Man kann Ihre Strategie doch mit wenigen Worten zusammenfassen: Sie wollen, wo es nur geht, abwiegeln. Das versuchen Sie seit Monaten und das haben Sie auch in dieser Debatte versucht, und Sie werden mit dieser Strategie nicht durchkommen.
Meine Damen und Herren, Sie, die Landesregierung, trägt vor allen Dingen die Verantwortung für die Verwendung von Fördermitteln und dieser Landtag trägt die Verantwortung für die Kontrolle, wo Fördermittel ausgereicht wurden. Was den Flughafen Erfurt betrifft, hier sind erhebliche Fördermittel in den letzten Jahren geflossen und wir tragen darüber hinaus - da möchte ich Sie mal daran erinnern, welche Veranstaltungen wir im Haus hier noch vollführen, mit welchem großen Anspruch und mit welchen Worten an die Moral und an die Ethik - auch eine Verantwortung für die Glaubwürdigkeit von Politik. Und das, was Sie beim Thema „Flughafen“ in den letzten Monaten veranstaltet haben, das unterminiert dieses Vertrauen aber auf das Elementarste, meine Damen und Herren.
Ich will Ihnen auch klar sagen, was ich von dieser ganzen Sache halte. Wenn Sie so defensiv agieren und sich zum Jagen tragen lassen müssen, in jeder Frage, die es aufzuklären gilt, dann kann es dafür ja eigentlich nur einen wahrhaftigen Grund oder zwei Gründe geben. Entweder Sie haben sich tatsächlich nicht mit den Dingen beschäftigt, die den Gesellschaftern und dem Aufsichtsrat bekannt waren, oder aber Sie hatten eine Strategie, Sie wollten mit vielen Millionen den Erfurter Flughafen tatsächlich zu dem machen, was Herr Wetzel angedeutet hat. Nun haben Sie sich sicherlich mit einer Realität konfrontiert gesehen, dass das nicht so einfach war. Und dann haben Sie an diesem Punkt seit Jahren - und das hat Herr Lemke, finde ich, sehr, sehr deutlich gemacht in seiner Rede - Ihre Aufsichtspflichten gröblich vernachlässigt,
indem Sie nicht nachgefragt haben und indem Sie bereit waren, zugunsten dieser Strategie, dass Sie Erfolg haben mussten, eine Kröte nach der anderen zu schlucken. Diese hat sich nicht bloß gegen die wirtschaftliche Situation dort oben gewandt, sondern vor allen Dingen gegen die Beschäftigten am Erfurter Flughafen. Das muss ich scharf verurteilen, denn das ist tatsächlich eine der größten Sauereien, dass das auf dem Rücken der Menschen dort oben ausgetragen wurde.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen, ich bin sicher, mit dieser Strategie wird diese Landesregierung scheitern, nicht nur, weil wir einen Untersuchungsausschuss haben, aber wir haben einen. Und, Herr Wetzel, da möchte ich Ihnen auch auf das Entschiedenste widersprechen, wir haben nicht den Untersuchungsausschuss, weil die Abgeordneten nichts Besseres zu tun haben, sondern wir haben den Untersuchungsausschuss als Wille der Opposition
zur Kontrolle, weil die Vorwürfe, die im Raum stehen, so erdrückend sind, dass nur ein Untersuchungsausschuss dort Licht ins Dunkel bringen kann. Ich sage Ihnen,
dass wir so viele Untersuchungsausschüsse haben, hat auch eine Ursache, dass man mittlerweile von Thüringen als einem Land der Vetternwirtschaft und des Filzes redet.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das kann doch wohl nicht wahr sein. Das ist unverschämt.)
Dass Sie immer weniger Argumente gegen diese Vorwürfe finden, das wird so bleiben, meine Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben den Untersuchungsausschuss, der wird sicher vieles aufklären.
Ich möchte nur einige Dinge noch anmerken, die Frau Doht dargestellt hat und auch Herr Lemke. Frau Doht, zur fristlosen Kündigung, arbeitsrechtlich 14 Tage nach Bekanntwerden des Ereignisses, also der Verhaftung. Zum Vorgang sind auch Mitarbeiter zu hören. Das haben wir eingehalten. Als dann dieses arbeitsrechtliche Verfahren so weit war, rechtlich gesichert war, wurde die Kündigung ausgesprochen. Es bestehen auch Ladungsfristen.
Herr Ballentin ist am 13. abberufen worden. Es werden auch keine Abfindungen gezahlt. Mit einer fristlosen Kündigung gibt es keine Abfindungen und keine Fortführung und Zahlung bis zum Jahr 2007, Herr Lemke.
Entschuldigung, Frau Ministerin. Ich bitte mal ein bisschen um Ruhe. Es kann durchaus dann auch noch eine Wortmeldung erfolgen, aber jetzt hat Frau
Zur Beschuldigung gegenüber meiner Mitarbeiterin: Meine Mitarbeiterin war im Flughafen gewesen und auch, was Sie in Verbindung gesetzt haben mit Herrn Schmidt, der da nicht unterschreiben wollte. Tatsache war, dass der neue Geschäftsführer die Kündigung aussprechen wollte und dazu die Unterschrift des amtierenden Geschäftsführers vor Ort … Der Geschäftsführer war nicht am Ort und er hat per Telefon die Weisung erteilt, dass diese Kündigung in seinem Namen unterschrieben wird, damit sie vollzogen werden kann. Und da hat ihn Frau Schober, so hat sie es mir eben gesagt, darauf hingewiesen, welche arbeitsrechtlichen Folgen es für ihn hat, wenn er das nicht unterschreibt. Das war also keine Nötigung nach ihren Aussagen und vielleicht wird sie selber dann auch gegenüber Ihnen, Herr Lemke, Entsprechendes sagen und auch veranlassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden das im Untersuchungsausschuss darstellen, aber Fakt ist: Wir haben aufgrund von Fakten gehandelt und nicht von anonymen Vorwürfen. Wenn ich alle anonymen Vorwürfe, die in einem Ministerium und bei Abgeordneten eingehen, zum Anlass nehme, Menschen zu entlassen, Beurteilungen zu verändern und diese von vornherein zu verurteilen, dann sind wir im falschen Staat.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist oder gibt es dagegen Widerspruch? Es gibt keinen Widerspruch. Damit ist das Berichtsersuchen erfüllt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 14.
Haltung der Landesregierung zu einer EU-Richtlinie über Dienstleistungen im Binnen- markt Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/1579 -
Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung hat einen Sofortbericht angekündigt. Das Wort hat Staatssekretär Dr. Aretz.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach dem letzten Tagesordnungspunkt bin ich fast geneigt, an Reinhard Mey zu denken und sein wunderbares Chanson zu zitieren: „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.“ Wir kommen zu einem sehr trockenen Thema, das aber gleichwohl eine hohe politische Relevanz hat.
Meine Damen und Herren, die EU-Kommission hat am 25. Februar 2004 den Vorschlag einer Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt vorgelegt. Es geht um einen Beitrag zur Vollendung des europäischen Binnenmarkts. Die so genannte Dienstleistungsrichtlinie soll die noch bestehenden Barrieren im Bereich der Dienstleistungen und der Niederlassungsfreiheit bis 2010 - also ein ehrgeizig kurzer Zeitraum - beseitigen und damit zur Wirtschaftsreform im Rahmen der Lissabon-Strategie beitragen. Wichtige Eckpunkte sind:
2. eine Verwaltungsreform nach Artikel 5, die die Komplexität mitgliedstaatlicher Verwaltungsverfahren reduziert, insbesondere durch a) einheitliche Ansprechpartner und b) elektronische Verfahrensabwicklung sowie
3. ein Screening, also die Überprüfung von Vorschriften, die durchaus in den einzelnen Mitgliedstaaten ihre Berechtigung haben können, u.a. Gebührenordnungen.
Die Diskussion über die Dienstleistungsrichtlinie hält an. Der Europäische Rat beschloss im März letzten Jahres hauptsächlich auf Betreiben Deutschlands und Frankreichs, dass der Kommissionsvorschlag überarbeitet werden solle. Im Europaparlament steht eine richtungsweisende Debatte Mitte Februar an. Österreich, das im Januar 2006 die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat, wartet diese Entscheidung des Europaparlaments ab. Ebenso macht die Bundesregierung ihre weiteren Aktivitäten von dieser Entscheidung abhängig. Die Landesregierung begrüßt grundsätzlich das Ziel der Vollendung des EU-Binnenmarkts für Dienstleistungen, insbesondere um Wachstumspotenziale auszuschöpfen und bürokratische Hemmnisse abzubauen.
Die Thüringer Landesregierung hat ihre Vorschläge über den Bundesrat eingebracht, da sie nur so auf die Rechtsetzung der europäischen Ebene Einfluss nehmen kann. Auf Empfehlung der Fachausschüsse fasste der Bundesrat bislang drei Beschlüsse mit dem folgenden Tenor:
1. Ziel und Notwendigkeit der Richtlinie sind zu begrüßen, aber im Detail muss nachgebessert werden.
3. Die Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip sind zu eng und ungenügend von anderen Regelungen abgegrenzt.
Auch der Thüringer Landtag hat sich wiederholt mit der Dienstleistungsrichtlinie befasst. Die Landesregierung hat dabei stets ihre Auffassung deutlich gemacht, dass an den Zielen der Richtlinie festzuhalten ist, das heißt Vollendung des europäischen Binnenmarkts für Dienstleistungen und Umsetzung der vier Marktfreiheiten, also freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Wir sind jedoch der Meinung, dass die nationalen Besonderheiten und besonderen Schutzbedürfnisse bestimmter Unternehmensbereiche sowie Qualitätsstandards berücksichtigt werden müssen.
Aus Thüringer Sicht muss die Dienstleistungsrichtlinie für den europäischen Binnenmarkt nicht nur dem Anspruch nach, sondern tatsächlich den Interessen der Mitgliedstaaten gerecht werden. Eine wichtige Anforderung ist einerseits, dass bürokratische Hemmnisse wirksam abgebaut und die angestrebte Verwaltungszusammenarbeit und Vereinfachung realisiert werden. Dies schließt insbesondere die Rechtssicherheit von Unternehmen mit ein. Andererseits erwarten wir, dass hohe Standards für die Sicherheit und Qualität von Dienstleistungen, Schutz der Gesundheit, der Umwelt und der öffentlichen Sicherheit in den Mitgliedstaaten gewährleistbar bleiben.
Die Richtlinie soll in erster Linie kleinen und mittleren Unternehmen den Marktzutritt in anderen Mitgliedstaaten erleichtern und daraus ergibt sich auch die besondere Bedeutung für uns hier in Thüringen. Das Grundprinzip der Richtlinie sieht vor, dass zum Beispiel für einen Thüringer Dienstleister, der grenzüberschreitend seine Tätigkeit anbietet, nur deutsches Recht zur Anwendung kommt. Das würde den derzeitigen Bürokratie- und Verkehrsaufwand bei der Erbringung von Dienstleistungen im europäischen Ausland erheblich reduzieren. Darüber hinaus stünde ein Ansprechpartner als Mittler zur Verfügung. Für exportorientierte Thüringer Unternehmen wird deshalb Wachstum durch neue Absatzmärkte erwartet. In dem Maße, wie deutschen Dienstleistern die Auslandstätigkeit erleichtert wird, werden es ausländische Unternehmen auf dem deutschen Markt einfacher haben. Der Verbraucher kann aus einem vielfältigeren Angebot wählen; Dienstleistungsunternehmen müssen sich im verstärkten Wettbewerb behaupten.