Protokoll der Sitzung vom 03.03.2006

(Beifall bei der CDU)

Bitte, Herr Dr. Schubert.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Gibt es neue Erkenntnisse, Herr Dr. Schubert?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bin da jetzt schon erstaunt. Es deutet sich also eine Lösung an, dass in Thüringen seitens der Landesregierung sozusagen dann eine Allgemeinverordnung erlassen wird, dass an den Wochentagen immer geöffnet werden kann, und sonntags entscheiden das dann die Landkreise. So habe ich das jetzt verstanden. Also das wird ja dann wirklich ein absolutes Durcheinander. Da müssen wir mal schauen, der eine Landkreis entscheidet dann, auch sonntags kann eingekauft werden. Genauso ist es hier gesagt worden.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Nein, kein Durcheinander!)

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Doch, so ist es!)

Deshalb muss ich noch mal zu der kommunalen Lösung kommen, Herr Kretschmer. Es geht überhaupt nicht darum, dass ein Oberbürgermeister, ein Landrat einem Ladenbesitzer vorschreibt, dass er seinen Laden zu öffnen hat, sondern dass er mit seinen Händlern vor Ort die Lage analysiert und dann entscheidet mit Allgemeinverordnung, Allgemeinverfügung, in diesem Zeitraum sehen wir eine Notwendigkeit und in diesem Zeitraum können die Läden in unserem Landkreis bzw. unserer kreisfreien Stadt länger öffnen.

(Beifall bei der SPD)

Genau darum geht es in unserer angedachten Lösung und ich denke, das ist die richtige Lösung. So entsteht auch Planungssicherheit. Planungssicherheit für den Kunden entsteht durch die Lösung sowieso nicht, weil Sie nie einen Händler zwingen können, länger aufzumachen. Gehen Sie doch heute mal in die Städte, selbst in die kreisfreien Städte - wie viele Läden haben denn in der Innenstadt überhaupt schon so lange auf, wie es die jetzige Regelung vorschreibt?

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Sie machen ja Angst, so ist das!)

Die allerwenigsten, die meisten machen bereits halb sieben zu. Deshalb haben Sie auch die Planungssicherheit bei den Verbrauchern heute nicht. Die wissen trotzdem nicht, ob das Geschäft auf hat. Ich denke, die kommunale Lösung ist die beste Lösung für Thüringen. Da könnte die Landesregierung eine entsprechende Rechtsverordnung machen, welche den Landkreisen und kreisfreien Städten die Möglichkeit gibt, vor Ort Lösungen zu finden. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Doch. Bitte, Abgeordneter Schwäblein.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, da ich mich vor vielen Jahren auch schon mal intensiv in diese Debatte eingebracht hatte - der Hauptgegner hieß damals Ramelow -, kann ich durchaus aus den Erfahrungen berichten und Ihnen Mut machen zu mehr Gelassenheit. Als wir 1990 die Wirkungen des Ladenschlussgesetzes auch für dieses Land erlebten, konnten wir feststellen, dass damals schon, Herr Schubert, die wenigsten Händler den geltenden Gesetzesrahmen ausgenutzt haben.

Wenn ich mich recht erinnere, galten die Öffnungszeiten in einem Zeitraum von 6.00 Uhr in der Frühe bis 18.30 Uhr. Die wenigsten Läden hatten damals bis 18.30 Uhr geöffnet, sondern selbstverständlich, wie sie es kannten, 18.00 Uhr dicht gemacht. Dann gab es Grundsatzstreit ohne Ende. Dann gab es die Lockerungen, nicht die vielen, die Herr Kretschmer aufgeführt hat, aber ein paar haben wir auch schon erlebt, bis 20.00 Uhr - auch an Samstagen. Jetzt ist es, wie Sie es beschreiben, tatsächlich so, dass die Händler es eigentlich viel besser wissen als eine Landesregierung und insbesondere als Landräte und Oberbürgermeister, wann sie denn Geschäft machen können, wann es sich lohnt. Insbesondere an den Samstagen, das kann jeder selber versuchen, wer in Erfurt rumfährt und schaut, wer, wann noch auf hat, ist die Situation ganz unterschiedlich. Ich suche mir die Einrichtung aus, die bis 20.00 Uhr auf hat und meide mittlerweile die, die dann schon - was weiß ich - 17.00 oder 18.00 Uhr zumacht. Das ist meine freie Entscheidung. Das ist die Entscheidung des Händlers, mich als Kunden dann abends 19.00 Uhr noch haben zu wollen.

Jetzt soll nicht mehr gemacht werden, als dem Händler an den Wochentagen zu erlauben, sich die Geschäftszeit auszusuchen, in der er den besten Umsatz machen kann. Übrigens, unsere europäischen Nachbarn machen das regelmäßig.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDS: Und die Beschäf- tigten?)

Die, die in Urlaub fahren - möglicherweise auch Sie -, nutzen das wie selbstverständlich, im Urlaub abends 22.00 Uhr noch bummeln zu gehen und einzukaufen. Nur in Deutschland soll das nicht gelten. Hier haben Sie eine ganz andere Moral. Das ist bigott. Da fällt mir nicht mehr allzu viel ein. Mit den Beschäftigten werden die Inhaber natürlich verträgliche Regelungen finden, so wie es jetzt auch schon geschieht. Niemand ist den ganzen Tag von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr beschäftigt, weil das normalerweise nicht geht. Selbst inhabergeführte Unternehmungen schließen zwischendurch oder suchen sich die umsatzstärksten Zeiten raus.

Mein Kollege Kretschmer hat schon drauf verwiesen, die legalen Umgehungstatbestände nehmen zu. Bisher sind schon die Verbraucher an die Tankstellen ausgewichen. An Flughäfen und Bahnhöfen war es immer schon möglich, rund um die Uhr zu verkaufen. Selbst dort wird es nicht durchgängig gemacht. Dort gibt es Zeiten, wo es sich besonders lohnt und solche, wo es sich nicht lohnt. Aber durch bauliche Veränderungen, z.B. an dem Bahnhof in Leipzig oder auch demnächst in Erfurt, wird das äußerst attraktiv. Wenn wir jetzt den anderen Händ

lern eine vergleichbare Chance einräumen wollen, müssen wir etwas ändern. Das Verbraucherverhalten hat sich auch wie bei den Bankgeschäften heute schon in gewissen Branchen zu weiten Teilen auf das Internet verlegt. Da gibt es keinen Ladenschluss. Wie die Banken mittlerweile darauf reagieren mussten durch ihre Beschäftigtenstruktur, dass das Schaltergeschäft massiv zurückgegangen ist, wird das auch im Einzelhandel um sich greifen, wenn wir nicht mit verstärktem Service, da gehören ausgeweitete Öffnungszeiten dazu, darauf reagieren. Wenn wir die Einzelhandelsstruktur in den Innenstädten nicht noch weiter gefährden wollen, gehört dieser alte Ladenhüter Ladenschlussgesetz tatsächlich - hier schränke ich ein - bis auf die Sonn- und Feiertage abgeschafft, schlicht und einfach abgeschafft. Da greifen tarifrechtliche Regelungen, da greift der gesunde Menschenverstand dessen, der einen Laden betreibt, und wir sollten uns da soweit es geht, zurücknehmen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Bitte, Herr Minister Zeh.

Nun ist das scheinbar doch nicht zu einer Nebensache geworden, sondern offenbar zu einer Hauptsache. Herr Schubert, ich lege noch mal darauf Wert, dass ich gesagt habe, wie gegenwärtige Regelungen sind, wie die Rechtslage ist, die ich hier dargestellt habe in § 14 und § 23. Wenn Sie der Meinung sind, dass das zu einem Chaos führt, da kann ich nur sagen, Sie hatten sieben Jahre lang Zeit, in der rotgrünen Regierung das zu ändern.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Sie hatten 16 Jahre Zeit!)

Wir als Landesregierung können nur im Rahmen der gegenwärtigen rechtlichen Möglichkeiten alles ausschöpfen, was geht. Da sagt eben nun mal der § 14, dass Kreise und kreisfreie Städte an vier Sonntagen in eigener Zuständigkeit dieses regeln dürfen. Nicht mehr und nicht weniger habe ich gesagt. Darüber hinaus können Kureinrichtungen, Wallfahrtsorte und Orte mit besonderem touristischen Ziel auch mit bestimmten Artikeln ihre Läden öffnen. Auch das habe ich hier dargestellt. § 23 ermöglicht, in besonderem öffentlichen Interesse eine Regelung zu erlassen. Ich bin der Meinung, wir sollten das auch so erlassen, denn es ist unsere Kompetenz, das so zu tun.

Im Übrigen, etwas doppelzüngig war Ihre Diskussion schon. Gestern haben wir zum Thema „Deutsche Bundesbahn“ diskutiert, die Servicepoints rund um die Uhr anzubieten. Da fragt hier keiner, was die Beschäftigten an dieser Stelle etwa empfinden oder denken. Hier hätte ich mir ein kleines bisschen mehr differenzierte Diskussion gewünscht. Vielen Dank.

(Unruhe im Haus)

Bitte, Frau Thierbach.

Ich halte keine Rede zum Fußball. Herr Minister Zeh, der Vergleich von Servicepointbeschäftigten, die hoffentlich noch nicht alle in Kleinstprivatbetrieben arbeiten, mit der Personalstruktur im Einzelhandel verbietet sich einfach.

(Zwischenruf Abg. Lemke, Die Linkspar- tei.PDS: Genauso ist es!)

Wenn Herr Schwäblein behauptet, es macht dann jeder, wie er kann, seine Öffnungszeiten, dann ist genau das die Wettbewerbsverzerrung, dass das auf den Knochen der Frauen ausgetragen wird, die hauptsächlich in diesen Bereichen arbeiten. Der Kleine muss eben auf Kosten seiner Beschäftigten die Ladenöffnungszeiten erweitern, wenn er neben dem Großen bestehen will.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wer ehrlich ist und in das „Anger 1“ geht, sieht bereits diese Unterschiede, wie es möglich ist, Öffnungszeiten zu haben, mit denen tatsächlich Gewinne gemacht werden können, wozu die kleinen Unternehmen nämlich nicht in der Lage sind. Deswegen verbietet sich schon einmal im Interesse eines fairen Wirtschaftswettbewerbs im Handel, dass man diese Ladenöffnungszeiten einfach rundum öffnet, auch nicht zum Fußball, weil es auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Ich sehe, Fußball bewegt die Gemüter sehr, aber jetzt sind keine weiteren Wortmeldungen zu verzeichnen. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt, demzufolge stimmen wir jetzt direkt über den Antrag, der Ihnen in Drucksache 4/1677 vorliegt, ab. Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag? Danke schön. Wer enthält sich der Stimme? Bei 2 Stimmenthaltun

gen ist dieser Antrag mit Mehrheit angenommen. Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9

Ergebnis des Exzellenzwett- bewerbs und Notwendigkeit der Stärkung der Thüringer Hochschulen Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/1696 -

Die Abgeordnete Hennig gibt die Begründung für die Linkspartei.PDS. Bitte, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, vor exakt zwei Jahren hat die damalige rotgrüne Bundesregierung in Weimar die Idee der Eliteuniversität in die Öffentlichkeit transportiert und solche herausgehobene Einrichtung als Lösung für die Bildungsprobleme Deutschlands auserkoren. Einmal abgesehen davon, dass sich an dem Begriff „Elite“ der Streit in den Feuilletons entzündete, wurde deutlich, dass der Ruf nach Eliteuniversitäten die Versäumnisse des Staates in der Bildungspolitik bestätigte. Doch keiner aus der Regierung hat den Mut und die Ehrlichkeit, dies auch öffentlich zu bekennen. Der Vorstoß der damaligen Bundesregierung führte dann auch - niemanden verwundert dies - zunächst zu einem heftigen Kompetenzstreit unter den Ländern. Nach langem Hin und Her einigten sich der Bund und die Länder auf die so genannte Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen. Man knüpfte daran die Erwartung, mit dieser Förderung neue Ströme der Wissenschaft in Deutschland entstehen zu lassen, die - so wortwörtlich - auch international strahlen können. Insgesamt stehen dafür 1,9 Mrd. € zur Verfügung, 75 Prozent davon trägt der Bund. Nach der Einigung zwischen Bund und den Ländern wurden die deutschen Hochschuleinrichtungen aufgefordert, entsprechende Projekte einzureichen. Zur Auswahl dieser Projekte bzw. Einrichtungen wurde eine hochkarätig besetzte Expertengruppe gegründet. Diese stellte am 20. Januar 2006 ihre Empfehlungen der Öffentlichkeit vor. Insgesamt zehn Universitäten, die die so genannte Förderlinie „Zukunftskonzepte“ erfüllen, haben quasi den Elitestatus erreicht. Ihre regionale Verteilung konzentriert sich auf Süddeutschland. Es gibt vier Antragsteller für Zukunftskonzepte in Baden-Württemberg, drei in Bayern und je einen in Nordrhein-Westfalen, Bremen und Berlin. Weitere Universitäten wurden zur Einreichung von Vollanträgen für die zweite und dritte Stufe aufgefordert. Das Fazit für Thüringen ist bekannt. Keine thüringi

sche Hochschule wurde berücksichtigt. Es darf nach diesem verheerenden Ergebnis kein „Weiter so wie bisher“ geben, sondern es müssen neue Wege gegangen werden. Unser Antrag soll dazu den Auftakt bieten.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht und ich gebe Minister Goebel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Begründung des Antrags durch die Frau Abgeordnete Hennig lässt deutlich werden, dass die Fraktion der Linkspartei.PDS mit diesem Antrag wieder einmal zeigt, wie wenig sie von der Thüringer Wissenschaftsforschung und Hochschulpolitik in den letzten Jahren wirklich aufgenommen hat.

(Beifall bei der CDU)

Sie nimmt die gerade abgeschlossene erste Runde des von Bund und Ländern gemeinsam ausgelobten Exzellenzwettbewerbs zum Anlass, die Landesregierung auffordern zu wollen, man solle, so wörtlich, „unverzüglich gemeinsam mit den Thüringer Hochschulen Gespräche aufnehmen, um auf der Grundlage des Expertengutachtens 'Wissenschaftsland Thüringen' Konsequenzen für die weitere Profilierung der Hochschulen zu ziehen“, Gespräche aufzunehmen, das unterstreiche ich hier noch einmal. Im Anschluss daran wird dann wieder einmal Geld gefordert für ein Sonderprogramm.

Meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, wo leben Sie eigentlich

(Zwischenruf Abg. Hausold, Die Links- partei.PDS: Natürlich in Thüringen.)

und wann haben Sie sich zuletzt wirklich tiefgründig mit unserer Hochschullandschaft beschäftigt?

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Vielleicht öfter, als Ihnen lieb ist. Vielleicht bewegen Sie sie auf die In- ternetseite der Studie.)