Protokoll der Sitzung vom 30.03.2006

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

(Glocke der Präsidentin)

Ihre Redezeit ist zu Ende, Herr Hausold.

Ja, ich komme zum Ende. Ich sage Ihnen, nehmen Sie Ihr Gesetz zurück, ändern Sie daran. Das wäre die richtige Antwort.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Emde, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Herr Hausold davon redet, dass er uns Demokratie und Mitbestimmung bringt, dann ist das, als wenn der Bock zum Gärtner redet. Wenn ich über Kinder rede und Kindergärten, glaube ich zumindest, dass ich was davon verstehe,

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Ich glaube, wir auch.)

zumal ich auch Betroffener bin und selber Kinder habe in allen Altersgruppen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Hausold, uns immer Zynismus und sonstige Dinge vorzuwerfen - wissen Sie, bleiben Sie einfach mal ein bisschen auf dem Boden der Realitäten. Das Kindertagesstättengesetz und die Kindertagesstättenlandschaft in Thüringen, wie sie aussieht, sind von der Union im Freistaat gestaltet worden,

(Beifall bei der CDU)

denn die Union ist von Anfang an in Regierungsverantwortung. So viel mal dazu. Sie haben ja auch unseren ehemaligen Gesetzentwurf gelobt. Sie haben gesagt, es wird als Zumutung empfunden, was wir jetzt tun wollen. Ich darf nur an ein paar Jahre zurück erinnern, als das Kita-Gesetz schon einmal geändert wurde. Da haben Sie uns noch ganz andere Dinge erzählt. Ich denke, wir wissen aus gutem Grunde, warum wir das Kindergartengesetz und andere Punk

te zur Familienförderung aufgegriffen haben, denn wir leben in einer Zeit, in der der Staat eigentlich schon an seine Grenzen geraten ist, in der Finanzierungsmöglichkeiten, wie sie einmal gegeben waren, überhaupt nicht mehr vorhanden sind. Wenn man Familienförderung und Kindertagesstättenbetreuung in Thüringen erhalten und vielleicht noch auf ein höheres Niveau heben will, dann muss man eben einfach zu anderen Instrumenten greifen. Genau das haben wir mit diesem Gesetzentwurf getan.

Herr Matschie, Sie sagen, es wurde massiv Geld gestrichen. Ich darf aber auch sagen - das ist richtig. Natürlich sind die Mittelkürzungen seitens des Landes gewesen, aber das hat ja auch einen guten Grund gehabt. Es hat eben Aufwüchse gegeben in all den Jahren, die nicht dort gelandet sind, wo sie hingehören, denn die Erzieherinnen haben nicht mehr Geld verdient. Es hat auch nicht dazu geführt, dass wir eine Niveauanhebung hatten. Man muss doch feststellen, wenn man einen Finanzierungsvergleich über die neuen Bundesländer zieht - und ich ziehe ganz bewusst nicht die alten Länder zu Rate -, dann muss man sagen, dass die Förderung in Thüringen pro Kindergartenplatz durchaus auf einem vergleichbaren Niveau liegt mit den anderen neuen Bundesländern.

Ich will ein paar Punkte aufgreifen von Seiten der Initiative. In der Begründung wird davon geredet, dass man Schließungen von Kindergärten verhindern möchte. Ich kann die so nicht sehen. Mir ist auch noch keine bekannt geworden. In meinem Wahlkreis, da weiß ich es nun hundertprozentig genau, kann davon überhaupt gar keine Rede sein. Auch wird in meinem Wahlkreis kein Personal entlassen. Wenn es an einigen Stellen Personalentlassungen geben wird, dann muss man hinterfragen, welche Personalstruktur hat es denn vorher dort gegeben in diesem Bereich. Es wird ja auch darüber geredet, dass man mit den Eltern mehr im Gespräch sein möchte und die Eltern mehr beteiligten möchte, offensichtlich nicht nur in Bezug auf die Elternbeiträge. Das finde ich ja richtig so. Ich glaube, auch heute ist es möglich und mit unserem existierenden Gesetz möglich, Eltern einzubeziehen. Es ist nur das Problem, an die Eltern heranzukommen. Da sollte uns etwas Intelligentes einfallen. Da brauchen wir mehr als einen Paragraphen. Interessant wird aber dann die Frage sein, wie Eltern reagieren, wenn die Kosten pro Kindergartenplatz offen gelegt werden, wenn die Finanzierungsstrukturen offen gelegt werden und dann Eltern vergleichen können, ja warum kostet denn ein Kindergartenplatz bei uns hier 600 € und nur eine Gemeinde weiter kostet er nur 400 €. Wo kommt das her? Dann werden wir in interessante Debatten eintreten und dann wollen wir doch einmal sehen, ob Elternbeiträge steigen. Aber Elternbeiträge auf alle Zeiten auf einem Niveau festzuklopfen, das wird nicht gehen, denn Einkommens-

und Kostenverhältnisse entwickeln sich nun einmal weiter, auch in diesem Lande.

Zu der Frage Gesamtfinanzierung: Herr Matschie sprach davon, es würden nur 22 Mio. € mehr gebraucht. Ich weiß nicht, woher Sie das jetzt nehmen. Wenn ich das, was als Schwerpunkt im Gesetzentwurf genannt wird, sehe, dann ergeben sich dort noch ganz andere Kosten, denn man will ja z.B. auch ein kostenloses Kindergartenjahr finanzieren, man will die einzelnen Altersgruppen noch mit höheren Beträgen fördern, als es jetzt ist. Da wird es am Ende mit Sicherheit mehr Kosten geben, weil man das Landeserziehungsgeld jetzt auch noch aufrechterhalten möchte, wie ich gelesen habe. Also das würde mit Sicherheit mehr kosten als 22 Mio. €. Wo Sie die hernehmen, weiß ich nicht. Ich will aber eines noch dazu sagen: Wenn wir wieder Geld finden sollten in diesem Lande, was wir zur Verfügung hätten, um es in das System Kindertagesstätten zu stecken, dann würde ich einmal sagen, sollte es dafür aufgewandt werden, um mehr in die pädagogische Qualität zu investieren und nicht einfach zu sagen, wir streuen sie in das Land hinein. Genau das haben Sie meiner Meinung nach vor. Deswegen glaube ich, Sie sind mit Ihrer Initiative auf dem Holzweg.

Herr Abgeordneter Emde, Ihre Redezeit ist zu Ende.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile das Wort der Abgeordneten Pelke, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist schon teilweise hanebüchen, was da so aus den Reihen der CDU-Fraktion gerufen wird, so beispielsweise, Kinder seien den Eltern ja nur lästig, deswegen wollen wir eine gute Kinderbetreuung. Ich hoffe, Sie wissen ab und an einmal, was Sie reden. Ich hoffe, Sie verstehen langsam, was Sie getan haben, indem Sie dieses Gesetz beschlossen haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage mal ganz ehrlich - und das sage ich nicht für den Trägerkreis, sondern positiv über den Trägerkreis -, all die Menschen, die dort zusammengesessen haben, haben sich zum Ziel gesetzt, ein falsches Gesetz mit Einsparungen zulasten von Eltern und Kindern wieder in Ordnung zu bringen. Was da parteiübergreifend, institutionsübergreifend gelungen ist, war eine hervorragende Zusammenarbeit und eine gute Zielsetzung von den Leuten, die Sie im Vorfeld Ihrer gesetzlichen Erarbeitung ja auch nicht ge

fragt haben. Sie haben ja keinen gebraucht. Sie haben mit keinem im Vorfeld Ihres Gesetzes geredet. Sie haben kraft Ihrer Überzeugung gesagt: Das, was wir wollen, ist das Beste. Tatsächlich herausgekommen ist - und das muss man immer wieder sagen - ein Gesetz der CDU, die vorher immer gesagt hat, wir stellen die Familienpolitik in den Mittelpunkt; herausgekommen ist ein Familiengesetz, das finanziell zulasten von Kindern und Familien geht - ganz deutlich.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU:... stimmt überhaupt gar nicht...)

Diese Menschen, die jetzt etwas erarbeitet haben, was sie zu einem Volksbegehren führen wollen, mit denen Sie früher nicht geredet haben, die werden jetzt im Nachgang von Ihnen verunglimpft. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Da schließt sich der Kreis dessen, wie Sie Demokratie verstehen und wie Sie mit Betroffenen umgehen - Herr Panse, das ganz besonders mal in Ihre Richtung.

(Beifall bei der SPD)

Man kann schon ganz deutlich sagen, die Beispiele, die Herr Matschie hier schon aufgeführt hat, außer Treffurt gibt es ja noch mehr, obwohl das schon peinlich genug ist. Der Referent des Städte- und Gemeindebundes berichtet auf einer Tagung der Bürgermeister und Verwaltungschefs im Ilm-Kreis vor wenigen Tagen über 30.000 Mio. € Kürzungen und über einen enormen bürokratischen Aufwand. In Topfstedt im Kyffhäuserkreis geht die Gemeinde von 40.000 € Mehrkosten aus. Solche Meldungen kommen jetzt jeden Tag und machen deutlich, was für Auswirkungen Ihr Gesetz mit sich bringt. Das Kultusministerium wiederum berichtet im Landesjugendhilfeausschuss: Es kann nicht berichten, es verfügt nämlich über keinen Überblick, aber personelle Anpassungen wären wahrscheinlich möglich. Wir haben bislang feststellen müssen, dass das Kultusministerium, was Kindergärten angeht, bislang noch gar keinen Überblick hatte, aber es macht deutlich, wohin Ihr Gesetz dieses Land bringt. Das heißt, das, was mal gut funktioniert hat, wird zerschlagen.

Ich bin ja Herrn Kollegen Emde eigentlich dankbar, dass er eben noch mal deutlich gesagt hat, ja, es war ein Einsparungsgesetz, das haben wir im vollen Bewusstsein so gemacht, weil wir Geld sparen mussten - nur leider Gottes an der falschen Stelle. Aber, wie gesagt, dass Sie seinerzeit versucht haben zu tricksen und zu täuschen, so getan haben - der Ministerpräsident an der Spitze -, diese Familienoffensive wird Verbesserungen mit sich bringen, tatsächlich bleibt ein Minus in Größenordnungen - das haben Sie doch beim Haushaltsplan beschlossen. Ich

sage Ihnen deutlich - und das werden wir auch in der Öffentlichkeit deutlich machen -, alle künftigen negativen Veränderungen, was die Personalsituation in Kindergärten angeht oder was Gebührenerhöhungen angeht, ist eine Folge dieses CDU-Gesetzes, was Sie hier mit Mehrheit beschlossen haben. Das werden wir draußen auch deutlich machen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Ich bitte Sie wirklich, setzen Sie sich vielleicht mal mit dem Trägerkreis zusammen, diskutieren Sie mal. Im Übrigen, Herr Emde, was Sie angesprochen haben, es gibt einen Unterschied in diesem Gesetz, das ist aber auch ganz formal notwendig, es sind einmal Gesetzesänderungen beschrieben in einer Größenordnung, die wir aufgrund der verfassungsmäßigen Vorgaben machen konnten, und es gibt einen Gesetzgebungsauftrag, der sich auf die Zukunft richtet. Demzufolge sind das zwei ganz unterschiedliche Dinge.

Ich würde Sie wirklich bitten, sich dem Volksbegehren nicht zu verweigern, sondern es zu unterstützen, denn, lieber Kollege Panse, das gibt dann auch Ihnen die Möglichkeit, noch bessere Argumente gegenüber Ihren Finanzpolitikern zu haben. Sie haben ja immer alles damit begründet, dass Sie sich auch gegenüber Ihren Finanzpolitikern nicht durchsetzen konnten. Man hat es auch gemerkt: Als Sie anfingen zu reden, hat der Finanzpolitiker Mohring den Raum verlassen; vielleicht hat das hier an dem Punkt auch was zu sagen.

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

Und auch Ihnen, Herr Jaschke, gibt es die Gelegenheit, wenn man jetzt gesetzliche Änderungen mal mit unterstützen würde aus Ihrer Fraktion, dass Sie sich von Anfang an mit dem Gesetz beschäftigen, wissen, worüber Sie abstimmen, und dann sagen können, ich weiß, was ich getan habe, ich habe etwas positiv verändert.

(Heiterkeit bei der SPD)

In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre Unterstützung. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das Wort hat Abgeordnete Jung, Linkspartei.PDSFraktion.

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Emde, Sie haben gesagt in Ihrem Beitrag, dass Sie etwas von der Materie verstehen. Das, was Sie hier gesagt haben, ist eine glatte Sechs, eine glatte Sechs in meinen Augen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Was anderes kann ich dazu nicht sagen. Sie haben gesagt, dass wir das Kindertagesstättengesetz in der alten Form hoch loben. Sie haben gesagt, wir haben es das letzte Mal sehr kritisiert. Na klar haben wir es kritisiert und ich habe es als Geschäftsführerin der Volkssolidarität damals mit Ihnen gemeinsam massiv kritisiert. Und warum? Weil es damals schon eine Verschlechterung zu dem vorhergehenden Gesetz war. Nehmen Sie sich doch mal das Gesetz von 1991 her. Da waren es noch ganz andere Bedingungen für die Kindertagesstätten. Sie haben heute mit Ihrem Gesetz wieder Verschlechterungen für die Kindertagesstätten bewirkt. Darum geht es und um überhaupt nichts anderes.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Zu den Personalentlassungen in Gera will ich mal noch ein klares Wort sagen. Gera hat den höchsten Betreuungsgrad an Kinderkrippenkindern. Das können Sie überall nachlesen. Sie haben in dem Gesetz den Personalschlüssel fast halbiert gegenüber dem vorhergehenden. Herr Panse, da können sich zig Mal sagen, vorher stand auch 1 : 8 drin, die Praxis war aber eine andere.

(Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Das ist das Problem, Frau Jung.)

Für eine Kindertagesstättengruppe war …

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Die Praxis war eine andere, aha.)

Die Praxis, die Sie im Thüringer Ministerium geduldet haben, war eine andere. Eine Kinderkrippengruppe wurde mit 1,6 VbE im Prinzip gehändelt. Jetzt haben wir eine Erzieherin für sieben Kinder.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)