Protokoll der Sitzung vom 03.05.2007

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Antrag kommt aus der Zorro-Abteilung der PDS-Fraktion, eine Bedrohung an die Wand malen, sich dann aufspielen als Schützer von Entrechteten und Unterdrückten, Öl ins Feuer zu gießen, wenn der Showdown vorbei war zu verschwinden und die Betroffenen auf der kalten Asche sitzen zu lassen, meine Damen und Herren. Worum geht es? Parallel zu unserer Sitzung tagt in Köln der Hauptvorstand, die Hauptversammlung der Deutschen Telekom. Der Konzernchef der Deutschen Telekom hat sehr deutlich gemacht, dass die Telekom in einer wettbewerblichen Schieflage ist und dringend reformbedürftig ist. Ja, meine Damen und Herren, was muss man dort tun? Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Konzernleitung in Verhandlungen mit der Gewerkschaft ist über einen Stellenumbau. Das ist nur erst einmal eine Sache, die zwischen dem Unternehmen und den Gewerkschaften stattfindet und den Thüringer Landtag nach meinem Empfinden höchsten marginal zu interessieren hat, weil wir dafür nicht zuständig sind. Nichtsdestotrotz habe ich mir angesehen, was denn die Angebote sind, die für diese missliche Situation, in der sich die Telekom befindet, auf dem Tisch liegen? Es ist also das Ziel, langfristig Arbeitsplätze zu sichern. Wenn ich von der Situation der Deutschen Telekom ausgehe, kann es also nur an den Möglichkeiten der Frage, die Kosten zu minimieren, losgehen. Denn wenn Sie mal schauen, im letzten Jahr in dem starken Wettbewerb hat die Telekom immerhin ca. 2 Mio. Festnetzanschlüsse verloren. Also was ist zu tun? Da sind die Vorschläge, die von der Unternehmensleitung auf dem Tisch liegen, die nicht Ausgliederung heißen - auch das hat Herr Obermann deutlich gesagt -, sondern die Serviceeinheiten sollen in drei Firmen zusammengefasst werden, damit man einigermaßen wettbewerbsfähige Bedingungen schaffen kann, die immer noch deutlich besser sind als bei vergleichbaren Serviceunternehmen, also in der Frage Arbeitszeit und Lohnhöhe, mit dem langfristigen Ziel, die Arbeitsplätze zu halten. Wenn Ihre Anfrage „Beschäftigungspolitische und strukturpoli

tische Auswirkungen“ lautet, dann muss man deutlich sagen, von der Unternehmensführung ist das Ziel, dass die Arbeitsplätze langfristig zu sichern sind. Nun verstehe ich sicher, dass von der Gewerkschaft ein kurzfristiges Ziel angesprochen wird, das heißt die Besitzstände zu wahren. Damit haben wir die klassische Konfliktsituation zwischen Problemlöser auf der einen und Besitzstandswahrer und Reichsbedenkenträger auf der anderen Seite. Ich will auf den Antrag oder auf die Bemerkung der Aktuellen Stunde auch zurückkommen.

Im Angebot der Konzernleitung steht weiterhin, dass 4.000 Mitarbeiter zusätzlich eingestellt werden sollen. Nun muss man sich auch mal deutlich die Werte anschauen, um die es dort eigentlich geht, sie sind sehr unterschiedlich. Das ist ein Fingerzeig nun auf die Thüringer Situation. Sie sind auch - in der Arbeitszeit und der Lohnhöhe - gespalten im Hinblick auf Ost und West. Also das, was hier zum Teil durch die Gewerkschaft als drohende Situation für die betreffenden Serviceeinheiten angesprochen worden ist - die mögliche Erhöhung einer Arbeitszeit von 32 bis 34 Stunden auf 38 Stunden -, ist in Ost- und Mitteldeutschland gängig. 38 Stunden sind die Normalmaße und auch die Differenzierung in den Lohnhöhen. Es ist eher - würde ich sagen - ein westdeutsches Problem, was hier dargestellt worden ist.

Nachdem die Gewerkschaft den - sagen wir mal - Termin zur Bereitschaft der Annahme des Vorschlags mit dem gestrigen Datum verstreichen lassen hat, sind auch auf der heutigen Veranstaltung deutlich die offenen Fragen genannt worden. Welche Alternativen gibt es denn zu dieser Umstrukturierung, zu diesem Stellenabbau? Auch das ist deutlich gesagt worden, meine Damen und Herren. Darüber sollte man, denke ich, den Betreffenden klaren Wein einschenken. Also die Alternative ist die Überführung der Servicebereiche in andere Konzernteile, wo die ebenfalls mit der Gewerkschaft ver.di ausgehandelten Konditionen zum Teil unter denen lägen, die für die Servicegesellschaften angeboten waren.

Und die zweite Alternative - das ist sehr hart, aber ich sage das auch in aller Deutlichkeit, denn man kann nur die entsprechende Strategie gemeinsam gestalten zwischen dem Unternehmen, den Beschäftigten und der Gewerkschaft - wäre der zusätzlich mögliche Verkauf von Teilen der Servicebereiche an Drittanbieter. Da, meine Damen und Herren, würde ich sagen, weil, wie gesagt, wir nicht zuständig sind, ist doch zumindest der Blick ganz deutlich auf die Situation des Unternehmens zu richten, zu sagen, wir sind für die Frage der langfristigen Beschäftigungssicherheit und die Frage der 4.000 Mitarbeiter zusätzlich sehr positiv eingestellt bei dem Zustand, den nach außen hin die Deutsche Telekom derzeit abgibt. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich Frau Abgeordnete Leukefeld zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kretschmer, ich komme immer noch von der Linkspartei.PDS und nicht von der ZorroAbteilung. Leider habe ich nur fünf Minuten, sonst würde ich Ihnen was über das neue Buch von Isabel Allende erzählen, das heißt „Zorro“. Im Übrigen hat Ihr Beitrag ganz klar gemacht, wer auf welcher Seite steht. Sie vertreten Konzernpolitik und wir die Interessen der Betroffenen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mehr braucht man eigentlich dazu überhaupt nicht zu sagen. Die Umbaupläne der Telekom sorgen für Besorgnis bei den Betroffenen. Das ist mehr oder weniger gerechtfertigt. Denen droht Entlassung und Ausgliederung. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben im April bereits 800 Telekommitarbeiter die Arbeit niedergelegt, um für ihre Rechte zu kämpfen. Auch heute findet die Hauptversammlung statt, wird gestreikt. Der vorgesehene Personalabbau der Jahre 2005 bis 2008 liegt bei 32.000 Stellen, weitere 50.000 will man in Servicegesellschaften ausgliedern. Der Lohn soll gekürzt werden, dazu die Arbeitszeit steigen. Dafür treten Sie ein: Runter mit den Löhnen, rauf mit der Arbeitszeit! Das wollen wir so nicht hinnehmen. Deswegen stehen wir an der Seite der Betroffenen. Ver.di wird morgen entscheiden, ob es zu einer Urabstimmung für einen Streik kommt.

Ostdeutschland ist von den Umbauplänen besonders betroffen. Zentrale Standorte der Telekom, die nicht ausgegliedert werden, bestehen gar nicht. Der Verkauf der Callcenter in Erfurt und Suhl (450 Ar- beitsplätze) spricht eine deutliche Sprache. Auch die Standorte in Gera und Nordhausen sind in Gefahr. Zu den Folgen gehört, dass hochwertige Arbeitsplätze in Thüringen wegfallen. Wenn gemeldet wird, die Telekom habe noch 2.000 Lehrstellen für das neue Ausbildungsjahr zu vergeben, dann ist das mehr oder weniger zynisch. Telekom hat eine exzellente Ausbildung gehabt und eigentlich müssen wir von dieser Stelle die Forderung aufmachen, selbst wenn es Ausgliederung/Verlagerung gibt, wenigstens die Lehrstellen zu erhalten und nach Möglichkeit auch noch auszubauen.

In Ostdeutschland existieren keine Beamtenstellen. Abbau durch Vorruhestand gibt es also nicht. Um

das Problem deutlich zu machen: Im Osten befinden sich 18 Prozent aller Telekombeschäftigten, aber fast 60 Prozent der kündbaren. Sollten die Beschäftigten nun Vertrauen in Zusagen des Konzerns haben? Ich meine, da ist Vorsicht angebracht. So wurde 2003 die konzerneigene Personalserviceagentur Vivento aufgebaut, in die man Mitarbeiter versetzte, die abgebaut werden sollten. Inzwischen wurde Callcenter Vivento verkauft. Davon ist fast ausschließlich Ostdeutschland betroffen, nämlich mit 2.000 von 2.200 verkauften Arbeitsplätzen. Den Betroffenen drohen perspektivisch Billiglöhne. Auch der jetzt versprochene Kündigungsschutz bis 2011 nützt nur wenig, denn der Auslagerungsschutz gilt nur befristet. Ein Verkauf für die neuen Servicegesellschaften ist also nahezu vorprogrammiert. Die Beschäftigten von Vivento in Erfurt haben das erlebt. Ihnen hatte man den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2008 zugesichert. Aber sie wurden 2007 verkauft. Der neue Gesellschafter Arvato lehnt Tarifverhandlungen ab.

Wir haben also eine Situation, dass Arbeitsplätze bei der Telekom vernichtet, verkauft und verschlechtert werden. Die Telekom ist aus der Privatisierung, wie Sie alle wissen, der Bundespost hervorgegangen. Meine Damen und Herren, ich meine, es zeigt sich, dass rücksichtsloses Privatisieren untauglich ist. Erst Privatisieren und dann zucken Sie, wie hier schon geschehen, bei der Beantwortung der Mündlichen Anfrage im Landtag mit den Schultern: Wir können da nichts machen, leider ist es ein privates Unternehmen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, auch an die Landesregierung, das können wir so nicht unterstützen. Deswegen sind wir auch gegen eine Privatisierung von Maßnahmen und Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge und dazu gehört Telekommunikation. Mehr noch, der Telekomumbau hat eine negative Beispielwirkung. Obwohl die Bundesrepublik größter Aktionär ist, über 30 Prozent der Aktien befinden sich im Besitz des Bundes und der staatlichen KfW-Bankengruppe, werden Arbeitsbedingungen verschlechtert, betreibt man Tarifflucht durch Ausgliederung. Ein Fünftel des Kapitals der KfW halten übrigens die Bundesländer. Da frage ich: Wo bleibt die Initiative Thüringens? Ein Gespräch mit der Telekom während der Cebit, Herr Minister, meine ich, reicht bei Weitem nicht aus. Das Thema muss Chefsache werden und das fordern wir hier schon lange. Übrigens sind teils erhebliche Einkommenseinbußen ein weiteres Argument auch für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Ich fordere Sie auf, endlich aktiv zu werden. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordneter Dr. Schubert zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kretschmer, ich habe mich eigentlich gewundert, dass Sie hier in keinster Weise auf die Standorte in Thüringen eingegangen sind. Über die Telekom in Thüringen haben Sie überhaupt nichts gesagt, sondern nur über die Telekom im Allgemeinen in Deutschland. Da ist es natürlich richtig, was Sie gesagt haben, dass die Telekom vor immensen Problemen steht. Wir haben derzeit die größte Umstrukturierung, denke ich mal, die es seit der Privatisierung der Telekom gegeben hat, vor uns mit der Ausgliederung von 50.000 Beschäftigten der drei Gesellschaften. Ziel ist es offensichtlich, die Arbeitszeit von 34 auf 38 Stunden zu erhöhen und etwa ein Drittel der Einkommen der Beschäftigten zu reduzieren. Die Umstrukturierung des ehemaligen Staatsmonopolisten hat nach Angabe des Unternehmens, und ich denke, das ist auch die Tatsache, zwei wesentliche Gründe. Der erste Grund ist, dass die Regulierungsbehörde für mehr Wettbewerb in dem Bereich sorgt, das ist auch richtig so, wir brauchen mehr Wettbewerb im Telekommunikationsbereich. Da muss ich Ihnen sagen, Frau Leukefeld, stellen Sie sich einmal vor, es gäbe jetzt noch ein Ministerium, was die Handysparte betreuen würde - undenkbar. Ich weiß nicht, was das für Vorstellungen sind. Und die müssten dann global am Markt agieren. Der Postminister müsste dann über die Handygebühren entscheiden oder irgend so etwas. Die könnten überhaupt nicht existieren. Ich denke, die Entscheidung, das ist einfach eine Tatsache, die Telekommunikation zu privatisieren, die ist nicht nur richtig gewesen, die war dringend notwendig, ansonsten würde das Unternehmen gar nicht mehr existieren.

(Beifall bei der SPD)

Da gibt es meiner Ansicht nach wohl keine Frage.

Der zweite Grund, warum die ganzen Umstrukturierungen vonstatten gehen, ist doch der, dass die anderen Anbieter mit ganz anderen Konditionen am Markt agieren können. Wenn da keine Umstrukturierung und keinerlei Veränderungen bei der Telekom stattfinden, dann werden sie immer noch weiter an Marktanteilen verlieren und die Situation wird dann immer kritischer. Das ist nun einmal so und das ist natürlich sehr bedauerlich für die Beschäftigten. Das ist klar. Es ist nicht so, dass uns das egal ist. Das ist eine schlimme Situation, die wir dort zurzeit erleben, was mit den Beschäftigten passiert. Aber

trotzdem muss man noch einmal deutlich sagen, es geht an Umstrukturierungen aus meiner Sicht kein Weg vorbei. Ein Grund und überhaupt eine riesengroße Gefahr, die bei der ganzen Geschichte besteht, ist, dass es bei den Löhnen nach unten keinerlei Auffang gibt. Das heißt, eine Entwicklung wie sie in anderen Bereichen schon eingetreten ist, dass immer neue Anbieter auf den Markt kommen mit immer niedrigeren Löhnen, die werden wir auch erleben. Jetzt sind schon Stundenlöhne von 5 € gang und gäbe. Deshalb ist gerade dieser Bereich ein gutes Beispiel dafür, wie dringend notwendig es ist, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Aber da ist die CDU vehement dagegen. Wir werden es erleben, dass dort die Löhne immer weiter nach unten gehen, der Druck auf den ehemaligen Monopolisten wird dadurch immer größer werden, weil immer wieder andere Anbieter mit niedrigen Löhnen auf den Markt kommen. Also hier ganz klar unsere Position.

Jetzt noch einmal zum Thema „Telekom in Thüringen“. Ich hatte dazu eine Kleine Anfrage gestellt, die Herr Reinholz beantwortet hat. Daraus geht hervor, dass die Telekom immerhin 3 Mio. € Fördermittel, GA-Förderung zum größten Teil, in Thüringen erhalten hat, die Bindungen der Schaffung von Arbeitsplätzen sind größtenteils abgelaufen, erstaunlicherweise erst vor Kurzem, also hat man jetzt auch keine Bindung mehr, die Standorte zu erhalten. Wir erleben, dass die Telekom sich Schritt für Schritt aus Thüringen zurückzieht. Die Callcenter in Suhl und Erfurt sind schon verkauft worden, die 1.200 Beschäftigten, die jetzt noch da sind, werden wahrscheinlich in den Servicegesellschaften nach Angaben von ver.di dann landen. T-Systems hatte schon angekündigt, den Standort in Erfurt aufzugeben und dann sollten die Mitarbeiter nach Chemnitz umgesetzt werden. Nach einem Gespräch mit Carsten Schneider, dem Bundestagsabgeordneten, hat dann die Telekom verkündet, der Standort Erfurt bleibt erhalten. Ich denke, das ist ein Einsatz, der sich gelohnt hat. Ja, es ist so, Herr Reinholz, da können Sie jetzt schon...

(Zwischenruf Reinholz, Minister für Wirt- schaft, Technologie und Arbeit: Weil ich mit ihm gesprochen habe.)

Ja, ja, Sie haben später mit ihm gesprochen, das ist klar, ich komme dann noch dazu.

Aber es drohen auch noch weitere Schließungen von Standorten in Thüringen, wenn man jetzt mal die Zusammenlegung von T-Com und von T-Mobile anguckt, da besteht für die beiden Callcenter, die noch

da sind, durchaus eine Gefahr, wenn man sich überlegt, in Leipzig, Berlin sind Callcenter und im Westen gibt es nur eins. Da sehe ich durchaus große Gefahren. Deshalb sollte sich die Landesregierung massiv dafür einsetzen, dass die Standorte in Thüringen erhalten bleiben. Da reicht es eben nicht, Herr Minister, wenn Sie mal ein Gespräch auf der Messe führen. Das ist sehr löblich, dass Sie das gemacht haben, aber, ich denke, hier muss der Ministerpräsident sich massiv einschalten und um die Standorte in Thüringen kämpfen, damit auch die Benachteiligungen, die insgesamt im Osten da sind - Frau Leukefeld hat das erläutert -, nicht so stark zum Tragen kommen und dass wir auch zukünftig noch Standorte der Telekom hier in Thüringen haben. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Abgeordneter Gerstenberger, Die Linkspartei.PDS, und dann folgt der Abgeordnete Kretschmer, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, welche Situation hat denn überhaupt zu diesen Umbauplänen, über die wir hier reden, geführt? Es waren die massiven Kundenverluste der Telekom, vor allem die im Festnetzbereich - allein 600.000 seit Januar - und der zunehmend als schlecht kritisierte Service des Konzerns. Die Reaktion darauf ist eine sogenannte Standortoptimierung. Einen großen Anteil an deren Ausgestaltung hat offenbar die US-Investfirma Blackstone, die inzwischen drittgrößter Aktionär ist und auch ein Mitglied des Aufsichtsrats stellt. Sie erwarb vor einem Jahr Anteile an der Deutschen Telekom. Verkäufer war die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau. Interessant ist allerdings, dass zu den Beratern von Blackstone ein Herr namens Ron Sommer gehört. Er war von 1995 bis 2002 Vorstandsvorsitzender der Telekom und unter seiner Ägide erfolgte Ende 1996 der Börsengang. Als Gründe für Sommers Rücktritt wurden seinerzeit die starken Kursverluste und die hohen Verschuldungen des Konzerns angeführt und dennoch hat er über Blackstone erneut Einfluss erlangt.

Welche Auswirkungen, Herr Kretschmer, lässt die Standortoptimierung erwarten? Auf die Negativwirkung für andere Konzerne, die Senkung des Tarifniveaus und die Risiken für Ostdeutschland bei Arbeits- und Ausbildungsplätzen ist meine Kollegin Frau Leukefeld bereits eingegangen, aber das ist nicht alles. Beim bisher kaum bekannt gewordenen Umbaukonzept stehen die notwendigen Service- und

Qualitätsverbesserungen nicht im Mittelpunkt, entgegen der Ankündigung der Konzernführung. Die Aktionen werden im Gegenteil sogar zu weiteren Verschlechterungen führen. Um es deutlich zu sagen: Es sind nahezu alle Tarifbeschäftigten der Konzernsparte T-Com in der Region Mitte/Ost der Telekom - das sind die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen sowie Südbrandenburg - von den Umbauplänen betroffen. Dazu gehören Privatkundenbetreuer in den Callcentern ebenso wie Servicetechniker und Fachkräfte, die für Bau und Wartung der Netze zuständig sind. Das Ziel heißt: Bildung einer neuen GmbH, in der die Beschäftigten mehr und länger arbeiten müssen und die Entlohnung à la Walter-Vertrag, das heißt bis zu 50 Prozent weniger beträgt.

Wie wir gehört haben, meine Damen und Herren, ist das ja allerdings eine mehr als marginale Änderung, und das für einen Landtagsabgeordneten, bei dem das Gehalt regelmäßig steigt und der nicht vor der Gefahr steht, Herr Kretschmer, die Hälfte seines Gehalts zu verlieren. Wir haben allerdings Ihre Bereitschaft vernommen, dass es offensichtlich auch bei Ihnen möglich ist, länger zu arbeiten für weniger Geld. Wir werden bei gegebener Gelegenheit darauf zurückkommen. Ich glaube allerdings, das war so sehr ernst nicht gemeint. Was gehen mich andere Leute an, mein eigenes Schicksal ist ja gesichert - das schien die Devise Ihrer Argumentation hier zu sein.

Aber zurück zur Telekom. Der Rückzug der Telekom aus Ostdeutschland wird in der Konsequenz auch in Thüringen zu einer Strukturverschlechterung führen. Betroffen ist dort vor allen Dingen der Dienstleistungsbereich und es besteht sogar die Gefahr einer Netzveräußerung mit negativen Wirkungen auf die Telekommunikationsinfrastruktur in der Fläche. Dazu beschäftigen wir uns sogar in einer der nächsten Sitzungen des Wirtschaftsausschusses. Was ist also zu tun? Der Bund ist und bleibt noch größter Anteilseigner. Hier wurde gesagt, auch die Länder sind dort beteiligt. Der Freistaat hat sogar die Telekom in den Jahren 1990 und 2000 mit über 3 Mio. € gefördert. Jetzt legt allerdings die Landesregierung die Hände in den Schoß und wiegelt ab, es seien Unternehmensentscheidungen und man könne nichts tun. In der Konsequenz bedeutet das allerdings, tatenlos zuzusehen, wie Arbeitsplätze vernichtet und Strukturen zerschlagen werden und das Lohngefüge in Thüringen, was ja ohnehin schon das nahezu schlechteste aller Bundesländer ist, sich weiter verschlechtert. Dagegen muss die Landesregierung mit Nachdruck etwas tun, am besten gemeinsam mit anderen neuen Bundesländern und, Herr Kretschmer, sagen Sie nicht, dass das nicht ginge. Denn offenbar haben westdeutsche Regierungen gegenüber der Telekom eine stärkere Verhandlungsposition einge

nommen, sonst wäre es nicht so, dass die Hauptlasten den Osten treffen. Das ist nicht hinnehmbar, das muss verhindert werden und hier wäre es recht und billig, auch von Ihrer Seite zu fordern, dass endlich von Landesseite Aktivitäten entfaltet werden und nicht wie das Kaninchen vor der Schlange zu stehen und so zu tun, als ob uns das alles nichts anginge. Hier sind Thüringer betroffen und hier haben wir Thüringer Interessen zu vertreten. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat Abgeordneter Kretschmer, CDU-Fraktion.

Also, Herr Gerstenberger, ich werde nicht auf Ihre dumme Anmache wegen der Abgeordnetendiäten jetzt eingehen.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, Die Linkspartei.PDS: Ihre Bemerkungen wa- ren dumm.)

Ich will Ihnen nur sagen, Sie haben insofern recht, als Sie den Zustand der Telekom beschreiben. Wenn ich hier vorn vortrage, dann ist es deutlich, was ich gesagt habe, die Pläne sind die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen, und zwar zu Bedingungen, die an anderer Stelle - auch hier in Thüringen - mit ver.di abgesprochen worden sind, Frau Kollegin Leukefeld. In Suhl ist die Übernahme der walter services ComCare als Überleitvertrag mit ver.di vereinbart worden. Da will ich Ihnen mal sagen, über was wir sprechen: ein Jahreseinkommen von mindestens 29.000 €. Nicht dass wir hier sagen, wir sind jetzt hier in einem Bereich, der jenseits von gut und böse ist. In diesem Vertrag waren bisher 38 Stunden festgelegt, das heißt, die Diskussion, die jetzt in Westdeutschland stattfindet, ist doch gar nicht zutreffend für Thüringen. Der Vertrag steht doch und sie haben vereinbart, auf 40 Stunden zu gehen. Also machen Sie doch jetzt nicht so ein Bild, als ob in Thüringen hier etwas passiert, was in Westdeutschland gar nicht der Fall ist, wenn ich 32 und 34 Stunden sehe und Wettbewerbsfähigkeit erreichen will, dann ist das doch wohl ein Punkt, wo ich sage, da müssen wir etwas tun. Hören Sie sich doch auch mal an, wie - nehmen wir den betroffenen Mitarbeiter, sonst werden Sie sagen, ich spreche für den Konzern - aber auch die Kunden dazu reden. Sprechen Sie heute mal jemanden an auf die Telekom, da werden Sie hören: Ich bin doch nicht blöd oder die zeige ich an. Ich bin doch nicht blöd, sagen diejenigen,

die ihre Anschlüsse zur Hälfte der Preise haben, und die sagen, ich zeige die an, die sich in dem Kleinkrieg der verschiedenen Anbieter möglicherweise da befinden, dass sie überhaupt keinen Anschluss haben. Dann gehen Sie mal auf diejenigen zu, die auf den Staatsbetrug hereingefallen sind und die Aktien gekauft haben. Manfred Krug hat sich wenigstens entschuldigt, weil er mitgeholfen hat, zwar nicht justiziabel, aber immerhin noch starken Verkauf in gutem Glauben auf Aktien zu geben.

Jetzt will ich noch auf einen dritten Punkt kommen.

Frau Leukefeld und auch Herr Gerstenberger, Sie wissen, wer der drittgrößte Aktionär ist, Herr Gerstenberger hat freundlicherweise den Namen schon genannt, der Finanzinvestor Blackstone. Sie wissen, wer in diesen Finanzinvestor milliardenschwere Pensionsfonds einzahlt - das sind die Gewerkschaften, beispielsweise auch die Gewerkschaft ver.di. Da muss ich schon sagen, wie glaubwürdig sind denn Gewerkschaften, die einerseits andere Verträge zulassen, wie ich sie geschildert habe, und dann als Anleger und Aktionäre in Pensionsfonds davon profitieren, dass Finanzinvestoren in Unternehmen, die auf höhere Gewinne drängen, gleichzeitig aber die Belegschaften auf die Straße mobilisieren, wenn es um durchaus harte, aber auch für die Telekom unbestritten notwendige Kostensenkungen geht, meine Damen und Herren. Ich finde, an dieser Stelle wäre es glaubwürdig und konsequent, wenn die Gewerkschaften, von denen wir reden, wenn sie sich als Folge ihres Kampfes gegen Kostensenkung auch mit niedrigeren Renditen für ihre Pensionsgelder zufriedengeben würden, meine Damen und Herren. Wenn Sie schon den Finanzinvestor Blackstone benannt haben, ich sage es noch mal, am Ende des Weges werden diejenigen, die mit Trillerpfeifen und roten Jäckchen dastehen, wenn nichts getan wird, sich auf dem Arbeitsamt wiederfinden. Das ist doch die Alternative. Wenn uns dann zumindest übermittelt wird, wenn die Vorschläge angenommen worden wären, dass langfristig Arbeitsplätze gesichert wären, dass langfristig sogar bis zu 4.000 neue Stellen geschaffen werden könnten, da möchte ich sagen, sind doch Thüringer Interessen gut vertreten. (Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Bitte, Herr Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Telekom und die Ge

werkschaft ver.di verhandeln bis zur Stunde über die Vorstandspläne zum Umbau des Unternehmens. Da es noch keine Einigung der Verhandlungspartner gibt, kann auch noch keine belastbare Aussage über mögliche Auswirkungen dieses Umbaus, insbesondere nicht über Auswirkungen auf einzelne Telekomstandorte, gemacht werden. Selbst von der Telekom, meine Damen und Herren, können Sie dazu im Moment keine verlässliche Aussage bekommen, deshalb können wir auch über die Auswirkungen der Pläne hier in diesem Parlament nur spekulieren.

Lassen Sie mich aber mal Folgendes vorausschicken: Die Deutsche Telekom AG ist ein privatwirtschaftlich arbeitendes Unternehmen. Das haben wir hier gemeinschaftlich festgestellt und Herr Dr. Schubert ist auch darauf sehr deutlich eingegangen. Sie ist eben auch kein Monopolist mehr. Das war übrigens eine staatliche Entscheidung. Deshalb muss man der Telekom jetzt auch zugestehen, dass sie ihre Strukturen so gestaltet, dass sie sich am Markt und damit natürlich auch im Wettbewerb überhaupt behaupten kann. Darüber hinaus zeigt sich immer wieder, staatlicher Einfluss auf notwendige Unternehmensentscheidungen ist eher kontraproduktiv. Auch wenn der Bund noch ein großes Aktienpaket der Telekom hält, so sollte er sich doch wohl vorerst besser aus der Diskussion heraushalten. Darüber hinaus muss ich Ihnen auch sagen, die Einflussmöglichkeiten einzelner Bundesländer und damit auch die des Freistaats Thüringen auf anstehende Entscheidungen der Telekom sind doch wohl eher begrenzt. Wir tun, was in unserer Macht steht, um Arbeitsplätze am Standort Thüringen zu halten, aber es ist nun einfach mal nicht so, dass man eine Lawine, die auf einen zurollt, mit einem einfachen Fußtritt wieder den Berg hinaufbefördern könnte. Das ist ja, wenn ich das so richtig verstehe, die Vorstellung der Linkspartei.PDS in Sachen Telekom.