Protokoll der Sitzung vom 01.03.2007

Herr Prof. Juckenack, ich weiß ja, dass Sie versucht haben, das Spannungsfeld hier darzustellen, aber es ist keine positive Bilanz. Alles das, was passiert, passiert natürlich schon im Vorfeld dessen, dass uns schon vor längerer Zeit bewusst geworden ist, was hier auf uns zukommt. Aber es ist doch nicht positiv, wenn man einerseits einspart und andererseits der Verkehr so viel zunimmt und die Emissionen im Verkehr - Sie finden ja immer nette Worte dafür -, aber der Verkehr und der Ausstoß der Emissionen hat zugenommen in Thüringen und Schuld daran ist diese Autoindustrie und diese Menschen, die sich das gefallen lassen.

(Unruhe bei der CDU)

Doch, doch, die Selbstverpflichtung der Autoindustrie lief darauf hinaus, im Jahr 2008 nur noch Autos mit durchschnittlich 5,8 Liter Benzin und 5,1 Liter Diesel pro 100 Kilometer herzustellen. Das war eine Selbstverpflichtung; davon sind wir weit entfernt im Jahr 2007.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Wie viel mal fahren Sie mit dem Zug?)

Frau Tasch, Sie wissen ganz genau, dass ich sehr, sehr oft Zug fahre, das ist ein ganz schlechtes Beispiel, das können Sie doch steckenlassen.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Seit wann kennen Sie sich auch im Verkehr aus?)

Darauf muss ich nicht eingehen.

Herr Dr. Juckenack, Sie sind auf die einzelnen Klimakonferenzen und auch auf das Klimaschutzkonzept der Landesregierung schon eingegangen, nun konkrete Handlungsziele gibt es darin nicht. Es sind Punkte, die wir auch unterstützen und die da sind, aber so richtig was Fassbares ist es nicht. Im Jahr 2002 gab es dann die Erfurter Erklärung, wo ja ein

zelne Punkte auch erfüllt wurden, die Sie auch hier dargestellt haben, aber, wie gesagt, im Bereich Verkehr gab es doch einen Anstieg. Die Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien, worauf Sie ja richtigerweise stolz sind, geht doch nur auf die Energiepolitik der rot-grünen Bundesregierung zurück. Wie haben wir uns verteidigen müssen, solange RotGrün versucht hat, eine Energiewende hinzubekommen. Wir sind beschimpft worden von dem Mittelblock, jetzt bauen Sie auf den Erfolgen der rot-grünen Bundesregierung auf, das ist ja vollkommen richtig. Wir müssen die erneuerbaren Energien weiter ausbauen, aber es muss doch auch mal gesagt werden, gegen wie viel Widerstand und mit wie viel Häme das doch hier wahrgenommen wurde und wie schwierig es war, einzelne Punkte durchzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Und dann, wenn es wirklich die Landesregierung mal in der Hand hat, etwas Eigenes zu tun, dann werden die Förderprogramme gestrichen. Es wurden die Energieberater in Thüringen abgeschafft und Sie haben ja genau darauf hingewiesen, die Gebäudesanierung und die Beratung im privaten Bereich ist der Sektor, wo wir am meisten einsparen können, im Moment für Thüringen gesehen. Die Gebäudesanierung ist so wichtig, dass jeder Haushalt darauf hingewiesen wird, wie viel Energie zum Fenster rausgeschossen wird. Da müssen wir doch versuchen, das umzukehren und da ist das Gebäudesanierungsprogramm, was ja jetzt die Große Koalition aufgelegt hat, auch ein richtiger Punkt dafür, aber wir müssen als Land Thüringen das natürlich auch begleiten und unsere kontraproduktive Haltung in der Förderpolitik wieder umkehren.

Noch ein Bezug auf die Biodieselnutzung unserer Flotte, das habe ich schon gesagt.

Dann noch ein Punkt, wo ich...

Frau Abgeordnete Becker, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Primas?

Aber selbstverständlich.

Bitte, Herr Primas.

Frau Becker, glauben Sie wirklich, dass die Zurücknahme eines einzigen Förderprogramms, nämlich

der Förderung kleintechnischer Holzfeuerungsanlagen - das ist das einzige Förderprogramm, was zurückgenommen worden ist - diesen Einfluss hat, dass in Thüringen vielleicht etwas nicht vorangeht?

Nein, das ist aber auch ein Grund.

Das ist das einzige Programm, was zurückgegangen ist, alle anderen gibt es weiter.

Nein, die Energieberater sind auch abgeschafft worden im Wirtschaftsministerium und es ging um die Energieberatung, die habe ich jetzt im Allgemeinen gemeint, damit die Energieberater vor Ort sagen können, wo Energie eingespart werden kann. Das ist ja unser Potenzial, was wir haben. Herr Staatssekretär hat doch darauf hingewiesen, dass es wirklich alles nur einzelne Punkte sind und dass wir nichts ausschließen können, sondern dass wir einzelne Punkte nehmen und das als Gesamtpaket sehen, damit wir da vorankommen. Das kann man nicht sagen, dass es da nur an diesem einen Punkt lag, aber ich glaube schon, dass es punktuell wichtig ist, da auch wieder Förderpolitik zu machen. Das sehe ich so.

Glauben Sie nicht, dass die 50 Förderprogramme, die in Thüringen wirken, eine volle Allround-Abdeckung darstellen?

Nein, das ist punktuell, aber es ist nicht das, was Thüringen sich leisten könnte, wenn man schon so weit wäre. Herr Primas, bei Ihnen fehlt es doch schon im Ansatz, das haben wir doch bei „Kyrill“ schon gemerkt, wo Sie schon mal wieder infrage gestellt haben, ob „Kyrill“ wirklich durch den Klimawandel kommt oder nicht. Na klar, gab es schon immer Stürme, aber die Einstellung im Kopf muss doch stimmen. Ob dieser „Kyrill“ nun wirklich auf den Klimawandel zurückzuführen ist oder nicht, da kann man noch lange debattieren. Da streiten ja auch Wissen

schaftler, aber es geht doch einher damit. Wenn es bei den Menschen im Kopf nicht stimmt, dann kann man das auch nicht umsetzen und dann wird es auch schwierig, den Klimawandel wirklich wahrzunehmen und auch zu verstetigen.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: … dann haben wir mehr Stürme.)

Ich will noch mal zurückkommen auf den Punkt, den ich jetzt noch ansprechen wollte, Referenzobjekte der Landesregierung. Was hat das gekostet, damit wenigstens dieser Thüringer Landtag eine Solaranlage hat? Das haben wir geschafft. Herr Kummer hat das angestoßen im Umweltausschuss und es ist dann noch im Nachhinein passiert, dass eine Solaranlage auf unser Dach gekommen ist hier im Thüringer Landtag.

Sie haben viele Neubauten gebaut durch diese Landesregierung, wo man sich fragt, wo sind da Biomasseheizanlagen, wo sind alternative Energien, wo ist ein Niedrigenergiehaus, was man ja hätte bauen können? Sie haben einfach gebaut, diese Landesregierung.

(Heiterkeit bei der CDU)

Es gibt nichts. Sie schwimmen immer mit. Sie sagen zwar einerseits, wir müssen alles tun, um dem Klimawandel entgegenzusteuern, aber andererseits fehlt es dann bei den einzelnen Punkten bei Ihnen an der Überzeugung, dass Sie das auch wirklich möchten. Sie haben auch berechtigterweise angesprochen, dass es im Moment in der Debatte wirklich auch kuriose Vorschläge gibt. Aber ich sage immer, lieber ein paar Vorschläge mehr, über die man schmunzeln kann, als gar keine.

Auch Greenpeace hat ja jetzt ein 10-Punkte-Programm herausgegeben, über das man diskutieren kann. Als erster Punkt: Zerschlagung der Energiemonopole, da die vier Energiemonopole RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall, die 80 Prozent des deutschen Energiemarkts kontrollieren. Auch darüber muss man diskutieren, weil diese nämlich verhindern, dass wirklich im breiten Maße erneuerbare Energien in Bewegung kommen. Das ist ein Anstoß, darüber kann man diskutieren. Braunkohlekraftwerke sind die schlimmsten Klimakiller in der Bundesrepublik Deutschland. Das Braunkohlekraftwerk, was jetzt neu gebaut wird, stößt so viel C02 aus, wie ganz Norwegen in einem Jahr. Darüber muss man diskutieren. Ich sage nicht, dass ich das alles richtig finde, aber man muss doch darüber reden.

Senkung des Energieverbrauchs in der Industrie; stoppt den Lkw-Wahnsinn. Das ist doch auch ein Problem, was wir seit Jahren sehen. Wir bauen im

mer größere Autobahnen, wir bauen immer mehr Straßen, damit dann immer mehr Lkws auf dieser Straße das Bier von Dortmund nach Erfurt transportieren. Warum können wir denn kein Bier aus Erfurt trinken?

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Weil es nicht schmeckt.)

Die Stoffkreisläufe müssen doch wirklich geregelt werden. Die Lage gibt es doch im Moment nicht nur bei Bier, auch bei der Milch ist ja das gleiche Problem. Warum müssen wir denn immer diese Sachen durch die Gegend fahren - Schwarzbacher Bier, genau, begnügen wir uns mit Thüringer Bier. Warum trinken wir denn kein Thüringer Bier?

(Beifall bei der SPD)

Warum muss denn der Warentransport so erfolgen, wie er erfolgt? Das ist ein schwerwiegendes Problem. Natürlich kann das Thüringen nicht allein lösen, das ist ganz klar, aber man muss es ansprechen. Das Problem mit der Autoindustrie habe ich schon gesagt. Das ist der fünfte Punkt beim GreenpeaceVerband. Die Spritfresser von der Straße! Da ist die Selbstverpflichtung noch mal angesprochen. Halbiert die Flugkilometer! Das habe ich auch schon gesagt. Die Deutschen sind dazu bereit.

Dann: Bringt alle Häuser auf einen Niedrigenergiestandard. Auch da können wir sehr viel sparen, wenn wir unsere eigenen Häuser, unsere Fenster und unsere Heizungsanlagen noch mal überprüfen.

Es geht aber noch weiter, was Greenpeace so alles von uns verlangt. Esst weniger Fleisch! Das ist ein Problem, wenn wir gerade vorher über die Stärkung der ländlichen Räume gesprochen haben. Das müssen wir ja natürlich noch abwägen.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Man kann ja stattdessen Bratwurst essen.)

Ja, Thüringer Bratwurst ist auch richtig.

Dann kommt auch noch ein ganz schwieriges politisches Thema bei Greenpeace. Nehmt Klimaflüchtlinge auf und verstoßt sie nicht aus unserem Land, weil die Industriestaaten nun mal für die Klimakatastrophen in Afrika und in der Dritten Welt zuständig sind.

Dann, Herr Staatssekretär, was ich noch sagen wollte, der 10. Punkt, den finde ich sehr interessant. Ruht euch nicht auf dem Erreichten aus! Manchmal habe ich da so ein Problem, dass in Ihrem Bericht he

rauskommt: Klar müssen wir aufpassen, was noch alles auf uns zukommt, aber wir haben ja schon allerhand geschafft. Nein. Wir stehen immer wieder am Anfang. Wir haben nichts geschafft, solange wir den Klimawandel nicht aufhalten. Wir müssen immer weiter nach vorn gehen und immer wieder neue Wege finden, um den CO2-Ausstoß zu verhindern und wir müssen uns in den Köpfen bewusst werden, es gibt einen Klimawandel und solange sich Menschen noch hier hinstellen und sagen, ja, aber „Kyrill“ hat doch nichts mit Klimawandel zu tun, da stimmt irgendetwas nicht. Da sage ich, wir sind noch nicht so weit, dass wir wirklich darüber diskutieren können, was auf die nächste Generation zukommt und Sie haben ja auch die Szenarien aufgezeichnet. Kein Wissenschaftler möchte sich im Moment festlegen, was denn wirklich passiert, sind es 1,4 Grad Celsius oder sind es 5 Grad Erwärmung, das ist alles noch in vagen Bereichen, sicherlich bis 2050, aber wir müssen darüber reden und es muss jeder Einzelne damit anfangen und, Frau Tasch, da reicht es nicht, wenn Sie hier rufen, wir müssen mehr Zug fahren, ja da muss der gesamte Landtag Zug fahren!

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ich habe gefragt, wann Sie Zug fahren.)

Sie wissen ganz genau, dass ich Zug fahre und Sie wissen auch, dass ich bestimmt das einzige Erdgasauto von allen Landtagsabgeordneten fahre, was auch schon einmal dazu beiträgt, umweltbewusst zu fahren. Das ist so.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Das ist eine Luftnummer.)