Protokoll der Sitzung vom 21.06.2007

Bitte, Abgeordneter Höhn.

Frau Präsidentin, ich würde Sie herzlich bitten, die Abstimmung wiederholen zu lassen.

Gut. Wir wiederholen die Abstimmung auf Antrag des Abgeordneten Höhn. Wer ist für die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, den bitte ich um das Handzeichen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Die Landesregierung.)

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Es sind 32 Jastimmen. Wer ist gegen …

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: 28 Neinstimmen gab es.)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: 28 Neinstimmen gab es.)

Wir haben jetzt die Abstimmung wiederholt und jetzt wird hier entsprechend abgezählt. Wer ist gegen die Überweisung an den Ausschuss, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Das ist eine Mehrheit an Stimmen. Wer enthält sich der Stimme? Bei einer Mehrheit an Stimmen gegen die Ausschussüberweisung ist die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS. Hier ist ebenfalls Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten beantragt worden. Wer ist für die Überweisung des Gesetzentwurfs der Linkspartei.PDS an diesen Ausschuss, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Wer ist gegen diese

Überweisung? 1 Gegenstimme, keine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag der Linkspartei.PDS an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen.

Es ist beantragt, den Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Wer ist für diese Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Mit einer Mehrheit von Stimmen ist diese Überweisung abgelehnt.

Damit werden beide Gesetzentwürfe im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten weiterberaten. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 3 in seinen Teilen

a) Neuntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetenge- setzes Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 4/3038 - ERSTE BERATUNG

b) Neuntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetenge- setzes Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/3081 - ERSTE BERATUNG

c) Reform des Thüringer Abge- ordnetenrechts Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2084 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaange- legenheiten - Drucksache 4/3054 -

Ich frage: Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung zu ihrem Gesetzentwurf? Bitte, Herr Abgeordneter Schröter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kollegen, wir haben im Tagesordnungspunkt 3 am heutigen Tag der Plenarsitzungen Regelungen in eigener Sache zu besprechen. Das Neunte Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes, das von der CDU-Fraktion eingebracht worden ist, soll hier etwas erläutert werden.

Die erste Beratung eines Gesetzentwurfs ist nach der Geschäftsordnung unseres Landtags in § 56 so geregelt, dass die Grundsätze behandelt werden sollen und möglicherweise auch abschnittsweise beraten wird. Zunächst aber im Teil a meiner Ausführungen etwas als Vorbemerkung:

1. Abgeordnete sind die einzige Beschäftigungsgruppe, die über eigene Einkünfte zu entscheiden hat. Diese Lust oder Last ist den anderen Beschäftigtengruppen nicht auferlegt. Diese Diskussion ist öffentlich zu führen, was wir auch hiermit tun.

2. Bemessungsgrundlage: Der Bundestag hat sich bei seiner Bemessung der Grundentschädigung an der Richterbesoldung an einem Bundesgerichtshof orientiert. R 6 ist die Eingruppierung dort. Die Landtage haben bisher dazu noch keine Aussage gemacht oder sind uneins über die Anlehnung an eine solche Gruppe. In Brandenburg gibt es derzeit Diskussionen darüber, ob man eine Anlehnung an eine Richterbesoldung R 2 machen soll und das in einer Altersstufe 8.

3. Die Entscheidung über den Automatismus, über das, was über statistisches Werk immer geliefert wird am Jahresende, ist getroffen. Diese Regel findet ihre Verankerung in der Verfassung. Die Grundentschädigung ist an die Entwicklung der Einkünfte der abhängig Beschäftigten angekoppelt und die Aufwandsentschädigung an die Entwicklung der Preise im Land.

Der Vorwurf der Opposition lautet immer, es gibt ja immer nur Erhöhungen. Da haben Sie wohl recht, das ist tatsächlich so, allerdings eben auch, weil sich die Einkommen der abhängig Beschäftigten im Land so entwickelt haben. Sollte es tatsächlich einmal zu einer Reduzierung dieser Einkünfte der abhängig Beschäftigten kommen, so erfolgt auch zwingend die Reduzierung der Einkünfte der Abgeordneten.

Im Übrigen wurde diese Verfahrensregelung durch Inkraftsetzung der Verfassung mit einer Zweidrittelmehrheit im Landtag und durch Volksentscheid herbeigeführt, obwohl staatsrechtlich schon einer der beiden Wege ausgereicht hätte. Es ist also in Ordnung so, dass die Entwicklung der Abgeordnetenentschädigung nicht den Wünschen oder Zielen von Abgeordneten in der Begründung …

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Es war 32 zu 28.)

Das ist die Gesetzeslage, Vorbemerkung. Es ist also so, dass die Entwicklung der Abgeordnetenentschädigung nicht den Wünschen oder den Zielen der Abgeordneten unterliegt, sondern die Wirkung der tatsächlichen Entwicklung im Land ist.

Damit sind wir am Ende des theoretischen Teils und kommen zum tatsächlichen Leben zurück. Wir analysieren einmal, wie diese Situation hier aussieht: Der Thüringer Landtag hat in seiner Genese über die Jahre der Legislaturperioden eine Veränderung der Grundentschädigung der Abgeordneten erfahren. Zu Beginn 1990 waren das einmal 3.500 DM, die 13-mal, wie bei vielen anderen Berufsgruppen auch, gezahlt wurden. Das heißt also umgerechnet auf unsere heutige Währung rund 1.790 € brutto, also zu versteuernde Gehaltssumme im Monat. Durch Entscheidung des Landtags mit den Stimmen der Union - das möchte ich betonen - wurde diese 13-mal-Zahlung auf eine 12-mal-Zahlung ab dem 01.01.1995 verändert. Weiter: Für die Jahre 1997 und 1998 wurde ein Verzicht auf die statistisch

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Ist das die Begründung zu Ihrem Gesetz? Das ist beachtlich.)

erhobene Größenordnung erworben, die Grundentschädigung beschlossen und diese wurde noch einmal für 2004 sowie 2005 reduziert - also keine Erhöhung. Der Verzicht auf das 13. Gehalt und die beiden Verzichte auf jeweils zweijährige Steigerungsraten lassen sich auch real bewerten mit Euro und Cent. Bei der aktuellen Entschädigung hat jeder Abgeordnete unwiederbringlich - das heißt also, es bleibt für alle Zeiten so, wenn das System nicht geändert wird und nicht, wie am Ende eines Moratoriums manchmal behauptet - eine Situation, in der er 439 € jeden Monat, obwohl Statistik so gewesen wäre, freiwillig einer Verzichtung zuführt.

Warum betone ich diese aktiven Bezüge, die das eigentlich sind? In Anlehnung an die Beamtenversorgung sind die passiven Bezüge, also die Altersbezüge, geregelt und hier entsteht für die Abgeordneten bereits jetzt eine Rentenkürzung...

Abgeordneter Schröter, Ihre Redezeit ist abgelaufen - 5 Minuten für die Begründung von Gesetzentwürfen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das be- gründet doch nichts. Ich wollte mal die Begründung des Gesetzentwurfs hören.)

Diese statistischen Erhebungen sind die Grundlage dafür, dass wir bei der Systemfestschreibung bleiben wollen und noch einige andere Vorschläge zu machen haben. Ich werde das dann im Weiteren ausführen, wenn wir in der Aussprache sind. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung für ihren Gesetzentwurf? Nein. Dann hat das Wort der Abgeordnete Carius aus dem Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zur Berichterstattung zu dem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2084.

Keine Sorge, ich werde die Berichterstattung so vornehmen, wie der Ausschuss es beschlossen hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, durch Beschluss des Landtags vom 14. Juli 2006 ist der Antrag an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen worden. Der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten hat den Antrag der PDS-Fraktion in seiner 29. Sitzung am 16. November 2006, in seiner 30. Sitzung am 7. Dezember 2006, in seiner 35. Sitzung am 24. Mai 2007 beraten sowie in seiner 32. Sitzung am 1. Februar 2007 eine Anhörung in öffentlicher Sitzung durchgeführt. Der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS zielte auf eine Reform des Abgeordnetenrechts in den folgenden Punkten ab, ich möchte sie kurz darstellen:

- in den Grundsätzen auf eine Gleichstellung der Abgeordneten mit dem normalen Steuerbürger,

- auf die Abkehr vom staatlichen Alimentationssystem durch Eigenvorsorge für die Alterssicherung in einem gesetzlichen Versicherungssystems sowie

- auf die Transparenz der Tätigkeiten und Einkommen von Abgeordneten.

Dies sollte erreicht werden durch den Wegfall der steuerfreien Aufwandspauschale und Geltendmachung der dann mandatsbedingten Aufwendungen als Werbungskosten sowie der Eigenvorsorge für das Alter durch die Errichtung eines Versorgungswerkes für die Altersvorsorge und Absicherung von Hinterbliebenen und die Neuberechnung der Abgeordnetenentschädigung zur Sicherung aller mandatsbedingten Verpflichtungen sowie des Lebensunterhalts aus einem voll steuerpflichtigen Einkommen. Weiter sollte das erreicht werden durch Abschaffung der Indexregelung aus der Verfassung sowie der Offenlegung aller Tätigkeiten und Einkünfte von Abgeordneten gegenüber der Öffentlichkeit.

Dazu haben wir im Ausschuss eine sehr umfangreiche Anhörung mit Anzuhörenden, darunter namhaften Verfassungsrechtlern, Steuerrechtsjuristen,

Politikwissenschaftlern, kundigen Abgeordneten, dem Direktor des Landtags von Nordrhein-Westfalen und dem Bund der Steuerzahler Thüringens durchgeführt. Das Ergebnis der Anhörung und damit die tragenden Gründe für die Beschlussempfehlung möchte ich wie folgt darstellen.

Zur Gleichstellung der Abgeordneten mit dem normalen Steuerbürger: Hier wurde die Frage aufgeworfen, was ein normaler Steuerbürger sei. Ob es denn der sei, der Steuern zahlt, dann wäre es auch der Abgeordnete, oder ob es einer sei, der besonders viele Steuern bezahlt oder eine bestimmte Art. Dies blieb letztlich unklar. Leitmotiv muss hier sein, dass letztlich die Steuergerechtigkeit und nicht eine Fiktion zwischen normalen und unnormalen Steuerbürgern ausschlaggebend ist. Selbst wenn es einen normalen Steuerbürger gäbe, führt das dann zur Frage, ob dies der besonderen verfassungsrechtlichen Stellung von Abgeordneten im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit gerade gegenüber der Regierung Rechnung trägt.

Zu den Zielen im Einzelnen, die das Konzept nach Meinung des Antragstellers umzusetzen helfen soll:

1. die Abkehr vom staatlichen Alimentationssystem hin zur Eigenvorsorge, d.h. hier die Schaffung eines Versorgungswerkes: Hierzu wurde aus der Anhörung deutlich, dass zunächst mal rein praktisch auch die Einführung eines Versorgungswerkes Probleme mit sich bringt. Gerade in Nordrhein-Westfalen gibt es hier Probleme, um dieses Versorgungswerk mit den eingestellten Beiträgen funktionstüchtig zu halten. Dies lässt sich auf mehrere Gründe zurückführen. Zum einen darauf, dass es ein sehr kleines Versorgungswerk ist, selbst wenn alle Landtage sich dem anschlössen, das mit wesentlich höheren Kosten und auch Risiken verbunden ist. Zudem stellt sich natürlich auch die Frage, dass die Altersversorgung von dieser praktischen Frage abgekoppelt, die Altersversorgung der Abgeordneten entsprechend dem Beamtenversorgungsrecht ein besonderer Ausdruck der Unabhängigkeit der Mandatsträger nicht nur im verfassungsrechtlichen Sinne ist, sondern auch im praktischen Sinne gegenüber besonderen Interessengruppen und damit Ausdruck des besonderen öffentlichen Amtsverhältnisses der Abgeordneten darstellt.

Zu Punkt 2 - Offenlegung aller Tätigkeiten und Einkommen: Hier wurde die Thüringer Regelung im Wesentlichen als ausreichend angesehen, zumal das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Offenlegung noch eine Entscheidung treffen wird, die im Bundestag verabschiedet wurde. Formal muss man aber auch hier sagen, dass dies ein Eingriff in die Freiheit des Mandats darstellt, noch dazu gerade bei freiberuflich tätigen Abgeordneten, wo die Betätigung

neben dem Mandat geradezu zwingende Voraussetzung ist, um das Mandat auch wahrnehmen zu können, weil ein einmal gewählter Parlamentarier im Falle seines Ausscheidens nur ein Übergangsgeld bekommen soll und keine dauerhafte Unterstützung erhalten soll. Insofern ist es dort zwingend notwendig, dass beispielsweise ein Rechtsanwalt auch neben dem Mandat noch tätig sein kann. Zudem sollten überhöhte oder erhöhte Publizitätspflichten nicht einseitig an der Transparenz, sondern auch an möglichen schutzwürdigen Interessen und Rechten Dritter gemessen werden. Oder anders ausgedrückt: Erhöhte Publizitätspflichten können sonst zu einem faktischen Ausschluss bestimmter Berufsgruppen vom passiven Wahlrecht führen. Dies würde eine Entwicklung hin zum Beamtenparlament, wie wir sie in Thüringen derzeit noch nicht haben, begünstigen, was aus Sicht des Ausschusses nicht sehr vorteilhaft wäre.

3. Transparenz steuerfreier Aufwandspauschale, Transparenz, Abschaffung der steuerfreien Aufwandspauschale und Einschmelzung in die Diät:

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im sogenannten Diätenurteil ist die steuerfreie Aufwandspauschale verfassungsrechtlich gesichert. Sie darf aber kein zweites Einkommen darstellen. Gerade diesen Eindruck erweckt die Einschmelzung der Aufwandspauschale, denn sie wäre dann Einkommen und im Gegenzug voll zu versteuern. Folgende Probleme ergeben sich daraus: Zum einen das Dilemma, wenn mandatsbedingte Aufwendungen als Werbungskosten geltend gemacht werden müssten. Steuerrechtlich ist dies deswegen problematisch, weil nur Ausgaben auf Einnahmeerzielung ausgerichteter Aufwendungen Werbungskosten darstellen. Mandatsbedingte Aufwendungen demgegenüber sind keine Werbungskosten, die der Einnahmeerzielung dienen. Hierzu wurden Beispiele aufgezählt. Ich nenne einige, das sind Fahrten im Wahlkreis oder Essen mit dem politischen Gegner, was natürlich kaum auf die Erzielung von Einnahmen ausgerichtet sein kann. Daraus ergab sich auch im Landtag von Nordrhein-Westfalen das Problem, dass man eine umfangreiche Vereinbarung der Landtagsverwaltung mit der Finanzverwaltung treffen musste, um letztlich zu einer Einigung zu kommen, wie man diese steuerrechtlichen Tatbestände so umschiffen kann, dass mandatsbedingte Aufwendungen doch als Werbungskosten wahrgenommen werden können. Aus unserer Sicht, aus Sicht des Ausschusses, würde sich dies letztlich um eine Aushebelung des Einkommensteuerrechts gerade für Abgeordnete handeln. Die Gleichberechtigung von Abgeordneten und normalen Steuerbürgern wäre dann mitunter obsolet, zumal damit auch eine gewisse Intransparenz verbunden ist. Denn unklar ist, ob Abgeordnete dann weiterhin gleich bezahlt würden. Zudem würde die