Protokoll der Sitzung vom 12.11.2004

Wissen Sie was, das Geschick ist oft derer, die verschleiern.

Unerträgliche Unterstellung. Ich bitte Sie um eine Entschuldigung.

Wissen Sie, was das Geschick derer ist, die verschleiern? Da habe ich nicht gesagt, Sie, Herr Krause. Sondern das Geschick derer, die verschleiern, ist, dass die tatsächliche Meinung, die sie haben, eben umschrieben wird und in Formulierungen verklausuliert wird. Dieses wollte ich Ihnen nicht unterstellen, aber in der Abstraktion Ihrer Rede - und ich bin gern bereit, mit Ihnen gemeinsam Ihre Rede in einer öffentlichen Veranstaltung mit Fachleuten zu analysieren -, dann werden wir merken, weit weg sind Sie nicht mehr von dem, von dem Sie sich zu distanzieren in der Zeitung gesagt haben.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Dr. Krause, wollen Sie noch eine Frage stellen?

Ich beantworte ihm jetzt keine mehr.

Frau Thierbach möchte keine mehr beantworten. Dann Frau Abgeordnete Stauche.

Frau Thierbach, ich wollte Sie eigentlich mal fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass 1945 der Nationalsozialismus zu Ende war, und ob Ihnen bekannt ist, wie viele Menschen danach noch in Buchenwald ums Leben gekommen sind. Ich kenne betroffene Familien. Ich kenne auch betroffene Familien, die 1952 ihre Familienväter verloren haben.

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Bautzen. Aktion Ungeziefer.)

Das ist genauso schrecklich und deswegen gibt es in Buchenwald die Gedenkstätte Internierungslager II. Wenn jemand einer antifaschistischen Tradition entspringt,

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Ist nicht dabei.)

(Unruhe bei der SPD)

heißt das noch lange nicht, dass er Unrecht, was im Anschluss an die Zerschlagung des Faschismus passiert ist, etwa rechtfertigen oder gar legitimieren würde.

(Beifall bei der PDS)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redemeldungen seitens der Abgeordneten vor. Es gibt eine Wortmeldung des Ministerpräsidenten. Bitte, Herr Ministerpräsident.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn die Stunde spät ist, ich finde, dass die Debatte noch ein klares Wort der Landesregierung verdient. Es gibt in Deutschland, nachgewiesenermaßen und von allen Ländern auch geschätzt, kein Land der Bundesrepublik Deutschland, das sich so intensiv gegen jede Form des Extremismus erwehrt, und das sowohl präventiv als auch repressiv. Ich bitte Sie einfach als Parlament, im Besonderen natürlich auch die heute hier diskustieren

den Oppositionspolitiker, anzuerkennen, dass wir seit Jahren aus der Mitte der Gesellschaft kommend, diese Demokratie stärken und dass wir uns insgesamt bemühen, sowohl gegen den Rechtsextremismus mit allem Nachdruck zu kämpfen, aber - ich sage - in gleichem Maße auch gegen den Linksextremismus.

(Beifall bei der CDU)

Denn beides sind Extreme und beide gefährden die Demokratie. Und selbstverständlich ist die Demokratie stark genug. Es sind Bilder, die heute hier gezeichnet wurden, als ob in Thüringen eine rechtsextreme Gefahr dieses Land bedroht. Wollen Sie dies? Reden Sie dies herbei, weil es Ihnen hilft, weil Missstimmungen der PDS zuträglich sind? Ich sage Ihnen, unser Land hat eine gute Position, ist anziehend für Menschen, ist anziehend für Wirtschaft, schafft Arbeitsplätze, hat ein positives Image, wenn wir als Demokraten dieses Land nicht schlechtreden, sondern deutlich machen, dass wir die Stärke haben, gegen Extremismus zu kämpfen, und diese Stärke haben wir.

(Beifall bei der CDU)

Ich empfehle Ihnen, und damit will ich schließen, die ökumenische Erklärung der Kirche im Norden Thüringens, sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche. Diese Erklärung wurde zum Tag in Leinefelde über alle Eichsfelder Kanzeln verlesen. Und diese Erklärung sagt ganz eindeutig: Nach den bitteren Erfahrungen mit beiden Diktaturen wollen wir deutlich gegen jede Form des Extremismus kämpfen. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie verwässern die bittere Erfahrung der kommunistischen Diktatur. Wenn sich dieser junge Abgeordnete heute hier herstellt und sagt, er will dieses System überwinden, ein angeblich kapitalistisches, dann kennt er weder das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland noch weiß er, was diese Demokratie in der Lage ist zu leisten. Dann ist das einer von denen, die in der Kommunistischen Plattform organisiert sind und genau deshalb wird diese Kommunistische Plattform auch vom Verfassungsschutz überwacht; sehr zu Recht.

(Beifall bei der CDU)

Keiner, keiner hier im Raum und keiner in diesem Land, der in der Mitte der Gesellschaft steht, will den Nationalsozialismus mit seinen unendlichen Verbrechen negieren, beschönigen oder verschleiern. Und keiner hier im Raum hat das Recht, uns das zu unterstellen. Das ist eine bodenlose Frechheit.

(Beifall bei der CDU)

Aber wir lassen auch nicht zu, dass Sie sich das Mäntelchen der Demokratie überstülpen. Sie meinen, im Kampf gegen den Rechtsextremismus die Demokratie zu bewahren. Ordnen Sie erst mal Ihre Partei, schmeißen Sie die aus Ihrer Partei, die gegen das Grundgesetz kämpfen, zum Beispiel in der Kommunistischen Plattform und in den anderen Gruppen. Dann dürfen Sie für die Demokratie glaubhaft einstehen. Wir stehen in der Mitte und bekämpfen den Rechtsextremismus und den Linksextremismus.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Matschie zu Wort gemeldet.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich noch mal zu Wort gemeldet, weil ich Sie um etwas bitten möchte. Die Intention unseres Antrags war die, dass wir uns hier als Demokraten verständigen, wie wir mit dem Rechtsextremismus umgehen. Das hat einen konkreten Anlass. Sie alle kennen die Entwicklung, die sich vollzogen hat, dass Rechtsextreme versuchen, sich stärker zusammenzuschließen, um damit in die Parlamente zu kommen, dass sie versuchen, ihre Strukturen auszubauen, dass die NPD die Kameradschaften integriert. Auf diese beunruhigende Entwicklung müssen wir als Demokraten gemeinsam eine Antwort finden, gemeinsam.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb bin ich etwas erschüttert darüber, wie die Diskussion, die Auseinandersetzung hier gelaufen ist.

(Beifall bei der PDS)

Ich wünsche mir, dass wir bei weiteren Debatten, die wir miteinander darüber zu führen haben, da bin ich sicher, mit Sachlichkeit versuchen, mit diesem Problem umzugehen. Auch in Thüringen, Herr Ministerpräsident. Kein Bundesland ist davon frei, dass dieses Problem da ist. Wir haben das Glück, dass Rechtsextreme in unserem Parlament nicht sitzen. Darüber bin ich froh. Aber auch uns kann das passieren, wenn wir dieser Entwicklung nicht Einhalt gebieten. Meine Bitte deshalb an Sie, suchen Sie nicht zuallererst die Unterschiede in der Bewertung der einen oder anderen Frage, die es mit Sicherheit in diesem Hause gibt und die es in einem so breiten parlamentarischen Spektrum notwendigerweise geben muss. Lassen Sie uns die Gemeinsamkeit der Demokraten suchen, einen Schulterschluss von Demokraten gegen das, was sich da an Rechtsextremismus entwickelt. Darum bitte ich Sie.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es liegen nun keine weiteren Redemeldungen mehr vor. Ich stelle zunächst fest, ach nein, es gab den Antrag auf Fortsetzung der Beratung des Berichts im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und im Bildungsausschuss. Darüber müssten wir zunächst abstimmen. Wer der Fortsetzung des Berichts im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenthaltungen. Mit einer Mehrheit ist die Fortberatung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgelehnt worden.

Ich stelle zunächst fest, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, wenn dem nicht widersprochen wird, und kann nun darüber abstimmen lassen, dass der Antrag in den Nummern 2 b und 4 bis 6 wiederum an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen wird. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist das gleiche Stimmenverhältnis wie vorhin. Es ist eine Ablehnung der Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.

Und wer zustimmt, dass dieser Antrag im Bildungsausschuss fortberaten wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist wiederum eine Mehrheit von Gegenstimmen. Und auch diese Überweisung ist abgelehnt worden.

Demzufolge stimmen wir nun über die Nummern 2 b und 4 bis 6 des Antrags der Fraktion der SPD "Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und für politische Bildung" in der Drucksache 4/302 direkt ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag in diesen Teilen abgelehnt.

Bevor ich die Plenarsitzung schließe, gestatten Sie mir ein Wort in eigener Sache. Mir fiel es nicht leicht, diese zwei Stunden die Debatte so sachlich wie möglich zu leiten, dass es auch so sachlich wie möglich blieb. Es haben sich alle und allen wurde viel zugemutet. Es ist trotzdem ein Verdienst der Demokratie, dass ausgesprochen werden kann, was man denkt. Und ich wünschte mir von dieser Plenarsitzung das Signal, dass wir gegen Rechtsextremismus etwas tun und auch gegen die schleichende Gefahr des Rechtsextremismus. Gestatten Sie mir das noch in eigener Sache. Herr Bergemann ärgert sich offen

sichtlich darüber. Ich wollte das nur am Abschluss dieses Tagesordnungspunkts noch sagen. Ich glaube, es ist eine wichtige Angelegenheit.

Die nächsten Plenarsitzungen finden am 9. und am 10. Dezember statt. Ich wünsche Ihnen einen guten Heimweg.

E n d e d e r S i t z u n g: 18.59 Uhr