Protokoll der Sitzung vom 21.09.2007

Für die Landesregierung Minister Dr. Zeh, bitte.

Ich denke, dass ich darauf doch noch einmal antworten sollte.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Darauf würde ich nicht antworten.)

Doch, weil die Frage kam, ob die Abschaffung der kommunalbelastenden Standards, wie es in der technischen Form heißt, dazu geführt hat, dass wir den Kinderschutz vernachlässigen. Herr Bärwolff, hier zeigt sich ein grundsätzlich unterschiedliches Verständnis zu unserem demokratischen Aufbau. Wir wollen den Kommunen keine Vorschriften machen, wir dürfen den Kommunen keine Vorschriften machen, wo es sich um Fragen der kommunalen Selbstverantwortung handelt. Das ist der eigentliche Grund, warum kommunale Standards abgeschafft worden sind. Das Abschaffen von kommunalen Standards heißt doch nicht, dass die Aufgaben abgeschafft werden. Die Kommunen machen das natürlich nach wie vor in einer hohen Verantwortung, in einer hohen Bereitschaft und Zuverlässigkeit weiter.

Das Zweite: Sie haben gesagt, durch die Hintertür werden wir das nicht mehr finanzieren, wir sollten die Finanzen doch wieder zweckbinden. Dann haben Sie nicht verstanden, was das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichts besagt. Es besagt, dass wir nicht mehr so viel zweckbinden dürfen, wenn es um originäre Aufgaben der Kommunen geht. Deshalb haben wir diese Geldmittel nicht mehr zweckgebunden, sondern wir haben viele Aufgaben über die Fi

nanzierung der Schlüsselmasse realisiert. Aber an dieser Stelle haben wir doch auch ein Zeichen gesetzt, Herr Bärwolff. Das Zeichen heißt nämlich, über die Jugendpauschale ist es auch möglich, die Finanzierung der Kinderschutzdienste weiter fortzuführen. Damit geht der Vorwurf, wir würden diese nicht mehr finanzieren, ins Leere. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich der Abgeordnete Kuschel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, da hier ein zweiter Minister am heutigen Tag bereits im Zusammenhang mit dem Verfassungsgerichtsurteil zum Kommunalen Finanzausgleich eine sehr umstrittene Darstellung präsentiert hat, halte ich darauf eine Erwiderung für unbedingt erforderlich. Sowohl der Kultusminister als auch der Sozialminister haben hier gesagt, angeblich hätte das Verfassungsgericht in Thüringen an den Gesetzgeber die Vorgabe gemacht, die Zweckbindungen erheblich zu reduzieren. Also, das ist schon eine sehr umstrittene Interpretation, bei der die Landesregierung Gefahr läuft, dieses Verfassungsgericht tatsächlich vorzuführen. Sie sollten überlegen, ob das Verfassungsgericht eine solche Fehlinterpretation tatsächlich verdient hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was hat denn tatsächlich das Verfassungsgericht beschlossen und uns damit als Gesetzgeber natürlich mit Bedingungen beauftragt, den Kommunalen Finanzausgleich neu zu regeln?

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Das gehört nicht zum Thema.)

Das gehört zum Thema. Sie müssen es ja, weil es hier um Zweckbindungen von Mitteln geht, und das gehört natürlich zum Thema.

Das Verfassungsgericht hat gesagt, die gegenwärtige Verbundlösung im Kommunalen Finanzausgleich kann das Verfassungsgericht nicht bewerten, weil bisher die Landesregierung es versäumt hat, den Finanzbedarf für den pflichtigen Bereich bei den Kommunen zu ermitteln. Es wurde nur der pflichtige Bereich für den übertragenen Wirkungskreis ermittelt, aber nicht der für den eigenen Wirkungskreis. In dem Zusammenhang hat das Gericht gesagt, wenn nicht klar ist, worin die Mindestausstattung der Kommunen besteht, dann ist natürlich eine Zweckbindung sehr umstritten. Andersherum gesagt, wenn das

Land die Kommunen nicht ausreichend mit Finanzmitteln versieht, dann muss es zumindest den Kommunen die Möglichkeit lassen, mit den wenigen Mitteln selbst zu entscheiden, was sie machen, und nicht noch durch Zweckbindungen in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen. Jetzt hat aber die Landesregierung nach eigenem Bekunden die Kommunen angemessen finanzausgestattet. Das ist für uns umstritten, weil Sie dort das Verfassungsgericht erneut fehlinterpretiert haben. Sie waren nämlich verpflichtet, den Bedarf zu ermitteln. Was haben Sie gemacht? Sie haben die Ist-Ausgaben der Kommunen von 2003 - 2005 einfach als Bedarf definiert. Das war die Zeit, wo tatsächlich die Kommunen erheblich kürzen mussten - das ist schon umstritten -, dann das mit der Korridorbildung, das will ich hier nicht alles ausführen. Insgesamt ist es jedoch so, wenn Sie sich selbst ernst nehmen als Landesregierung - und das unterstelle ich Ihnen einmal, dass Sie sich zumindest selbst noch ernst nehmen - und Sie selbst sagen, die Kommunen sind jetzt angemessen finanzausgestattet, dann steht es Ihnen natürlich frei, tatsächlich Zweckbindungen auszusprechen und damit nicht in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen, sondern den Kommunen einen Weg aufzuzeigen, wie sie auch innerhalb ihrer Möglichkeiten Prioritäten setzen. Nichts anderes sollen Sie machen. Ich bitte Sie wirklich, bei allen Fachdiskussionen hier nicht ein Verfassungsgerichtsurteil immer wieder heranzuziehen. Offenbar haben Sie in Ihre eigenen Argumente wenig Vertrauen, sonst müssten Sie sich nicht immer hinter dem Verfassungsgericht verstecken. Wenn Sie schon das Verfassungsgericht zitieren, dann bitte richtig, weil Sie sonst Gefahr laufen, dass Sie das Verfassungsgericht vorführen - das hatte ich schon gesagt - und Gefahr laufen, dass im Nachhinein durch weitere Klagen tatsächlich festgestellt wird, dass Ihre Politik nicht diesen Vorgaben des Verfassungsgerichts entspricht. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. Ich kann die Aussprache schließen.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zum Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 4/2549. Dort gibt es ja die Neufassung, die in der Beschlussempfehlung auch enthalten ist. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen gibt es nicht. Stimmenthaltungen gibt es einige. Mit einer Mehrheit ist dieser Antrag angenommen.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses sieht ja die Ablehnung des Antrags der Fraktion der SPD vor, so werden wir jetzt direkt über diesen Antrag ab

stimmen. Wer dem Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/2617 zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Dieser Antrag ist abgelehnt. 1 Stimmenthaltung gab es dazu, dann korrigiere ich diese letzte Feststellung.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10 a und b und rufe auf den Tagesordnungpunkt 11

Feststellung der energiewirt- schaftlichen und versorgungs- seitigen Notwendigkeit der 380-kv-Südwestkuppelleitung für die Abschnitte Vieselbach - Altenfeld und Altenfeld - Red- witz Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/2732 - hier: Nummer 2 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr - Drucksache 4/3178 -

Zur Berichterstattung bitte ich Frau Abgeordnete Enders aus dem Ausschuss für Bau und Verkehr.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in der Drucksache 4/2732 brachte die CDU-Fraktion einen Antrag zur Feststellung der energiewirtschaftlichen und versorgungsseitigen Notwendigkeit der 380-kvSüdwestkuppelleitung für die Abschnitte Vieselbach - Altenfeld und Altenfeld - Redwitz in den Thüringer Landtag ein, den der Landtag in seiner Sitzung am 3. März 2007 behandelte. Mit dem Antrag wurde die Landesregierung zum einen aufgefordert, über die energiewirtschaftliche und versorgungsseitige Notwendigkeit der Stromtrasse zu berichten. Diesen Bericht gab Staatssekretär Dr. Aretz als Sofortbericht. Dr. Aretz verwies darauf, dass eine abschließende Bewertung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit sich erst im Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens nach dem Energiewirtschaftsgesetz treffen lässt. Zuvor verwies der Staatssekretär auf Aussagen der investierenden Firma Vattenfall, auf die Ergebnisse der dena-Studie aus dem Jahr 2005 sowie auf die gesetzlichen Grundlagen im Energiewirtschaftsgesetz sowie im Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Leitlinien der europäischen Gemeinschaft für transeuropäische Energienetze. Die Landesregierung betonte den noch anstehenden Abwägungsprozess zwischen einem sicheren Netzbetrieb und den zwangsläufigen Eingriffen in Natur und Umwelt. Einer Fortberatung des Sofortberichts wurde

durch die CDU-Fraktion widersprochen, was angesichts der späteren Festlegungen im Anhörungsverfahren schon recht merkwürdig erscheint, aber darauf komme ich noch einmal zurück.

In einem zweiten Punkt beantragte die CDU-Fraktion, dass die Landesregierung zeitnah über die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens, insbesondere zu den Eingriffen in Natur und Landschaft und in die betroffenen Natura-2000-Gebiete berichtet. Staatssekretär Dr. Aretz wies auf die noch nicht abgeschlossenen bzw. noch nicht begonnenen Raumordnungsverfahren hin. Der Punkt 2 des Antrags wurde daraufhin mehrheitlich an den Ausschuss für Bau und Verkehr verwiesen.

Der Ausschuss für Bau und Verkehr verständigte sich in seiner 22. Sitzung am 22. März 2007 auf die Durchführung einer mündlichen Anhörung in öffentlicher Sitzung. In der 23. Sitzung am 26. April 2007 legte der Ausschuss die Anzuhörenden und einen zugrunde liegenden Fragekatalog fest. Hier muss auch eine neutrale Berichterstattung feststellen, dass politisches Handeln nicht immer logisch ist. Der Widerspruch der Weiterbehandlung der Frage nach der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit noch durch die CDU-Fraktion in der Landtagssitzung nicht gesehen, formulierte diese im Ausschuss nun ebenso Fragen zu diesem Themenkomplex. Auch wenn nicht logisch will ich feststellen, dass die eingereichten Fragen der CDU-Fraktion die Anhörung - die selbst wurde am 31. Mai 2007 durchgeführt - bereichert haben. Denn wie nicht anders zu erwarten, war die energiewirtschaftliche Notwendigkeit ein Hauptdiskussionspunkt im Rahmen der Anhörung, zumindest insofern, da sie durch eine Vielzahl der Anzuhörenden bezweifelt und bestritten wurde. Der Landrat des Ilm-Kreises trug sogar vor, dass dem Vorhaben ausschließlich wirtschaftliche Interessen zugrunde lägen und Alternativen durch den Antragsteller für den Bau der Stromleitungen nicht ernsthaft vorgetragen und geprüft wurden. Ähnlich äußerten sich Vertreter anderer Kommunen, von Umweltschutzverbänden und Bürgerinitiativen.

Weitere Schwerpunkte der Anhörung waren die zu befürchtenden Auswirkungen auf den Tourismus oder die drohende Zerstörung naturschutzfachlich hochwertiger Schutzgebiete. Der bereits erwähnte Landrat des Ilm-Kreises - hier als Vertreter des Regionalverbundes und des Naturparks Thüringer Wald - äußerte sogar die Befürchtung, dass angesichts des vielfältigen Trassenbaus durch den Thüringer Wald das Naturschutzgesetz nur noch Makulatur sei. Andere Anzuhörende, wie etwa der Vertreter der Generaldirektion Energie und Verkehr, der Europäischen Kommission oder der Vattenfall Europe Transmission GmbH, betonten nochmals die Notwendigkeit der Freileitungen im Rahmen eines europaweiten Ener

gieverbundes.

Die Anhörung wertete der Ausschuss sodann in seiner Sitzung am 5. Juli 2007 aus. Im Rahmen der Auswertung wurde deutlich, dass es unterschiedliche Auffassungen der Fraktionen über den Beleg bzw. die Widerlegung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit gibt. Die Fraktion DIE LINKE brachte einen Antrag zur Ergänzung der Drucksache 4/2732 in den Ausschuss ein. Damit sollte dem Antrag ein neuer zusätzlicher Punkt angefügt werden, wonach die Landesregierung die durch 30 Landkreise und Kommunen gemeinsam in Auftrag gegebene Studie über die Notwendigkeit des Trassenbaus angemessen finanziell unterstützt. Obwohl in der Anhörung ausdrücklich eine solche unabhängige Studie unterstützt wurde, lehnte die Landesregierung und später der Ausschuss das Anliegen der Fraktion DIE LINKE ab. Begründet wurde diese Ablehnung damit, dass man nicht gewillt sei, Studien von Verfahrensbeteiligten zu unterstützen, weil sonst ein berechtigter Anspruch anderer Verfahrensbeteiligter auf eine gleichartige finanzielle Unterstützung entstehen würde.

Im Ergebnis einigte sich der Ausschuss darauf, den Punkt 2 des Antrags der CDU-Fraktion „Feststellung der energiewirtschaftlichen und versorgungsseitigen Notwendigkeit der 380-kV-Südwestkuppelleitung für die Abschnitte Vieselbach-Altenfeld und AltenfeldRedwitz“ dem Landtag zum Beschluss vorzulegen. Die Landesregierung soll demnach verpflichtet werden, dem Landtag zeitnah über die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens für die geplanten Abschnitte der 380-kV-Südwestkuppelleitung, insbesondere zu Eingriffen in Natur und Landschaft, speziell zu den betroffenen Natura-2000-Gebieten und der sich daraus ergebenden Konsequenzen zu berichten. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Ich eröffne die Aussprache und rufe als Erstes für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Doht auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Thema 380-kV-Leitung durch den Thüringer Wald erhitzt schon länger die Gemüter der betroffenen Bürger, der Kommunen, der dort Ansässigen. Der Konzern Vattenfall will diese Leitung bauen und hat sich in der Vergangenheit nicht gerade durch sensibles Auftreten gegenüber den berechtigten Interessen der Anwohner im Thüringer Wald ausgezeichnet.

(Beifall SPD)

Verständnis für die Interessen der Betroffenen war da kaum zu spüren. Auf der anderen Seite ist die Stromtrasse Halle-Schweinfurt im vorangingen Verbundplan der EU-Kommission enthalten. Dies ist eigentlich aus Sicht der SPD-Fraktion der Hauptgrund, warum es schwer sein wird, diese Trasse zu verhindern. Nicht das Argument, dass man Windstrom von der Nordsee in den Süden Deutschlands transportieren muss, der Ausbau der Offshore-Anlagen an der Nordsee geht ja nicht so wie geplant vonstatten, lässt auf sich warten. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass natürlich auch die Möglichkeit besteht, dass dann Atomstrom aus Schweden in den Süden transportiert wird. All dies sind sicherlich richtige Argumente, aber allein dass diese Trasse im vorrangigen Verbundplan der EU enthalten ist, ist für uns ein Grund, davon auszugehen, dass wir den Bürgern nicht blauäugig versprechen können, wir können diese Trasse ganz verhindern.

(Beifall SPD)

Nichtsdestotrotz ist dieses Infrastrukturvorhaben unter denen aufgeführt, bei denen erhebliche Schwierigkeiten aufgetreten sind. Diese Schwierigkeiten sind es letztendlich auch, die den Ausschuss für Bau und Verkehr in seiner Anhörung beschäftigt haben. Ich bin zwar immer noch der Meinung, dass das Thema rein fachlich, nämlich energiewirtschaftliche Notwendigkeit der 380-kv-Südwestkuppelleitung, in den Wirtschaftsausschuss gehört hätte, die CDU-Fraktion hat das anders gesehen. Trotzdem war die Anhörung im Bauausschuss eine gute Sache, konnten doch die Betroffenen hier ihre vielfältigen Einwendungen vorbringen und damit auch den politischen Druck auf die Entscheidungsträger erhöhen. Wir als Ausschuss selbst sind jedoch außen vor, denn Entscheidungsbehörde ist das Landesverwaltungsamt, nämlich die Raumordnungsbehörde.

Auf der anderen Seite tangiert die geplante Leitung, das kann man schon so sagen, elementare Lebensgrundlagen der Bewohner an der Trasse. So machte die Bürgerinitiative Hochstedt deutlich, dass die Gemeinde dann völlig von Leitungen umzingelt wäre, nicht einmal 100 Meter Abstand zur Wohnbebauung würden eingehalten. Zwar sagt Vattenfall, es bestehen keine gesundheitlichen Folgen, alle gesetzlichen Vorschriften werden eingehalten, aber es gibt heute auch andere Forschungen und Stellungnahmen von Wissenschaftlern, die gesundheitliche Schäden durchaus nicht ausschließen, und die Angst der Bewohner ist nur allzu verständlich.

Aber nicht nur die Bürgerinitiativen haben sich in der Anhörung gegen die Trasse ausgesprochen, auch die betroffenen Landkreise, der Ilm-Kreis, der Kreis Sonneberg und der Kreis Hildburghausen, die betroffenen Kommunen und die Tourismusverbände,

sie alle befürchten negative Auswirkungen auf die Schutzgüter im Thüringer Wald. Man kann es nicht beiseite reden, diese Trasse wird massive Auswirkungen auf das Landschaftsbild, auf das Landschaftserleben haben. Dies wird in einigen Bereichen empfindlich gestört. Es werden Natura-2000-Gebiete berührt und unberührte Lebensräume dadurch gestört und es ist auch in den entsprechenden Gebieten mit einer Veränderung des Kleinklimas zu rechnen.

Hier sind wir bei einem nächsten Paradoxon. Einerseits wird für den Ausbau der Leitungen immer der Klimaschutz herangezogen - Windenergie ist durchaus auch ein Mittel zum Klimaschutz -, auf der anderen Seite verändert sich aber durchaus durch diese Leitungen das Kleinklima im Thüringer Wald. Auch das muss man mit in die Abwägung einbeziehen. Nicht zuletzt wird diese Trasse auch negative Auswirkungen auf den Tourismus haben. Insbesondere der Regionalverbund Thüringer Wald, dessen Präsident ja kein anderer ist als unser geschätzter Minister Herr Trautvetter, macht in seiner Stellungnahme die negativen Auswirkungen auf den Tourismus sehr deutlich. So schreiben beispielsweise die Zertifizierungskriterien des Deutschen Wanderverbands eine weitgehend unberührte Natur vor. Für viele Touristen sind diese Zertifikate dann auch maßgebend bei der Auswahl des Urlaubsorts. Wie wollen wir eine Zertifizierung des Rennsteigs erreichen, wenn er von einer riesigen Stromtrasse überspannt wird?

Nicht zuletzt: Es sind 35.000 Arbeitsplätze in der Region direkt vom Tourismus abhängig, im weiteren Umfeld noch mehr. Damit ist der Tourismus letztendlich der Hauptwirtschaftsfaktor im Thüringer Wald. Und - das sage ich hier - wir müssen aufpassen, dass wir den Menschen nicht die Lebensgrundlage mit dieser Stromtrasse entziehen. Andererseits wiegt natürlich - und das hatte ich eingangs schon gesagt - die Aufnahme der Stromtrasse in den vorrangigen Verbundplan schwer. Und das sage ich auch noch mal: Es wäre unredlich, den Betroffenen Hoffnung zu machen, diese Trasse wäre ganz zu verhindern. Nein, es muss darum gehen, dass wir die für die Menschen verträglichste, die umweltschonendste und die mit den geringsten Eingriffen in die Natur verbundene Variante finden.

(Beifall SPD)

Dazu müssen alle Gutachten und Einwendungen Eingang in das Raumordnungsverfahren finden. Das betrifft auch das Gutachten von Prof. Jarass, welches die BIs und die Kommunen in Auftrag gegeben und gemeinsam bezahlt haben. Ich denke, es ist auch gut, dass die Kommunen das bezahlt haben und nicht das Land, denn die Argumentation, die vom Minister in der Ausschuss-Sitzung gebracht wurde, kann ich sehr gut nachvollziehen: Wenn das Land sich an

einem Gutachten beteiligt, könnte Vattenfall in der nächsten Runde kommen und auch die Beteiligung an einem Gutachten fordern. Ich möchte nicht, dass das Land Thüringen noch Gutachten von Vattenfall finanziell unterstützt.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Wir machen sowieso reichlich viele.)

Laut Beschlussempfehlung soll der Landtag zeitnah über die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens informiert werden. Dagegen kann man letztendlich nichts haben, aber sehr viel ist das auch nicht. Ich denke, vom Landtag sollte heute das Signal ausgehen, dass wir die Stromtrasse so, wie sie momentan von Vattenfall geplant ist, nicht akzeptieren.

(Beifall SPD)

Es sollten im Raumordnungsverfahren alle Alternativen, wie geänderte Trassenführung, Erdverkabelung oder auch die Optimierung vorhandener Stromtrassen, mit untersucht werden, die dürfen kein Tabu sein.

(Beifall SPD)