Elemente als Begründung für Beiträge: grundstücksbezogen, dauerhaft, gebrauchswertsteigend. Das funktioniert nicht mehr, weil aufgrund der Mobilität natürlich die Straßen nur noch als System funktionieren. Ich kann nicht mehr die einzelne Straße für sich betrachten. Da müssen Sie den Leuten erklären - und das erlebe ich täglich -, dass diese Fragen gestellt werden, ich habe keine Argumente, das zu erklären! Warum werden Bundesstraßen, warum werden Bundesautobahnen, warum werden Landesstraßen, warum werden Kreisstraßen steuerfinanziert und ausgerechnet bei der Gemeindestraße soll sich der Anlieger an den Kosten beteiligen? Ich habe gesagt, selbst wenn die Gemeindestraße in Ordnung ist, wenn keine Anbindung an das überregionale Netz vorhanden ist, dann können Sie diesen angeblichen Vorteil, also diesen wirtschaftlichen Vorteil, überhaupt nicht mehr darstellen. Deswegen habe ich starke Bedenken, ob die Straßenausbaubeiträge noch in das System der speziellen Entgelte hineinpassen. Aber wenn ich es schon zitiere, Frau Stauche, ich schenke Ihnen eine Kommunalordnung, Sie haben sie vielleicht auch nicht, denn sonst hätten Sie das ja anders zitieren können, Sie können doch nicht sagen, die Gemeinde ist verpflichtet, ein spezielles Entgelt zu erheben und dann machen Sie einen Punkt.
Da ist noch ein Komma und dann kommt noch ein zweiter Halbsatz, „soweit geboten und vertretbar“, aber das ist doch wichtig. Vielleicht können Sie sich von Herrn Gasser als Juristen erklären lassen, wie die beiden Rechtsbegriffe „geboten“ und „vertretbar“ zu interpretieren sind. Da können wir uns ja wieder hier oder im Ausschuss streiten.
Aber einfach zu verkürzen und wo ein Komma ist einen Punkt zu machen, das ist eben nicht seriös und Sie täuschen damit die Öffentlichkeit, weil Sie den Eindruck vermitteln, als wenn die Rechtslage in Thüringen eine andere ist als sie ist. Die Kommunalordnung ist mehrheitlich durch Ihre Fraktion mitgetragen worden.
Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung zur dauernden Leistungsfähigkeit. Da wurde gesagt, die kann sich ändern. Glückwunsch, so viel haben Sie schon mitbekommen, dass das kein starres System ist, aber jetzt müssen Sie mir einmal erklären: Bei der Aufnahme eines Kredites prüft die Kommunalaufsicht die dauernde Leistungsfähigkeit. Zugrunde gelegt wird die Mittelfristige Finanzplanung, die macht eine Prognose für drei Jahre in die Zukunft. Das reicht aus, damit eine Gemeinde Millionenkredite aufnehmen kann. Wenn wir schreiben, wir nehmen dasselbe
Instrument, das die Kommunalaufsicht für sich in Anspruch nimmt, um zu sagen, Kredit ja oder nein und sagen, die Gemeinde kann zurückerstatten, ich sage noch einmal, nur die rückwirkend erhobenen Beiträge, nicht alle Beiträge, das ist auch boshaft uns unterstellt, wer so etwas formuliert, dann soll dieser Betrachtungszeitraum von drei Jahren nicht mehr ausreichen. Ja, wo leben wir denn, wenn Millionenkredite aufgenommen werden können, die die Gemeinde im Regelfall für 25 bis 30 Jahre belasten, da muss das auch ausreichen, um zu beurteilen, kann sich die Gemeinde eine Rückerstattung von Straßenausbaubeiträgen leisten oder nicht. Oder Sie müssen den Mut haben - das kann die CDU ja machen, Sie haben doch die Mehrheit in diesem Haus - zu sagen, das bisherige Instrument zur Bewertung der dauernden Leistungsfähigkeit ist nicht mehr geeignet. Da müssen Sie etwas anderes vorschlagen. Aber einfach zu sagen, in dem einen Bereich wenden wir es an, in dem anderen Bereich, weil es uns nicht passt, machen wir das nicht, das ist unseriös.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es sind noch 5 Minuten bis Mittag. Es wird sowieso kein neuer Tagesordnungspunkt mehr aufgerufen, würde ich einmal prognostizieren, das entscheidet natürlich die Präsidentin.
Herr Abgeordneter, wann, welcher Tagesordnungspunkt aufgerufen wird, entscheidet die Präsidentin. Bitte fahren Sie fort und wie lange Ihre Redezeit noch ist, werde ich Ihnen dann mitteilen.
Das ist sehr schön. Ich habe noch eine letzte Anmerkung. Der Herr Innenminister hat hier den Eindruck erweckt, 120, 130 Gemeinden wären gegenwärtig von der rückwirkenden Erhebung von Straßenausbaubeiträgen betroffen. Herr Minister, wir haben nicht so viele Mitarbeiter wie Sie, aber trotzdem sind wir bereit, Ihnen im Interesse der Sache Amtshilfe zu leisten. Wir haben eine Übersicht und wir gehen davon aus, mindestens 600 Gemeinden sind betroffen. Ich will Ihnen sagen, weshalb. Sie haben schon gesagt, sie sind von dem Urteil des OVG betroffen und müssen rückwirkend noch Beiträge erheben, und zwar hatten Sie schon gesagt, 130 haben gar keine Satzung, haben aber ausbaufähige Maßnahmen durchgeführt, deshalb müssen die eine Satzung machen, dann haben wir rund 100 Gemeinden, die haben wiederkehrende Beiträge, nicht seit
1991, weil es die erst seit 1994 gibt. Das können Sie noch nicht wissen, aber Sie können es sich ja sagen lassen oder im Gesetz steht das in einer losen Blattsammlung wieder, dann ist es klar. Die wurden erst 1994 eingeführt, können also nicht bis 1991, das heißt, sie müssen alle bis 1991 erheben und die Mehrzahl der Gemeinden, die einmalige Beiträge haben, haben auch vernünftigerweise bisher nicht bis 1991 rückwirkend erhoben, sondern nach unserem Kenntnisstand 98/97/96/95, dann hört es aber auf. Das heißt, die müssen ja auch noch von 1995 bis 1991 rückwirkend erheben, also insgesamt 600, und damit ist es ein flächendeckendes Problem. Es ist eben kein Problem von 100 oder 130 Gemeinden. Und da frage ich mich, wie wollen Sie für zwei Drittel der Thüringer Gemeinden eine Einzelfalllösung machen, auch staatsrechtlich oder gesetzlich? Das ist für eine Mehrzahl, das bedarf dann letztlich eines Gesetzes, wenn Sie nicht das Rechtssystem in Thüringen weiter aushöhlen wollen und das unterstelle ich Ihnen einmal nicht.
Meine Damen und Herren, wir beantragen auch die Überweisung an den Innenausschuss. Die Debatte heute hat Spaß gemacht, aber hat gezeigt, es müssen noch viele Fragen geklärt werden. Wir haben einen Diskussionsvorschlag gemacht. Wir sind überzeugt, es gibt andere Lösungen und sind gespannt, welche Lösungen SPD und CDU hier vorschlagen. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich bin jetzt noch mal hierher gekommen, Herr Abgeordneter Kuschel, weil ich gehört habe, welchen Vorwurf Sie erhoben haben. Insgesamt kann man sagen, was Sie hier in der letzten Viertelstunde ausgeführt haben, das hatte weder Hand noch Fuß, das war Geschwätz. Das ist das Erste.
Sie sind mit diesem Beitrag der Feststellung des Thüringer Landtags gerecht geworden, nämlich parlamentsunwürdig.
Sie haben mir vorgeworfen, ich hätte - das haben Sie oder auch andere einige Male versucht zu verbreiten - gesagt, die Thüringer Bürger seien demokratie
unfähig. Das ist falsch, das habe ich nie gesagt und Sie waren dabei. Ich will das jetzt noch mal klar und deutlich sagen: Ich habe keine Lust, das jeden Tag zu dementieren, was alles an Unsinn verbreitet wird, insbesondere von Ihnen. Es war nicht so; Sie wissen genau, worum es ging. Es ging um die Frage des Volksbegehrens. Da hat ein Abgeordneter gefragt, warum funktioniert denn das in Bayern. Da habe ich gesagt, weil Bayern seit 60 Jahren eine Demokratie ist. Daraus haben Sie die unzutreffende Folgerung gezogen, ich hätte die Thüringer Bürger für demokratieunfähig erklärt; das ist falsch. Ich erkläre Sie für demokratieunfähig, weil Sie nämlich hetzen; Sie hetzen die Leute auf. Das ist der Grund, weshalb ich auf die Bayern Bezug genommen habe, aber nicht auf die Thüringer Bürger - nur, um das für alle Zeiten mal klarzustellen. Danke.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es ist Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss beantragt worden. Ich lasse darüber abstimmen. Wer für die Überweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2620 an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Stimmenthaltungen? Damit ist die Überweisung mit Mehrheit abgelehnt worden und ich schließe die erste Beratung für heute. Wir treten jetzt in die Mittagspause bis 14.00 Uhr ein.
Einen kurzen Hinweis noch. Ich soll darauf hinweisen, dass sich der Sozialausschuss im Raum 202 zusammenfindet.
Die erste Frage in der Drucksache 4/2592 stellt der Abgeordnete Kuschel von der Fraktion der Linkspartei.PDS.
Anfang Januar 2007 wurde ein Bürger der Gemeinde Wolfsberg (Ilm-Kreis) in Erzwingungshaft genommen, weil er sich weigerte, einen Straßenausbaubeitrag
in Höhe von 544,44 € zu bezahlen. Der CDU-Bürgermeister der Gemeinde hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass der Betroffene auf angebotene Möglichkeiten zur Stundung und Ratenzahlung nicht reagiert habe. Insofern sei die Maßnahme der Erzwingungshaft letztlich gerechtfertigt.
1. Welche Maßnahmen mit welchen Ergebnissen hat die Gemeinde Wolfsberg vollzogen, um von dem Betroffenen den Straßenausbaubeitrag einzutreiben, bevor letztlich die Erzwingungshaft als Zwangsmittel zur Anwendung kam, und weshalb waren insbesondere Drittschuldnererklärungen, Lohn- und Einkommenspfändungen, Kontopfändungen bzw. Eigentumszwangsversteigerungen ohne Erfolg bzw. wurden nicht angewandt?
3. Erscheint es der Landesregierung angemessen, bei einem Betrag von 544,44 € eine Erzwingungshaft zu vollziehen, insbesondere auch mit Blick auf die Tatsache, dass der Betroffene gegenwärtig offenbar Arbeitslosengeld II erhält und insofern ein laufendes Einkommen unterhalb der pfändungsfreien Grenze bezieht?
4. In wie vielen Fällen wurde im Zeitraum 2004 bis 2006 in Thüringen wegen der Nichtbezahlung von Beiträgen auf Grundlage des Thüringer Kommunalabgabengesetzes durch welche Kommunen bzw. Zweckverbände Erzwingungshaft angeordnet und vollzogen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.
Frage 1: Die Gemeinde führt Vollstreckungsmaßnahmen als zuständige Vollstreckungsbehörde im eigenen Wirkungskreis zur Durchsetzung von öffentlich-rechtlichen Forderungen durch und prüft deren Erforderlichkeit eigenverantwortlich im Rahmen der Gesetze. Soweit der betroffene Schuldner hierbei seine Rechte verletzt sieht, stehen ihm entsprechende Rechtsmittel zur Verfügung. Der konkrete Verlauf des Vollstreckungsverfahrens ist der kommunalen Aufsichtsbehörde nicht bekannt. Allgemein wird dar
auf hingewiesen, dass ein Haftbefehl zur Erzwingungshaft auf Antrag der Gemeinde nur von einem Richter erlassen werden kann, der zu prüfen hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Entscheidung vorliegen.
Frage 2: Aus den bei der Beantwortung zu Frage 1 genannten Gründen liegen der Kommunalaufsicht zu dem vorliegenden Fall keine Kenntnisse zur Kostenfrage vor.
Frage 3: Nach § 41 Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz in Verbindung mit den §§ 899 bis 915 g ZPO ist die Erzwingungshaft nur im Rahmen eines Verfahrens zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung unter den Voraussetzungen des § 901 Zivilprozessordnung zulässig. Für den entscheidenden Richter kommt es auf die Höhe der beizutreibenden Geldleistung, die Ausgangspunkt für das Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung war, nach § 901 Zivilprozessordnung nicht an. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.
Frage 4: Es sind aus den Jahren 2004 bis 2006 keine weiteren Fälle bekannt, in denen in der Folge der Nichtbezahlung von Beiträgen nach dem Thüringer Kommunalabgabengesetz eine Erzwingungshaft angeordnet wurde.
Herr Minister, Sie haben zu Frage 2 gesagt, dass hier keine Erkenntnisse vorliegen, aber zumindest wer die Kosten der Erzwingungshaft zu tragen hat. Diesbezüglich müsste ja eine Antwort möglich sein, da ich mal unterstelle, dass das gesetzlich geregelt ist, selbst wenn über die Höhe keine Aussage möglich ist.
Und die zweite Frage, Frau Präsidentin, wenn ich die gleich anschließen darf. Es handelt sich hier um eine öffentliche Abgabe, die nach den Regelungen des Kommunalabgabengesetzes als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht. Inwiefern sehen Sie unter Berücksichtigung dieser Tatsache die Notwendigkeit, dass eine nochmalige Besicherung über die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auch unter der Maßgabe der Höhe der Schuld als angemessen erscheint?
Die Haftkosten sind Bestandteil der Auslagen des gerichtlichen Verfahrens und die beruhen auf Anlage 1 Teil 9 - das wollte ich Ihnen eigentlich ersparen - Nummer 9010 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz. Die hat der Vollstreckungsgläubiger zu erstatten. Die Höhe des Haftkostenbeitrags bemisst sich nach § 50 Abs. 2 und 3 Strafvollzugsgesetz in Verbindung mit der jährlichen Bekanntmachung des Bundesministeriums für Justiz und die Feststellung der Haftkostenbeiträge. Bei voller Verpflegung und Einzelunterbringung des Verhafteten sind im vorliegenden Falle Tageshaftkosten in Höhe von 5,16 € einzufordern und der Vollstreckungsgläubiger hat für diese Auslagen hinreichend Vorschuss zu leisten. Letztlich können diese Kosten dem Vollstreckungsschuldner gegenüber als Auslagen des Vollstreckungsverfahrens erhoben werden. Wer das nachlesen möchte, Herr Kuschel, § 56 Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 11 Thüringer Verwaltungskostenordnung zum Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz, Gesetz- und Verordnungsblatt 1995, Seite 92. Sie sehen wir haben noch Kapazitäten frei.
Im Übrigen zu der weiteren Frage bezüglich der Notwendigkeit, das ist Sache des Gläubigers. Er will ja wissen - und das ist der einfachere Weg, das kommt ja bei der eidesstattlichen Versicherung dann zum Vorschein -, ob er Bargeld hat, ob er irgendetwas hat, worauf man sofort zugreifen kann. Das ist einfacher als dann unter Umständen eine Befriedigung in das Grundstück zu fordern und deswegen auch die geringer einschneidende Maßnahme. Im Übrigen ist es ausschließlich Sache des Richters, dies zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen, um danach eine Entscheidung zu treffen.
Es gibt keinen weiteren Nachfragen, so kann ich als zweite Frage die des Herrn Abgeordneten Gerstenberger von der Fraktion der Linkspartei.PDS in der Drucksache 4/2593 aufrufen. Ich nehme an, dass der Abgeordnete Buse diese vorträgt. Bitte, Herr Abgeordneter Buse.