Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

sei. Aber wir wollen und müssen Stellen abbauen. Wir wollen aber dennoch keine Menschen entlassen und deshalb muss man einfach deutlich sagen: In Thüringen streiken weniger Bedienstete und die Wenigen, die streiken, haben einen sicheren Arbeitsplatz. Grund: Die Landesregierung hat auf sie in besonderer Weise Rücksicht genommen.

Meine Damen und Herren, dass innerhalb einer Tarifrunde, die sich erwartungsgemäß als schwierig erweist, die Drohgebärden beiderseitig aufgebaut werden, gehört zum Charakter einer solchen Runde. In den zurückliegenden Wochen, denke ich, ist eines deutlich geworden: Die Thüringer Landesregierung nimmt ihre Interessen aktiv und mitunter auch unüberhörbar wahr. Dies wird auch zukünftig der Fall sein. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Hier könnten wir nach dem gleichen Prinzip wie vorher verfahren. Es liegen aus allen Fraktionen die Redeanmeldungen vor; ich betrachte diese als Anträge zur Aussprache zum Sofortbericht und ich rufe als ersten Redner in der Debatte für die Fraktion der Linkspartei.PDS den Abgeordneten Kalich auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie bereits festgestellt, haben wir uns in der 36. Sitzung am 30.03. bereits in der Aktuellen Stunde mit dem Problem beschäftigt und dort hat der Kollege Mohring sinngemäß festgestellt, dass nicht nur die Beamten, sondern auch die Angestellten ihren Beitrag zur Sanierung des Haushalts bringen müssen. Die Angestellten sollen mit in die Haftung genommen werden. Die Bereitschaft, sich einbringen zu wollen, ist durchaus vorhanden, aber dies darf nicht durch einseitigen Verzicht geschehen, denn wir brauchen motivierte Mitarbeiter, um das Behördenstrukturkonzept mit Leben zu erfüllen. Als Vorbild können dabei durchaus die Thüringer Gemeinden und Kommunen gelten, denn diese haben den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes vom Bund übernommen.

Aber was Sie wollen, ist die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, Gehaltskürzungen sowie die Abschaffung von Weihnachtsgeld und Zulagen. So können wir die Spitzenposition bei den geringeren Einkommen in Deutschland sicherlich weiter ausbauen. Von einer Angleichung der Löhne und Gehälter in Ost und West wollen Sie nichts mehr wissen. Mit Ihrer Tarifblockadepolitik sorgen Sie für den weiteren Abschwung Ost, weil die Kürzung der Einkommen zu immer weniger Kaufkraft führt. Im Nachbarland Hessen wurden im letzten Jahr 1.715 €

Umsatzsteuer pro Einwohner eingenommen. In Thüringer sind es nur 565 €. Ob das etwa mit dem Einkommen etwas zu tun hat? Ja, denn der Durchschnittshesse zahlt auch 2.316 € an Lohnsteuer, während der Thüringer es nur auf 427 € im Jahr bringt. Meinen Sie wirklich, dass die Thüringer Bevölkerung mehr für den Wirtschaftsaufschwung tun kann, wenn sie weiter von der Tarifentwicklung abgekoppelt wird? Für die Angleichung der Lebensverhältnisse genügt Ihnen die Ost-West-Angleichung bei den Mieten, bei Strom- und Gaspreisen; eine Angleichung bei den Einkommen der Bevölkerung kommt nicht infrage. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich in der Tarifgemeinschaft der deutschen Bundesländer dafür stark zu machen, dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst beizutreten, und dies ohne Wenn und Aber. Wir wollen den modernen Tarifvertrag auch für die Beschäftigten des Landes Thüringen, weil es notwendig ist, das Tarifrecht für den öffentlichen Dienst zu vereinfachen und zu vereinheitlichen und damit auf eine zukunftsfähige Basis zu stellen. Wir wollen die Arbeitsbedingungen und das Einkommen der Beschäftigten tarifvertraglich sichern. Den Leitzielen eines modernen öffentlichen Dienstes, stärkere Leistungsorientierung, mehr Flexibilität, Stärkung des Dienstleistungsgedankens, Transparenz, ist man im Bund und den Kommunen gefolgt. Nur die Länder erweisen sich hier einmal wieder als Bremser des Fortschritts. Die Folgen Ihrer Sturheit bei der Übernahme des Tarifvertrags im öffentlichen Dienst werden sein: tariflose Zustände und damit eine Wettbewerbssituation zwischen den Ländern. Verlierer dieses Wettbewerbs um die besten Köpfe werden die neuen Länder einschließlich Thüringen sein. Die Abwanderung von Fachkräften aus Thüringen, insbesondere von jungen Menschen, wird sich dann noch verstärken. Begreifen Sie endlich, dass Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken der Beschäftigten keine Lösung ist. Vielmehr müssen Tarifrecht und Reformen verbunden werden, um der prekären Finanzlage in Thüringen und dem Bevölkerungsschwund gerecht zu werden. Der längst überfällige Verwaltungsumbau in Thüringen muss endlich in Angriff genommen und eine Verwaltungs- und Gebietsreform auf den Weg gebracht werden. Die Linkspartei.PDS fordert die Landesregierung auf, sich dem Fortschritt nicht länger zu verwehren und auf die Übernahme des Tarifvertrags im öffentlichen Dienst durch die Tarifgemeinschaft der Länder hinzuarbeiten und die Vollendung der deutschen Einheit durch die zügige Schaffung gleichwertiger Einkommensverhältnisse weiter voranzutreiben. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Mohring zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will für unsere Fraktion kurz Stellung nehmen, weil wir finden, dass die Tarifverhandlungen Sache der Tarifpartner sind und auch Sache der Tarifpartner bleiben sollen und es nicht Sache des Parlaments ist, sich in diese Tarifverhandlungen in diesem Maße, wie Sie es wünschen, hineinzuhängen - erstens.

Und Zweitens, das will ich nochmals sagen, obwohl wir es im letzten Plenum zur Aktuellen Stunde gesagt haben: Thüringen ist nicht an einem Zerbrechen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder interessiert, aber wir sind daran interessiert, dass eine Lösung zustande kommt, die auch zukunftsfähig ist und die auch die Option lässt, dass auch wir uns in dem Abschluss mit unserer Haushaltslage berücksichtigt finden. Deshalb ist es wichtig, dass man auch alle Verhandlungsoptionen ausschöpft und auch miteinander im Gespräch ist. Wir wissen durch den Sofortbericht, aber auch durch andere Veröffentlichungen, dass die Gespräche laufen und dass ein Abschluss möglich ist und dass mit dem Abschluss - und da will ich noch mal auf die PDS-Fraktion eben eingehen - auch verbunden ist, dass eine Ost-WestAngleichung kommt, auch wenn sie uns im Haushalt zusätzlich belasten wird und es nicht zuletzt die Oppositionsfraktionen wieder sind, die dann wegen Mehrbelastung im Haushalt auch die Gesamtsituation im Haushalt beklagen werden.

Wir denken, dass die Landesregierung im guten Sinne für den Freistaat Thüringen ihren Beitrag leistet, dass der Tarifabschluss so zustande kommt, dass alle mit ihm leben können. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich eigentlich Frau Abgeordnete Taubert angemeldet, aber der Abgeordnete Gentzel übernimmt offensichtlich den Beitrag. Bitte, Herr Abgeordneter Gentzel.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zunächst vielen Dank für die Glückwünsche auf dem Gang hier nach vorne. Das hat man ja selten, diese Zustimmung auf dem Weg, also damit können Sie ruhig weitermachen.

Wiederholt beschäftigen wir uns heute mit den Verhandlungen über einen Tarifvertrag im Bereich des öffentlichen Dienstes der Länder. Nach unserer Überzeugung ist das auch notwendig, weil die Ergebnisse dieser Verhandlungen für uns von erheblicher Bedeutung sind - für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes natürlich auch, aber auch für die Qualität öffentlicher Dienstleistungen und für die Entwicklung Thüringens insgesamt. Mit unserem Antrag wollten wir der Landesregierung noch einmal Gelegenheit geben, ihre Verhandlungsziele, Ihren Beitrag, Herr Dr. Spaeth, zur Beilegung des Tarifkonflikts darzustellen. Insbesondere die Beschäftigten haben ein Recht zu erfahren, welchen Wert die Regierung Althaus ihrer Arbeit beimisst. Das bisherige Urteil der Beschäftigten und ihrer Vertreter jedenfalls ist vernichtend. Sie werten das Verhalten des Ministerpräsidenten genau wie wir als völlig inakzeptabel. Statt sich an der Lösung des Konflikts zu beteiligen, brüskiert der Ministerpräsident die Gegenseite und verbindet unannehmbare Forderungen mit der Drohung, die Tarifgemeinschaft zu verlassen. Aufgrund dieser Haltung werfen die Beschäftigten dem „Ländervordränglerversprecher“, das ist ein Zitat, dem „Ländervordränglerversprecher“ Althaus vor, in seiner, und auch jetzt muss ich wieder zitieren, „bereits mehrfach erprobt bekannten unbedarften Art“ den Flächentarifvertrag zu gefährden. Sie sehen ihren Schutz vor der Willkür der Arbeitgeber aufs Spiel gesetzt. Als Beleg für die Notwendigkeit des Schutzes vor solcher Willkür verweisen sie, und zwar zu Recht, auf die Entwicklung im Beamtenrecht. Heute, meine Damen und Herren von der Landesregierung, hätten Sie die Gelegenheit gehabt, die Befürchtungen der Beschäftigten zu widerlegen. Sie haben diese Chance nicht genutzt. Und bei allem Respekt, Herr Dr. Spaeth, mir ist nicht ganz klar geworden, zu welchem Antrag Sie eigentlich gesprochen haben. Es hat Sie kein Mensch aufgefordert, über das zu berichten, was die Länder denken, gedenken oder nicht gedenken zu tun. Es hat auch keiner gefragt, welche Gefühle Sie in dieser Auseinandersetzung hatten, sondern, ich will das mal zitieren, weil, auf irgendwelchen Wegen müssen Sie mit dem richtigen Antrag nie konfrontiert worden sein: „Bericht über den Beitrag der Landesregierung am Zustandekommen eines einheitlichen Tarifvertrags“. Ich will mir dann die Untersetzung mal sparen, aber Sie haben zu allem Möglichen geredet, auf keinen Fall zu diesem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, mit Ihrem Verhalten setzen Sie nicht nur die bewährte Gemeinschaft der Länder und mit ihr einen auf Ausgleich angelegten Föderalismus aufs Spiel. Offensichtlich wollen Sie beweisen, dass es angeblich auch ohne die Gewerkschaften geht. Nur so kann

man die Ignoranz des Ministerpräsidenten gegenüber der ausgestreckten Hand von ver.di und des Beamtenbundes werten. Das Gesprächsangebot von ver.di und Beamtenbund, welches es seit vergangener Woche gibt, ist bis heute vom Ministerpräsidenten nicht einmal zur Kenntnis genommen worden. Wenn Sie glauben, meine Damen und Herren, so den Interessen des Landes Thüringen und seiner gedeihlichen Entwicklung zu dienen, dann täuschen Sie sich. Nach unserer Überzeugung liegt ein einheitliches Tarifrecht auf der Grundlage des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Interesse unseres Landes. Der Bestand der Tarifgemeinschaft darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Die von Ihnen unterstützte Form der Verhandlungsführung halten wir nicht nur für unnötig, wir halten sie im Übrigen für gefährlich. Wir wollen ein modernes Tarifvertragswerk auch für die Beschäftigten in Thüringen. Uns erscheint genau wie den Gewerkschaften ein Zurückfall hinter die dort getroffenen Regelungen als nicht hinnehmbar. Die Beschäftigten in Bund und Kommunen dürfen nicht grundsätzlich anders behandelt werden als die des Landes. Im öffentlichen Dienst darf es keine Klassengesellschaft geben.

(Beifall bei der SPD)

Aber auch angesichts der demografischen Herausforderung und angesichts immer enger werdender finanzieller Spielräume liegt der Verzicht auf eigenständige Verhandlungen im Thüringer Interesse. Tarifvertragliche Regelungen dürfen nicht den immer stärkeren in Konkurrenz tretenden Ländern überlassen werden. Für Thüringen wäre ein Wettbewerb in diesem Bereich fatal. Weitsichtige Politiker - und die gibt es im Übrigen auch in diesem Kabinett - haben das verstanden. Sie halten den Fortbestand der Tarifgemeinschaft für sinnvoll und wünschenswert. Es ist schon bemerkenswert, den Aussagen des Ministerpräsidenten Althaus die Aussagen des Innenministers Gasser während der Landesdelegiertenkonferenz der Gewerkschaft der Polizei gegenüberzustellen. Da ist aber auch nichts von Übereinstimmung da gewesen. Der Innenminister hat da sehr offensiv für den Weiterbestand der TdL geworben. Am gleichen Tage gab es Interviews mit Ministerpräsident Althaus, der das mehr oder weniger verneint hat. Das ist schon interessant, was sich an wesentlichen Fragen in diesem Kabinett abspielt. Je nachdem, wie man glaubt, welchem Klientel man gegenübersteht, wechselt man die Meinungen, und zwar nicht nur im Detail, sondern in grundsätzlichen Punkten. Ich kann Ihnen nur raten, weil das früher oder später schief gehen muss, kommen Sie in so wesentlichen Fragen, auch wenn wir uns dann streiten, aber zumindest zu einer einheitlichen Aussage, denn erst das wäre die Voraussetzung, dass wir uns auch vernünftig streiten können und dann auch vernünftig Argumente austauschen können.

Wir sind uns bewusst, dass ein hoher Standard bei den staatlichen Leistungen letztendlich und letztlich nur auf der Grundlage angemessener Beschäftigungs- und Einkommensbedingungen erreicht werden kann. Von ihnen hängt nicht zuletzt auch die Gewinnung von Personalnachwuchs ab. In den kommenden Jahren, befürchten wir, wird das immer schwieriger. Voraussetzung ist auch die Angleichung der Ost- - das ist hier schon angesprochen - und Westgehälter. Ohne einheitliche tarifvertragliche Regelung fehlt dafür jede Perspektive. Ich frage mich deshalb, wie wir im Falle des Scheiterns der Tarifgemeinschaft den freien Wettbewerb der Länder um die Leistungsträger gewinnen wollen. Flüchtig betrachtet scheinen die Fronten nach wie vor verhärtet. Auch der für diese Woche vorgesehene Verhandlungstermin ist nicht zustande gekommen. Wer aber ein bisschen aufmerksamer hinschaut, bemerkt, es gibt Bewegung. Die Äußerungen der Mehrheit der Ministerpräsidenten belegen mittlerweile ihren Willen zum Erhalt der Tarifgemeinschaft und des Flächentarifvertrags. An der Stelle hätten wir halt erfahren - wie das, was ich eben gesagt habe -, was die Landesregierung, die hier verantwortlich ist, zu diesem Thema denkt. In dieser Sache beginnen sich Umrisse eines möglichen Kompromisses abzuzeichnen und angesichts dieser Entwicklung bleibt für Thüringen zu hoffen, dass der Ministerpräsident seine von vielen als selbstgefällige und starrköpfig wahrgenommene Haltung aufgibt. Schon eine Einigung der Tarifparteien ohne Zustimmung Thüringens wäre bedauerlich. Katastrophal wäre es, wenn der Ministerpräsident diesen sich abzeichnenden Kompromiss ablehnen würde - auch dazu ist heute nichts gesagt worden -, wenn er letztlich aufgrund einer Minderheitenmeinung und um sein Gesicht zu wahren, die Tarifgemeinschaft verließe. Herr Ministerpräsident Althaus, ich fordere Sie deshalb auf, die unrealistische und für die Gegenseite unannehmbare Position aufzugeben und vor allen Dingen: Nehmen Sie das Gesprächsangebot der Gewerkschaften hier in Thüringen an und manövrieren Sie sich aus dieser Sackgasse wieder heraus.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Auch die Landesregierung zeigt nicht an, dass sie noch einmal sprechen möchte. Da kann ich die Aussprache zum Sofortbericht schließen und davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist. Dem wird nicht widersprochen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf

Auswirkungen des Thüringer Kindertageseinrichtungsgeset- zes auf Familien, Kommunen, Träger und Personal Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/1878 -

Die SPD-Fraktion hat nicht angekündigt, dass sie das Wort zur Begründung nimmt, aber die Landesregierung hat angekündigt, den Sofortbericht zu geben, und diesen gibt Herr Minister Prof. Dr. Goebel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktion der SPD fragt mit ihrem Antrag nach Daten, die zu großen Teilen zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht vorliegen können. Ein Blick in das Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz und die zugehörige Verordnung hätte gereicht, zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Dort sind Zeitpunkt und Methoden der Datenerhebung detailliert festgelegt. Ich werde im Verlauf meiner Ausführungen noch darauf zurückkommen. Ich bin allerdings ziemlich sicher, dass auch die Antragsteller dies bemerkt haben.

Des Weiteren wird durch die Art der Fragestellung der Eindruck erweckt, als sei es der Freistaat, der für ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Kindertageseinrichtungen zuständig sei. Dagegen sind diese Zuständigkeiten gesetzlich klar geregelt. Sie liegen beim örtlichen Träger der Jugendhilfe und bei den Gemeinden, die ihr Betreuungsangebot in eigener Zuständigkeit bereitstellen. Das Land unterstützt die Erfüllung dieser Aufgabe durch die Bereitstellung finanzieller Mittel ab Juli dieses Jahres im Wesentlichen über kindbezogene Pauschalen und wacht über die Einhaltung der qualitativen Standards. Auch das ist dem im Dezember vom hohen Haus verabschiedeten Gesetz leicht zu entnehmen. Ich gehe davon aus, dass die antragstellende Fraktion auch das genau weiß.

Meine Damen und Herren, ich schicke dies meinem Bericht voraus, um deutlich zu machen, dass die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag eben die Antworten erwartet, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der Phase des Übergangs von der Aufwands- zur kindbezogenen Förderung des Landes gegeben werden können, und das unter Berücksichtigung der gesetzlichen Zuständigkeiten. Diese Antworten will ich gern geben, obwohl Sie mir natürlich an dieser Stelle die Frage erlauben, ob es Zufall ist, dass dieser Antrag wenige Tage vor den Kommunalwahlen am 7. Mai erfolgt.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ja, Sie machen keinen Wahlkampf!)

Ich hoffe, Sie, meine Damen und Herren von der antragstellenden Fraktion, wollen aus diesem Anlass nicht versuchen, den gerade eingeleiteten Reformprozess bei der Kinderbetreuung durch Ihre Fragen madig zu machen.

Ich nutze auch gern die Gelegenheit dieses Berichts, die letzten Zweifler vielleicht doch noch von den Vorteilen der Neuregelung zur Kinderbetreuung in Thüringen zu überzeugen.

Dazu also zunächst wie gewünscht noch einmal einen Überblick über die Modalitäten der Datenerhebung. Nach dem neuen Gesetz sind von den Wohnsitzgemeinden die Plätze für Kinder unter dem Rechtsanspruch, das sind Kinder von null bis zwei Jahre und für Hortkinder in Kindertageseinrichtungen, bis zum 31. März und 30. September eines jeden Jahres an das Statistische Landesamt zu melden. Gleiches gilt für die Kinder unter dem Rechtsanspruch in Kindertagespflege. Dort erfolgt die Meldung durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu den gleichen Terminen. Die letzten Meldungen sind beim Landesamt Mitte April eingegangen. Bitte bedenken Sie, das ist für die Kommunen Neuland, diese Daten werden erstmals erfasst. Zum jetzigen Zeitpunkt werden sie im Landesamt aufbereitet. Die Auswertung wird dann eine Finanzierungsgrundlage für das Land sein.

Das Statistische Landesamt erfasst im Auftrag des Kultusministeriums bei den Kommunen darüber hinaus jährlich zum 31. Mai im Rahmen der Offenlegung der Betriebskosten sowohl die Belegungszahl nach den vier Altersgruppen null bis zwei, zwei bis drei, drei bis sechseinhalb Jahre, Grundschulkinder, als auch nach den vier Einrichtungsarten Kinderkrippen, Kindergärten, Kinderhorte und gemeinschaftlich geführte Einrichtungen. Ein Blick in den Kalender zeigt Ihnen, dass wir heute noch nicht den 31. Mai haben. Entsprechende Daten können also zu dem von Ihnen gewünschten Zeitpunkt des Berichts nicht mitgeteilt werden.

Zurück zur Übersicht über die Datenerhebung: Für Kinder im Alter von bis zu einem Jahr sowie für Kinder zwischen drei Jahren bis zum Schuleintritt liefert das Statistische Landesamt mit Stand 31. Dezember des jeweils vorletzten Jahres unmittelbar nach Fertigstellung an die auszahlende Stelle die amtliche Bevölkerungsstatistik. Dies ist wichtig für die Infrastrukturpauschale sowie die Landespauschale für Kinder im Alter von drei Jahren bis zu sechs Jahren und sechs Monaten.

Nun zu den verschiedenen Punkten Ihres Antrags:

Zu Punkt 1: Die erwünschte Darstellung der Adressaten und Fristen sowie Art und Weise der Datenerhebung entsprechend § 23 des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes habe ich Ihnen gerade gegeben.

Zu Punkt 2: Zur Bedarfsplanung für das Kindergartenjahr 2006/2007 können hier keine Aussagen getroffen werden. Die Bedarfsplanung ist mit der gesetzlichen Neuregelung nicht mehr an die anteilige Finanzierung der Kindertagesbetreuung durch das Land gebunden und wird dem Land daher auch nicht mehr vorgelegt. Sie ist vielmehr ein Planungsinstrument zur Bereitstellung von Plätzen in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege sowie ein Instrument der Infrastrukturentwicklung der Wohnsitzgemeinden und des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Zur tatsächlichen Inanspruchnahme der Kindertagesbetreuung von Kindern zwischen zwei und drei Jahren kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden. Das Meldeverfahren hatte ich erläutert. Prognosedaten künftiger Belegungen werden nicht erhoben. Es bleibt daher bei der Einschätzung, dass deutliche Veränderungen bei der Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten für Kinder zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr nicht erwartet werden.

Zu Punkt 3 des Antrags: Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Zunahme an Schließungen von Kindertageseinrichtungen gegenüber den zurückliegenden Jahren. Andere Behauptungen entbehren jeder Grundlage und sie würden im Übrigen zur Verunsicherung der Eltern führen, weshalb wir sie unterlassen sollten. Ich bin ausdrücklich allen auf kommunaler Ebene Verantwortlichen und auch den freien Trägern dankbar, die sich an solchen Diskussionen nicht beteiligen.

Zu Punkt 4: Aussagen zur Inanspruchnahme der Kindertageseinrichtungen können zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden. Es bestand bisher und es besteht aktuell kein Anlass, zu diesem Zeitpunkt, im Frühjahr des Jahres, eine Analyse der Inanspruchnahme von Plätzen in Kindertageseinrichtungen zu erstellen. Ich habe die Datenerhebung bereits ausführlich geschildert.

Zu Punkt 5: Dem Thüringer Kultusministerium liegt momentan keine vollständige Übersicht über eventuelle Erhöhungen von Elternbeiträgen vor. Es ist zu einzelnen Erhöhungen gekommen, aber nicht alle Erhöhungen von Elternbeiträgen haben generell bzw. in ihrem Umfang mit den gesetzlichen Änderungen zu tun. Nach der Gesetzeslage kann die Erhöhung aktuell im Höchstfall ca. 10,45 € betragen. Das ist der Anteil der Landeszuschüsse an den Sachkos

ten an freie Träger, der gemäß § 25 Abs. 6 Nr. 1 des Kindertageseinrichtungsgesetzes gekürzt wurde. Eltern sind nach den Übergangsbestimmungen in § 25 auch weiterhin bis zum 30. Juni 2006 nur an den Sachkosten zu beteiligen, die im Übrigen bereits nach dem alten Gesetz bis zur vollen Höhe auf Eltern umgelegt werden konnten - nicht mussten, sondern konnten. In den zurückliegenden Jahren haben Gemeinden Kindertageseinrichtungen an freie gemeinnützige Träger übertragen, auch um Betriebskosten zu sparen. So zahlte das Land noch zunächst 50 DM, seit dem Jahr 2000 noch umgerechnet 20,45 € monatlich pro im Bedarfsplan ausgewiesenem Platz an die freien Träger mit dem Ziel, eine möglichst große Trägervielfalt zu erreichen. Damit sparten die Gemeinden die für sie anfallenden Sachkosten abzüglich der Elternbeiträge. Nur am Rande sei bemerkt, dass keine Gemeinde diese Sonderzahlungen in der Vergangenheit zur zumindest teilweisen Senkung der Elternbeiträge einsetzte. Sie wurden in jedem Fall nach erfolgtem Trägerwechsel allein entlastend für den allgemeinen Haushalt der Gemeinden verbucht.

Meine Damen und Herren, die angestrebte Trägervielfalt ist erreicht. Im Interesse einer Gleichbehandlung kommunaler und freier Träger entfällt damit der Landeszuschuss an die freien Träger. Gerechterweise sollte dies dann auch zu keinerlei Erhöhung bei den Beiträgen der Eltern führen. Leider sieht es in der Realität in einigen Fällen anders aus. Die Reduzierung der Zuschüsse des Landes zu den Personalkosten um 5 Prozent im I. Quartal dieses Jahres und weitere 5 Prozent im II. Quartal ist gemäß § 25 Abs. 6 Satz 1 des Gesetzes von der Gemeinde, in der sich die Einrichtung befindet, zu übernehmen. Danach trägt die Gemeinde die nicht durch den Landeszuschuss gedeckten Personalkosten in der Kindertageseinrichtung - im Allgemeinen sind das 50 bis 60 Prozent der anfallenden Kosten, und dies auch im Falle freier gemeinnütziger Trägerschaft. Übernimmt eine Gemeinde diesen Anteil nicht, handelt sie gegen das Gesetz. Bei der Umverteilung der Kosten auf die Träger und Eltern können diese daher auf einer entsprechenden Mitfinanzierung bestehen.

Im Übrigen hat das Kultusministerium dieser Tage eine landesweite Erhebung der Elternbeiträge initiiert. Über 200 freie und kommunale Träger haben geantwortet. Eines ist deutlich sichtbar, es gibt eine große Spannweite zwischen niedrigen Elternbeiträgen von ca. 50 € und hohen und sehr hohen Beiträgen bis ca. 200 € quer über verschiedene Träger. Diese Beitragssituation reflektiert den aktuellen Stand. Das heißt, die höchsten Beiträge machen rund das Vierfache der niedrigsten aus. Daraus wird ersichtlich, dass bereits vor der Gesetzesnovelle eher Fragen der wirtschaftlichen Betriebsführung und der

Bereitschaft der Gemeinden, etwas für Familien in ihrem Wirkungsbereich zu tun, die entscheidenden Faktoren für die Festlegung von Elternbeiträgen war. Das wird auch künftig so bleiben, vielleicht mit einer kleinen, aber bedeutenden Änderung: Künftig können Eltern Einsicht in die Kalkulationen ihrer Kinderbetreuungseinrichtungen nehmen. Sie werden vergleichen können und in der Lage sein, die Leistungen in ihrer Gemeinde exakt nachzuvollziehen. Diese Transparenz wird - da bin ich sicher - manche Ausreißer nach oben, die heute noch zu beobachten sind, rasch wieder einfangen.

Meine Damen und Herren, das ist die tatsächliche Lage im Lande. Wir sollten also auch in dieser Frage auf Verunsicherung verzichten. Zur Mahnung sollten wir uns auch alle noch einmal die Debatte und die anschließende Realität nach der Gesetzesänderung im Jahre 2000 vergegenwärtigen.

Meine Damen und Herren, zu Punkt 6 des Antrags: Hier ist es nicht möglich, konkrete Aussagen zu treffen, ob und inwieweit es zu Entlassungen von pädagogischem Personal, zu Arbeitszeitverkürzungen oder Reduzierungen von Öffnungszeiten gekommen ist. Es handelt sich hierbei um arbeitsrechtliche Angelegenheiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, auf die das Land keinen Einfluss hat. Das Gesetz sichert mit Mindeststandards eine fachgerechte Erziehung und Betreuung in den verschiedenen Einrichtungen, die sich an den bisherigen Betreuungszahlen orientieren. Über die Einhaltung dieser Standards wacht das Landesjugendamt; aktuelle Verstöße sind nicht bekannt. Die Beschäftigung des pädagogischen Personals und die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse müssen am Kindeswohl orientiert sein. Alle darüber hinausgehenden Regelungen obliegen den Tarifpartnern.

Es sei jedoch an dieser Stelle darauf verwiesen, dass gemäß § 25 Abs. 2 des Gesetzes die Infrastrukturpauschale generell bis zum 31. Dezember 2007 zur Deckung der Kosten von Kindertageseinrichtungen verwendet werden kann. Da zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht überall erkennbar ist, wie viele Kinder unterhalb des Rechtsanspruchs bzw. im Alter zwischen zwei und drei Jahren eine Kindertageseinrichtung besuchen werden, signalisieren viele Träger, dass sie bisher keine personellen Konsequenzen eingeleitet haben.

Zu Frage 7: Zu der Frage, inwieweit und in welchem Umfang es bisher zur Erhöhung der anteiligen Finanzierung der Kommunen gekommen ist bzw. welche Entwicklungen sich abzeichnen, ist zu sagen: Es gibt, ich hatte das schon ausgeführt, Gemeinden, die die Differenz bei den Landeszuschüssen für Personalkosten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben übernehmen. Es gibt Gemeinden, die die Dif