Protokoll der Sitzung vom 04.07.2006

Bis zum Jahr 2004 kam in den Thüringer Biogasanlagen hauptsächlich Gülle zum Einsatz - Rindergülle, Schweinegülle, auch Geflügelkot und Bioabfälle der Lebensmittelindustrie. Jetzt kommen zusätzlich Feststoffe wie Früchte usw. dazu. Der Minister hat gesagt, bis 45 Prozent ist inzwischen der Anteil angestiegen und da muss man natürlich wissen, dass das nicht leicht ist. Gerade diese Geschichte Feststofffermentation ist eine hochkomplizierte Angele

genheit, die auch hochgefährlich ist. Es bedarf also hier der Forschung und hier bedarf es der Experten. Hier bedarf es ganz dringend auch der Beratung. Gerade bei den Biogasanlagen ist es wichtig, dass die Leute beraten werden. Denn die Wirtschaftlichkeit - das kostet ja Geld, das Kapital wird gebunden - und die Wirtschaftlichkeit …

Herr Primas, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten?

Ja, bitte.

Bitte, Frau Dr. Scheringer-Wright.

Ich hätte die Frage auch gerne am Schluss gestellt, aber ich schiebe sie jetzt mal schnell ein, obwohl sie jetzt nicht für Biogas ist. Aber Sie sagten vorher, wir haben 50 Förderprogramme, um erneuerbare Energien zu fördern, unter anderem ist da Solarenergie dabei?

Denke ich mir, ja.

Und Sie sagten, das läuft. Also, das läuft. Wie erklären Sie sich dann, wenn das jetzt schon immer gelaufen ist und gut gelaufen ist, dass wir nur 10 Prozent des Primärenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien bereitstellen? Wir sind ein kleines Land mit wenig Einwohnern - 10 Prozent ist nicht besonders viel.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Ach, ach, ach.)

Also, wir sind durchaus..

Also, ich habe Ihnen ja den Vergleich auch gebracht.

Wir sind durchaus in der Lage, insgesamt Primärenergieverbrauch sind wir schon weit über 10 Prozent. Wir wollen erreichen bis 2010 20 Prozent. Nur wenn Sie Solarenergie ansprechen, das einzige, was der Hinderungsgrund ist, den ich im Moment sehe, das ist die Bereitstellung von diesen Solarzellen. Wir haben in Nordhausen auf dem Müll

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Nent- zelsrode.)

Nentzelsrode, dort über die Stadtwerke, einen riesen Energiesolarpark aufgebaut, das hat ewig gedauert, die haben aus Hongkong die Teile kommen lassen müssen, weil sie in Deutschland und Europa nicht vorrätig waren. Das ist eigentlich der Engpass, deswegen sage ich, das ist nicht das Thema, das ginge so viel schneller, wenn das da wäre. Hier ist die Möglichkeit gegeben, das voranzubringen. Das ist für mich nicht das Thema.

Wir waren jetzt beim Biogas. Dort ist eine Gratwanderung immer da bei der Wirtschaftlichkeit und da sind die Betriebe, die es tun, gut beraten, wenn sie den Hersteller, der ihnen die Biogasanlage baut, unterschreiben lassen dafür, dass er für die Wirtschaftlichkeit garantiert. Und es gibt ungefähr 250 bis 300 Hersteller von Biogasanlagen in Deutschland, von denen ich - das ist zu viel, wenn ich das sage, ich lasse es lieber - die allermeisten für nicht seriös einschätze. Das ist eine gefährliche Kiste, da muss man aufpassen. Man braucht hier eine Unterschrift dafür und ich würde auch einer Bank, die es finanziert, nur raten, finanziert nur das, wenn der Betrieb das baut, es auch garantiert. Das ist also echt eine Gratwanderung und da muss aufgepasst werden. Das ist das, wo ich gesagt habe, in diesem Bereich tummeln sich auch viele, die es noch nicht können. Da ist auch viel Forschung dabei und viel Spielerei dabei. Da muss viel getan werden.

Wir haben in Nordhausen einen Professor an der Fachhochschule, der sich in einem Bereich da sehr hervorgetan hat, aber das ist eben nur ein Bereich. Wir müssen dann diese Feststoffgeschichte weiter beforschen. Das macht ein anderer Hersteller, der in Regensburg sitzt, in Größenordnungen. Den möchten wir gern nach Thüringen haben und er ist auch nicht abgeneigt.

Der nächste Schwerpunkt ist - und das ist ganz wichtig, dass ich das noch sage, weil es auch als moralischer Faktor immer wieder mit diskutiert wird - die Verwertung und energetische Verwendung von Energiegetreide. Das ist immer schwierig zu sagen, das Brotgetreide, das, was wir früher zum Essen händeringend zusammengeklaubt haben,

Ähren lesen, ich kenne das noch, das verbrennen wir heute. Das ist moralisch erst einmal eine Hemmschwelle. Nur es wurde jahrhundertelang gezüchtet, dass wir Getreide kriegen zur Nahrungsgütererzeugung, heute müssen wir umsetzen. In wenigen Jahren sind wir so weit, dass wir Energiegetreide haben. Da sind wir von der Sache gut dran. Bloß hier müssen wir sehen, dass wir das deutschlandweit hinkriegen, dass das gemacht werden kann. Ich denke, das Thüringen auch dabei ist, dass das über die BImSch mit reingeht.

Abgeordneter Primas, eine weitere Zwischenfrage. Nein? Entschuldigung. Gut, fahren Sie fort.

Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Rohstoff, und das will ich noch sagen, ist das Holz. Hier haben wir noch große Reserven. Wir haben noch 100.000 ha kleinen Privatwald, der überhaupt nicht forstwirtschaftlich bewirtschaftet wird. Das ist schätzungsweise eine Menge von 600.000 bis 800.000 Festmeter Holz, die ungenutzt nach wie vor in Thüringen in den Wäldern steht. Hier ist noch eine ganze Menge zu tun. Hier haben wir als CDUFraktion auch in einem Forum in Creuzburg mit der Wirtschaft, mit den Sägewerkern, mit dem Verband neue Wege beschritten. Wir haben dort zur Holzmobilisierung ein Pilotprojekt auf den Weg gebracht, das ist deutschlandweit einmalig und ich hoffe, dass es funktioniert; es muss funktionieren, weil das Strahlung nach außen in alle Länder hat. Ich denke, da sind wir auch auf gutem Weg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insgesamt sind wir abhängig von den Rahmenbedingungen. Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und mit den Beschlüssen, die jetzt, vorige Woche, in Berlin durch die große Koalition in diesem Bereich gefasst worden sind, haben wir diese Rahmenbedingungen. Wir sind da auf gutem Weg.

Zum Antrag Nummer 2 bitte ich Sie - der Bericht war gegeben - auch um Zustimmung, denn wir wollen, wie Sie hörten, dieses Bioenergieprogramm weiterführen und deshalb sollen alle Interessenten mitarbeiten und deswegen bringen wir es hier zur Diskussion. Wir rufen auf, da nicht nur zu kritisieren, sondern vielleicht auch mitzumachen. Das ist lohnend, es wäre schön.

Zum Antrag der Linkspartei.PDS hatte ich schon was gesagt. Insgesamt noch mal: Wir haben Biomasse heute als Antrag; Solarenergie, habe ich gesagt, da ist das Thema verfehlt. Das passt da auch nicht hin; ich sage es halt noch mal. Es passt da

halt nicht hin, schade drum, dass die Diskussion so in der Richtung negativ gelaufen ist; ich hätte sie mir positiver gewünscht. Denn - das insgesamt noch mal gesagt - Bioenergie, nachwachsende Rohstoffe, das ist ein Vorzeigebereich für Thüringen und das sollten wir tatsächlich uns auch nicht zerreden. Es gibt da viel Forschungsbedarf in der Richtung. Das ist selbstverständlich und darüber wird auch im Bioenergieprogramm etwas stehen müssen. Aber purer Aktionismus in der Richtung hilft uns überhaupt nicht weiter. Ich denke mal, wir sollten dazu übergehen, das wiederhole ich noch mal - die Leute, die dort aktiv arbeiten, ob das in Dornburg die Leute sind oder ob das die Landwirtschaft ist, da gibt es nämlich auch Arbeitsgruppen im Bauernverband und Berufsstand, die da fleißig arbeiten. Es wäre sehr schön, wenn man sich dazu positiv äußert; die Arbeit, die die machen, ist nämlich wertvoll. Schönen Dank, meine Damen und Herren, für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Kummer, Die Linkspartei.PDS.

(Unruhe bei der SPD)

Vielen Dank für die Vorabbeifallsbekundungen aus der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Kollege Primas, ich glaube, das Problem, das wir haben, wurde dadurch deutlich, dass der zuständige Minister für das Förderprogramm „Erneuerbare Energien“, worunter auch Biomasse fällt, mal kurz reinkam in der Debatte, dann wieder rausging und die letzten drei Minuten dann der Debatte beigewohnt hat. Das fand ich ein bisschen bedauerlich. Ich frage mich, wie denn Ihr Bioenergieprogramm finanziell untersetzt ist. Im Moment - verantwortlicher Haushalt ist der Wirtschaftshaushalt - habe ich dort leider in dem Bereich Energieförderung eine Null drin. Da komme ich wieder zu dem Problem, das ich immer wieder angesprochen habe: Sicherlich brauche ich in dem einen oder anderen Bereich, gerade was Photovoltaik angeht, nicht mehr unbedingt ein Landesförderprogramm, aber ich habe es noch. Und solange, wie das da steht, muss ich mich ja nicht wundern, wenn es Menschen gibt, die einen Förderantrag stellen, die darauf hoffen, aus dem Programm Geld zu bekommen, und dann mit der Errichtung ihrer Anlage natürlich warten, bis sie eine Bewilligung bekommen haben. Wenn dort aber kein Geld eingesetzt ist, ist es kein Förderprogramm mehr, sondern ein Verhinderungsprogramm. Das ist das Drama, das wir in Thüringen in

letzter Zeit haben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Auf der anderen Seite, Bioenergie läuft in Thüringen viel und da läuft vieles gut, weil wir auch sehr gute Leute haben bei der Landesanstalt für Landwirtschaft. Das will ich auch gar nicht bestreiten und denen möchte ich auch im Namen meiner Fraktion ganz herzlich für ihre Arbeit danken. Das Problem ist doch aber trotzdem noch, dass es freie Kapazitäten gibt, die wir im Moment verschenken. Da möchte ich nur an zwei Dinge erinnern, an die Frage Klärgas und an die Frage Deponiegas. Wie viele Deponien - ich brauche nur in den Staatsanzeiger zu schauen - beantragen noch, dass sie das Deponiegas abfackeln dürfen? Da gibt es keine Nutzung, obwohl wir doch wissen, dass die nächsten zehn Jahre dort Deponiegas anfällt. Das ist verschwendete Energie. Wie viele Kläranlagen werden noch heute errichtet, ohne dass ich dort entsprechende Vorkehrungen treffe, dass ich das Klärgas nutzen kann? Auch da verschwenden wir Energie, verschwenden wir Möglichkeiten, die wir nutzen könnten, lassen wir Methan noch in die Umwelt kommen, was ein viel schlimmeres klimaschädigendes Gas ist als CO2. Und da sage ich Ihnen eindeutig: An diesen Konfliktfeldern müsste sich auch Thüringer Energiepolitik orientieren. Hier müssten wir Maßnahmen ergreifen, um diese Potenziale zu nutzen, und das schleunigst. Deshalb hätte ich mir solche Punkte hier auch gewünscht.

Zur Frage Forschungsförderung: Wir haben in Thüringen sicherlich viel kleinen Privatwald. Wir haben in Thüringen kleine Dörfer. Das, was wir hier bräuchten, wären kleinere Anlagen zur Energieerzeugung, unter anderem wäre es sicherlich auch in einem Land wie unserem günstig, wenn wir Stromerzeugung in kleinen Anlagen hinbekommen würden. Da gibt es in verschiedenen Ländern verschiedene Ansätze, unter anderem für gute alte Holzvergaser, der in Schweden dort schon ziemlich weit vorangetrieben worden ist. Das sind Dinge, wo wir durchaus Forschungspotenzial hätten für die spezifischen Gegebenheiten in Thüringen, aber wenn ich mir gerade die Große Anfrage Energie ansehe, wie viel Gelder wir im Forschungsbereich in Sachen Energieforschung eingestellt haben, da ist natürlich an eine Technologieforschung in dem Bereich nicht zu denken. Auch hier sehe ich durchaus Potenziale, wo Thüringen sich mit einbringen könnte. Wenn ich an die ganze Wirtschaft im Raum Schmalkalden-Meiningen denke, was Werkzeugbau und Ähnliches, Maschinenbau angeht, haben wir dort sicherlich auch das entsprechende Potenzial, womit wir etwas für unsere Wirtschaft tun können. Auch hier wäre durchaus mehr zu machen.

Als Letztes noch ein Punkt, den ich ansprechen möchte, die Frage Bioethanol und Biodiesel. Auch hier, denke ich, gehen wir nicht immer den richtigen Weg. Thüringen hat ein Superprogramm einmal gehabt, da hatte Bösleben getestet, wie toll Fahrzeuge mit naturbelassenem Rapsöl fahren können. Supersache und eine Geschichte, die ist völlig unabhängig von Konzernen, völlig unabhängig von Steuern, denn wenn ich mir nämlich mein Rapsöl selber presse, da kann kein Zoll kommen und kann letzten Endes die Hand aufmachen und kassieren. Da bin ich immer steuerfrei und wenn ich mir das Zeug beim Aldi kaufe. Da bin ich auch wesentlich günstiger als jetzt beim Biodiesel vom Preis her. Das Problem ist nur, es gibt auch die Motoren dafür, aber es gibt keinen Automobilkonzern, der sie serienmäßig einbaut. VW baut einen Bioethanolmotor, der in Brasilien in Massen läuft, wo es überhaupt keine Probleme gibt; in Deutschland habe ich ihn nicht auf dem Markt. Warum ist denn das so? Und das sind Punkte, wo wir auch als Politiker verantwortlich sind, hier uns darum zu kümmern, dass vielleicht auch einmal ein paar Abstriche gemacht werden von dieser einfachen Logik der großen Konzerne, die nämlich hauptsächlich eine Selbstbedienungsmentalität ist, die am Profit orientiert ist und nicht daran, was denn vielleicht machbar wäre, um doch ein bisschen von dieser Mineralölwirtschaft wegzukommen, die uns hier die Preise diktiert. Das wäre unsere Aufgabe als Landespolitik in Thüringen. In der Richtung müssen wir Schritte ergreifen. Ich hoffe, dass das in Ihrem Bioenergieprogramm auch eine Rolle spielt. Danke schön.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor, dann erteile ich das Wort dem Herrn Minister Dr. Sklenar.

Ich erteile Herrn Dr. Schubert das Wort, bitte.

Ja, ich möchte auch bloß ein paar kurze Bemerkungen noch machen. Herr Primas, es ist nun einmal eine Tatsache, dass die entscheidende Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von der CDU im Bundestag abgelehnt worden ist und auch von den CDU-Ländern im Bundesrat, und da werden Sie nie herauskommen. Das ist eine Tatsache und der Hauptgrund, warum es abgelehnt worden ist bzw. warum der Vermittlungsausschuss angerufen worden ist, ist die Tatsache, dass das Gesetz bis 2007 befristet werden soll. Da werden Sie nie herauskommen.

Und noch etwas, Herr Minister Sklenar, zum Thema Windkraft. Ständig greifen Sie die Windkraftbranche

an. Erzählen Sie das einmal den Leuten in Meuselwitz aus meinem Landkreis, wo ich herkomme und wo der Herr Vogel, der Bundestagsabgeordnete Vogel, ständig ein- und ausgeht, wo in Meuselwitz 240 Arbeitsplätze existieren, die hauptsächlich von Anlagen zur Windkraftgewinnung leben, erzählen Sie einmal das den Leuten. Danke.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Erzählen Sie das mal den Leuten, die daneben wohnen.)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Bitte, Herr Minister Sklenar.

Dr. Schubert, zur Windkraft wollte ich jetzt eigentlich gar nichts mehr sagen, aber Sie haben mir jetzt das Stichwort zugespielt. Im Prinzip habe ich nichts gegen Windkraft, nur in Thüringen passt sie auf manche Flächen nicht hin.

(Beifall bei der CDU)

Das ist eine Tatsache. Fahren Sie doch einmal über unser Land, auf der einen Seite wollen wir Tourismus, auf der anderen Seite wollen wir einen Haufen Leute herholen und dann setzen wir die Spargel hin und wenn man dann durch Thüringen fährt, sieht man vor Spargeln keine schöne Landschaft mehr. Das kann doch nicht Sinn und Zweck sein.

(Beifall bei der CDU)

Da muss man doch ein bisschen mit mehr Vernunft und Verstand herangehen bei der ganzen Geschichte. Ich erinnere mich noch sehr gut, als ich vor Jahren hinten in der Rhön war und

(Glocke der Präsidentin)

der Franz Alt dort war - dieser Moderator - und als sehr starker Vertreter für alternative Energien aufgetreten ist und vehement für die Windkraft gesprochen hat. Wenn Sie dort in Dermbach in der Bauern-Scheune sitzen, sehen Sie die ganzen schönen sanften Hügel der Rhön. Da habe ich ihn gefragt: Herr Franz Alt, wollen Sie auf alle Hügel solche Spargel draufsetzen?

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Die hat Herr Krauser genehmigt.)

Da hat er geschwiegen und nichts dazu gesagt. So viel dazu.

(Beifall bei der CDU)