Wir stimmen jetzt darüber ab, das Zweite Gesetz zur Änderung des Thüringer Sparkassengesetzes, Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/3141, an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem folgt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstim
men? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit wird das Gesetz im Haushalts- und Finanzausschuss beraten.
Einen anderen Ausschuss habe ich nicht vernommen. Damit kann ich auch den Tagesordnungspunkt 6 schließen.
Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2007 Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/3161 - ERSTE BERATUNG
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung legt heute einen weiteren Gesetzentwurf zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2007 vor, ein eher fachtechnisches Gesetz, das aber von den betroffenen Gemeinden mit Spannung und dringend erwartet wird und für diese sehr wichtig ist. Mit diesem Gesetzentwurf kommt die Landesregierung den Wünschen und Beschlüssen von insgesamt 40 an den Strukturänderungen beteiligten Gemeinden nach. Es werden insgesamt 14 Regelungsfälle vorgeschlagen. Dabei handelt es sich ausschließlich um freiwillige Zusammenschlüsse, zu denen die Antragsunterlagen vollständig vorliegen und deren rechtmäßiges Zustandekommen von den zuständigen Kommunalaufsichtsbehörden geprüft worden ist.
Insgesamt sollen mit diesem Gesetz 29 Gemeinden aufgelöst werden. Elf Gemeinden werden durch Eingliederungen vergrößert und drei Gemeinden neu gebildet. Ich will aus Zeitgründen und um Ihre Geduld nicht zu sehr zu strapazieren, jetzt nicht im Einzelnen alle 40 Gemeinden aufführen. Das wird im ersten Abschnitt des Gesetzentwurfs, der Ihnen vorliegt, ausführlich dargestellt, auch noch mal in der Begründung mit den Kerndaten für jede einzelne Gemeinde. Die Vorteile der Maßnahmen liegen auf der Hand. Die Bildung der neuen Gemeinden bzw. die Vergrößerung von Gemeinden durch Eingliederungen führt insgesamt zu einer weiteren Verbesserung der Leistungskraft und auch der Verwaltungskraft der Gemeinden. Eine noch effektivere Nutzung der in den bisher selbstständigen Einzelgemeinden vorhandenen Potenziale wird dadurch möglich. Teure und aufwändige Parallelentwicklungen können ver
mieden und gemeinsame Ressourcen wirtschaftlicher verwendet werden. Gerade in den letzten Jahren ist auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit unserer Kommunalverwaltungen immer stärker in den Mittelpunkt gerückt. Weitere Verbesserungen kommunaler Strukturen sind nach Auffassung der Landesregierung notwendig und auch möglich und daher unterstützt die Landesregierung diese freiwilligen Strukturänderungen, wie sie in dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagen werden.
Insgesamt stehen im Jahr 2007 zur Förderung solcher Gemeindefusionen Finanzmittel in Höhe von 10 Mio. € im Landeshaushalt zur Verfügung. Damit die Fördermittel gemäß § 35 a des geltenden Finanzausgleichsgesetzes noch in diesem Haushaltsjahr an die neu gebildeten oder vergrößerten Gemeinden ausgezahlt werden können, wird als Termin des Inkrafttretens des Gesetzes der 1. Dezember 2007 vorgeschlagen. Es könnten auf diese Art und Weise noch in diesem Jahr Fördermittel für die vorgeschlagenen Maßnahmen in Höhe von insgesamt 8,18 Mio. € abfließen.
Die einzige Ausnahme von diesem Termin des Inkrafttretens gilt für die Gemeinden Geisa und Rockenstuhl im Wartburgkreis. Diese Maßnahme soll zum 31. Dezember 2008 in Kraft treten nach dem dortigen Wunsch. Fördermittel für diese Eingliederung können daher erst im Jahr 2009 zulasten des Haushaltsjahres 2008 ausgezahlt werden. Es handelt sich dann um 474.900 €. Zur Information: Im Entwurf des Finanzausgleichsgesetzes bzw. des Doppelhaushalts für die kommenden beiden Jahre ist für das Haushaltsjahr 2008 ein Betrag von 6 Mio. € für die Förderung freiwilliger Fusionen vorgesehen.
Es ist nicht das erste Gesetz dieser Art, das die Landesregierung dem Landtag vorlegt. In der 4. Legislaturperiode trat bisher ein Gesetz zur freiwilligen Gebiets- und Bestandsänderung von Gemeinden in Kraft, nämlich am 1. Februar 2006. Durch dieses Gesetz wurden sieben Gemeinden aufgelöst, zwei Gemeinden durch Eingliederungen vergrößert und eine Gemeinde neu gebildet. Darüber hinaus, zur Abrundung des Bildes, hat die Landesregierung weitere freiwillige Strukturveränderungen bei den Kommunen in dieser Legislaturperiode im Wege von drei Rechtsverordnungen des Innenministeriums vorgenommen in den vergangenen drei Jahren. Durch diese Strukturveränderungen aufgrund von Rechtsverordnungen wurden insgesamt 25 Gemeinden betroffen. Nach dem Inkrafttreten des heute vorgelegten Gesetzes zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2007 wird es in Thüringen dann nur noch 960 kreisangehörige Gemeinden geben. Darüber hinaus finden zwischen einer Reihe von Gemeinden nach dem derzeit im Innenministerium vorliegenden Kenntnisstand weiterhin Ge
spräche zur Änderung der bestehenden kommunalen Strukturen statt. Dies betrifft ungefähr eine Größenordnung von 50 bis 60 weiteren Gemeinden, wobei vollständige Beschlüsse der Gemeinderäte in noch keinem Fall vorliegen. Die vollständigen Antragsunterlagen für ein etwaiges weiteres Gesetzgebungsverfahren zu Strukturveränderungen im Jahre 2008 müssen spätestens Anfang des nächsten Jahres vollständig im Innenministerium vorliegen, um dann die im nächsten Jahr noch zur Verfügung stehenden Fördermittel - ich sagte es - in einem Volumen von 6 Mio. € für diese Zwecke nutzbar machen zu können.
Insgesamt kann ich das Fazit ziehen, dass sich der von der Landesregierung beschrittene Weg der finanziellen Anreize für freiwillige Zusammenschlüsse von Gemeinden bislang bewährt hat und erfolgreich gewesen ist. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich eröffne die Aussprache und für die Fraktion DIE LINKE hat sich Abgeordneter Kuschel zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute einen Gesetzentwurf der Landesregierung zu behandeln, der 14 Neugliederungsmaßnahmen in insgesamt 9 Landkreisen umfasst. Herr Staatssekretär hatte schon darauf verwiesen, 40 Gemeinden sind davon mehr oder weniger tangiert. Freiwillige Gemeindezusammenschlüsse begrüßt unsere Fraktion immer. Wir hätten in den letzten Monaten und auch heute sicherlich eine Mehrzahl derartiger Gemeindeneugliederungsmaßnahmen zur Beratung, wenn Thüringen endlich ein Leitbild für künftige gemeindliche Strukturen hätte.
Die Landesregierung und auch die Mehrheitsfraktion verweigern sich einer solchen Leitbilddiskussion. Auch in der Enquetekommission sind die Arbeitsergebnisse noch nicht auf einer solchen Stufe, dass man tatsächlich von einer Leitbilddiskussion ausgehen könnte. Die CDU hat natürlich ein Konzept, auch der Ministerpräsident, der gesagt hat, keine Veränderung außer im freiwilligen Bereich. Daraus müssen wir natürlich schlussfolgern, dass er am jetzigen Leitbild der gemeindlichen Strukturen, also Einheitsgemeinde 3.000 Einwohner, Verwaltungsgemeinschaft im Regelfall 5.000 Einwohner, nichts ändern will. Dabei sind sich alle Experten einig - das hat auch die
bisherige Arbeit in der Enquetekommission gezeigt -, dass eine derartige kleingliedrige Struktur keine Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen ist, schon gar nicht, wenn die Landesregierung ihr Konzept der weiteren Kommunalisierung staatlicher Aufgaben und ihr Behördenstrukturkonzept umsetzen will. Dann brauchen wir leistungsfähigere kommunale Strukturen. Bedauerlicherweise müssen die jetzigen Gemeinden, die sich jetzt neu zusammenfinden, einfach darauf hoffen, dass diese neu entstehenden Strukturen möglichst - zumindest mittelfristig - von Bestand sind. Aber die Sicherheit haben sie nicht und das verhindert das eine oder andere Projekt. Herr Staatssekretär hatte schon darauf verwiesen, dass es durchaus weitere Diskussionen in Thüringen gibt, aber oftmals scheitert das an dem nicht vorhandenen Leitbild.
Der Innenstaatssekretär hat darauf verwiesen, wir haben ausschließlich freiwillige Gemeindeneugliederungsmaßnahmen auf dem Tisch. Freiwillig heißt, die zuständigen Gemeinderäte haben Beschlüsse gefasst und die zuständigen Kommunalaufsichten haben dazu eine Stellungnahme abgegeben. Ob es sich tatsächlich dabei in jedem Fall um freiwillige Zusammenschlüsse handelt, darüber haben wir durchaus Zweifel, insbesondere weil wir Kenntnis haben, dass nicht alle Partner und oftmals auch nicht die Bürger die geplanten Neugliederungsmaßnahmen mittragen. Deshalb wird es sicherlich darauf ankommen, im Rahmen der öffentlichen Auslegung und des Anhörungsverfahrens die Bedenken von Bürgern vor Ort aufzugreifen und in das Gesetzgebungsverfahren einfließen zu lassen. Wir haben dabei die Hoffnung, dass nicht das Gleiche passiert wie im Fall Zeulenroda-Triebes, wo wahrnehmbar Bürger Einwände hatten - nicht gegen die Zielrichtung, sie waren nicht gegen die Bildung einer neuen Gemeinde oder der jetzigen Gemeinde Zeulenroda-Triebes -, nur wollten sie einen anderen Weg. Sie wollten nicht dass Triebes Zeulenroda beitritt, sondern wollten, dass sich beide Städte auf gleicher Augenhöhe auflösen und eine neue Stadt oder Gemeinde bilden. Wir haben es damals bedauert, dass man dort den Bürgerwillen zu wenig im Gesetzgesetzgebungsverfahren berücksichtigt hat. Das strahlt natürlich auf das Land insgesamt aus und fördert nicht gerade die Bereitschaft der Bürger, sich im Rahmen der öffentlichen Auslegung und Erörterung aktiv einzubringen. Aber auch dort unterstellen wir, so wie beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt, Lernfähigkeit der Landesregierung und auch der Mehrheitsfraktion.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte an einigen einzelnen Beispielen darlegen, dass wir noch viel im Gesetzgebungsverfahren zu tun und zu klären haben, weil Freiwilligkeit nicht unterstellen kann, dass alles in Ordnung ist. Den Ausführungen des Innenstaatssekretärs hätte man als Außen
stehender entnehmen können, es wäre alles bereits in Ordnung und eigentlich ist der Landtag hier nur noch formal gefordert. Das ist bei Weitem nicht so. Fangen wir einmal an mit der Eingemeindung von Wintersdorf nach Meuselwitz. Dort wissen wir, dass es in einem Ortsteil „Lehma“ Bürger gibt, die sich gegenwärtig dafür einsetzen, dass der Ortsteil aus Wintersdorf wieder herausgenommen wird und zu einer Verwaltungsgemeinschaft „Pleißenaue“ kommt. Dort gibt es keinen Ortschaftsrat, so dass die Ortschaft gegenwärtig auch keine Vertretung hat, so dass sich die Bürger selbst für dieses Ziel engagieren müssen. Sie würden gern ein Bürgerbegehren realisieren. Die Gesetzgebung in Thüringen lässt das auf Ebene einer Ortschaft bedauerlicherweise nicht zu. Ob das im Gesamtverband der Gemeinde Wintersdorf gelingt, bleibt abzuwarten. Zumindest eine Bürgerbefragung erscheint dort möglich. Im Rahmen der Anhörung und Auslegung wird auch dieses Problem sicherlich nochmals zu thematisieren sein.
In dem Zusammenhang verweise ich auch daraufhin, dass es in der jüngsten Vergangenheit in der Region bereits einen Bürgerentscheid der Gemeinde Kriebitzsch gab, die sich eigentlich ursprünglich auch mit in dieses Konstrukt Meuselwitz einbringen wollte. Dort gab es viele Irritationen. Im Ergebnis der vielen Irritationen haben sich die Bürger für eine andere Variante ausgesprochen. Wir gehen aber davon aus, dass auch Kriebitzsch im Rahmen der öffentlichen Anhörung nochmals thematisiert wird.
Zu einem zweiten Beispiel: Verwaltungsgemeinschaft Reinhardsbrunn, Eingemeindung nach Friedrichroda, zwei Gemeinden die nicht mehr als finanziell leistungsfähig gelten, nämlich Ernstroda und Finsterbergen, wo die Landesregierung selbst einschätzt, hohe Verschuldung, in der Vergangenheit waren Überbrückungshilfen oder Finanzhilfen erforderlich. Zwar wird eingeschätzt, Friedrichroda ist leistungsfähig. Aber wir müssen im Gesetzgebungsverfahren noch einmal ganz genau mit allen Beteiligten darüber diskutieren, ob nicht möglicherweise Friedrichroda, was ja auch nicht allzu groß ist mit knapp 4.000 Einwohnern, nicht überfordert wird, wenn es zwei Gemeinden mit einer hohen Verschuldung und mit unausgeglichenen Haushalten übernehmen muss. Dass es anders geht, haben Sie am Beispiel - dazu komme ich noch einmal - Behringen und Hörselberg belegt. Aber in dem Fall haben Sie keine zusätzlichen Finanzhilfen des Landes vorgesehen. Das halten wir aber für erforderlich, dass dort noch einmal diskutiert wird.
In einem dritten Fall Langenwetzendorf, Vogtländisches Oberland, gab es einen Antrag auf ein Bürgerbegehren. Weil die Bürger gesagt haben, in dieser Art und Weise wollen wir das nicht. Dort sind die Bürger auch nicht gegen eine Gemeindeneugliede
rung, nur die Art und Weise wie es der Gemeinderat beschlossen hat, das wollen sie nicht. Sie wollen mitgenommen werden. Der Gemeinderat hat aus unserer Sicht ohne jegliche sachliche Begründung die Zulässigkeit eines solchen Bürgerbegehrens verneint. Es ist mit einem Klageverfahren zu rechnen. Das bedauern wir, denn das könnte - wir haben einen engen Zeithorizont im Gesetzgebungsverfahren, es soll ja schon im Dezember in diesem Jahr in Kraft treten - das verzögern. Wir vermuten auch hier noch einmal Auseinandersetzungen. Es gibt zwischenzeitlich Petitionen und auch im Innenministerium liegen nach unseren Informationen mehrere Schreiben von Bürgern aus dieser Region vor, die sagen, wir wollen Gemeindeneugliederungen, aber in dieser Art und Weise, wie es der Gemeinderat beschlossen hat, wollen wir es nicht.
Ein weiteres Beispiel - die Eingemeindung von Petersdorf, Rodishain und Stempeda nach Nordhausen: Dort haben die Gemeinderäte formal die Beschlüsse gefasst, aber auch dem Innenministerium dürfte bekannt sein, dass der Landrat des Landkreises Nordhausen sagt, nein, ich bin nicht einverstanden, insbesondere, weil die Stadt-Umland-Verhältnisse um Nordhausen sich weiter verkomplizieren. Auch da müssen wir diskutieren und es wird noch spannend. Es ist also nicht so einfach, dass man sagt, es geht alles durch, der Landtag muss nur formal darüber diskutieren.
Ein weiteres Beispiel - Großkochberg, Heilingen nach Uhlstädt-Kirchhasel: Das ist ein Beleg dafür, dass manches nicht bis zu Ende gedacht war. 2002 haben wir uns schon einmal mit der Bildung der Einheitsgemeinde dort beschäftigt. Die zwei Gemeinden haben damals nicht mitgemacht und haben sich nur an dem Modell der erfüllenden Gemeinde beteiligt. Jetzt greifen die das noch mal auf, jetzt wollen sie doch in diese Einheitsgemeinde. Vielleicht wäre es besser gewesen, der Gesetzgeber hätte 2002 dort noch mal verdeutlicht, worin mittelfristig leistungsfähige Strukturen bestehen. Aber da kommen wir wieder zu dem Problem des fehlenden Leitbilds. Wenn das damals klar gewesen wäre, dann, glaube ich, hätten sich bereits im Jahr 2002 diese beiden Gemeinden für das Modell der Einheitsgemeinde entschieden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Beispiel Rockenstuhl nach Geisa: Dort würde die neue Stadt Geisa eine Einwohnerzahl von rund 4.800 Einwohnern haben. Wir haben Zweifel, ob 4.800 Einwohner tatsächlich mittelfristig - also für einen Zeitraum von 20/25 Jahren - eine ausreichende Größenordnung ist, um dauerhaft leistungsfähig zu sein. Hier entsteht also ein neues Gebilde und man muss davon ausgehen, dass es in kürzester Zeit erneut infrage gestellt wird.
Ich verweise in dem Zusammenhang auf die Ausgliederung der Gemeinde Brotterode aus der Verwaltungsgemeinschaft Rennsteig; das war ja das vorgelagerte Gesetzgebungsverfahren. Brotterode hatte damals 3.056 Einwohner, ist inzwischen unter 3.000 Einwohner gerutscht. Wenn wir das hier als Gesetzgeber mitmachen und die Gemeinden somit - ich sage es bewusst - in eine ungewisse Zukunft entlassen und dort vielleicht Hoffnungen schüren und wir in wenigen Jahren dann per Gesetz in diese neu entstandenen Strukturen eingreifen, wird das Politikverdrossenheit in starkem Maße befördern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein vorletztes Beispiel ist die von mir bereits angesprochene Gemeindeneugliederung Behringen und Hörselberg. Hier gesteht die Landesregierung zu, dass allein die sogenannte Kopfprämie offenbar nicht ausreicht, um alle Probleme zu lösen. Hörselberg ist nämlich mit über 4.000 € pro Einwohner mehr als vierfach so hoch verschuldet wie der Durchschnitt in Thüringen. Natürlich ist unter solchen Voraussetzungen ein freiwilliger Zusammenschluss undenkbar. Wir haben aber viele andere Beispiele in Thüringen - ich hatte ja bereits eins genannt mit Friedrichroda -, wo eine ähnliche Situation besteht, wo es einen relativ leistungsstarken Partner gibt und einen hoch verschuldeten. Hier hat die Landesregierung aus unserer Sicht zu Recht gehandelt und hat gesagt, wir geben dort noch mal drei Millionen zusätzlich rein, wobei das ja nicht stimmt, dass das Land das Geld gibt, das kommt ja aus dem Landesausgleichsstock, das heißt, alle Gemeinden in Thüringen finanzieren solidarisch diesen Beitrag. Das kann sich jeder ausrechnen, bei der Einwohnerzahl sind das also 1,50 € pro Einwohner, was alle Gemeinden in Thüringen dazugeben, damit Hörselberg, das sich unter staatlicher Aufsicht in diese Situation gebracht hat, teilentschuldet wird. Das ist ein interessanter Vorgang. Eigentlich müsste das Land aus seinem eigenen Etat diese Gelder aufbringen, weil - ich betone es noch mal - die Verschuldung dieser Gemeinde unter staatlicher Aufsicht und Genehmigung erfolgt ist, weil kein kommunaler Kredit ohne staatliche oder Landesgenehmigung letztlich aufgenommen werden kann. Da verweise ich gar nicht darauf, wie viel Gelder nach Hörselberg in den letzten Jahren zusätzlich geflossen sind. Das waren allein rund 600.000 € Bedarfszuweisungen. Jetzt wird das geregelt, aber ich verweise noch mal darauf, das darf nicht nach Parteibuch geschehen. Im Wartburgkreis wird das sehr heftig diskutiert: Hängt das mit dem Parteibuch des Bürgermeisters zusammen? Da sollte die Landesregierung schleunigst Klarheit schaffen, dass das nicht nach Parteibuch geht. Wir können der Landesregierung weitere Beispiele nennen, wo es die Bereitschaft zu freiwilligen Gemeindeneugliederungen gibt, wenn das Problem der Teilentschuldung endlich gelöst wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch eine Anmerkung zu den unterschiedlichen Übergangsregelungen im Gesetz hinsichtlich der Anpassung des Ortsrechts. Da haben Sie die unterschiedlichsten Regelungen. Manche Gemeinden haben nur ein Jahr Zeit, ihr Ortsrecht anzupassen, andere Gemeinden haben bis 2012 Zeit. Da werden wir im Gesetzgebungsverfahren diskutieren müssen, weshalb diese Übergangsfristen im Gesetz so unterschiedlich und so differenziert festgeschrieben werden. Wir glauben, hier sollten wir auch Kriterien entwickeln, so dass die Gemeinden auch die Sicherheit haben, dass der Gesetzgeber bestimmte Übergangsfristen unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erachtet. Wir halten ein Jahr für zu kurz - das sagen wir deutlich -, wir halten allerdings auch vier Jahre für einen sehr langen Zeitraum. Irgendwo dazwischen sollte die Wahrheit liegen.
Eine letzte Anmerkung betrifft noch mal Rockenstuhl und Geisa. Dort hatten Sie ja darauf verwiesen, dass es der Wunsch der Beteiligten ist, erst zum 31.12.2008 die Eingemeindung zu vollziehen. Hier stellt sich natürlich die Frage - den Wunsch sollten wir respektieren oder akzeptieren -, warum wir dann nicht 1. Juli 2009 sagen, weil dort bekanntermaßen die neue Amtszeit der Gemeinderäte beginnt. Wir würden damit verhindern, dass in diesem Fall noch mal übergangsweise für ein halbes Jahr eine Erweiterung des Stadtrats Geisa erfolgen muss, sondern man könne dann gleich in den neuen Strukturen wählen. Dieses halbe Jahr wäre sicherlich auch für die Beteiligten dort verkraftbar und würde komplizierte Übergangsregelungen vermeiden. Die zustehenden Finanzhilfen im Zusammenhang mit dieser Gemeindeneugliederung - darauf wurde ja verwiesen -, dass dort für den Anspruch der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend ist. Insofern würde auch eine zeitliche Verschiebung um ein halbes Jahr nicht dazu führen, dass möglicherweise diese Gelder nicht mehr zur Verfügung stehen, auch wenn jetzt im Landeshaushalt für 2009 - im Entwurf, den die Landesregierung dem Landtag morgen zuleitet - keine Mittel mehr vorgesehen sind. Aber wir gehen mal davon aus, dass durch Übertragungen das zumindest an dieser Frage nicht scheitern wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Beispiele, die nur ausgewählt waren - wir könnten noch weitere benennen -, zeigen, dass Freiwilligkeit nicht heißt, es ist alles in Ordnung. Wir haben viel Diskussionsbedarf. Wir werden heute noch im Innenausschuss darüber diskutieren, wie wir damit umgehen, ob wir nur auslegen, wie wir anhören, ob öffentlich vor Ort hier in Erfurt. Wir sind für einen transparenten und öffentlichen Prozess, wo sich möglichst viele Bürger einbringen können, weil wir der Überzeugung sind, wenn sich Bürger in das Gesetzgebungsverfahren einbringen, stößt zum Schluss die
gesetzliche Regelung auf ein höheres Maß an Akzeptanz, als wenn möglicherweise wieder Bürger außen vor bleiben und dann neue gemeindliche Strukturen bei dem einen oder anderen auf Missfallen oder sogar Widerstände oder Protest stoßen. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, gut, dass Gemeindevertreter dem Ministerpräsidenten nicht alles abkaufen, sondern ihre Einschätzung der Situation im Freistaat selbst haben und ihr folgen.
Wenn man dem Ministerpräsidenten Glauben schenken würde und die Gemeindevertreter das täten, dann würden sie ihre schönen kleinen und heimeligen Gemeindestrukturen nicht selbst zur Disposition stellen. Sie hätten die Gewissheit, dass sie von der Landesregierung nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten, besonders finanziellen, unterstützt würden. Und so müssen sie sich fragen, warum denn das Innenministerium eine Richtlinie für freiwillige Gemeindezusammenschlüsse vorlegte und warum Zusammenschlüsse auch noch gefördert würden, wo sie doch nicht gewollt sind. Ich erinnere an die Aussage von Herrn Mohring im letzten Plenum. Also geförderter Heimatverlust? Helle Gemeindevertreter haben, das beweist die Anzahl der vorliegenden Anträge auf Gemeindezusammenschlüsse, vorausschauend gesehen, was ihnen die Zukunft bringt, wenn sie abwarten. Offensichtlich wollen sie ihre Gemeinden zusammenschließen, weil sie erkannt haben, dass sie nur so ihre Leistungsfähigkeit und regionale Identität erhalten können. Glücklicherweise liest man in der einen oder anderen Pressemeldung von CDU-Abgeordneten und -mitgliedern, dass die interne Meinung in Ihrer Partei meilenweit von der öffentlich geäußerten entfernt liegt. Da wird den Gemeindevertretern schlicht gesagt, dass nach der nächsten Landtagswahl sowieso nur mit größeren Einheitsgemeinden zu rechnen ist.
Der vorliegende Gesetzentwurf sagt noch nichts über die bereits geführten Prozesse und Gespräche aus, die mit den Bürgern der betroffenen Gemeinden geführt wurden. Deshalb schlagen wir folgendes Verfahren frei nach dem Leitspruch der Landesregierung vor: „Sorgfalt vor Eile“. Nach der vorgesehenen schriftlichen Anhörung muss es noch mündliche An
hörungen vor Ort geben, nämlich überall da, wo landesplanerische oder andere Gegebenheiten den vorgeschlagenen Zusammenschluss kritisch erscheinen lassen. Da stimmen wir völlig überein.
Wir können uns da nicht drängen lassen. Ich erinnere auch daran, dass wir bei dem letzten Neugliederungsgesetz im Januar 2006 zum Verfahren eine ganze Reihe von Anmerkungen machten. So möchten wir aus den Unterlagen entnehmen können, welche Beschlüsse wann gefasst wurden und welche wann nötig sind. Wir möchten genau entnehmen können, wie viele und wie ausführlich die Anhörungen von Bürgerinnen und Bürgern stattgefunden haben. Wir schlagen vor, dass den Gemeinden dazu vom Innenministerium Handreichungen gegeben werden, wie die einzureichenden Unterlagen auszusehen haben. Wir wollen den Unterlagen genau entnehmen können, wie der gemeindeinterne Willensbildungsprozess stattgefunden hat, denn bei freiwilligen Gemeindezusammenschlüssen muss auch die freiwillige Willensbildung genau nachvollzogen werden können. Und überdies ist es für uns unverzichtbar, dass dem einzelnen Zusammenschluss eine Bewertung der Landesregierung beigelegt wird, aus der die landesplanerische Einordnung ersichtlich ist, denn genau das sagt die Richtlinie im Punkt 1 bei der Förderung von Zusammenschlüssen. Da steht einfach drin, dass die Zusammenschlüsse den Grundsätzen der Landesplanung entsprechend müssen. Ich denke, dazu ist es notwendig, dass die Landesregierung eine Stellungnahme abgibt, damit wir uns als Vertreter des Parlaments eine Meinung bilden können. Wegen der Vielzahl der Zusammenschlüsse bitten wir auch um eine übersichtliche Form. Wir hatten das das letzte Mal gehabt, dass wir einen Hefter bekamen, den wir durchzulesen hatten. Ich denke, es gibt ein paar Randpunkte, die ich gerade aufgezählt habe, und da kann man in einer tabellarischen Form für die Abgeordneten einiges zusammenfassen, damit man zügig an der Gesetzesberatung teilnehmen kann. Trotz alledem sagen wir, dass das Gesetz nicht im Schweinsgalopp durch den Landtag und seine Ausschüsse getrieben werden darf, denn wir wissen, diese Strukturen müssen 20 Jahre und länger halten und sollten deswegen wohl überlegt sein.
Ich will auch noch einmal daran erinnern, was die Bürgerinnen und Bürger wollen. Sie wollen, dass ihre örtlichen Interessen gewahrt bleiben, sie wollen nicht über Gebühr zur Kasse gebeten werden. Das eine Beispiel, das Herr Kuschel gebracht hat, zeigt es ja deutlich, dass man oftmals unentschlossen ist, deswegen muss es genau überlegt werden. Die Gemeindezusammenschlüsse müssen natürlich auch für die Betroffenen zumindest nicht so große Nachteile bringen, dass man zu sehr dagegen sein muss, sondern
sie müssen in aller Regel Vorteile bringen. Ich erinnere zum Beispiel an das Thema Schule oder Kindergärten. Ich denke, das ist das Mindeste. Deswegen bitte ich Sie auch, die CDU-Fraktion und die Landesregierung: Bringen Sie sich kooperativ und auch umgehend ein, um Eckpunkte zu erarbeiten. Das ist auch unsere Auffassung. Wir müssen schauen, dass wir Eckpunkte für Gemeindegebietsreformen haben, die momentan in der Gemeindeordnung stehen; das können Sie auch nicht ernsthaft meinen, dass diese dauerhaft bestehen bleiben, weil Ihre eigene Richtlinie ja davon abweicht. Wenn Sie gewollt hätten, dass wir weiterhin bei den kleinen Gemeinden bleiben, dann hätten Sie bei der Förderung von Gemeindezusammenschlüssen die 3.000 Einwohner reinschreiben müssen. Dann hätte jede Gemeinde gesehen, das soll dauerhaft so bleiben, zumindest solange die CDU die Mehrheit hat.
Ich will auch daran erinnern, dass das Thüringer Verfassungsgericht in einer vergangenen Entscheidung zu Gemeindezusammenschlüssen darauf verwiesen hat, dass solche Eckpunkte, solche Leitlinien vorhanden sein müssen. In der letzten Gebietsreform gab es die auch, im Vorfeld hatte man sich dazu geeinigt. Nun müssen die auch schnellstens her, damit wir in Thüringen nicht Strukturen bekommen, die wir in fünf Jahren wieder bereuen. Danke.