Drei Fragen, wenn ich das darf: 1. Wann waren Sie das letzte Mal im Theater? 2. Wann waren Sie das letzte Mal in Nordhausen und Eisenach im Theater? 3. Würden Sie sich im Stadtrat von Mühlhausen dafür einsetzen - Kulturraumgesetz -, dass der Stadtrat in Mühlhausen beschließt, das Theater in Eisenach und Nordhausen auch finanziell zu unterstützen?
Ich fange mal mit der letzten Frage an, Herr Kretschmer. Das würde ich sehr wohl machen. Aber Sie wissen genau, Herr Kretschmer,
ich würde das machen, aber Sie wissen genau, wer im Stadtrat Mühlhausen dies nicht tun würde. Da gibt es nämlich so einen kleinen Abgeordneten von der CDU, sehr zänkisch, der selbst 3K nicht fördern wollte. Da zucken Sie die Schultern, weil Ihr den in eurem Kreisverband auch nicht in den Griff bekommt.
Wann ich das letzte Mal im Nordhäuser Theater war? Das war im Frühjahr dieses Jahres, dann war ich im Winter im Nordhäuser Theater bei der Inszenierung „Orpheus in der Unterwelt“ zum Beispiel und im Eisenacher Theater war ich mit meiner Familie.
Vielen Dank. Ich habe nur eine ganz einfache Nachfrage: Wie schätzen Sie denn die Situation der Theater und Orchester in Thüringen ein, wenn all diejenigen, die jetzt protestieren, unterschreiben und womöglich auf die Straße gehen, einmal im Monat eine solche kulturelle Einrichtung besuchen würden?
Wissen Sie, dieses Argument habe ich schon ein paar Mal gehört, aber die Nordhäuser, die von dort kommen, daran kann ich das nämlich einschätzen, das Theater in Nordhausen ist immer voll.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Debatte über Kultur lässt erkennen, dass ihr nicht alle gewachsen sind, denn was
da jetzt so an Bemerkungen - Sie sind da schon ganz schön fortgeschritten, Herr Matschie, das will ich Ihnen gern zugestehen. Und ich bin auch erstaunt, dass das Thema „Kultur“, zumindest einen Teil der Rede von Herrn Gentzel doch auf einem von ihm nicht gewohnten Niveau möglich gemacht hat. Gegen Ende wurde es dann wieder etwas typisch Gentzel, denn seine Vergleiche zur Wirtschaftsförderung hinkten fürchterlich. Ich versuche, das vielleicht aufzuklären.
Jetzt lassen wir mal lieber die Vergleiche, welche Körperteile dann plötzlich als Vollmond erscheinen, das müssen wir nicht unbedingt aufklären.
Herr Gentzel hat unterstellt, das seien 20.000 € Förderung pro Theater und im Wirtschaftsbereich ist die Förderung viel, viel höher. Herr Gentzel, vergleichen Sie bitte - wenn Sie etwas vergleichen - die Investitionsförderung in den Theatern pro Beschäftigten an diesen Häusern und die Investitionsförderungen in neu zu schaffenden Betrieben pro Beschäftigte, dann werden Sie erkennen, dass bei den vielen Millionen, die in die Rekonstruktion aller Theater Thüringens geflossen sind und glücklicherweise auch in den einzigen Neubau, den wir hinbekommen haben in Erfurt, durchaus vergleichbar ist mit dem, was in der Industrie gefördert wird. Und das anders als bei der Industrie, wo es regelmäßig keine Dauersubventionen für den Erhalt des Arbeitsplatzes gibt. Dann die von Ihnen genannten 20.000 € pro Jahr und Angestellten jedes Jahr fließen. Insoweit hinkt dieser Vergleich so fürchterlich, dass man das hier richtigstellen muss.
Wir subventionieren auf Dauer und auch gewollt die Kultur in Thüringen anders als gewerbliche Arbeitsplätze ansonsten. So weit ist das schier nicht vergleichbar. Man sollte das auch nicht vergleichen. Denn es ist eine andere Art von Wertschöpfung, die dort geschieht; einmal materiell und einmal geistigkulturell. Ich will das bewusst auch nicht vergleichen, weil wir ansonsten diese Subvention gegenüber dem größten Teil der Bevölkerung, der sie nämlich gar nicht nutzt, nicht rechtfertigen könnten. Es gibt dort einen qualitativen Unterschied. Es muss immer wieder erstritten werden, dass wir für einen relativ kleinen Teil der Bevölkerung - da bin ich bei meinem Kollegen Dr. Krause - Herr Gentzel, dessen Namenszusatz Sie durchaus erwähnen sollten, weil wir noch einen Kollegen Krauße ohne den Doktortitel haben und vielleicht sollte ich noch einmal erwähnen, dass dieser Doktortitel zum Namen dazugehört, insoweit ist das nicht Eitelkeit, sonder Korrektheit im Umgang mit Kollegen.
Es sollte an dieser Stelle deutlich werden, dass wir zu rechtfertigen haben, dass wir viel Geld für einen kleinen Teil der Bevölkerung ausgeben, für deren zugegebenermaßen berechtigten kulturellen Bedürfnisse. Dass das keine Massenerscheinung ist, der Besuch in Theatern und Orchestern, haben wir schon mehrfach gesagt. Wenn alle, die demonst
rieren - und vielleicht ist Herr Kubitzki dann auch dabei - bereit wären, nicht nur gelegentlich ein Theater aufzusuchen, sondern seinen Protest dadurch auszudrücken, ein Abonnement zu nehmen, Herr Kubitzki, dann würden wir bei Theatern und Orchestern bei den Besucherquoten und bei der Eigenfinanzierungsquote weitaus besser dastehen. Wenn Sie zum Protest aufrufen, bitte verteilen Sie auch gleich die Abo-Anträge. Dann nehme ich auch Ihren Protest ein Stück ernster. So wie Sie aber hier vorgetragen haben, hat mich das wohl sehr an Ihre Armeezeit erinnert. Ich bin ganz sicher, bei dem Tonfall, den Sie angeschlagen haben, dass Sie dort Politoffizier waren. Vielleicht können Sie mich eines Besseren belehren. Das ist jetzt eine Unterstellung von mir. Aber es liegt nahe. Dieses Niveau muss doch wirklich nicht sein.
Selbst wenn es zu strukturellen Veränderungen in der Theater- und Orchesterlandschaft kommt und kommen muss, ich kann gern noch mal darauf eingehen - ich habe es ja vor ein paar Wochen schon mal getan - ist damit nicht die Schließung der Häuser verbunden. Dies auch nur unterschwellig zu unterstellen, ist - ich sage es nur mal höflich vorsichtig - einfach nicht redlich.
(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Von wegen. 70 Prozent, Herr Schwäblein, wenn 70 Prozent geschlossen werden.)
Mir würden im Allgemeinen und bei Ihnen im Besonderen da noch ganz andere Adjektive einfallen. Es ist auch nicht redlich, die Häuser und die Ensembles, die unterwegs sind zu Gastspielen so herabzuwürdigen, wie Sie das mit den Gauklertruppen des Mittelalters verglichen haben.
Das haben diese Damen und Herren, die sich viel Mühe geben, mit ihren Orchestern, mit ihren Inszenierungen über den Dunstkreis des Stammortes hinaus aufzutreten, schier nicht verdient. Dass Reisetheater nicht gleichzusetzen ist mit geringer Qualität, das sollten Sie sich mal von den Kulturschaffenden selber sagen lassen.
im Ausland. Gehen Sie nach Weimar und beleidigen Sie das Haus in Weimar wegen des Gastspiels in der Schweiz. Sie haben hervorragende Visitenkarten dort hinterlassen ob der Qualität, die damit geboten war. Erzählen Sie
das bitte den Erfurtern, die gerade in Amsterdam hervorragend aufgetreten sind, und nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Amsterdamer Oper ein ausschließliches Bespielhaus ist.
Das ist doch nicht negativ, wenn man sich die besten Ensembles der Welt zu Gast holt, und das ist übrigens regelmäßig preiswerter - diese Erkenntnis sollten Sie einmal schlicht an sich heran lassen -, als wenn man jegliche Produktion selber stemmen will. Dann kommt unsere Thüringer Realität dazu. Wir haben punktuell wirklich hervorragende Inszenierungen, müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die häufig nur ein einziges Mal zur Aufführung gelangen, wenn es gut geht, ein zweites und ein drittes Mal. Da muss gefragt werden dürfen, ob wir uns das auf Dauer so leisten können. Da kommt eben die Antwort angesichts der allgemeinen Finanznot: Nein. Da muss jetzt die Frage beantwortet werden, insbesondere von den kommunalen Trägern: Stemmen wir das, was an finanziellen Mehrforderungen auf uns zukommt in Zukunft oder stemmen wir es nicht?
Herr Döring, das ist nicht lächerlich. Das wird immer dramatischer. Herr Gentzel hat es durchaus zu Recht ausgeführt, es ist in den letzten Jahren schon zu wesentlichen Einschnitten gekommen und auch ohne die nötige Kürzung des Landes, und das hängt damit zusammen, dass wir finanziell einfach nicht mehr können, und das Berliner Urteil gestern sollte doch noch in einigen Ohren klingen und ich hoffe, in allen. Wir werden sonst irgendwann von einem Verfassungsgericht genötigt, Ausgaben einzuschränken. Also diese finanziellen Einschnitte sind doch schon überall mit Qualitätsverlust einhergegangen. Überall gehen diese finanziellen Einschnitte mit Qualitätsverlust einher, sei es nur deshalb, weil dann Orchester nicht mehr so viele Stellen haben können. Dann ist ein Qualitätsverlust damit verbunden, dass dann dieses Ensemble nicht mehr die ganze Musikliteratur spielen kann. Dies ist eine Einschränkung der künstlerischen Bandbreite und damit an sich schon ein Qualitätsverlust. Warum will man diese Wahrheit nicht an sich heranlassen? Man könnte das weitere Schrumpfen so laufen lassen. Aber irgend
wann wird es auch inhaltlich durchschlagen. Es wird am Ende schwierig werden, diese kleinen Orchester noch zu rechtfertigen.
Es sind einige schmerzhafte Wahrheiten, mit denen wir uns befassen müssen. Wir merken es jetzt auch schon im Bereich der Kindertagesstätten; wir merken es im Bereich der Schulen. Wir haben da Strukturen, bei denen wir uns fragen müssen: Stehen wir das so auf Dauer durch? Die kleinsten Schulen, die geringsten Klassenfrequenzen, das macht es regelmäßig teuer. Ist das angesichts einer schrumpfenden Bevölkerung in manchen Landesteilen tatsächlich durchstehbar, dass wir dann Kindergärten noch mit einer Gruppe, die noch halb besetzt ist, erhalten?