Protokoll der Sitzung vom 19.10.2006

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, Die Links- partei.PDS: Geheim!)

So weit war ich noch gar nicht, ich frage es aber gleich. Der Landtag hat in seiner 6. Sitzung am 11. November 2004 den Abgeordneten Andreas Bausewein als Mitglied des Kuratoriums der Thüringer Landeszentrale für politische Bildung gewählt. Da er aufgrund seiner Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt Erfurt als Mitglied des Landtags und damit auch gleichzeitig als Mitglied des Kuratoriums ausgeschieden ist, ist hier an seiner Stelle ein neues Mitglied zu wählen. Der Wahlvorschlag der SPD-Fraktion liegt Ihnen vor. Vorgeschlagen ist David Eckardt. Wiederum gemäß § 46 Abs. 2 der Geschäftsordnung kann durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Mitglied widerspricht.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Ja.)

Es wird dem widersprochen und damit werden wir die Wahlhandlung eröffnen. Ich bitte dann die Schriftführer, die Namen zu verlesen, und als Wahlhelfer bitte ich die Abgeordneten Berninger, Holbe und Künast zu fungieren.

Die Wahlhelfer sind zugegen, die Stimmzettel auch, dann bitte ich jetzt, die Namen zu verlesen.

Dieter Althaus, Matthias Bärwolff, Rolf Baumann, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Werner Buse, Christian Carius, Birgit Diezel, Sabine Doht, Hans-Jürgen Döring, David-Christian Eckardt, Antje Ehrlich-Strathausen, Volker Emde, Petra Enders, Wolfgang Fiedler, Dr. Ruth Fuchs, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Christian Gumprecht, Gerhard Günther, Dr. Roland Hahnemann, Ralf Hauboldt, Dieter Hausold, Susanne Hennig, Michael Heym, Uwe Höhn, Gudrun Holbe, Mike Huster, Siegfried Jaschke, Margit Jung, Ralf Kalich, Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Michael Krapp, Dr. Peter Krause, Horst Krauße,

Kretschmer, Thomas; von der Krone, Klaus; Kubitzki, Jörg; Kummer, Tilo; Kuschel, Frank; Lehmann, Annette; Lemke, Benno; Leukefeld, Ina; Lieberknecht, Christine; Matschie, Christoph; Meißner, Beate; Mohring, Mike; Nothnagel, Maik; Panse, Michael; Pelke, Birgit; Dr. Pidde, Werner; Pilger, Walter; Primas, Egon; Reimann, Michaele; Reinholz, Jürgen; Rose, Wieland; Dr. Scheringer-Wright, Johanna; Prof. Dr. Schipanski, Dagmar; Schröter, Fritz; Dr. Schubert, Hartmut; Schugens, Gottfried; Schwäblein, Jörg; Sedlacik, Heidrun; Seela, Reyk; Skibbe, Diana; Dr. Sklenar, Volker; Stauche, Carola; Tasch, Christina; Taubert, Heike; Thierbach, Tamara; Trautvetter, Andreas; Wackernagel, Elisabeth; Walsmann, Marion; Wehner, Wolfgang; Wetzel, Siegfried; Wolf, Katja; Worm, Henry; Dr. Zeh, Klaus.

Ich gehe davon aus, dass jeder und jede Abgeordnete seine bzw. ihre Stimme abgegeben hat. Damit schließe ich die Wahlhandlung und bitte um die Auszählung.

Ich stelle folgendes Wahlergebnis fest: abgegebene Stimmzettel 81, ungültige Stimmen keine, gültige Stimmzettel damit 81. Mit Ja haben 67, mit Nein 6 Abgeordnete gestimmt. Es gab 8 Enthaltungen. Damit ist Abgeordneter David Eckardt gewählt. Ich gehe davon aus, dass Sie die Wahl annehmen. Das ist so. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der SPD)

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 21

Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des Landesjugend- hilfeausschusses Wahlvorschlag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/2234 -

Auch hier noch ein kurzer Hinweis: Der Landtag hat in seiner 16. Sitzung am 22. April 2005 Andreas Bausewein als stellvertretendes Mitglied des Landesjugendhilfeausschusses gewählt. Wie vorhin schon gesagt, nach seiner Wahl als Oberbürgermeister der Stadt Erfurt hat er mittlerweile seine stellvertretende Mitgliedschaft auch im Landesjugendhilfeausschuss niedergelegt und an seiner Stelle ist ein neues stellvertretendes Mitglied zu wählen. Der Wahlvorschlag liegt vor. Auch hier ist vorgeschlagen Abgeordneter David Eckardt. Auch hier wiederum kann nach § 46 Abs. 2 der Geschäftsordnung durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Mitglied des Landtags widerspricht. Es wird dem widersprochen. Damit werden wir auch hier eine geheime Wahl durchführen.

Der Wahlzettel gibt Ihnen die Möglichkeit, ein Kreuzchen abzugeben, entweder „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“. Damit bitte ich wiederum die Abgeordneten Berninger, Holbe und Künast, als Wahlhelfer zu fungieren, und eröffne damit die Wahlhandlung und bitte die Schriftführer, die Namen zu verlesen.

Dieter Althaus, Matthias Bärwolff, Rolf Baumann, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Werner Buse, Christian Carius, Birgit Diezel, Sabine Doht, Hans-Jürgen Döring, David-Christian Eckardt, Antje EhrlichStrathausen, Volker Emde, Petra Enders, Wolfgang Fiedler, Dr. Ruth Fuchs, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Christian Grumprecht, Gerhard Günther, Dr. Roland Hahnemann, Ralf Hauboldt, Dieter Hausold, Susanne Hennig, Michael Heym, Uwe Höhn, Gudrun Holbe, Mike Huster, Siegfried Jaschke, Margit Jung, Ralf Kalich, Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Michael Krapp, Dr. Peter Krause, Horst Krauße,

Kretschmer, Thomas; von der Krone, Klaus; Kubitzki, Jörg; Künast, Dagmar; Kummer, Tilo; Kuschel, Frank; Lehmann, Annette; Lemke, Benno; Leukefeld, Ina; Lieberknecht, Christine; Matschie, Christoph; Meiß

ner, Beate; Mohring, Mike; Nothnagel, Maik; Panse, Michael; Pelke, Birgit; Dr. Pidde, Werner; Pilger, Walter; Primas, Egon; Reimann, Michaele; Reinholz, Jürgen; Rose, Wieland; Dr. Scheringer-Wright, Johanna; Prof. Dr. Schipanski, Dagmar; Schröter, Fritz; Dr. Schubert, Hartmut; Schugens, Gottfried; Schwäblein, Jörg; Sedlacik, Heidrun; Seela, Reyk; Skibbe, Diana; Dr. Sklenar, Volker; Stauche, Carola; Tasch, Christina; Taubert, Heike; Thierbach, Tamara; Trautvetter, Andreas; Wackernagel, Elisabeth; Walsmann, Marion; Wehner, Wolfgang; Wetzel, Siegfried; Wolf, Katja; Worm, Henry; Dr. Zeh, Klaus.

Ich gehe davon, dass jeder und jede Abgeordnete seinen bzw. ihren Stimmzettel gleich abgegeben hat. Damit beende ich den Wahlgang und bitte, die Stimmzettel auszuzählen.

Ich stelle für diesen Wahlgang folgendes Wahlergebnis fest: abgegebene Stimmzettel 79, ungültige Stimmzettel keine, gültige Stimmzettel damit 79. Mit Ja haben 59 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 11 und mit Enthaltung 9. Damit ist die Mehrheit der Stimmen erreicht und der Wahlvorschlag gewählt. Darf ich fragen, ob David Eckardt die Wahl annimmt? Er nimmt sie an. Dann herzlichen Glückwunsch und ein glückliches Händchen bei der Arbeit!

(Beifall bei der SPD)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 21 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 7 in seinen Teilen

a) Rahmenvereinbarung zur Arbeitsmarktpolitik Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksache 4/1563 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit - Drucksache 4/2310 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksache 4/2391 -

b) Kommunen bei aktiver Ar- beitsmarktförderung unter- stützen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/1565 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit - Drucksache 4/2311 -

dazu: Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 4/2387 -

Das Wort hat Abgeordneter Dr. Krapp aus dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zur Berichterstattung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu den Anträgen der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/1563 und der Fraktion der SPD in Drucksache 4/1565 fand in der Plenarsitzung am 26. Januar 2006 eine gemeinsame Debatte statt. In der Debatte spielte die Rückgabe von Arbeitsagenturmitteln als offensichtlicher Anlass für die Anträge eine wichtige Rolle. Beide Anträge wurden wegen auch weitergehender Fragen an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit überwiesen. Der Ausschuss hat sich in nicht öffentlichen Beratungen am 24. Februar 2006 und am 24. März 2006 mit den beiden Anträgen befasst. Dabei wurden die Punkte 1 bis 7 des SPD-Antrags erledigt. Außerdem wurde zum PDS-Antrag und zu den Punkten 7 und 8 des SPD-Antrags eine öffentliche Anhörung beschlossen. Die öffentliche Anhörung fand am 2. Juni 2006 statt. Angehört wurden der Gemeinde- und Städtebund Thüringen, der Thüringische Landkreistag und aus dem Landesbeirat für Arbeitsmarktpolitik die Arbeitgeberseite, die Arbeitnehmerseite, die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen, die Landesarbeitsgemeinschaft „Arbeit für Thüringen e.V.“ und die Liga der Freien Wohnfahrtspflege Thüringen. Insbesondere die Regionaldirektion der Arbeitsagentur betonte, dass die bisherige Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und der Regionaldirektion positiv für die Gestaltung aktiver und wirksamer Arbeitsmarktpolitik in Thüringen einzuschätzen ist. Es fehle nicht an Fördermöglichkeiten, Rahmenvereinbarungen oder einem Beschäftigungspakt, sondern an Beschäftigungsmöglichkeiten. Der DGB Thüringen unterstützt demgegenüber eine effektive Rahmenvereinbarung zur Arbeitsmarktpolitik, geht aber aktuell nicht davon aus, dass sich mit Hilfe eines Beschäftigungspakts, ähnlich dem des Thüringer Ausbildungspakts, grundlegende Verbesserungen für die Arbeitslosen realisieren lassen. Der DGB ist der Meinung, dass sich Ein-Euro-Jobs nicht bewährt haben und stattdessen ein gemeinwohlorientierter Beschäftigungssektor mit tariflichen Standards einzurichten ist. Die Vertreter der Landkreise, Gemeinden und Städte teilen nicht die Einschätzung der Antragsteller, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt durch Rahmenvereinbarungen oder Beschäftigungspakt aktivieren lassen. Es wurde auf die flexible Arbeit des Landesbeirats und seiner vier Regionalbeiräte hin

gewiesen; gleichwohl können sich die Kommunalvertreter stärkere Unterstützung der Kommunen im Rahmen der gegebenen Strukturen vorstellen. Das wird auch von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Thüringen so gesehen. Die Landesarbeitsgemeinschaft „Arbeit für Thüringen“ spricht sich ebenfalls für mehr Verantwortung der lokalen Ebene aus und fordert in diesem Sinne die Stärkung der Regionalbeiräte. Außerdem wird ein stärkerer Beitrag des Europäischen Sozialfonds in der neuen Förderperiode gefordert. Am 22. September 2006 hat der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit die Anhörung ausgewertet. Im Ergebnis dieser Beratung wird dem Plenum die Ablehnung des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/1563 und die Ablehnung der Punkte 7 und 8 des Antrags der Fraktion der SPD in Drucksache 4/1565 empfohlen.

(Beifall bei der CDU)

Danke. Wünscht die Fraktion der Linkspartei.PDS das Wort zur Begründung des Entschließungsantrags? Das ist nicht der Fall. Wünscht jemand der Fraktion von CDU und SPD die Begründung zum gemeinsamen Entschließungsantrag? Das ist auch nicht der Fall.

Dann eröffne ich die gemeinsame Aussprache und rufe auf Abgeordneten Pilger, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Anlass der heutigen Debatte, wir haben es gerade gehört, sind zwei Anträge aus dem Januar dieses Jahres. Das ist nun ein Dreivierteljahr her und dennoch ist der Kern des Anliegens unseres Antrags unverändert aktuell, politisch angesichts der Debatte um benachteiligte Menschen in unserer Gesellschaft vielleicht aktueller denn je. Ich habe damals in meiner Rede betont, dass es mir und meiner Fraktion um Sachlichkeit und um die Anerkennung der Fakten geht. Dies will ich auch heute noch einmal voranstellen. Der damals unserem Antrag zugrunde liegende Sachverhalt bestand darin, die Förderung langzeitarbeitsloser Menschen zu verbessern, die vorhandenen Finanzmittel im Interesse der Menschen und der örtlichen Wirtschaft zu nutzen und die Kommunen bei ihrer zugegebenermaßen schwierigen Aufgabenstellung zu unterstützen. Unser Ansinnen war es, für fachliche Standards zu sorgen und die Zusammenarbeit der Akteure des Arbeitsmarkts zu stärken. Ich will die Diskussion nicht noch einmal neu aufrollen, aber ich will betonen, dass die SPD-Landtagsfraktion wiederholt auf das Handlungsdefizit im Bereich der Förderung langzeitarbeitsloser Menschen hingewiesen hat. Unsere Zielsetzung war und ist es,

durch eine aktive Arbeitsmarktpolitik im Lebensumfeld der Betroffenen für eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu sorgen.

Es ist bedauerlich, dass die CDU-Fraktion trotz der von Anfang an bestehenden Umsetzungsdefizite damals jede konstruktive Unterstützung ablehnte. Gerade als Regierungspartei hätte man dafür sorgen müssen, dass die Landesregierung nicht in Ruhe den sich nach wenigen Monaten abzeichnenden Problemen zusieht. Diese Probleme waren spätestens im Frühsommer 2005 klar zu erkennen. Aber da gab es noch Rot-Grün in Berlin und die CDU tat so, als hätte sie überhaupt nichts mit dem Gesetz zu tun. Dieses Gesetz aber, meine Damen und Herren, war und ist ein rot-grün-schwarzes Gesetz.

Wesentliche administrative Umsetzungsprobleme entstammen genau den damals ausgehandelten Kompromissen. Sowohl der Ombudsrat als auch der Bundesrechnungshof haben auf diese Mängel eindrucksvoll hingewiesen und u.a. ein stärkeres Engagement der Länder eingefordert. Der Bundesrechnungshof empfiehlt, dass Bund und Länder für die Grundsicherungsträger einheitliche Maßstäbe zur Aufgabenerledigung vereinbaren sollen. Der Ombudsrat betont u.a., die Bundesländer stärker in die Rechts- und Fachaufsicht einzubeziehen. In beiden Berichten wird erwähnt, dass Erfolge in der Arbeitsmarktpolitik nur durch die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden zu erreichen sind. Das deckt sich doch offensichtlich mit Thüringer Erfahrungen. In der im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit durchgeführten Anhörung spricht selbst die Regionaldirektion der Bundesagentur vornehm und zurückhaltend von einer Qualifizierung der Formen der Zusammenarbeit. Die Liga der Wohlfahrtsverbände fordert eine Landesstrategie ein und verweist auf die Überforderung vieler Kommunen. Die LAG Arbeit hält eine stärkere Unterstützung der Landesbehörden für die Kommunen für erforderlich und betont die Chancen des ESF in Verbindung mit den Mitteln des SGB II und der DGB betont die Notwendigkeit der Entwicklung regionaler Arbeitsmarktkonzepte. Und selbst die Arbeitgeberseite im Landesbeirat für Arbeitsmarktpolitik verweist auf die Notwendigkeit regionaler Beschäftigungsprojekte und eine Stärkung der Aufgaben der Beiräte.

Überall wird also mit unterschiedlichen Akzentuierungen Handlungsbedarf aufgezeigt und die Unterstützung der handelnden Akteure für notwendig erachtet. Umso bedauerlicher ist es, dass dennoch die CDU unserem Antrag nicht zustimmen konnte. Bei oppositionellen Anträgen geht es offensichtlich immer wieder um die Einhaltung des Prinzips: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Und es darf eben auch nicht sein, dass die Opposition recht hat, selbst wenn Bundesrechnungshof, Ombudsrat und ein großer Teil

der Thüringer Akteure unsere Auffassungen und Erkenntnisse durchaus teilten. Sie wissen, dass ich dabei nicht an Begrifflichkeiten klebe - wir haben ja auch einen Änderungsantrag im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit dazu eingebracht -, aber an den Inhalten schon, denn die Förderung und Betreuung der arbeitslosen Menschen ist nach wie vor nicht befriedigend. Ich formuliere das absichtlich ganz vorsichtig. Wir haben also unverändert ein Umsetzungsproblem des Gesetzes und sollten denen helfen, die die Umsetzung bewältigen müssen, den Kommunen und den Arbeitsagenturen. Deshalb ist es falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei.PDS, auf das Gesetz einzudreschen, wenn es insbesondere um die Mängel der Praxis geht. Langzeitarbeitslosigkeit gab es auch schon vorher, nur war sie in der Sozialhilfe versteckt. Die überraschend hohe Zahl der Bedarfsgemeinschaften ist doch ein Indiz dafür, wie Verwaltung und Politik die Dimension der Arbeitslosigkeit, die Dimension sozialer Ausgrenzung vor dem SGB II unterschätzt haben. Den Sachverhalt als solchen aber jetzt dem Gesetz anzulasten, wie es die Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei.PDS immer wieder gern und auch in ihrem heutigen Entschließungsantrag tun, würde bedeuten, dem Verkünder schlechter Nachrichten die Verantwortung für die Nachricht anzulasten. In der Praxis bewirkt solch eine Strategie übrigens häufig, dass die Nachrichtenübermittlung zulasten der Wahrheit verändert wird. Die Verschleierungsexperten sind schon fleißig am Werk. Deshalb ist es völlig unverständlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn Ihre Partei auf der Bundesebene verstärkte Sanktionen für langzeitarbeitslose Menschen und Leistungskürzungen einfordert.

(Beifall bei der SPD)

Eine solche Strategie missachtet die Sachverhalte, sie missachtet die Notlage langzeitarbeitsloser Menschen und wird deshalb mit der SPD nicht zu machen sein. Es wäre fatal, wenn Sie sich der Meinung der CDU-Bundestagsfraktion anschließen würden. In deren aktuellem Papier wird zunächst auf die vielfältigen Organisations- und Zuständigkeitsprobleme hingewiesen, um dann festzustellen, dass diese kurzfristig nicht lösbar wären. Nach dieser lapidaren Feststellung setzt nachfolgend ein wahres Streichkonzert ein und das richtet sich sämtlich gegen langzeitarbeitslose Menschen. Im Klartext wird formuliert: Dort, wo Politik handeln müsste, nämlich bei der Umsetzung, dort fällt zumindest den Verfassern des Papiers nichts ein. Stattdessen geht es um neue Sanktionen, wo doch jeder Praktiker weiß, dass darin keine Lösung liegt. Es fehlt nicht an Sanktionen, es fehlt an Arbeitsplätzen, es fehlt an gesetzeskonformer Umsetzung, es fehlt schlicht und einfach an Förderung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, während der Diskussion im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit hat es seitens der CDU das Signal eines gemeinsamen, parteiübergreifenden Antrags gegeben, eines Antrags, der den Handlungsbedarf bezüglich der Unterstützung der vor Ort handelnden Akteure durch das Land endlich anerkennt. Trotz der nach wie vor unterschiedlichen Positionen und des bisherigen Umgangs mit Oppositionsanträgen waren wir im Interesse der Sache, im Interesse der langzeitarbeitslosen Menschen bereit, diesen Schritt zu wagen. Ein solcher Antrag ist zwangsläufig ein Kompromiss, ein Kompromiss, dem die Linkspartei.PDS aufgrund der Aussage des Antrags zur Armut, zum Armutsgesetz nicht folgen wollte. Ich habe dafür Verständnis, zumal auch mir der damals im Bundesrat gefundene großkoalitionäre kleinste gemeinsame Nenner, insbesondere bei der Höhe der Existenzsicherung, nicht ausreicht. Aber das SGB II ist in Kraft und wenn die Umsetzung unbefriedigend ist, muss hier etwas passieren.

(Beifall bei der SPD)

Das SGB II ist nach unserer Auffassung eben kein Armutsgesetz und deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei.PDS, kommen wir in diesem Fall auch auf keinen gemeinsamen Nenner. Wir sind stattdessen der Auffassung, dass es im ersten Schritt endlich möglich sein muss, die Chancen des Gesetzes zu ergreifen und in die Praxis umzusetzen, und dass wir im zweiten Schritt auf Bundesebene dafür sorgen müssen, das Gesetz dort zu verbessern, wo es nicht praxistauglich ist und wo die Förderung verbessert werden muss.

Ich hoffe und erwarte, dass der gemeinsame Entschließungsantrag der CDU- und SPD-Fraktion ein Schritt in die richtige Richtung ist. Wir sehen darin eine Chance für eine künftig bessere Förderung langzeitarbeitsloser Menschen in Thüringen. Wir sehen darin auch deshalb eine Chance, weil das die kommunale Akzeptanz für die Umsetzung erhöhen wird.

Lassen Sie mich das klar und deutlich sagen: Die vorliegende Fassung des Entschließungsantrags ist für mich und meine Fraktion ein schmaler Steg. Die Formulierungen, die sich auf die bisherige Umsetzungspraxis der Landesregierung beziehen, sind in ihrer Bewertung wachsweich und haben uns die Zustimmung nicht leicht gemacht. Aber wir haben uns entschieden, an diesem Punkt unsere grundsätzlichen Bedenken und Positionen zurückzustellen. Wir haben uns gefragt, was es den betroffenen Menschen nützt, wenn wir ideologisch Recht haben, dies aber aufgrund der parlamentarischen Mehrheiten nicht durchsetzen können. Unsere Hoffnung ist es, dass die Landesregierung mit diesem von der CDU-Landtagsfraktion unterstützten Antrag endlich mehr Mü

he, Phantasie und auch Geld aufwendet,

(Beifall bei der SPD)

um ihrer arbeitsmarktpolitischen Verantwortung gerecht zu werden. Die im Antrag geforderten Veränderungen an der Praxis der Regierung helfen den Menschen nicht im von uns geforderten Umfang, aber mehr, als bisher in diesem Hause möglich war. Dafür haben wir einige Kröten geschluckt, aber das ist eben die Natur von Kompromissen. Die CDU-Fraktion hätte sicher auch einen für sie einfacheren Weg einschlagen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wichtig ist uns insbesondere der Punkt c des Entschließungsantrags, deshalb will ich ihn auch hier besonders erläutern. Sowohl aus der Jugendhilfe als auch aus der Sozialhilfe bin ich einen partnerschaftlichen Umgang mit freien Trägern gewöhnt. Ich war es auch gewöhnt, seitens des Landes und des Landesjugendhilfeausschusses Empfehlungen für bestimmte Leistungen vorliegen zu haben, die trotz originärer kommunaler Zuständigkeit häufig hilfreich waren und für vergleichbare Standards in ganz Thüringen sorgten. Das Land hat also dort seine Anregungs- und Unterstützungsfunktion wahrgenommen, ohne dass wir damit in unserer originären Zuständigkeit als Kommune eingeschränkt worden wären. Genau dies stelle ich mir im übertragenen Sinne auch für die ARGEn und für die optierenden Kommunen vor. Dies setzt angesichts der gewaltigen Aufgabenstellung des SGB II allerdings eine kompetente Beratungsstruktur auf Landesebene voraus, die ich auch grundsätzlich für möglich und erforderlich halte. Im Gegensatz zu anderen Politikbereichen verfügt die Landesregierung im Arbeitsmarkt mit den Möglichkeiten des Europäischen Sozialfonds über ein Steuerungsinstrument, welches ausdrücklich zur Stärkung der Region und der regionalen Arbeitsmarktpolitik dienen soll, ein Finanzierungs- und Steuerungsinstrument, welches sie klug einsetzen kann. Einsicht und politischer Wille auf Landesebene vorausgesetzt, wäre es also möglich, eine entsprechende Unterstützungsstruktur zu beleben und dort, wo sie fehlt, neu aufzubauen. Moderne Dienstleistungen in öffentlichen Verwaltungen müssen ja nicht unbedingt darin bestehen, dass die öffentliche Verwaltung selbst diese Dienstleistung erbringt. Sie kann auch Dritte beauftragen, denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ich habe gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen vor wenigen Tagen im Kyffhäuserkreis erleben dürfen, wie sinnvoll die Unterstützung des Vereins Jugendberufshilfe Thüringen für die dortige Arbeitsgemeinschaft und den Landkreis war. Was dort entwickelt wurde und praktiziert wird, das hat den zuvor arbeitlosen Jugendlichen, dem Landkreis und der örtlichen Wirtschaft geholfen. Ich weiß auch aus dem Raum Südthüringen und aus meinem Wahl

kreis, welche Aufgaben die leider nicht mehr vom Land geförderten Beschäftigungsgesellschaften dort wahrnehmen, wenn es um kommunale Unterstützung und um neue Ideen geht. Ich nenne Jugendberufshilfe und die Beschäftigungsgesellschaften beispielhaft, weil das in der Vergangenheit zumindest häufig funktionierende Unterstützungsstrukturen waren, mit denen das Land durchaus qualitativ Einfluss nehmen konnte. Noch ist es nicht zu spät, für qualitative Weiterentwicklung oder Neujustierung derartiger Strukturen zu sorgen und sie in ein Unterstützungskonzept der Landesregierung zu integrieren. Kompetente Beratung jedenfalls wäre erforderlich und dafür braucht man entsprechende Ressourcen. Deshalb richtet sich der Entschließungsantrag aus unserer Sicht nicht nur an das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, sondern auch an das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit. Dies entspräche auch der Aufgabenstellung des SGB II, welches ja bekanntlich die Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe einbezieht.

Zusammenfassend knüpft meine Fraktion an diesen Antrag die Erwartung, dass dieser Landtag heute signalisiert, wir wollen die Förderung langzeitarbeitsloser Menschen in Thüringen schnell optimieren. Wir wollen, dass die Betroffenen bessere Chancen zur sozialen und beruflichen Integration erhalten, und wir wissen, dass sie dafür Unterstützung benötigen, mehr Unterstützung, als sie bisher erhalten haben. Ich knüpfe an diesen Antrag aber vor allen Dingen die Erwartung, dass die Landesregierung willens ist, schnell und nachhaltig für die Umsetzung zu sorgen. Wir werden deshalb sehr wachsam darauf achten, welche konkreten Veränderungen und welche Formen der Hilfe in den nächsten Monaten seitens der Landesregierung entwickelt werden.

Gemeinsame Anträge setzen auch gegenseitiges Vertrauen voraus. Diesen Vorschuss haben wir erbracht. Es ist nun an der Landesregierung, den Antrag in die Tat umzusetzen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich um die Zustimmung zu dem gemeinsamen Entschließungsantrag der CDU- und der SPD-Fraktion. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.