Protokoll der Sitzung vom 20.09.2007

Bei Herrn Huster wundert mich, was für eine Lanze er für die privaten Sportwettenanbieter bricht.

(Beifall SPD)

Gerade die Fraktion DIE LINKE, die ja sonst immer nach dem Staat ruft, der Staat soll vieles und alles regeln, oftmals ist dieser Ruf berechtigt, das gebe ich zu, aber hier vertritt Herr Huster eine ganz gegenteilige Meinung. Aber er hat auch gesagt, es seien Teile der LINKEN, die dieser Meinung folgen. Es wäre natürlich interessant zu erfahren, wie groß der Teil der LINKEN ist, die diese Position vertritt.

Meine Damen und Herren, ein ganz wichtiger Punkt ist hier schon genannt worden, nämlich die Mittelausstattung an den Landessportbund und die LIGA. Wir fordern, dass die Verbände nicht schlechtergestellt werden als bisher und das nicht nur für zwei Jahre. Darüber werden wir im Haushalts- und Finanzausschuss noch einmal diskutieren und auch genau hinsehen.

Grundsätzlich bin ich natürlich der Meinung, dass die Abhängigkeit dieser beiden Organisationen von Lotterieeinnahmen sowieso nicht der richtige Weg ist. Landessportbund und LIGA erfüllen wichtige Aufgaben im Sinne unseres Freistaats und es wäre nach meiner Fraktion durchaus gerechtfertigt, dass sie einen eigenen Haushaltstitel haben, dass das Parlament hier entscheidet, wie viel Geld steht der LIGA und dem LSB zur Verfügung und dass

(Beifall SPD)

das nicht abhängig davon ist, wie viele Menschen gehen wie oft Lotto spielen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Zu- stimmung.)

Aber das ist ein anderes Kapitel und das werden wir im Rahmen dieses Gesetzes jetzt noch nicht regeln,

(Beifall SPD)

sollte aber grundsätzlich noch einmal überlegt werden. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Mohring zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin ja ganz verwirrt über die Reden der Oppositionsvertreter. Ich will mich zu Beginn gern Herrn Pidde anschließen, in Bezug auf das, was er zur Bewertung zu Herrn Huster gesagt hat. Auch ich war völlig schockiert über die liberale Ordnungspolitik dieses einzelnen Abgeordneten. Aber ich glaube auch, ich bin überzeugt davon, das bleibt eine Mindermeinung und Sie werden sich auf Ihrem staatstragenden Weg da auch wiederfinden, dass der Staat alles regeln muss für dieses Leben. Ich glaube kaum, dass Ihre Fraktion am Ende da abweichen wird. Aber dass sich solche Meinungen in Ihrer Fraktion überhaupt stattfinden lassen, ist schon beachtenswert. Ich bin auf die Ausschussberatungen tatsächlich gespannt und das Ergebnis, was zustande kommt. Aber ich will mal beginnen, bevor ich noch einmal auf Herrn Pidde eingehe und mich auch einer Meinung von ihm deutlich anschließen will. Beide Oppositionsvertreter haben wie auch die Ministerin zu Recht gesagt, das Bundesverfassungsgericht hat eine Entscheidung getroffen und gesagt, dass die bisherige Sportwettenmonopolregelung gegen die Berufsfreiheit privater Vermittler und damit gegen das Grundgesetz verstößt. Es hat gesagt - das bleibt entscheidend -, bis zum 31.12. dieses Jahres bedarf es einer Neuregelung. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu zwei Optionen in Aussicht gestellt, nämlich zum einen das streng auf Suchtprävention gerichtete orientierte Staatsmonopol - das findet sich in der Gesetzesvorlage wieder - und zum anderen als Alternative auch ausgemacht, eine gesetzlich normierte und kontrollierte Liberalisierung.

Ich will für die CDU-Fraktion deutlich sagen, dass wir die Konsequenz der Landesregierung, sich an dem ersten Optionsmodell der Strenge einer Suchtprävention orientierten Staatsmonopol auszurichten, begrüßen und nachvollziehen können, dass die Regierung diese Konsequenz hat, weil damit nämlich auch eine einvernehmliche Regelung auf der Basis der Option des Bundesverfassungsgerichts geregelt wird und schließt sich letztlich dem an, was alle Ministerpräsidenten, alle 16 im Übrigen, miteinander vereinbart haben.

Ich will als dritten Punkt sagen - und damit komme ich auch schon fast auf Herrn Pidde zu sprechen -, dass auch in Artikel 2 im Gesetzespaket die Mindestzuweisung im Lottogesetz für die Destinatäre festgeschrieben ist. Wir werden diese mit Sicherheit sehr begrüßen für die Jahre 2008 und 2009, weil das ihnen Planungssicherheit gibt und weil sie damit auch ihre eigenen Aufgaben, die wir ja auch alle wollen, erledigen können. So viel dazu.

Was aber offen ist, ist die Frage, warum niemand wirklich ernsthaft die zweite Option, die das Bundesverfassungsgericht auch in Aussicht gestellt hat, geprüft hat. Ich meine, dass man ernsthafter hätte über diese Frage diskutieren sollen. Da wir aber auf der Grundlage des Gesetzentwurfs der Landesregierung beraten, macht es durchaus viel Sinn, dass wir im Haushaltsausschuss - dort gehört es auch hin - ausführlich auch im Rahmen einer Anhörung noch mal die ganzen Fragen aufwerfen, die der Abgeordnete Huster zum Teil richtig gestellt hat, das muss ich nicht wiederholen. Aber ich will auch sagen, dass wir einen zweiten Teil beachten müssen, nämlich, dass wir auch eine Antwort geben müssen. Ich habe sie vermisst bei Herrn Huster, weil er zwar gesagt hat, wir müssen eine Menge Fragen prüfen und aufwerfen und er hat damit geendet, dass er gewettet hat, wenn man dem Gesetzentwurf der Regierung zustimmen würde, das auf Dauer nicht haltbar sei. Was ich aber vermisst habe, ist ein Vorschlag, der die ganzen Bedenken, die in den Raum gestellt worden sind, dann auch tatsächlich mit Lösungen umkleidet. Das gehört am Ende auch dazu. Nur Nein sagen, das ist halt dann zu wenig; es bedarf auch eines Lösungsvorschlags.

Darauf will ich eingehen. Dieser Lösungsvorschlag liegt in der Diskussion vor, nämlich, dass man in einem dualen System den Bereich des Sportwettenmonopols neu definiert und mit eigenen Landeslottogesetzen dann auch die gesetzliche Normierung dazu begleitet. Sie wissen, das ist nicht unbekannt, dass ich persönlich mit Kollegen aus Schleswig-Holstein, aus Niedersachsen, auch aus Sachsen-Anhalt dazu auch initiativ geworden bin, weil ich denke, dass wir auf der Basis des bestehenden Lottostaatsvertrags, der jetzt schon ein paar Jahre existiert, durchaus ein wichtiges Ziel fortsetzen können, nämlich das des staatlichen Lottomonopols. Es macht Sinn, tiefer in den Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts hineinzuschauen, die nämlich ausdrücklich nicht den Bereich des staatlichen Lottomonopols aufgegriffen haben und wir auch sicher sein können, daraus will ich noch einmal zitieren, dass auch die EU-Kommission namens ihres Kommissionsmitglieds Charlie McCreevy ausdrücklich am staatlichen Lottomonopol nicht rüttelt und darauf hinweist, für den Bereich des Sportwettenmarkts eine Neuregelung zu formulieren. Ich möchte, Frau Präsidentin, gern aus einem

Brief des Kommissionsmitglieds McCreevy zitieren, der sagt: „Wie Sie wissen, hat die Kommission in ihrer Presseerklärung vom 4. April 2007 klargestellt, dass das gegen Deutschland eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren sich nicht grundsätzlich gegen das Bestehen staatlicher Monopole oder gegen staatliche Lotterien richtet. Es hat auch keinerlei Auswirkung auf die Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes für Glücksspiele im Allgemeinen. Ich kann Ihnen deshalb bestätigen,“, so führt McCreevy weiter aus, „dass sich das Vertragsverletzungsverfahren nur auf Dienstleistungen im Bereich der Sportwetten und nicht auf andere Glücksspiele bezieht und auch nicht die bestehenden Glücksspielmonopole der Länder infrage stellt.“ Er sagt weiter, ich will noch einen weiteren Satz zitieren: „Die von der Kommission im Rahmen des laufenden Verfahrens vorgebrachten Bedenken betreffen demnach die Sportwetten.“ Mir ist aufgefallen, dass in der Diskussion, die im Vorfeld zum bestehenden Gesetz in den letzten Monaten aufgebracht wurde, oft vermischt wurde, dass man bei einer nicht staatlich monopolgeregelten Sportwettenvorlage im Staatsvertrag und im Gesetz sich der Gefahr aussetzen würde, dass alle die, die aus den Lottoumsätzen profitierenden Destinatäre und Projekte im Sozialbereich, im Wohlfahrtsbereich, im Umweltbereich dann nicht mehr in der Zukunft auskömmlich ausgestattet seien. Da passiert meines Erachtens schon der erste Denkfehler, weil man den Bereich des staatlichen Lottomonopols und die Überlegung zu einer Liberalisierung des Sportwettenmarkts miteinander vermischt. Wir können ja im aktuellen Jahr 2007 eine Beobachtung gemeinsam feststellen. Seitdem das Bundesverfassungsgericht seinen Urteilsspruch gefällt und gesagt hat, auf alle Fälle sind Werbemaßnahmen einzuschränken und quasi verboten, können wir sowohl beim staatlichen Sportwettenanbieter ODDSET, aber auch im Gesamtumsatz der staatlichen Lottobetriebe feststellen, dass in beiden Teilen die Umsätze zum Teil gravierend zurückgegangen sind. Im staatlichen Sportwettenbetrieb ODDSET sogar um 30 Prozent in diesem Jahr und im letzten Jahr 2006 auch noch einmal um 30 Prozent, so dass mittlerweile dort in dem Bereich ein dramatischer Umsatzeinbruch festzustellen ist. Das Optionsmodell Nummer 1 des Bundesverfassungsgerichts, so will ich es einmal bezeichnen, das sich auch im Gesetzentwurf wiederfindet, also ein streng an der Suchtprävention orientiertes Staatsmonopol auszurichten, geht mit einem ausschließlichen und absoluten Werbeverbot einher. Wir wissen, dass im Lottobereich in den vergangenen Jahren jährlich bis zu 120 Mio. € im Werbebereich ausgegeben wurden. Unabhängig von den Arbeitsplätzen, die dabei eine Rolle spielen und die entstanden sind, bedeutet das natürlich, wenn staatliche Betriebe so massiv im Werbebereich tätig gewesen sind und das bei einem streng an Suchtprävention orientiertem Staatsmonopol künftig nicht mehr sein dürfen, dass

dann auch natürlich mit dem strengen Werbeverbot ein dramatischer Umsatzverlust einhergeht. Den haben wir dieses Jahr schon gesehen und er wird weitergehen. Deshalb haben natürlich nicht umsonst LIGA und Landessportbund jetzt im Vorfeld des Gesetzentwurfs darauf gedrängt, weil sie wissen, dass die Umsätze im Lottobereich und im Sportwettenbereich dramatisch zurückgehen werden, dass sie für sich eine Mindestabsicherung an Zuweisung als Destinatäre im Gesetz festgeschrieben haben wollen. Für die LIGA ist das im Gesetzentwurf mit 4,92 Mio. € und für den Landessportbund mit 8,81 Mio. € festgeschrieben worden. Jetzt hat Herr Dr. Pidde als Abgeordneter der SPD-Fraktion - da bin ich wirklich baff und überrascht und völlig konsterniert - vorgeschlagen, Sie wollen noch mehr Rechtssicherheit schaffen für die beiden Destinatäre und greifen auf ein altes Verfahren zurück, was wir auf Drängen der Destinatäre schon einmal abgeschafft haben. Sie schlagen nämlich vor, dass die Destinatäre wieder aus dem Haushalt finanziert werden. Ich habe nicht mit meiner Fraktion gesprochen, so schnell geht das gar nicht, wir sind ja größer als Ihre Fraktion, da ist die Meinungsfindung ein Stück komplizierter. Ich persönlich würde natürlich sofort eine Haushaltsfinanzierung der LIGA und des LSB begrüßen. Nicht nur, weil das den Planungen Sicherheit gibt, sondern weil es auch die Frage der Verwendungsnachweisprüfung wieder deutlicher regelt, als wir es jetzt nach den Regeln des Lottogesetzes machen können.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ein Schelm, der Böses dabei denkt.)

Sie wissen, dass wir ausführlich darüber diskutiert haben, aber ich will einmal eines sagen und das habe ich bei der ganzen Diskussion schon gemerkt, nachdem die Destinatäre zu Recht ihre Position genannt haben, wir wollen eine Mindestabsicherung, ist mir aufgefallen, dass sich ein Zusammenhang wiederfindet, den wir auch beim Kommunalen Finanzausgleich diskutiert haben. Solange wir Lottomehreinnahmen zu verzeichnen haben, das sind jeweils Steuermehreinnahmen beim Kommunalen Finanzausgleich, da haben die, die davon partizipieren, gesagt, lasst uns an den Mehreinnahmen beteiligen. Deswegen haben wir erst vor wenigen Jahren im Lottogesetz eine Höchstgrenze eingezogen, weil wir gesagt haben, wenn Lotto immer weiter steigt und durch die Fußball-WM bei ODDSET immer höhere Einnahmen zu verzeichnen sind, dann machen wir den Deckel darauf, damit die Destinatäre nicht irgendwann noch mehr verdienen, als wir ihnen nach unserer Berechnung zugestehen wollen. Jetzt, wo die Einnahmen sinken durch Werbeverbot, durch den Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts und Steuereinnahmen, ich will es einmal vergleichen,

beim KFA zusammengebrochen sind wegen früherer Steuerrechtsänderungsgesetze, jetzt sagen die Beteiligten aus dem Verbund jeweils: Ja, aber so ist es nicht gemeint. Bei rückgängigen Einnahmen wollen wir natürlich nicht an den Rückgängen der Zuweisungen beteiligt sein. Diese spannende Frage löst sich nicht ganz auf. Die Landesregierung hat vorgeschlagen, eine Mindestzuweisung für die Destinatäre festzuschreiben. Das ist konsequent und richtig und gibt Planungssicherheit, aber Ihr Vorschlag, so viel Charme, wie er hat, schreckt ein bisschen plötzlich vor der Konsequenz zurück, ja, wir wollen zwar das staatliche Lottomonopol, aber mit den Folgen wollen wir natürlich nicht richtig zu kämpfen haben. Eine der Folgen, die natürlich aus Ihrem Vorschlag entsteht, wenn wir nicht aus Lottoumsätzen künftig Destinatäre und andere soziale und kulturelle und Umweltprojekte finanzieren wollen, dann müssen wir sie aus Haushaltsmitteln finanzieren.

An der Stelle will ich noch einmal eingreifen und sagen, warum macht es nicht Sinn, wir werden es im Haushaltsausschuss tun, darüber nachzudenken, wie kann man die Einnahmebasis des Staates in dieser Frage verbreitern. Einer dieser Prüfvorschläge ist der des dualen Systems in einem kontrollierten liberalen Sportwettenmarkt, der nämlich eines berücksichtigt, darauf will noch einmal eingehen: Derzeit beträgt der Umsatz, der im Lotto, bei Pferdewetten, Sportwetten, bei Automatenspielen, all das, was gemacht wird, der staatlich vereinnahmte Umsatz dann über Steuern gerade 3 Prozent. Der größere Teil, nämlich 97 Prozent des gesamten Marktes, wo diese ganzen Spiele und Angebote stattfinden, der wird im Automatenspiel und mit Lotto und ODDSET gemacht. Jetzt sagen wir, alle 16 Bundesländer, wir wollen das streng normierte Gebot des Bundesverfassungsgerichts dadurch erfüllen, dass wir den relativ kleinen Teil, 3 Prozent des Sportwettenmarktes, unter staatliche Monopolkontrolle stellen und damit in der Suchtprävention einen großen Beitrag leisten, vergessen dabei aber, dass der viel größere, von Sucht anfällige Bereich - ich nenne ihn - des Automatenspiels vom Gesetzentwurf und auch vom Staatsvertrag gar nicht erfasst wird. Wie will man denn ernsthaft das normierte strenge Gebot des Bundesverfassungsgerichts erfüllen, wenn man bei Automatenspielen und auch im Casinobereich gerade keine Regelungen trifft? Da ist mir in diesen Tagen zur Diskussion etwas Wunderschönes vor die Augen gekommen und ich habe es mir extra noch einmal ausgedruckt, weil die von uns als CDU-Fraktion mehr als von Ihnen so geliebte Spielbank Erfurt derzeit gerade eine Werbung in Erfurt veranstaltet. Wer durch Erfurt fährt, der sieht zurzeit dieses Plakat. Das steht auf dem Plakat: „Kein Bluff, in Erfurt wird gepokert - ab September 2007“. Jetzt finde ich das so wunderschön und ich finde es auch richtig niedlich, das muss ich einmal sagen, dass wir den Staats

vertrag hier diskutieren und sagen, wir wollen allen Ernstes Suchtprävention betreiben, wir wollen das staatlich regeln und kontrollieren, damit die Leute nicht dem Glücksspiel verfallen. Und dann wirbt unsere eigene Spielbank mit dem Pokerspiel. Jetzt frage ich mich: Ist das ein Beitrag zur Suchtprävention? Ich freue mich, dass die Pokerspieler in Thüringen quasi Teilnehmer des Suchtpräventionsprogramms hier in Thüringen sind. Es ist schön, das zu sehen.

(Heiterkeit und Beifall CDU)

Ich hoffe genauso wie Herr Huster, dass Jena nächste Woche gewinnt, endlich die ersten drei Punkte bekommt, aber wetten tue ich nicht. Aber ich will nur darauf aufmerksam machen, wie kompliziert die Materie ist und wie wir uns auch etwas vortäuschen, wenn wir nur einen kleinen Teil in den Blick nehmen. Jetzt sage ich es noch einmal, auch als Haushaltspolitker, warum es Sinn macht, über das duale System nachzudenken. Wenn wir davon ausgehen, dass wir durch das strenge System, durch das staatlich monopolisierte System im Sportwettenbereich und durch die Auflagen an Werbeverboten, die damit verbunden sind, davon ausgehen können, dass staatliche Einnahmen bei Lotto, aber auch bei den Sportwetten dramatisch einbrechen werden, dann stellt sich automatisch die Frage: Wie gehen wir damit um, dass wir unsere sozialen, kulturellen und andere Projekte auch noch weiter ausfinanzieren können? Warum können wir nicht den Blick dafür öffnen, wenn wir sagen wollen, wir wollen Suchtprävention verstärken und genau die Mittel aus dem Bereich verstärkt dafür einsetzen, warum wir im Sportwettenmarkt, der in seiner Gesamtheit jährlich ein Markt von 4 Mrd. € ist, warum wir den außer Acht lassen? Der staatliche Sportwettenbetrieb ODDSET umfasst an Umsätzen ungefähr von diesem 4 Mrd. € umschriebenen Markt, der jährlich in Deutschland stattfindet, 10 Prozent. 10 Prozent werden im staatlichen ODDSET-Wettbetrieb umgesetzt und werden quasi als staatliche Einnahme verzeichnet. Der Vorschlag des dualen Systems, der verknüpft ist mit Konzessionsabgaben und mit einer Lenkungsabgabe, würde dem Staat zusätzlich aus seinem Umsatzbereich von 3 bis 4 Mrd. € jährlich im Sportwettenmarkt zusätzliche Einnahmen bescheren. Warum sollen wir nicht diese zusätzlichen Einnahmen dafür nehmen, um verstärkt Suchtprävention zu machen und auch verstärkt in kulturelle und soziale Projekte, die genau diesem Anliegen auch Rechnung tragen, Mittel einsetzen? Zwischen diesen beiden Wegen kann man sich entscheiden, weil es auch diese beiden Wege sind, die das Bundesverfassungsgericht aufgeführt hat.

Ich will noch einen weiteren Punkt ansprechen, weil der auch dazugehört. Weil im jetzigen Gesetzentwurf

zu Recht vorgeschlagen ist, weil das die Länder im Staatsvertrag so vereinbart haben, dass in dem Bereich des Internets auch für Konzessionsinhaber anbietende Sportwettenfirmen und -vermittler anderer EU-Länder ein Verbot ausgesprochen wird. Jetzt finde ich das wirklich sehr mutig zu sagen, wir in Thüringen verbieten auch Konzessionsinhabern im Internet das Angebot und die Vermittlung von Sportwetten. Dann heißt es übrigens in meiner Kleinen Anfrage, die ich gestellt hatte letztens in der Drucksache 4/3258 auf meine Anfrage genau zu diesem Problem: „Die seriösen Anbieter von Sportwetten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ihr Internetangebot aufrechterhalten, werden durch freiwillige Abfragen beim Nutzer eine Spielteilnahme von Thüringen aus verhindern.“ Nicht schlecht. Jetzt stellen wir uns den so oft gescholtenen Sportwettenanbieter aus Malta vor. Da kommt der Thüringer Lottospieler und Sportwettenspieler Huster und wettet CarlZeiss nächste Woche auf Sieg und dann sagen die, nein, Du Thüringer, Dich nehmen wir nicht. Jetzt finde ich diese Normierung ja noch schick, aber im juristischen Sinn nachgefragt: Wer kontrolliert denn die Vollstreckbarkeit dieses Satzes im Gesetz? Was nützt uns eine gesetzlich normierte Regelung, die niemand vollstrecken kann? Und wie das gehen soll, dass wir im globalen World-Wide-Webb den Thüringern verbieten wollen, Angebote von Sportwettenvermittlern, die auch noch konzessioniert sind und dann möglicherweise sogar noch aus EU-Ländern stammen, wie wir denen das verbieten wollen, das muss erst einmal einer tatsächlich erklären, vor allen Dingen im Vollzug. Zu Recht sagen die Kritiker dieser Regelung im Staatsvertrag und in den einzelnen Lottoländergesetzen, das verstößt gegen eine Menge von EUVorschriften, Dienstleistungsfreiheit, Antidiskriminierungsregelung, Wettbewerbsrecht etc. Da ist doch die Frage, die man sich stellen muss: Wollen wir wirklich eine Regelung auf den Weg bringen, die eine der Optionen des Bundesverfassungsgerichts erfüllt, die aber - und das sagen zumindest alle Sprachregelungen aus der EU-Kommission im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens - nicht dem EU-Recht im Verfassungsrecht standhalten wird. Das ist die entscheidende Prüffrage, die wir auch stellen müssen: Wollen wir sehenden Auges als Politik den Weg beschreiten, dass für uns Gerichte diese Frage abschließend beantworten oder wollen wir als Politik selbst einen Lösungsvorschlag unterbreiten? Ich meine, dass ein selbst von der Politik unterbreiteter Lösungsvorschlag erstens Einnahmesituationen beim Staat sichert und damit Suchtprävention und Förderung von kulturellen und sozialen Projekten auch in der Zukunft ermöglicht, oder wollen wir ein Gericht entscheiden lassen und dann das vermeintlich noch festgehaltene Staatsmonopol in zwei Jahren aufgeben, aber dann nicht mehr im Konsens mit den Anbietern aus dem Sportwettenbereich gemeinsam nach Lösungen suchen, sondern aufgrund eines Urteils

spruchs in unseren Handlungsspielräumen als Politik stark eingeschränkt sein? Diese Frage müssen wir uns schon stellen und darum kommen wir auch nicht herum, weil natürlich viele, die in den letzten Wochen und Monaten zum Staatsvertrag beraten haben, die ihn auch erarbeitet haben, die auch die Entwürfe für die Lottoländergesetze gemacht haben, sagen: Wir wollen den Risikoweg gehen, solange wie möglich am staatlichen Monopol festzuhalten und nehmen in Kauf, wenn wir dann aufgrund von Rechtsprechung das staatliche Monopol aufgeben wollen, dann eine neue Regelung zu suchen.

Ich meine, dass der längere Weg, auch auf Dauer Einnahmen zu sichern und auch den Erfordernissen des Bundesverfassungsgerichts, Suchtprävention ausführlich und nachhaltig zu betreiben, der bessere Weg ist, im Konsens einen Lösungsvorschlag zu suchen. Er ist letztendlich auch entsprechend des von uns immer hervorgehobenen Prinzips der Subsidiarität gerechtfertigt. Warum soll der Staat ausschließlich Monopolist sein für Sportwetten - wo entspricht das dem Subsidiaritätsprinzip? Ist das Aufgabe des Staates, im Bereich der Sportwetten tätig zu werden? Entspricht das dem Grundsatz, dass der Staat nur dort tätig werden sollte, wo Bürger, Vereine, Stiftungen und Unternehmen eine gesellschaftliche Funktion nicht ausüben können? Ich persönlich - das will ich an der Stelle deutlich sagen - bezweifle, dass nur der Staat auf dem Gebiet der Sportwetten tätig sein kann. Das ist schwer mit diesen Grundsätzen in Übereinstimmung zu bringen. Letztendlich denke ich, dass das Betreiben von Sportwetten nicht zum Kernbereich staatlichen Handelns gehört, weil man genau aufgrund der zweiten Option des Bundesverfassungsgerichts, der Normierung, Suchtprävention tatsächlich durchzuführen, auch bei einem dualen System der Liberalisierung des Sportwettenmarkts unter geregelten Auflagen, Konzessionen Rechnung tragen kann.

Herr Pidde hatte es, glaube ich, in seiner Rede angesprochen und ich will ihm da ein Stück an einer Stelle recht geben. Wir haben vorhin gerade an einem Punkt beim Rauchverbot auch heftig darüber diskutiert: Wenn wir sagen, dass nur der Staat Suchtprävention regeln kann durch das Monopol der Sportwetten, dann müsste er es theoretisch auch beim Suchtbereich Rauchen und beim Alkohol tun. Die Konsequenz dieser Schlussfolgerung wäre, dass dann auch nur der Staat Tabak verkaufen oder Brauereien und Kneipen betreiben kann. Das wäre die Konsequenz aus dem Bereich, dass nur der Staat Sportwettenmonopolist sein und Sportwetten anbieten kann. Es macht also Sinn, über diese Fragestellung wirklich zu diskutieren, aber auch über den Lösungsansatz eines dualen Systems unter einer kontrollierten Regelung des Sportwettenmonopols und Liberalisierung, auch unter dem Grundsatz der

Subsidiarität. Deshalb wollen wir als CDU-Fraktion ausschließlich im Haushalts- und Finanzausschuss diese Fragen besprechen. Ich kündige auch hier an, dass wir dazu eine Anhörung durchführen werden. Ich gehe sogar davon aus, dass wir das Novum im Haushalts- und Finanzausschuss erleben werden, dazu mündlich mit den Anzuhörenden ins Gespräch zu kommen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat der Abgeordnete Huster noch eine Redemeldung angezeigt.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Debatte zeigt, dass es sich hierbei um ein Thema handelt, bei dem man seine politische Jungfräulichkeit, sofern man noch über diese verfügt, leicht verlieren kann. Ich glaube, dass es sehr schwer ist, hier in dieser doch sehr komplizierten und verschiedene juristische Abwägungstatbestände enthaltenden Materie durchzukommen mit einer Position, die auch wirklich über längere Zeit sicher ist und Bestand hat. Ich glaube, am Beginn einer ersten Lesung sollte man die Fragen stellen, die sich einerseits aus der Lektüre des Gesetzentwurfs ergeben, aber auch aus der begleitenden Lektüre von mittlerweile unendlich vielen Konferenzen, Symposien. Die ersten Bücher gibt es zu den vorliegenden Gesetzentwürfen, in denen sich Wissenschaftler damit beschäftigen. Ich glaube, wir alle sollten damit ein Stück weit gelassen umgehen und, Herr Pidde, nicht sofort unterstellen, dass hier im Landtag Einzelne Privatinteressen vertreten.

(Beifall DIE LINKE)

Ich kann das Argument nachvollziehen, weil viele der Fragestellungen, die ich hier benannt habe, auch von den Privaten gestellt sind. Ich meine, wir als politisch Verantwortliche müssen abwägen zwischen dem Allgemeinwohl, das es zu formulieren gilt - das ist auch nicht immer eindeutig -, und zwischen den privaten Interessen. Ich meine, Herr Dr. Pidde, wenn wir beispielsweise Steuerreformen sofort danach bewerten, dass auch private Organisationen oder Verbände und Kammern dasselbe fordern, dann wäre das nicht sachgerecht. Auch hier unterstellen wir volkswirtschaftliche Zusammenhänge und Wirkungen in ein, zwei, drei Jahren, die bestimmte Maßnahmen ergeben. So sollten wir auch hier verfahren. Ich glaube, die Fragen, die aufgeworfen wurden, auch die Herr Mohring aufgeworfen hat, das sind die, die tatsächlich stehen. Ich halte es eher für problematisch, diese Fragen nicht zu stellen. Ich komme darauf noch mal

kurz zurück. Sie hat verwundert, dass die Position meiner Fraktion nicht deutlich geworden ist. Ich habe versucht, darzustellen, dass es sich um die Position einzelner Kollegen meiner Fraktion handelt, auch von mir, und wir in einem Diskussionsprozess sind. Das halte ich in einer ersten Lesung nicht für eine unglückliche Situation, sondern eigentlich für eine gute Situation. Wir beschäftigen uns innerhalb der Fraktion seit über einem Jahr mit der Materie. Wir stellen jetzt hier unsere Fragen. Ich glaube, dass wir bis zur zweiten Lesung eine mehrheitlich getragene Position entwickelt haben, die dann alle Vor- und Nachteile der jetzigen Regelung abzuwägen versucht. Das halte ich für das Normalste der Welt.

Herr Mohring, eine Bemerkung von Ihnen hat mich etwas stutzig gemacht. In dem letzten Teil Ihrer Rede, als Sie sinngemäß darüber sprachen, dass wir die Einnahmen sichern müssen, um einen Beitrag leisten zu können, dass wir Geld ausgeben können für entsprechende Suchtprävention. Genau das ist ein wichtiger Punkt, so glaube ich, weil genau das nicht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sagt. Das argumentiert nämlich genau andersherum und sagt, lieber Staat, du darfst dein Monopol nur rechtfertigen, wenn du uns glaubhaft nachweist, dass du der Einzige bist, der für die Suchtprävention sorgen kann. Und sozusagen, was nicht in der Begründung des Verfassungsgerichts explizit genannt ist, wenn daraus resultiert, dass Private an diesem Markt nicht mehr stattfinden dürfen und der Staat letztendlich als Monopolist auch über diese Einnahmen dann verfügt und davon einen Teil aufwendet für Suchtprävention, ist das eine ganz andere Liga, in der gespielt wird. Die Begründung des Verfassungsgerichts hat einen anderen Ansatz, nämlich die Suchtprävention in den Vordergrund zu stellen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre es nur logisch, diesen Gesetzentwurf auch federführend im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, nämlich dem Ausschuss zu beraten, der auch zuständig ist für die Belange von Verbrauchern im Sinne von Verbraucherschutz und Suchtprävention. Wir sollten auch aktiv etwas tun, wenn schon so ein Gesetz vorliegt und nicht den Eindruck erwecken, auch für Dritte, dass es hier vorrangig doch um die Einnahmesituation geht. Meiner Meinung nach wäre eine Verweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss genau dieses Zeichen, was wir nicht geben sollten.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich will Ihnen eine Sache nicht ersparen. Wir haben uns im Vorfeld bereits bemüht, auch nach dem Bekanntwerden verschiedener Anhörungen in anderen Landtagen dort selbst auch mit tätig werden zu können. Unter anderem hat die CSU eine Anhörung im Bayerischen Landtag vollzogen. Wir haben uns dort angemeldet, nicht zuletzt deshalb, weil uns immer vorgeworfen wird, wir sind die Nachfolgepartei, also haben wir

gesagt, wir könnten nach über 20 Jahren ruhenden Kontakten die Kontakte mal wieder auffrischen. Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag hat über eine Woche gebraucht, ehe sie das geprüft hat und uns dann nicht eingeladen. Wir haben andere Wege gefunden, uns auf Konferenzen und Symposien kundig zu machen.

Ergebnis dieser Beratungen, werte Kollegen, jetzt wird es etwas ernsthafter, ist letztlich eine Frage. Ich versuche die den Kritikern meiner Position noch mal nahezubringen. Wir haben eine Grundsatzentscheidung meiner Meinung nach zwischen folgendem Sachverhalt zu treffen: Schaffen wir es mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf, den Zielen des Staatsvertrags und des ganzen Verfahrens, so wie es formuliert ist, Rechnung zu tragen, auch dauerhaft Rechnung zu tragen mit dem im Vordergrund stehenden Ziel der Suchtprävention, oder gefährden wir durch das Verfahren, so wie es jetzt eingeleitet ist, unter Umständen am Ende, dass nicht nur eine kontrollierte Öffnung des Markts für Private herauskommt unter der Prämisse eines staatlichen Monopols, sondern dass irgendein Urteil uns dazu zwingt, dass es eine totale Liberalisierung dieses Markts gibt? Diese Frage müssen wir abwägen. Eine totale Liberalisierung dieses Markts betrifft nicht nur Fragen von Suchtgefahren, die jetzt vorn anstehen im Gesetzentwurf, sondern es betrifft auch Fragen - wie ich finde - der öffentlichen Sicherheit und es betrifft fiskalische Fragen im Sinne von Steuereinnahmen. Es ist nur ein Punkt unter vielen.

Der letzte Punkt, den ich nenne: Aber es bedeutet auch, dass solch eine Entwicklung und solch ein Urteil dazu führen würde, dass die gesamte Finanzierung der LIGA und der Parität in Thüringen - nur als Beispiel - dauerhaft gefährdet ist. Man muss nicht so argumentieren wie ich, aber ich meine, man muss sich, auch wenn man es kritisch sieht, mit diesen Argumenten auseinandersetzen. Wenn wir das nicht wollen, glaube ich, brauchen wir die intensive Beratung in den Ausschüssen in den nächsten Wochen bis zur Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs hier im Landtag. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Seitens der Abgeordneten liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen vor, aber Finanzministerin Frau Diezel noch einmal.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin gespannt auf interessante Beratungen im Ausschuss. Das zeigt ja schon die Debatte,

wie sehr engagiert die Abgeordneten der einzelnen Fraktionen sich über den Glücksspielmarkt informieren und wie interessiert man daran ist.

Es ist natürlich ein Problem, wir sind kein Solitär in Europa. Das Glücksspielwesen ist in Europa nicht harmonisiert, die Besteuerungen sind unterschiedlich, die Firmen sind unterschiedlich angesiedelt. Wir sprechen hier von Firmen, die vielleicht in Thüringen sind. Sind sie in Thüringen? Besteuern sie nach Thüringer oder nach deutschem Recht? All diese Fragen sind mit zu beleuchten und, ich glaube, dass es richtig ist, bei diesem Gebiet Glücksspiel den Hauptpunkt auf die Suchtprävention zu legen.

Ich möchte ganz eindeutig noch mal zitieren aus der Anhörung und, Herr Huster, mich hat das etwas verwundert, dass Sie so ein bisschen den Liberalismus gepredigt haben, weil Sie sonst doch immer sehr schnell die Suchtberatungsstellen, die Sozialverbände zitieren. Die Landesstelle für Suchtfragen hat uns in der Anhörung mitteilen lassen: „Wir begrüßen den Glücksspielvertrag und die damit verbundenen Regelungen. Sie sind ein erster Schritt, für Glücksspielsüchtige und Spielgefährdete Abhilfe zu schaffen.“ Und sie wünschen sich noch mehr die Einbeziehung von Geldspielautomaten, Spielhallen in Gaststätten. Das hat Mike Mohring angesprochen, dass hier auch eine Regelungslücke ist.