Protokoll der Sitzung vom 24.11.2006

ren etwas lernen könnten?

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Wie soll es weiterentwickelt werden, wenn die Kinder mit zehn Jahren getrennt werden? Sie haben es so schön als Problem aufgezeigt.

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, Die Links- partei.PDS: Wir züchten lieber die Elite.)

Da hilft auch der Hinweis, wie Herr Bärwolff vorhin schon sagte, auf die geänderte Richtlinie zur örtlichen Jugendförderung nicht, zumal mit dieser Richtlinie die Mittel für die Schuljugendarbeit und Jugendarbeit in der Summe erneut gekürzt wurden. Dreh- und Angelpunkt einer Kooperation, die der Bundesjugendbericht sehr zu Recht für notwendig erachtet, ist ein partnerschaftlicher Umgang zwischen der vom Land verantworteten Schulpolitik und der von den Landkreisen und von den kreisfreien Städten verantworteten Jugendhilfe und genau da mangelt es der Landesregierung. Auch dort braucht sie wohl etwas Nachhilfe, denn die Kommunen werden sich 16 Jahre nach der Wende auch nichts mehr überstülpen lassen. Wenn im gleichen Atemzug mit gewollter Kooperation der Landesjugendhilfeplan um ein Drittel gekürzt wird - das sprach auch Herr Bärwolff schon an -, wenn die Maßnahmeförderung für die außerschulische Jugendbildung völlig entfällt, wenn die Jugendpauschale Jahr für Jahr reduziert wird, dann bedeutet dies ebenfalls einen Abbau außerschulischer Bildungsangebote und so etwas erschwert logischerweise und natürlich die Kooperation.

(Beifall bei der SPD)

Man kann sich nicht von dem Partner Jugendhilfe mehr Zusammenarbeit wünschen und die Konkurrenz bedauern und gleichzeitig aber Stück für Stück den finanziellen Boden entziehen.

Zusammengefasst möchte ich aber heute noch eine Hoffnung zum Ausdruck bringen: Abgesehen von all den Forderungen, die in irgendeinem Zusammenhang mit der Familienoffensive stehen, lässt der Bericht - Frau Meißner sprach das auch schon an - Handlungsbedarfe erkennen. Wer zwischen den Zeilen zu lesen versteht und den vergangenen Bericht zu Rate zieht, der wird feststellen, dass verhaltene Selbstkritik durchaus hier und da zum Ausdruck kommt. Deshalb hoffe ich, dass im weiteren Beratungsprozess die Einsicht der Landesregierung auch reift. Ich hoffe, dass zukünftig qualifiziert und auf einer Augenhöhe mit den Kommunen, den freien Trägern und den Verbänden umgegangen wird,

(Beifall bei der SPD)

und zwar qualifiziert dort, wo die Landesregierung selbst in der Verpflichtung ist, und partnerschaftlich mindestens dort, wo die Landesregierung auf die Zusammenarbeit angewiesen ist. Eines wird aber der Kultusminister, Herr Prof. Goebel, wenigstens verstehen müssen: Der Lehrplan lässt sich auf einem Papier erzwingen, aber die Kooperation mit den Kommunen und auch den freien Trägen wird sich nicht erzwingen lassen. Der Jugendminister wiederum wird verstehen müssen, dass die Kooperation der unterschiedlichen Bildungsorte nur gelingen wird, wenn sich das Land nicht gleichzeitig aus der fachlichen und aus der finanziellen Verantwortung herauszieht.

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, wenn Sie die Ergebnisse des Bundesjugendberichts und Ihre eigenen Folgerungen wirklich ernst nehmen und sich auch ernsthaft darum kümmern wollen („kuemmern.de“ gibt es ja schon) , dann ist es an der Zeit, eine andere Kultur der Zusammenarbeit mit allen in dem Bereich genannten Akteuren zu pflegen. Deshalb von dieser Stelle noch einmal: Die von der Landesregierung erneut stur vorgetragene Klagewilligkeit gegen das Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik dokumentiert erneut, dass Sie weder die im Bundesjugendbericht formulierten Anforderungen an frühkindliche Bildung ernst nehmen noch die Kommunen und die Träger der Tageseinrichtungen als Partner sehen. Es ist schade, dass die Landesregierung im gesamten Bereich der frühkindlichen Bildung und der Familienpolitik die Aussagen des Bundesjugendberichts in ihren Handlungen - und ich habe das eben auch durch die Argumentation belegt - derart konterkariert. Da geht wohl die Ideologie vor den Sachverstand. Ich möchte mir aber den nüchternen Sachverstand wünschen, wenn wir die Folgerungen der Landesregierung in den Fachausschüssen behandeln. Vielleicht wäre eine Zusammenkunft zwischen den beiden Ministern noch einmal erstrebenswert. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat jetzt Abgeordnete Skibbe, Die Linkspartei.PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte der Abgeordneten Ehrlich-Strathausen ausdrücklich für ihre spritzigen Worte danken. „Bildung, Betreuung und Erziehung müssen Kindern aller Altersstufen zugänglich sein“, so die Kernbotschaft des Zwölften Kinder- und Jugendberichts. Diese Kernbotschaft hätte der Thüringer Familienoffensive zugrunde gelegen und man hat sogar die Stirn, die Stärkung der Elternverantwortung - sprich die 150-Euro-Prä

mie für den Verzicht auf den Kindergartenbesuch für Zweijährige - sei in diesen Kontext gestellt. Die Folgerungen der Thüringer Landesregierung waren vorhersehbar und werden durch ständige Wiederholungen nicht besser. Die Politik der Landesregierung für Familien, Kinder und Jugendliche wird grundsätzlich bestätigt. Es gibt keine Fehlentwicklungen - alles richtig gemacht. Dass wir, die Fraktion der Linkspartei.PDS, dieser Auffassung nicht folgen können, versteht sich wohl von selbst.

Die Grundidee des Zwölften Kinder- und Jugendberichts aufgreifend, der auf nachhaltige familien- und kindheitspolitische Effekte abzielt, muss an dieser Stelle hinterfragt werden. Was versteht die Landesregierung unter genau diesen Effekten? Ist das die Erhöhung der Elternbeiträge in Kindertagesstätten oder etwa die Erhöhung der Gruppenstärke in den Kindertagesstätten oder die Reduzierung von Betreuungszeiten in genau diesen Einrichtungen? Dass genau diese Tatsachen in Thüringen seit dem Sommer noch ziemlich moderat ausfallen, ist nicht der Politik der Landesregierung zu verdanken, sondern den kommunalen Parlamenten, den Trägern von Kindereinrichtungen und den Eltern. Was hier in Thüringen in den letzten beiden Jahren durch die Landesregierung angeschoben wurde, ist jedoch genau das Gegenteil von dem, was der Jugendbericht verlangt, und das wissen Sie selbst ganz genau.

Dass ihre Argumentation der Quadratur des Kreises gleichkommt, scheinen auch die Verfasser der Thüringer Folgerungen gewusst zu haben. Schließlich erklären sie auf Seite 9 quasi wie ertappte Sünder, die Forderungen des Bundesberichts nach stärkerer öffentlicher Verantwortung für das Aufwachsen junger Menschen bedeuten nicht, „den Vorrang elterlicher Verantwortung für die Kindererziehung zu schmälern.“ Das bedeutet es sicherlich nicht. Dem stimmen wir an dieser Stelle zu.

Stärkere öffentliche Verantwortung bedeutet aber, weniger als bisher bei Problemen einfach wegzuschauen, die Eltern zu oft alleinzulassen. Stärkere öffentliche Verantwortung bedeutet auch, öffentliche Institutionen wie den Kindergarten zu stärken und die Frage zuzulassen, ob es nicht auch Eltern gibt, die dringender Unterstützung bedürfen, um ihre Verantwortung auch wahrnehmen zu können.

Wenn Sie gerade Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Schichten den Zugang zu öffentlich geförderten Angeboten gezielt erleichtern wollen, wie Sie auf Seite 17 verkünden, ja dann tun Sie es doch endlich. Stattdessen haben Sie die Mittel in der Familienerholung - Abgeordnete Ehrlich-Strathausen ging vorhin darauf ein -, die gerade solchen Familien zugutekommt oder man muss wohl jetzt sagen „zugutekam“, gekürzt um

genau diese 66 Prozent, die Frau Ehrlich-Strathausen gerade erwähnte. Mit dieser Reduzierung haben Sie faktisch den Einrichtungen den Boden unter den Füßen weggezogen. Aus dem Landesjugendförderplan gibt es für die Kinder- und Jugenderholung schon seit Jahren überhaupt keine Maßnahmeförderung mehr, das nennen Sie dann Familienoffensive, ich kann nur sagen, armes Thüringen. Bei dieser Politik ist es kein Wunder, wenn Thüringer Familien das dringende Gefühl haben, sich gegen genau diese Politik wehren zu müssen, diese Politik, die außer krummen Sprüchen und einer krummen Logik nichts, aber gar nichts für sie übrighat. Dabei fordert sie nichts, was auch Forderung des Jugendberichts ist. Ich denke da zum Beispiel an die Forderung, dass Kindertagesbetreuungsangebote als umfassende Bildungsangebote eine grundsätzliche Beitragsfreiheit für die Eltern erfordern. Auch der gestrige Thüringen-Monitor belegt, dass die Thüringer Wert auf kostenlose Kindergärten und Ganztagseinrichtungen legen oder berufliche Nachteile befürchten, wenn sie sich für Kinder entscheiden.

Wenn im Zusammenhang mit elternbeitragsfreier Kindertagesbetreuung gefragt wird, „inwiefern und ab welchem Kindesalter dem Steuerzahler eine außerfamiliäre Kinderbetreuung eine volle Subventionierung wert sein soll, die familiäre Kinderbetreuung hingegen nicht und inwieweit eine solche staatliche Vorgabe bei der Kindererziehung und zur familiären Lebensgestaltung mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben der freien Selbstentfaltung und der Elternrechte übereingebracht werden kann.“ Auf diese Fragen kann ich nur antworten: Warum lassen Sie die Eltern nicht selbst entscheiden, ab wann Sie eine öffentliche Betreuung ihrer Kinder wünschen? Ein Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung von Anfang an ist doch kein Dogma. Ich frage mich, was Sie den Menschen in Thüringen vormachen. Einen umfassenden Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung ab dem 3. Lebensjahr anzubieten, ist auf den ersten Blick ein Schritt in die richtige Richtung. Aber gab es das nicht de facto bereits? Ich denke, viele Kommunen waren in ihrem Handeln hier weiter als die Landesregierung. Diesen Fortschritt mit der sogenannten Herdprämie zu erkaufen, führt zu Recht zu Kritik aus allen Bereichen der Gesellschaft. Die Entwicklung des Thüringer Bildungsplans bis 10 Jahre begrüßt meine Fraktion. Wir fragen aber auch, welche personellen und sächlichen Ressourcen erhalten die an den Modellprojekten beteiligten Einrichtungen? Oder glaubt man in der Landesregierung inzwischen, dass dies im Ehrenamt geleistet werden kann? So ein Bildungsplan müsste schließlich gelesen, in der Einrichtung diskutiert und auf die Bedürfnisse der Kinder und der am Bildungsprozess Beteiligten abgestimmt werden. Ich begrüße ausdrücklich, dass im Bildungsplan auf Altersbezüge, wann ein Kind was können muss, verzichtet wurde und

Kinder in ihrer Individualität betrachtet werden. Der Übergang vom Kindergarten zur Grundschule ist trotz veränderter Schuleingangsphase immer noch problematisch und da kann ich der Abgeordneten Meißner nicht zustimmen.

Wenn die Landesregierung einschätzt, dass die Teilnahme am Schulversuch „Veränderte Schuleingangsphase“ der beteiligten Schulen zu einem Qualitätssprung in der Arbeit dieser Schulen führte, dann stimme ich dem zu. Ich denke aber auch, dass sich noch viel zu wenige Grundschulen dieser Schuleingangsphase stellen. Warum, so frage ich, will man in diesem Zusammenhang nur Lehrer an Förderschulen für den Einsatz im gemeinsamen Unterricht nachqualifizieren? Ich denke, dass Grund-, Regelschul- oder auch die inzwischen an den Grundschulen eingesetzten Gymnasiallehrer eine Qualifizierung in diesem Bereich nötig haben. Die Schuleingangsuntersuchung zweigeteilt durchzuführen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Über die geforderten Entwicklungsdiagnosen bei Drei- bis Vierjährigen, die ich für dringend notwendig halte, finde ich bei den Thüringer Forderungen leider nichts, aber darüber können wir uns vielleicht auch in den Ausschüssen unterhalten.

Zum Schluss möchte ich auf eine weitere Forderung des Berichts eingehen, nämlich Schule zu einem Ort mit umfassenden Gelegenheiten und vielfältigen Anregungen für Bildung von Kindern und Jugendlichen zu gestalten. Die Abgeordneten Bärwolff und Ehrlich-Strathausen gingen auch darauf ein, so dass ich das nur noch einmal kurz verstärkend hinzufügen möchte. Dabei lassen sich die Zusammenhänge gerade von Kinderarmut, Fernsehen im Kinderzimmer, Langeweile und Schulversagen nicht von der Hand weisen. Es gibt genügend Untersuchungen dazu. Ich denke, wir brauchen mehr Ganztagsangebote, natürlich auch mit den Partnern vor Ort. Wir dürfen diesen Partnern nicht die Mittel entziehen.

Zur strukturellen Diskussion im Schulwesen werden wir sicher auch heute nicht weiterkommen, ich möchte jedoch die Gelegenheit nutzen, auch hier noch einmal die Position der Fraktion der Linkspartei.PDS vorzutragen. Unsere Thüringer Schulstruktur ist nicht ausgewogen und leistungsfähig, wie das im Bericht steht. Das beweisen die deutschlandweit höchste Anzahl von Förderschülern und nach wie vor die viel zu vielen Schulabbrecher. Die Auslese setzt viel zu früh ein. Das führt zu hoher sozialer Selektivität. Deshalb sind nach wie vor strukturelle Veränderungen nötig. Auch wir schlagen eine Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und an den Bildungsausschuss vor und ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke. Das ist eine Wortmeldung. Abgeordneter Panse, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrter Sitzungsvorstand, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Bärwolff, wenn Sie vorhin bei Ihrer Rede vielleicht gedacht haben, dass, nachdem Frau Meißner gesprochen hat und auf Ihre Rede nicht eingegangen ist, Sie vielleicht um eine Erwiderung herumkommen, da muss ich Sie enttäuschen. Frau Meißner hat sich mit Sicherheit mit Ihrer Rede nicht ganz so intensiv auseinandergesetzt, um nicht gleich bei ihrer ersten Rede hier einen Ordnungsruf zu riskieren. Allerdings, das, was Sie hier vom Stapel gelassen haben, und das, was Sie hier verkündet haben, hat mitnichten etwas damit zu tun gehabt, was wir heute als Beratungsgegenstand auf der Tagesordnung haben.

Herr Bärwolff, ich sage Ihnen gleich am Anfang, die Arbeit im Thüringer Landtag ist etwas mehr, als nur vormittags die Tür aufzuschließen und hier in den Landtag zu kommen. Sie müssen schon, wenn Sie zu einem solchen Tagesordnungspunkt sprechen, sich wenigstens mit den Unterlagen dazu beschäftigt haben. Ich habe den Eindruck, Sie haben weder den Bericht der Bundesregierung gelesen noch vermutlich die Schlussfolgerungen der Landesregierung aus diesem Bericht. Oder wenn Sie es gelesen haben, haben Sie es zumindest nicht verstanden, denn das, was Sie hier offenbart haben, war vorsichtig ausgedrückt mit dem „Thema verfehlt“ noch eine sanfte Umschreibung. Sie haben an keiner Stelle darauf Bezug genommen, dass es sich bei dem heute zur Beratung anstehenden Tagesordnungspunkt um eine Stellungnahme des Landes zum Bundesbericht handelt, um nichts anderes. Nicht um ein großes Wünsch-dirwas-Konzert, nicht um eine Abhandlung über alles, was mit Jugendpolitik in Thüringen zu tun haben könnte, sondern es handelt sich lediglich um eine Stellungnahme des Landes zu den fachlichen Empfehlungen des Bundesberichts. Insofern haben Sie dann, als Sie hier angefangen haben zu reden, alles gestreift, was Ihnen so in den Sinn gekommen ist. Ich habe einmal ein paar Stichpunkte mitgeschrieben: Armut, Familienoffensive, Ausbildungssituation, Studiengebühren, Kinderarmut, Elterngeld, Bürgergeld. Alles, was Ihnen gerade in den Sinn kam, wozu Sie meinten, hier reden zu können, meinten Sie, können Sie dem Zwölften Kinder- und Jugendbericht zuordnen. Es ist aber nicht so.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen noch ein Weiteres, das geht auch gleich an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion: Wenn Sie so unzufrieden sind mit den Schlussfolgerungen der Landesregierung zum Zwölften Kinder- und Jugendbericht, dann hätte ich erwartet, dass Sie hier einen Entschließungsantrag dazu vorlegen und Ihre Vorstellungen formulieren. So ist es im Bundestag geschehen. Im Bundestag haben die Fraktionen, die mit dem Zwölften Kinder- und Jugendbericht nicht einverstanden waren, einen eigenen Entschließungsantrag vorgelegt, haben auf ihre eigenen Positionen hingewiesen und haben es sich nicht nur zur Aufgabe gemacht, daran herumzumaulen, ohne auch nur irgendein Konzept vorzulegen.

(Zwischenruf Abg. Ehrlich-Strathausen, SPD: Wir können uns im Ausschuss da- rüber unterhalten.)

Der Zwölfte Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung ist mit „Bildung, Betreuung und Erziehung“ umrissen. Genau darum geht es auch, darauf beziehen sich fast alle Schlussfolgerungen, fast alle fachlichen Empfehlungen, die in diesem Zwölften Kinder- und Jugendbericht zu finden sind. Darauf sind letztendlich auch die Schlussfolgerungen der Landesregierung eingegangen. Wir haben, als wir den Elften Kinder- und Jugendbericht im Thüringer Landtag diskutiert haben, das war, glaube ich, vor vier Jahren, Herr Bärwolff, damals waren Sie noch so ein halber Erwachsener und waren, glaube ich, Zielgruppe für diesen Elften Kinder- und Jugendbericht, damals beklagt, dass dieser den Titel hatte „Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung“. Damals ging es um die Frage, wie weit der Staat Verantwortung übernehmen soll für das Aufwachsen von Kindern, auch Kindern in Familien. Wir haben das damals sehr kritisch diskutiert, entsinne ich mich. Heute reden wir über den gesamten Bereich von Bildung, Betreuung und Erziehung. Auch dazu hat Frau Meißner gesprochen und ich bin ihr sehr dankbar, dass sie an diesem Punkt ausdrücklich darauf eingegangen ist, was in den Schlussfolgerungen zum Bericht steht.

Herr Bärwolff, Frau Meißner hat schon recht, weder im Zwölften Kinder- und Jugendbericht noch in den Folgerungen dazu steht irgendetwas von Bürgergeld, von bedarfsorientierter Grundsicherung. Aber Sie hatten augenscheinlich Lust, darüber zu sprechen. Insofern wollten Sie uns ja auch hier nahebringen, was vielleicht aus jemandem werden kann, der, wie Sie es zitiert haben, noch nie einen Berufsabschluss gemacht hat oder vielleicht auch noch nichts leisten konnte. Ich beantworte die Frage nicht, ich lasse es einfach mal hier im Raum stehen, aber ich denke, einige von uns wissen auch, was gemeint sein könnte. Sie haben, als es um die örtliche Jugendförderung ging, die Jugendpauschale, die Schul

jugendarbeit und die Schulsozialarbeit erwähnt. Da will ich Ihnen schon dazu sagen, dass wir dieses Instrument im Freistaat Thüringen haben, ist eine freiwillige Leistung des Freistaats Thüringen. Wir haben auch mit der Zusammenführung der Richtlinien und der drei Förderbereiche deutlich gemacht, dass das Land sich weiter in Verantwortung befindet und das unterstützt, was auf kommunaler Ebene umgesetzt werden muss. Frau Ehrlich-Strathausen hat sehr wohl darauf hingewiesen, dass es kommunale Verantwortung ist für die Landkreise und die kreisfreien Städte, die entsprechenden Förderinstrumentarien, aber auch die Jugendarbeit letztendlich zu organisieren und vorzuhalten - und das gilt eben auch für die Schulsozialarbeit. Herr Bärwolff, wenn Sie auf die Schulsozialarbeit eingehen, muss ich Ihnen schon sagen, die Schulsozialarbeit, das ist so ein Kapitel, so ein Beispiel, wo kommunale Verantwortung gefragt ist, wo beispielsweise aber auch die Stadt Erfurt jetzt ihre kommunale Verantwortung wahrnimmt, indem sie die entsprechenden Finanzierungsmittel bereitstellt und für die Schulsozialarbeit sorgt und das organisiert. Das Land hat das viele Jahre in einer Anschubfinanzierung unterstützt. Es waren ESF-Mittel, die über viele Jahre geholfen haben. Aber wir haben auch immer deutlich gemacht, Schulsozialarbeit ist eine kommunale Aufgabe und es muss auch dort verortet werden, wo diese Aufgabe hingehört.

Sie haben den Landesjugendförderplan angesprochen. Da muss ich Ihnen schon sagen, ich war ja dabei, als wir das diskutiert haben, als Sie auch verschiedene Änderungsvorschläge an dieser Stelle gebracht haben und Sie haben ja erlebt, wie diese Änderungsvorschläge vom Landesjugendhilfeausschuss, also dem fachlichen Gremium, dann am Ende weggewischt wurden. Insofern können Sie das hier nicht beklagen, dass der Landesjugendförderplan Ihnen an dieser Stelle nicht gefällt. Ja, der Landesjugendförderplan fordert mehr an Mitteln ein. Aber auch da sage ich, ein Mehr an Mitteln müssen wir uns finanziell leisten können, das müssen wir erwirtschaften können und dann können wir es auch entsprechend bereitstellen. Da bin ich gerne bei diesen Forderungen, aber da müssen wir auch aufzeigen, wo wir diese Mittel hernehmen wollen.

Zum Zwölften Kinder- und Jugendbericht - den hat Rot-Grün 2003 noch in Auftrag gegeben. Er ist vor einem Jahr fertiggestellt und dann in der großen Koalition in Berlin auch diskutiert worden. Er enthält eine ganze Menge an Forderungen, die Frau Meißner zum Teil skizziert hat, aber auf drei, vier Punkte möchte ich schon noch eingehen. Das ist zum einen die Frage des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz, der sollte auf Kinder unter drei Jahren erweitert werden. Da gibt es auch so eine Zeitvorgabe - bis 2008, bis 2010, da könnte man noch ein

bisschen weitergehen. Ich stelle fest, wir sind in Thüringen lange und schon seit vielen, vielen Jahren weit über diesem Ziel hinaus. Wir hatten den Rechtsanspruch ab zweieinhalb Jahren, wir haben jetzt den Rechtsanspruch ab zwei Jahren. Wir haben auch die Forderung umgesetzt, worauf der Zwölfte Kinder- und Jugendbericht hinweist, nämlich nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz, nach der Umsetzung des Ganztagsschulprogramms, insbesondere aber eben nach der Frage der Kindertagesstättenbetreuungsplätze auch für Kinder unter zwei Jahren, worauf der Zwölfte Kinder- und Jugendbericht hinaus will und sagt, das soll perspektivisch mal das Ziel sein. Der Zwölfte Kinder- und Jugendbericht fordert von den Ländern Ganztagskindertagesstättenbetreuungsangebote, aus gutem Grund, weil die Kolleginnen und Kollegen in Berlin wissen, dass die Realität in fast allen Bundesländern völlig anders aussieht. Wenn Sie in Hamburg versuchen, einen Betreuungsplatz zu bekommen, erhalten Sie, wenn Sie Glück haben, einen Halbtagsbetreuungsplatz, Sie bezahlen 400 € Elterngebühren. Vor diesem Hintergrund muss man das verstehen, was im Zwölften Kinder- und Jugendbericht als Forderung formuliert ist. Der Zwölfte Kinder- und Jugendbericht fordert Ganztagsbetreuungsplätze. Ich stelle fest, das haben wir. Wir haben ein umfängliches Hortangebot, wir haben mit der Schuljugendarbeit Ganztagsbetreuungsangebote in den Nachmittagsstunden auch in weiterführenden Schulen und wir haben ein vorbildliches Kindertagesstättensystem. Das werden wir an dieser Stelle auch nicht müde, regelmäßig wieder zu betonen und zu sagen, weil es eben keine Selbstverständlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland ist.

Wir haben, auch darauf geht der Zwölfte Kinder- und Jugendbericht ein, mit dem Bildungsanspruch und dem Bildungsplan Instrumentarien, wo wir genau diese Vernetzung zwischen Kindertagesstätte und Schule, zwischen Grundschule und weiterführender Schule herstellen wollen, wo wir mit dem Bildungskonzept 0 bis 16 genauso einen Beitrag leisten wie mit dem Bildungsplan für die Kindertagesstätten.

Wir haben uns - auch dazu sagte Frau Meißner etwas - zu den Übergängen der Bildungsphase in den vergangenen Monaten im Thüringer Landtag mehrfach verständigt, die Schlussfolgerungen der Landesregierung gehen darauf ein. Ich glaube, diese Bildungsübergänge leichter zu machen, das ist unser aller Ziel hier. Genau an dieser Stelle arbeiten wir auch weiter, aber auch da, stelle ich fest, sind wir auf einem Weg, auf den wir uns begeben haben, um es Schülerinnen und Schülern leichter zu machen.

Der Zwölfte Kinder- und Jugendbericht umschreibt auch bildungspolitische Visionen, ich habe es gesagt, aber diese Umsetzung von bildungspolitischen Visionen erfordert Geld. Das erfordert, wenn man

eine Gesellschaft zukunftsfähig gestalten will, dass man dieses Geld, wenn man es bereitstellen möchte, zunächst erwirtschaftet hat in einer Gesellschaft, denn, auch das haben wir jedes Mal, wenn wir über den Thüringer Haushalt diskutiert haben, gesagt, es bringt eben nichts, zukunftsfähige Visionen auf Pump zu entwickeln, uns die Zukunft von Kindern zu borgen und sie letztendlich irgendwann zum Abtragen dieser Schulden zu verpflichten. Genau vor diesem Hintergrund geht der Bund auch sehr vorsichtig mit seiner Forderung nach kostenfreien Kindertagesstätten um. Frau Ehrlich-Strathausen, ich gehe darauf schon ein. Wir haben kostenfreie Kindertagesstätten für sozial Benachteiligte, wir haben kostenfreie Kindertagesstätten für Menschen, die auf Sozialhilfeleistungen angewiesen sind. Das ist ein vernünftiges und gutes System, insofern haben wir für die Kinder einen kostenfreien Bildungszugang gewährleistet. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit in anderen Bundesländern. Frau Ehrlich-Strathausen, Sie wissen, dass in den Bundesländern, wo sich die SPD mit in Regierungsverantwortung befindet, es allemal noch etwas schwerer ist.

§ 10 Abs. 2 Thüringer Kinder- und Jugendhilfeausführungsgesetz gibt der Landesregierung auf, Schlussfolgerungen aus dem Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung zu ziehen. Ich bin dankbar dafür - auch da teile ich Ihre Auffassung -, dass wir so schnell im Thüringer Landtag über diese Fragen diskutieren können. Sie wissen, dass der Landesjugendhilfeausschuss eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die sich mit dem Zwölften Kinder- und Jugendbericht beschäftigt hat, eine relativ dünne Stellungnahme dazu abgegeben hat. Aber auch dort werden wir weiter über diese Fragen diskutieren können, über den Zwölften Kinder- und Jugendbericht, über die Schlussfolgerungen der Landesregierung, vor allem aber über das, was wir uns als Vision für die Kinder- und Jugendhilfe in Thüringen vorstellen. Frau Ehrlich-Strathausen, Sie haben die Überweisung an mehrere Fachausschüsse beantragt. Nach meinem Kenntnisstand geht das überhaupt nicht. Wir können in einem Fachausschuss weiterdiskutieren, aber auch davon, sage ich Ihnen, wird die CDU-Fraktion Abstand nehmen, weil wir dieses Thema im Landesjugendhilfeausschuss diskutieren und weil es uns an dieser Stelle vielleicht zukommen würde, darüber intensiver zu diskutieren, wenn wir hier einen fachlichen Antrag, einen Entschließungsantrag zu den Schlussfolgerungen der Landesregierung gehabt hätten. Die Landesregierung hat ihre Schlussfolgerungen abgegeben und uns heute vorgestellt. Die stehen im Raum, die sind auch für uns, für die CDU-Fraktion, ein Punkt, dem wir zustimmen und den wir mittragen. Insofern sehen wir keine Notwendigkeit, an dieser Stelle mit abweichenden Meinungsäußerungen, Entschließungsanträgen oder Ähnlichem zu agieren. Ich sage es noch mal, ich bin enttäuscht, wenn Sie

anderer Auffassung sind, dass Sie dazu nicht entsprechende Vorschläge unterbreitet haben.

Wir haben bei dem, was Sie skizziert haben, mit den freiwilligen Leistungen des Landes, insbesondere was die Unterstützung von Familienerholung angeht - ich habe es auch vorhin schon gesagt -, mit der Jugendpauschale, mit den Mitteln für die Schulsozialarbeit und für die schulbezogene Jugendarbeit eine ganze Menge an freiwilligen Leistungen, die wir uns in Thüringen auch in der angespannten finanziellen Lage leisten. Andere Bundesländer, das wissen Sie, die können das nicht. Ich habe Verständnis dafür, dass Sie hier als Opposition in einer Art und Weise agieren, dass Sie uns ständig Forderungen unterbreiten. Das ist legitim, das ist auch Ihre Aufgabe. Aber auch Sie wissen, dass Sie dort, wo Sie sich in Koalition befinden - und das sehen wir jetzt gerade in Berlin -, vieles an Realismus gewinnen und auch Sie wissen, dass spätestens dann, wenn Sie sich selber in Regierungsverantwortung befinden - ich sage da nur das Beispiel Berlin -, dass dann die Entscheidungen ganz, ganz anders aussehen, dass da vieles von dem, was Sie hier als vollmundige Forderungen in den Raum stellen, nicht andeutungsweise umsetzbar ist.

Zum Schluss: Die CDU-Fraktion - ich hatte es gesagt -, teilt die Schlussfolgerungen, wir begrüßen die Schlussfolgerungen der Landesregierung. Wir sehen keine Notwendigkeit für eine Fortberatung, weder in mehreren Ausschüssen noch in einem Ausschuss. Wir werden also heute nach dieser Diskussion als CDU-Fraktion den Tagesordnungspunkt gerne abschließen wollen, nicht aber die Beschäftigung mit diesem Thema, und die werden wir, Frau EhrlichStrathausen, dort führen, wo es hingehört, im Landesjugendhilfeausschuss.

(Zwischenruf Abg. Ehrlich-Strathausen, SPD: Aber meckern, dass wir nicht mit- arbeiten.)

Ich lade Sie dort dazu ein. Vielen Dank.

(Zwischenruf Abg. Ehrlich-Strathausen, SPD: Ich sitze da schon, Herr Panse.)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Ich übergebe das Wort an Herrn Minister Zeh.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, im letzten Jahr veröffentlichte