichung von weiteren 1.019 Lehrerstellen vorgesehen. Hier läuft die Landesregierung sehenden Auges gegen die Wand. Gleichzeitig sollen die kommunalen Träger im Schulbereich finanziell noch weiter belastet werden. Ihnen stehen laut KFA künftig 10,5 Mio. € weniger zur Verfügung. Das ist die Haushaltsrealität. Vorgesehen sind Kürzungen beim Schullastenausgleich, bei Zuschüssen für die Schülerbeförderung, bei Investitionszuschüssen für Schulgebäude und Schulsporthallen sowie bei den Zuweisungen für die Anschaffung von Computertechnik an den Schulen. Und begründet wird dieses wieder einmal mit den zurückgehenden Schülerzahlen. Ich
denke, dabei müsste wirklich auch der Finanzministerin ebenso wie dem Kultusminister bekannt sein, dass der Rückgang der Schülerzahlen nicht automatisch geringere Sachaufwendungen für den Schulträger bedeutet; die Schulbusse müssen genauso fahren wie vorher und auch die Gebäudeerhaltung wird nichtg billiger, nur weil es weniger Schüler gibt als im Vorjahr.
Meine Damen und Herren, eines wird mit Blick auf den vorliegenden Haushaltsentwurf überdeutlich: Die materiellen Rahmenbedingungen, insbesondere für die Schulentwicklung, werden immer schlechter. Ein Beispiel dafür bildet auch die Schuljugendarbeit. Im Etat des Sozialministeriums gibt es dafür einen neuen Gemeinschaftstitel, der die bisherige einzubindende Schuljugendarbeit, Jugendpauschale und Schulsozialarbeit an berufsbildenden Schulen umfasst. Für 2006/2007 ist er mit jeweils 9 Mio. € ausgestattet. Bislang standen für Schuljugendarbeit, Jugendpauschale und Schulsozialarbeit jedoch 10,5 Mio. € zur Verfügung. Die Titelzusammenführung ist also nichts anderes als eine verdeckte Mittelkürzung. Über die konkrete Verwendung dieser geringeren Mittel sollen vor Ort die kommunalen Jugendhilfeausschüsse entscheiden. Was das heißt, dürfte Ihnen klar sein; es wird zu einem Hauen und Stechen kommen, bei der die Schuljugendarbeit gegenüber den etablierten Jugendhilfeprojekten wohl oftmals auf der Strecke bleiben wird. Man kann das nur kurz auf folgenden Nenner bringen: Erst werden die Schulen ermutigt, Strukturen der Schuljugendarbeit aufzubauen, und wenn dies gelungen ist, lässt man sie einfach im Stich. Wir halten eine solche Vorgehensweise für unverantwortlich.
Meine Damen und Herren, angemessene Rahmenbedingungen vermissen wir auch im Kita-Bereich. Selbstverständlich war es richtig und ist es richtig, die Verantwortung für die Kindertagesstätten dem Kultusministerium zu übertragen und die Aspekte der Bildung und Erziehung zu stärken, aber die in der Neuzuordnung liegenden Chancen werden überhaupt nicht genutzt. Die Bildungs-Enquetekommission - ich erinnere daran - hat einen Katalog konkreter Verbesserungsmaßnahmen für diesen Bereich erarbeitet und ich kann nicht erkennen, dass sich das Kultusministerium ernsthaft um deren Realisierung bemüht, von der dringend gebotenen Aufwertung der Erzieherausbildung ist keine Rede mehr und auch auf den verbindlichen Bildungsrahmenplan für Kindertagesstätten werden wir wohl bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten. Stattdessen kommt es durch die Familienoffensive zu massiven Kürzungen, und anstatt sie in ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag zu stärken, werden die Kindertagesstätten materiell erheblich geschwächt. Gleichzeitig ist für viele Kinder aus sozial schwächeren und oftmals bildungsferneren Elternhäusern durch das neue Landeserzie
hungsgeld der Rückzug aus den Kindertagesstätten schon vorprogrammiert. Die in Thüringen ohnehin bestehenden sozialen Benachteiligungen beim Bildungserwerb, ich verweise auf jüngste PISA-Ergebnisse, drohen sich so noch weiter zu verschärfen.
Das, meine Damen und Herren, ist die bittere Realität und mit den Artikeln 11 und 13 des Haushaltsbegleitgesetzes haben Sie zwei weitere Bildungssteinbrüche in Betrieb genommen, die Schulen in freier Trägerschaft und die Erwachsenenbildung. Im Haushalts- und Finanzausschuss haben Sie, Herr Minister, die Änderungen für die Schulen in freier Trägerschaft folgendermaßen umschrieben: Ziel sei es, die Bildungslandschaft zukunftsfähig zu erhalten, dazu werde ein Paradigmenwechsel vorgenommen. Den Übergang wolle man harmonisieren. Deshalb werde diese Umstellung mit moderaten Kürzungen des Zuschusses in den nächsten beiden Jahren eingeleitet. Ich weiß nicht, ob solche Aussagen naiv oder berechnend sind, aber eines weiß ich genau: Sie gehen an der Lebenswirklichkeit der Schulen in freier Trägerschaft wirklich um Lichtjahre vorbei. Die wirklichen Folgen - und das wissen Sie genau - sind schon jetzt für jeden absehbar. Schulen müssen ihr Schulgeld erhöhen. Das heißt, eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen wird in verfassungswidriger Weise gefördert. Um überhaupt überleben zu können, werden eine Reihe von Schulen gezwungen sein, an den Personal- und Ausstattungskosten in nicht mehr zumutbarer Weise zu sparen. Völlig unzumutbar und für mich geradezu ein Skandal sind die geplanten Kürzungen im Förderschulbereich. Die Ausgangslage der freien Förderschulen ist nicht mit derjenigen anderer allgemein bildender Ersatzschulen vergleichbar. Sie, Herr Minister, verkennen vollkommen die Situation, in der sich Eltern befinden, deren Kinder eine freie Förderschule besuchen. Oft haben Eltern durch das Nichtvorhandensein staatlicher Angebote in der Region oder durch Spezialisierung überhaupt keine Möglichkeit, ihre Kinder auf entsprechende staatliche Schulen zu schicken. Zudem ist die Elternklientel oft sozial benachteiligt oder von Sozialhilfeleistungen abhängig.
Hier Schulgeld zu verlangen ist undenkbar. Freie Träger können aber die fehlenden Mittel nicht kompensieren. Das bedeutet Personalabbau und schlechtere Rahmenbedingungen. Leidtragende sind die Förderschüler. Deshalb ist es für mich völlig unverständlich, meine Damen und Herren von der Fraktion der CDU, dass Sie dies billigend in Kauf nehmen. Geradezu unverfroren ist auch die Tatsache, dass Sie die Finanzhilfe ab 2008 nicht per Gesetz, sondern per Verordnung regeln wollen. Damit entziehen Sie die Festlegung der Höhe der Finanzhilfe jeglicher gesetzgeberischer Kontrolle.
Meine Damen und Herren, auch die Begründung zu Artikel 11, den Trägern und Einrichtungen der Erwachsenenbildung Planungssicherheit zu geben, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Phrase. Im Etatentwurf 2006/2007 werden für die Erwachsenenbildung erneut die im Haushalt 2005 halbierten Ansätze festgeschrieben. Die Umstellung auf neue Finanzierungsmodalitäten folgt also lediglich dieser Haushaltsrealität und eine Novellierung in einem so sensiblen Bereich der Erwachsenenbildung je nach Kassenlage zu machen, lehnen wir weiterhin strikt ab. Dass Sie die Vertreter der im Landtag vertretenen Parteien aus dem Landeskuratorium kegeln wollen, zeugt auch nicht gerade von Souveränität, sondern eher von Kleingeist. Das, meine Damen und Herren, scheint die einzig verbliebene Konstante dieser Landesregierung zu sein. Danke.
Die Politik eines Kultusministeriums mit den Bereichen Schulbildung, Hochschulbildung, Kunst- und Kulturpflege sollte diesen drei Grundsätzen folgen. Doch vor dem Hintergrund des Doppelhaushalts 2006/2007 geraten diese Prämissen zur Farce. Vielleicht passt dazu der Ausspruch von Stanislaw Lem: „Menschen haben Spätzündungen. Sie begreifen alles erst in der nächsten Generation.“ Ich jedoch habe keine Geduld, auf die Einsicht der nächsten CDU-Generation zu warten, denn nach Lesart des Herrn Mohring haben die Thüringer Kinder und Jugendlichen nur noch die Wahl zwischen „klug“ oder „schuldenfrei“. Politik zu gestalten, das heißt, Prioritäten zu setzen, und gute Politik zu gestalten heißt, selbst bei prekären Haushaltslagen nicht bei Bildung zu sparen. Sonst wird die Zukunftsfähigkeit des Landes in Frage gestellt.
Ich möchte Ihnen, Herr Mohring, Ihre Spätzündungen aus unserer Sicht nennen und Ihnen die Chance bieten, durch unsere Änderungsanträge in dieser Generation zu Korrekturen zu kommen.
Erste Spätzündung: Sie kürzen in den nächsten zwei Jahren mehr als 40 Mio. € im Bildungsbereich und weitere 4 Mio. € im Kulturbereich. Nach den verheerenden Auswirkungen der Mittelkürzungen für Kultur von fast 10 Mio. € im letzten Jahr hatte man gehofft, das Ende der Fahnenstange sei erreicht. Doch der Rotstift wurde erneut angesetzt. Zum wiederholten Male trifft es die Breitenkultur, die Soziokultur, die Thüringer Künstler, die Literaturförderung, die Musikförderung und die freien Theatergruppen. Die Träger der Einrichtungen stehen finanziell mit dem Rücken an der Wand und trotzdem werden die finanziellen Daumenschrauben immer fester gezogen. Wird dieser Trend fortgesetzt, steht nicht nur die kulturelle Vielfalt in unserem Land auf dem Spiel. Ein gemeinsamer inhaltlicher Ansatz von Bildung und Kultur, wie er in einem gemeinsamen Ministerium möglich erscheint, ist nach wie vor nicht erkennbar. Öffentliche Bibliotheken beispielsweise müssen mit weniger als einem Viertel vergangener Landeszuschüsse auskommen, so erheblich wurde in den letzten Jahren zusammengekürzt. Im Zeitalter von PISA sollten Sie als Basiseinrichtungen jedoch den chancengerechten Zugang zu lebensbegleitender Bildung sichern. Wir fordern daher die Rücknahme Ihrer aktuellen Kürzungspläne.
Auch das breitenkulturelle Netzwerk im Freistaat muss nachhaltig gesichert werden. Dafür streitet meine Fraktion schon seit Jahren. Aber das bundesweit einzigartige Projektmanagerprogramm scheint nun auch im Dschungel von Evaluierung und zusammengefasster Förderprogramme geopfert zu werden. Bis heute ist unklar, wer ab 01.01.2006 als Projektmanager tätig sein darf. Um den Fortbestand der kommunalen Musik- und Kunstschulen zu sichern, fordert unsere Fraktion in einem Änderungsantrag, wieder den Vorjahresansatz einzustellen.
Zweite Spätzündung: Sie geben mit dem Haushalt den Ansatz der Förderung von Ganztagsschulen nun gänzlich auf. Konkret: Sie reden von der Entwicklung der eigenverantwortlichen Schule und schicken diese in die Fallstricke der Entscheidungswege kommunaler Selbstverantwortung bei ständig größer werdenden Defiziten. Wissen Sie eigentlich, was die Zusammenführung der Jugendpauschale mit den Mitteln der Schuljugendarbeit und der ab 2006 aufzu
bringenden Kofinanzierung für Berufsschulsozialarbeit bedeutet, wenn gleichzeitig die Ansätze gekürzt werden? Wissen Sie, welche Reibungsverluste und kommunalen Schaukämpfe auf Kosten der Kinder und Jugendlichen produziert werden? Wir fordern eine für die Schulen verlässliche Förderung ihrer ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote. Diese Mittel müssen in einer Höhe bereitgestellt werden, die eine sinnvolle Gestaltung von Ganztagsschulen ermöglicht. Sonst ist Ihr ganzes Gerede von eigenständiger Schule und Ausbau von Ganztagsschulen bloße Worthülse. Unsere Fraktion fordert dafür eine Mittelansatzerhöhung um 5 Mio. €. Es muss eben verhindert werden, dass die unterschiedlichen Bereiche der Kinder- und Jugendarbeit auch auf kulturellem Gebiet in einen Verteilungsstreit um die immer geringer ausfallenden Landeszuschüsse getrieben werden, wie das aktuell in den Kommunen zu beobachten ist.
Als es um die 114 Mio. € Bundesinvestmittel für Ganztagsschulen ging, hat die Landesregierung schnell zugegriffen. Diese wurden unter anderem für Einbau und Renovierung und Ausstattung von Fachunterrichtsräumen, Sanierung von Fassaden, Dachsanierung und anderes genutzt. Die inhaltliche Ausgestaltung, also die so genannte Schuljugendarbeit, hat sich Herr Minister Krapp damals genau 5 Mio. € im Jahr 2004 kosten lassen. Nun, wo es darum geht, die entstandenen Voraussetzungen zu sichern und auch weiter mit Leben zu füllen, stiehlt sich die Landesregierung aus der finanziellen Verantwortung. Sie fasst die Landesmittel zusammen, überantwortet die entstehenden Verteilungsprobleme den Kommunen, indem sie sie selbst in unerträglicher Weise kürzt. In Thüringen wurden in diesem Jahr Anträge für Schuljugendarbeit in Höhe von 5,6 Mio. € gestellt und zur Bewirtschaftung freigegeben - Frau Ministerin Diezel, jetzt ist sie gerade nicht hier, aber sie wird es hören - haben Sie nur 1,92 Mio. €, das heißt, ganz grob geschätzt, 100 € pro Schule pro Woche. Kann man da wirklich noch von Qualitätsentwicklung und von eigenständiger Schule sprechen? Schulkonferenzen haben oft auf diese Art und Weise nur noch Alibifunktion. Sie wissen doch genauso gut wie wir, dass eine qualitativ hochwertige Ganztagserziehung ohne finanzielle Mehraufwendungen nicht zu haben ist. Im Nachbarland Sachsen stellt man im nächsten Jahr 30 Mio. € für ganztägiges Lernen und Betreuung zur Verfügung.
Dritte Spätzündung: Sie vernachlässigen die soziale Situation von Familien. An Ganztagsschulen gehört ein gesundes und warmes Mittagessen zum Konzept. Die Bereitstellung einer bezahlbaren und gesunden Schulspeisung ist nicht nur eine bildungspolitische, sondern auch eine gesundheitspolitische Aufgabe. Angesichts der besorgniserregenden Tendenzen hinsichtlich der Schülergesundheit - Thüringen hat im