Peter D. Krause
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 20. März 2009 wurde der Gesetzentwurf der Landesregierung „Thüringer Gesetz zur Neustrukturierung der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen“ an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien überwiesen. Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 46. Sitzung am 2. April 2009, in seiner 47. Sitzung am 14. Mai und in seiner 49. Sitzung am 4. Juni beraten. In seiner 47. Sitzung führte der Ausschuss eine Anhörung in öffentlicher Sitzung durch. Angehört wurden u.a. der Präsident des Goethe-Instituts, Prof. Dr. Klaus-Dieter Lehmann, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Strukturkommission zur Zukunft der Klassik Stiftung Weimar, natürlich der Präsident der Klassik Stiftung, der Direktor der „Thüringer Stiftung Schlösser und Gärten“, der Oberbürgermeister der Stadt Weimar und Michael Prinz von SachsenWeimar-Eisenach.
Der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien empfiehlt, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen. Die Änderungen finden Sie in der Drucksache 4/5289, sie sind meist redaktioneller Art. Auf eine inhaltliche Änderung möchte ich ausdrücklich hinweisen: In Artikel 2, der das Thüringer Gesetz über die Errichtung der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ändert, wird ein neuer § 14 a eingefügt zur eigenwirtschaftlichen Tätigkeit. Ich zitiere: „Die Stiftung ist berechtigt, in begründeten Ausnahmefällen im Rahmen des Stiftungszwecks jeweils eigenwirtschaftlich in Form von Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit tätig zu werden.“ Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich danke der Landesregierung für den umfangreichen und genialen Sofortbericht. Es gibt dem inhaltlich nichts hinzuzufügen. Wir lehnen den Antrag der SPDFraktion ab. Er entbehrt jeder Sachkenntnis, es ist reine Wichtigtuerei.
Der Stiftungsrat wird am 15. Juli eine sehr gute Entscheidung treffen und in diesem Sinne: Gute Nacht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Bericht des Bildungsausschusses zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU „Bildungsverantwortung für Kindergärten und Schulen“ und zur Antwort der Landesregierung liegt Ihnen in der Drucksache 4/5135 in mittlerweile korrigierter Fassung vor. Als Berichterstatter des Ausschusses möchte ich Ihnen einige Hinweise zu dem 94 Seiten langen schriftlichen und durchaus lesenswerten Bericht geben. Durch Beschluss des Landtags vom 13. Juli 2007 sind die Große Anfrage der CDU-Fraktion und die Antwort des Kultusministeriums an den Bildungsausschuss überwiesen worden. Der Bildungsausschuss hat die Beratung in insgesamt 14 Sitzungen bis zum 23. April 2009 fortgesetzt. In seiner Sitzung am 10. Januar 2008 und in seiner Sitzung am 19. Juni 2008 hat der Ausschuss eine mündliche Anhörung in öffentlicher Sitzung durchgeführt. Beratungsschwerpunkte im Ausschuss waren: Erstens, Qualitätsentwicklung und -sicherung an Schulen. Dazu gehören etwa Eigenverantwortung an Schulen, Steuerungsinstrumente, Unterstützungssysteme, Schulaufsicht, wissenschaftliche Begleitung. Ein zweiter Beratungsschwerpunkt war die Personalentwicklung, ein dritter Integration und Förderung und schließlich ein vierter Schwerpunkt die Entwicklung ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote. Zeitgleich zur Beratung der Anfrage fanden zwei Gesetzgebungsverfahren statt, in denen sich Erkenntnisse aus der Beratung der Anfrage widerspiegelten, so im Lehrerbildungsgesetz und in der Novellierung des Thüringer Schulgesetzes Artikel 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule.
Ebenso wurden durchaus auch als Konsequenz der Diskussion um die Anfrage mehrere Anträge aller Fraktionen in die Beratung des Landtags eingebracht. Einbezogen in die Beratungen wurden natürlich der Landeshaushalt, der Thüringer Bildungsplan für Kin
der bis zehn Jahre, die Intentionen der Enquetekommission „Erziehung und Bildung in Thüringen“ von 2004 sowie die Auswertung der Informationsreise des Bildungsausschusses nach Finnland im Frühjahr 2008.
Folgende allgemeine Schlussfolgerungen und Empfehlungen gibt der Ausschuss. Die Thüringer Bildungspolitik der nächsten Jahre muss Lösungsansätze entwickeln bzw. bestehende Konzepte zu folgenden Themenkreisen fortentwickeln:
1. Notwendig ist, die Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit von Schulen zu stärken sowohl in der pädagogisch-inhaltlichen Profilierung, in Fragen der Schulorganisation als auch bei der Budgetverwaltung für Personal- und Sachmittel. Es gilt, insbesondere Chancen, die sich aus der Neueinstellung von Lehrpersonal einerseits und der zunehmenden Profilierung von Schule andererseits ergeben, zu nutzen.
2. In den nächsten Jahren gilt es, im Vergleich zu den Jahren 2008, 2009 einen deutlich breiteren Einstellungskorridor für Lehrpersonal vorzusehen. Um der Überalterung der Kollegen entgegenzuwirken, gilt es, verstärkt junge Pädagogen einzustellen. Dabei ist Vorsorge zu treffen, dass die Ausbildungskapazitäten dem speziellen Thüringer Bedarf an Fachlehrern entsprechen. Der Entwicklung von Führungskräften ist besonderes Augenmerk zu widmen.
3. Die integrative Beschulung von Kindern mit Förderbedarf ist weiterzuentwickeln. Die Rolle der Förderzentren als Kompetenzzentren für den gemeinsamen Unterricht ist dabei weiter zu stärken.
4. Das Angebot von ganztägiger Bildung und Betreuung ist bedarfsgerecht auszubauen. Neben der Schaffung von Kapazitäten muss das Hauptaugenmerk auf der inhaltlichen und qualitativen Entwicklung der Angebote liegen.
So weit die allgemeinen Schlussfolgerungen. Es gibt außerdem Empfehlungen der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bedanke mich zunächst bei der Sozialministerin für den umfangreichen Bericht zur Tätigkeit der Landesbeauftragten, bedanke mich auch beim Kollegen Döring für seine Rede, der es eigentlich nicht viel hinzuzufügen gäbe. Ich bedanke mich drittens von dieser Stelle aus, es war noch keine Gelegenheit dazu, Frau Ministerin, für den Forschungsbericht zur sozialen Lage der Opfer des SED-Regimes in Thüringen. Ich gebe vorab zu bedenken, dass der Begriff Opfer gerade im Jubiläumsjahr der Revolution 1989 auch befremdet, denn viele, die in der DDR politischen Widerstand geleistet haben, begriffen sich mit Recht als Aktive und Akteure. Beim Lesen von Stasi-Akten stellt sich durchaus das Gefühl ein, eher die Spitzel und mehr ihre Auftraggeber waren die Opfer - Opfer eines mittelmäßigen Systems, dessen plumpe Doktrin schwachen Menschen Halt gaben, Opfer einer geschlossenen zukunftslosen Ideologie, die das eigene Denken ersparte, oft auch Opfer eigener serviler Charakterlosigkeit. 1989, das bedeutet Aufbruch, Aufbruch aus der Unmündigkeit und Trostlosigkeit, aus der Unfreiheit, aus der erzwungenen Anpasserei und vor allem aus der Opferrolle. Es gab Unzählige, die unter dem SED-Staat persönlich schwer gelitten haben, deren Leben - wie auch immer - physisch, psychisch zerstört wurde. Es gab und gibt nachwirkend unzählige gebrochene Biografien, Menschen, die nicht wieder auf die Beine gekommen sind, die die Chance der Freiheit nicht wirklich nutzen konnten. Der Bericht der Landesbeauftragten belegt, dass nicht zuletzt die jüngeren Verfolgten heute, materiell gesehen, die Folgen des ihnen zugefügten Unrechts tragen müssen. Der Bericht benennt ausdrücklich Handlungsbedarf bei der beruflichen Rehabilitierung verfolgter Jugendlicher und Schüler. Die Auseinandersetzung mit dem SED-Staat insgesamt ist lange nicht am Ende. Im Gegenteil, es geht weiterhin um fundamentale politische Aufklärung um der Zukunft willen - gerade in Zeiten, in denen Differenzen verwischt, Begriffe flott entwertet, ein gescheitertes politisches System relativiert, ideologiebedingtes Unrecht absichtsvoll verharmlost wird. „So was ist nur in diesem Scheiß-Staat möglich“ heißt es an passender Stelle in Uwe Tellkamps Roman „Der Turm“. Über dieses „So was“ und dessen gespensterhaftes Fortleben müssen wir gerade in den Schulen deutlich mehr reden. Es geht um den ideologischen Charakter eines Staates, der alle Kennzeichen einer politischen Diktatur trug, alle Zeichen einer geschlossenen Gesellschaft, alle Merkmale einer primären politischen Justiz. Wir
wollen, dass ein solcher „Scheißstaat“, das war ein Zitat, Vergangenheit bleibt. Keineswegs nur im 20. Jubiläumsjahr der 1989er-Revolte muss die Auseinandersetzung mit dem Staat namens DDR fundamental politisch geführt werden, denn es geht um die Erkenntnis der Gefahr, die in Ideologiedebatten liegt. Es geht um Verführung auch als Perspektive und es geht um Verantwortung. Es gehört wohl zu den Fehlern in der Aufarbeitung des SED-Staates, dass die Stasi quasi zum politischen Hauptübel erklärt wurde, als sei sie das entartete Organ einer wohlwollenden Regierung gewesen. So ist das MfS das handgreifliche Symbol eines Staates, der abgrundtiefe Angst vor seinem Volk hatte, aber durch die Konzentration der Aufklärung, der Abrechnung und auch der politischen Wut auf Schild und Schwert der Partei wurden die Befehls- und Hierarchiestufen, die Verantwortlichkeiten verdreht. Die SED hatte die totale Macht, das MfS war deren Mittel. Das betraf noch die Kreisebene, die Kreisdienststellen. DIE LINKE ist keine neue Partei, sondern die Rechtsnachfolgerin der SED. In einem Prozess vor der Pressekammer des Berliner Landgerichts hat DIE LINKE vor wenigen Tagen ausdrücklich versichert, sie habe die Rechtsnachfolge der SED angetreten. An Eides statt hat Bundesschatzmeister Holluba erklärt, ich zitiere: „Die LINKE ist rechtsidentisch mit der Linkspartei.PDS, die es seit 2005 gab, und der PDS, die es vorher gab, und der SED, die es vorher gab.“
Hintergrund eines Rechtsstreits in Berlin war die ungeklärte Frage, wie viel Vermögen die SED ins Ausland verschoben hat. Allein zwischen Januar und Juli 1990 - so hatte der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, unter Bezugnahme früherer Angaben der Partei gesagt - verringerte sich das SED-Vermögen auf wundersame Weise von 9,5 auf 3,5 Mrd. DDR-Mark. DIE LINKE strengte einen Protest an, um dementieren zu können, was die Partei früher gesagt hatte, erklärte eben Schatzmeister Holluba an Eides statt, dass DIE LINKE Rechtsnachfolgerin der SED, also befugt sei, die früheren Angaben zurückzunehmen. DIE LINKE hat das Verfahren gewonnen, aber politisch verloren. Sie ist Rechtsnachfolgerin. Nun darf sie zwar auch dementieren, dass es etwa die Mauer gegeben hätte, aber zugleich steht sie in der politischen und juristischen Verantwortung für die Wirklichkeit. Das nennt man ein Eigentor und das fordert auch keine politische Dialektik im Angriff mehr heraus, denn nun werden wir über das Vermögen der SED, LINKEN und deren Verwendung etwa für eine Gedenkstättenstiftung erneut reden müssen.
Deshalb unterstützen wir die Entschließung der SPDFraktion, SED-Vermögen für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte einzusetzen, ausdrücklich.
Meine Damen und Herren, das demokratische System hat eine immense Integrationskraft gezeigt, es hat 1989 keine rumänische Variante gegeben. Diese wurde nicht wirklich durch soziale Ausgrenzung der gescheiterten Nomenklatura kompensiert. Die Idee wurde nicht verboten, ihr Vermögen de facto nicht eingezogen. Verzeihen ist im Übrigen individuell, persönlich und kann sich politisch nur auf diejenigen beziehen - auch nach 20 Jahren -, die sich zu unserem Rechtsstaat bekennen und sein Gegenteil retrospektiv und perspektivisch grundsätzlich verwerfen - den undemokratischen, unfreiheitlichen Unrechtsstaat. Diejenigen, die jedoch damit prahlen, einem totalitärem Regime wissentlich und willentlich gedient zu haben, sich in dessen Rechtsnachfolge und in Parlamentsunwürdigkeit sonnen, die politische Wirklichkeit namens DDR und die tatsächlichen Herrschaftsstrukturen nachträglich selbstzufrieden leugnen, auch weil sie sie nicht erleiden mussten, für diejenigen sollte man Schopenhauers Erkenntnis bereithalten. Vergeben und vergessen heißt, kostbare Erfahrung zum Fenster hinauswerfen.
Auf einen zweiten Fakt in der Aufarbeitung möchte ich wenigstens hinweisen, der erklärt, warum die Verniedlichung und Verkuschelung des SED-Staates durchaus funktioniert. Die Abschlussbilanz wurde nicht radikal gezogen, auch die wirtschaftliche nicht. Günther Mittag - keineswegs unbeteiligt am Desaster - stellte im September 1991 rückblickend fest, ich zitiere: „Ohne die Wiedervereinigung wäre die DDR einer ökonomischen Katastrophe mit unübersehbaren Folgen entgegengegangen, weil sie auf Dauer allein nicht überlebensfähig war.“ Denke sich nur, was heute hier los wäre, wenn es die DDR noch gäbe, unbeschreiblich. Da läuft es mir heiß und kalt über den Rücken - Mord und Totschlag, Elend und Hunger.
Meine Damen und Herren, insoweit der Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten auf die Wiedergutmachung von SED-Unrecht Bezug nimmt, ist die Unterstützung der Opfer seit Jahren Schwerpunkt im Arbeitsprogramm der CDU-Fraktion. Die Landesregierung hat zahlreiche entsprechende Vorhaben auf den Weg gebracht und durchgesetzt, wie jene, die im Zusammenhang mit der Einführung einer Opfer- oder besser Ehrenpension stehen. So hat sich im Berichtszeitraum Positives für die Situation derjenigen getan, die unter der SED-Diktatur gelitten haben. Der soziale Abstand zwischen Verfolg
ten und Verfolgern darf nicht weiter wachsen. Wenn die Bundesrepublik die Revolution 1989 als die einzig erfolgreiche demokratische Revolution der Deutschen in ihre Geschichte integrieren will, kann sie die Menschen, die sie herbeigeführt und getragen haben, nicht unversorgt lassen. Das gesteuerte Leben durch andere, das Leben im Falschen, hat Menschen zerstört, hat soziale Beziehungen zersetzt. Viele oppositionelle Ausreiseantragsteller und andere konnten in der DDR keine später vom Grundgesetz geschützten Versorgungsrechte erwerben. So werden heute diejenigen nicht angemessen versorgt, die dafür gesorgt haben, dass für die Staatskader eines bankrotten Regimes bestens gesorgt ist. Die Überleitung der Ansprüche aus der Zusatz- und Sonderversorgung in der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung Deutschlands hat die Gerechtigkeit nicht größer werden lassen. Dem DDR-Zusatzversorgungssystem waren auch Mitarbeiter des Staatsapparats zugeordnet. Die sogenannte Sonderversorgung betrifft auch Angehörige des MfS.
In Thüringen betrugen die Ausgaben im Haushaltsjahr 2008 für die Zusatzversorgungen rund 255 Mio. €, für die Sonderversorgung rund 120 Mio. €. Natürlich ist politischer Widerstand immer mit Risiko verbunden, sonst wäre er kein Widerstand, aber es ist nicht einzusehen, dass Oppositionelle nach ihrem Sieg - und es war ein Sieg - aufgrund der erlittenen Nachteile teilweise auf Sozialhilfeniveau leben, zumindest deutlich schlechter versorgt sind, als die Exnomenklatura.
Meine Damen und Herren, zu wünschen ist abschließend, dass die Opferverbände und Aufarbeitungsinitiativen, so unterschiedlich sie sind, deutlich mehr Schlagkraft entwickeln, viel einheitlicher und zielstrebiger agieren. Wir brauchen diese Stimme, die Andreasstraße soll dafür der Ort werden, mit Affinität zu totalitärer Beglückung, mit erprobter Anpassungsintelligenz in einer Diktatur, mit ideologischem Konformismus lässt sich kein freies Gemeinwesen entwickeln.
Der Tätigkeitsbericht 2008 der Landesbeauftragten unterstützt uns bei der Einschätzung, dass es weiterhin notwendig ist, die politische Rehabilitation fortzusetzen und die Aufklärung zu intensivieren. Ich danke im Namen der CDU-Fraktion Frau Neubert für ihr großes, unentbehrliches Engagement. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 9. April 2008 ist der Gesetzentwurf „Thüringer Gesetz zur Neuregelung des Stiftungswesens“ an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien federführend sowie an den Innenausschuss überwiesen worden.
Der federführende Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien hat den Gesetzentwurf in seiner 33. Sitzung am 17. April 2008 und in seiner 42. Sitzung am 4. Dezember 2008 beraten. Er hat eine schriftliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchgeführt. Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 63. Sitzung am 5. Dezember 2008 beraten.
Die Beschlussempfehlung: Der Gesetzentwurf wird mit Änderungen angenommen. Ich verweise zu den Änderungen auf die Drucksache 4/4708. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Kollege Döring, Ihre schöne und belehrende Rede nötigt mich leider, am Beginn etwas kleinlich zu sein, denn der Antrag scheint mir sprachlich nicht der große Wurf zu sein.
„Kunst macht schlau“ - zunächst stellt sich die Frage, ob der Titel glücklich gewählt ist, ob Kunst überhaupt etwas macht und ob sie nun gerade schlau macht, denn schlau ist wohl hier so etwas wie listig nach dem Motto: Ich bin dumm, aber schlau, und was ich will, das weiß ich ganz genau.
Die Welterfahrung und Welterkenntnis, die Kunst, gerade moderne Kunst eröffnet, ist möglicherweise eine umfassendere. Vor allem fällt in dem Antrag das wenig geistreiche Wort „kulturschaffend“ auf, aber lassen wir das.
Ziel eines Landesprogramms soll es sein, die künstlerisch-kulturelle Bildung zu stärken. Das ist ein netter und auf den ersten Blick auch begründeter Wunsch. Aber im Rahmen der Stundentafel zumindest der gymnasialen, über deren ausreichendes Volumen wir nicht diskutieren müssen, ist die künstlerisch-kulturelle Bildung, meine ich, angemessen vertreten, auch im Vergleich mit anderen Fächern, die wir nicht ohne Recht für mindestens ebenso wichtig halten dürfen. Die quantitative Stärkung eines Fachs kann nur zulasten eines anderen gehen oder im Rahmen der breiteren Verteilung in Ganztagsschulen etwa, was ja nicht bedeutet mehr Unterricht, auch zulasten des Sports im Verein, des Besuchs der Musikschule oder der privaten Nachhilfe.
Ich gebe nebenbei zu, dass ich das in dem Antrag häufig vorkommende Verzweiflungswort „Projekt“ nicht mehr hören kann, als würden wir nichts mehr zu Ende bringen können oder wollen, und dass ich also deutlich die Privilegierung des sogenannten
normalen Unterrichts befürworte und im Übrigen den Kunstlehrern zutraue, selber zu entscheiden, wie sie ihren Stoff vermitteln und wie sie mit wem die Schüler zur Kreativität anregen. Ich kann da keinen Nachhilfebedarf erkennen.
Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass Kunstlehrer Künstler in den Unterricht einbeziehen, Museen, Galerien oder Ausstellungen besuchen. Es ist in den höheren Klassen sogar, wenn mich meine Nachfragen und Erfahrungen nicht täuschen, eher die Regel als die Ausnahme. Es gibt zusätzlich die Möglichkeit gerade für Gymnasien, sich zu spezialisieren. In Weimar beispielsweise gibt es ein Gymnasium mit künstlerisch-musischer Prägung, auf das die Eltern ihre Kinder sehr absichtsvoll bringen. Andere bevorzugen ebenso gezielt das naturwissenschaftlichmathematische, andere das sprachlich-sportlich profilierte Gymnasium und keiner fordert ein Landesprogramm „Techniker sind cool“ oder „Mathematik macht sexy“.
Fraglich also ist, was ein Landesprogramm in der von der SPD-Fraktion angeregten Form soll und was es bringen würde. Das Kultusministerium erarbeitet gerade ein Papier zur kulturellen Bildung in der Schule, und der Entwurf des Kulturkonzepts liegt bekanntermaßen vor. Damit hat die Landesregierung ein Papier vorgestellt, um kulturelle Bildung außerhalb und innerhalb der Schule zu befördern - Fortschreibung ist bekanntlich nicht ausgeschlossen. Aber muss das immer, Herr Döring, unbedingt Programmcharakter haben, Landesprogrammcharakter?
In den jüngsten Jahren hat das Kultusministerium mit verschiedenen Künstlerdachverbänden Kooperationen vereinbart. Ich gehe davon aus, dass der Staatssekretär Details nennt. Wie sie umgesetzt werden, sollten wir getrost den Schulen und Lehrern überlassen. Ich habe da großes Vertrauen. Mit der absehbar wirkenden Richtlinie zur Förderung von unterrichtsbegleitenden und außerunterrichtlichen schulischen Maßnahmen wird zudem die Möglichkeit eröffnet, verschiedene Themen der kulturellen Bildung miteinander zu verbinden. Ursprünglich wollte die SPD-Fraktion, wenn ich mich recht erinnere, selbst ein eigenes Programm zur kulturellen Bildung erarbeiten. Still ruht der See, nachdem ein Steinchen hineingeworfen worden war, und das ist nicht nur poetisch, sondern vermutlich besser so.
Wir lehnen den allenfalls gut gemeinten SPD-Antrag ab und eine Änderung des Schulgesetzes sowieso. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 6. Juni 2008 ist der Antrag „Mit Südabitur hohes Abiturniveau weiter ausbauen“ an den Bildungsausschuss überwiesen worden. Der Ausschuss hat den Antrag in seiner 38. Sitzung am 19. Juni 2008 beraten und empfiehlt die Annahme des Antrags. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch kurz zum Hochschulzulassungsrecht. Der Minister hat den Regelungsbedarf ausführlich begründet. Wir als CDU-Fraktion stimmen dem Gesetzentwurf grundsätzlich zu, bitten um Überweisung an den Ausschuss, freuen uns dort auf eine sehr spannende Ausschussberatung. Wir werden uns nicht beratungsresistent zeigen, aber die Kernpunkte sind klar: Vereinheitlichung, Übersichtlichkeit, Harmonisierung,
Stärkung der Autonomie der Hochschule, das sehen wir anders als Sie, Frau Kollegin Hennig. Sicherung auch des Abiturniveaus und des Standards der Hochschulausbildung und trotzdem Erleichterung des Zugangs für beruflich Qualifizierte, das heißt eben nicht schrankenloser Zugang. In diesem Sinne bitte ich um Überweisung. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es gab heute die Ergebnisse der schriftlichen Prüfungen,
wir haben sicherlich viele glückliche Abiturienten. Das Wetter passt zum Thema. Herr Döring hat uns mit einem Zitat wieder erfreut, also, ein guter Tag für die Thüringer Bildungspolitik.
Abitur kommt von lateinisch „abire“ - abgehen, aber damit die jungen Leute nach dem Gymnasium nicht buchstäblich abgehen, sondern weiter reifen und möglichst noch an einer Universität oder Fachhochschule, müssen wir das hohe Ansehen des Thüringer Abiturs sichern. Die Reifeprüfung soll einen gewissen Bildungsstand signalisieren, sie soll vor allem dazu befähigen, ein Hochschulstudium aufzunehmen und dieses Studium dank bester Grundlagenkenntnis auch erfolgreich abzuschließen, nicht nur in Deutschland. Das ist nur scheinbar eine Selbstverständlichkeit. Eine Zahl zur Verdeutlichung: An einer nahe liegenden Universität mit herausragendem Ruf wurden im Wintersemester 2005/06 etwa 440 Studenten der Medizin immatrikuliert. Dabei wurde nach zwei Jahren nur gut die Hälfte zum Physikum überhaupt zugelassen. Auf die Zahl der Nichtbestandenen will ich jetzt ebenso wenig eingehen wie auf eine plausible Prognose, wie viele am Ende Arzt werden und wie viele in Deutschland, das wäre noch ein ganz anderes Thema. Was ich sagen will, ist, es kommt natürlich darauf an, einen, was die Punkte angeht, möglichst guten Abgang vom Gymnasium vorweisen zu können, nicht nur wegen Studienzulassungen, Numerus clausus, ZVS usw. Aber hinter den Noten muss auch etwas stecken, sonst tragen wir dazu bei - da es keine Hinweise gibt, dass die angesehenen Universitäten ihre Standards senken werden oder dass Eingangs- und Eignungsprüfungen perspektivisch etwa die Ausnahme blieben -, dass nicht wenige Abiturienten die Erfahrung des akademischen Scheiterns machen. Diese Negativerfahrung plus Zeitverlust ist vermutlich schlimmer als der proseminarische Wissenszuwachs. Maßstab unseres politischen Handelns muss sein, sowohl die gymnasiale Bildung einer sich schnell verändernden Welt immer neu anzupassen, ohne Grundlagen und Bildungstraditionen zu ignorieren, als auch die Qualität der Abschlüsse im internationalen Vergleich zu wahren oder sogar zu steigern. Die Vereinheitlichung des deutschen Bildungswesens, wie die SPD in ihrem Antrag fordert, scheint nur der richtige Weg zu sein. Tatsächlich führt er uns im besten Fall im Kreis herum. Dass sich der Wettbewerb in der höheren Bildung zwar staatlich verdrängen lässt, wissen wir, aber dass letztlich nur zulasten der Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems. Deshalb müssen wir bildungspolitisch den Wettbewerb annehmen, ermöglichen und sogar fördern. Es geht um Vielfalt, um individuelle Förderung, natürlich um didaktische Differenz und gerade nicht um Vereinheitlichungen. Deshalb dürfen wir als Freistaat, der erfolgreiche Bildungsdaten vorzuweisen hat, auch und gerade unsere Kultushoheit nicht aufgeben.
Ich möchte jetzt die Diskussion um den Sinn des Föderalismus nicht aufmachen, lediglich lapidar erinnern, dass die westdeutschen Landesverfassungen älter als das Grundgesetz sind, dass der Antizentralismus aus bekannten Gründen ein Wesensmerkmal der Bundesrepublik und dass die Kultushoheit ein entscheidendes Charakteristikum unseres föderalen Staatswesens ist. Andererseits ist die Mobilität in jeder Hinsicht stark gestiegen und steigt weiter und wir müssen folglich:
1. bessere und angemessene Bedingungen für Kinder von Umzüglern bieten, in ein neues Bildungsland hineinzufinden. Wir müssen
2. die Bildungsgerechtigkeit bei den Bewerbungen um Studienplätze erhöhen. Wir können unsere Schüler, Abiturienten, nicht dafür bestrafen, dass ihre hoffentlich 15 Punkte in der Regel härter erarbeitet sind als woanders. Ein Bonus-Malus-System gleicht das nicht genügend aus. Tatsächlich besteht die Aufgabe, die Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu verbessern, allerdings ohne einen Nivellierungsprozess in Gang zu bringen oder sich daran zu beteiligen und Qualität zu opfern. Eine Option für das föderale Deutschland wären unterschiedlichste Wege hin zu einem zentralen Abitur. Abgesehen von störenden Nebendingen, wie andere Prüfungszeiten wegen anderer Ferientermine, unterschiedliche Abiturzeiten, stellt sich dem deutschen Zentralabitur ein Phänomen besonders quer. Es ist nicht vermittelbar, dass die deutschen PISA-Gewinner, und zu denen zählen nun mal die Südländer plus Thüringen und Sachsen, das Niveau senken, nur um ein Zentralabitur zu bekommen.
Kollege Döring, ich habe vor Jahren in Nordwestdeutschland studiert und erlebt, wie sich die Studenten der SPD-Küstenländer gegenseitig über ihr Notabitur lustig gemacht haben. Bildung ist eine soziale Bereicherung und gerade deshalb dürfen wir den Anspruch nicht nach unten anpassen. Es ist übrigens ebenso unwahrscheinlich, dass wir Umfragen zur Grundlage der Bildungspolitik machen, nicht einmal die vom „Focus“. Im Oktober 2007 hat die KMK ein deutschlandweites Zentralabitur abgelehnt. Die Kultusminister haben sich dafür entschieden, zunächst die einheitlichen Prüfungsanforderungen zu Abiturstandards auszubauen. Die Einführung verbindlicher Standards für die Prüfung in Deutsch, Mathe, erster Fremdsprache, Naturwissenschaft hat ein Ziel: eine bessere bundesweite Vergleichbarkeit der Abiturprüfungen auf möglichst hohem Niveau. Mit dem sogenannten Südabitur hat die Thüringer Landesregierung gemeinsam mit den Ländern Ba
den-Württemberg, Bayern, Sachsen und SachsenAnhalt eine Initiative gestartet, um gemeinsam Abituraufgaben zunächst für die leistungsstarken Länder zu entwickeln. Dies ist auch als Vorbildwirkung und als Einladung zu verstehen. Jeder darf sich unseren Standards anschließen und aus dem Norden sind ja bereits laute Begehrlichkeiten zu hören. Der Minister hat zu konkreten Aufgaben, Absichten und Problemen des Südabiturs ausführlich Stellung bezogen. Dem gibt es heute wenig hinzuzufügen. Wir bitten darum, den CDU-Antrag im Bildungsausschuss weiterzuberaten. Danke schön.
Horst Krauße, Thomas Kretschmer, Klaus von der Krone, Jörg Kubitzki, Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Beate Meißner, Mike Mohring, Maik Nothnagel, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Wieland Rose, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Fritz
Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, Carola Stauche, Christina Tasch, Heike Taubert, Andreas Trautvetter, Elisabeth Wackernagel, Marion Walsmann, Wolfgang Wehner, Siegfried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses zum Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/3060 „Kindertageseinrichtungen bedarfsgerecht fördern - Klage gegen das Volksbegehren
zurücknehmen“ bekannt. Durch Beschluss des Landtags vom 13. Juli 2007 ist der oben genannte Antrag Nummer 1 bis 5 an den Bildungsausschuss überwiesen worden. Die Landesregierung sagte zu den Nummern 1 und 2 einen schriftlichen Bericht zu. Der Bildungsausschuss hat den Antrag in seiner 28. Sitzung am 6. September 2007 beraten. Der Ausschuss hat mit Zustimmung des Antragstellers die Nummern 1 und 2 des Antrags für erledigt erklärt, und zwar aufgrund des dazu inzwischen vorliegenden Berichts der Landesregierung in Drucksache 4/3299, aufgrund der weiteren Berichterstattung der Landesregierung und Beratung im Bildungsausschuss dazu und der dabei seitens der Landesregierung zugesagten Korrektur zu Nummer 1 des vorliegenden Berichts. Die Korrektur liegt unterdessen vor.
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses: Die Nummern 3, 4 und 5 des Antrags werden abgelehnt. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Kunst und Medien zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen, Thüringer Studienplatzvergabegesetz“ in Drucksache 4/2949 bekannt.
Mit Datum vom 22. Juni 2006 haben die Regierungschefs der Länder einen neuen Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen unterzeichnet. Dies war durch eine Novellierung des Hochschulrahmengesetzes, genauer durch eine grundlegende Änderung der Hochschulzulassungsverfahren in bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen - zurzeit Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie und Zahnmedizin - nötig geworden. Wesentlicher neuer Inhalt des Staatsvertrags ist die Neuordnung des Vergabeverfahrens. Danach werden künftig ein Fünftel der Studienplätze nach dem Grad der Qualifikation, also Abiturnote, ein Fünftel nach der Wartezeit und drei Fünftel nach dem Ergebnis eines Hochschulauswahlverfahrens vergeben.
Im Hochschulauswahlverfahren erfolgt die Vergabe der Studienplätze durch die Hochschule nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Landtags. Durch Beschluss des Thüringer Landtags vom 4. Mai 2007 ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien überwiesen worden. Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 25. Sitzung am 5. Juli 2007 beraten. Die einstimmige Beschlussempfehlung des Ausschusses: Der Gesetzentwurf wird angenommen. Vielen Dank.
Krauße, Horst; Kretschmer, Thomas; von der Krone, Klaus; Kubitzki, Jörg; Künast, Dagmar; Kummer, Tilo; Kuschel, Frank; Lehmann, Annette; Lemke, Benno; Leukefeld, Ina; Lieberknecht, Christine; Matschie, Christoph; Meißner, Beate; Mohring, Mike; Nothnagel, Maik; Panse, Michael; Pelke, Birgit; Dr. Pidde, Werner; Pilger, Walter; Primas, Egon; Reimann, Michaele; Reinholz, Jürgen; Rose, Wieland; Dr. Scheringer-Wright, Johanna; Prof. Dr. Schipanski, Dagmar; Schröter, Fritz; Dr. Schubert, Hartmut; Schugens, Gottfried; Schwäblein, Jörg; Sedlacik, Heidrun; Seela, Reyk; Skibbe, Diana; Dr. Sklenar, Volker; Stauche, Carola; Tasch, Christina; Taubert, Heike; Trautvetter, Andreas; Wackernagel, Elisabeth; Walsmann, Marion; Wehner, Wolfgang; Wetzel, Siegfried; Wolf, Katja; Worm, Henry; Dr. Zeh, Klaus.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, laut Nummer 2 und 3 des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS vom 21. Februar 2006 in Drucksache 4/1696 „Ergebnis des Exzellenzwettbewerbs und Notwendigkeit der Stärkung der Thüringer Hochschulen“ möge der Landtag die Landesregierung auffordern - so die Nummer 2 -, unverzüglich gemeinsam mit den Thüringer Hochschulen Gespräche aufzunehmen, um auf der Grundlage der Empfehlung des Expertengutachtens „Wissenschaftsland Thüringen“ Konsequenzen für die Profilierung der Hochschulen zu ziehen. Entsprechend Nummer 3 möge der Landtag die Landesregierung auffordern, ein mehrjähriges Sonderprogramm für die Steigerung des Profils und der Qualität der Thüringer Hochschulen einzurichten.
Durch Beschluss des Landtags vom 3. März 2006 wurden die Nummern 2 und 3 des Antrags federführend an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien und mitberatend an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien hat die Nummern 2 und 3 des Antrags in seiner 12. Sitzung am 6. April 2006, in seiner 20. Sitzung am 22. Februar 2007, in seiner 21. Sitzung am 22. März 2007 und in seiner 23. Sitzung am 26. April 2007 beraten - also sehr ausführlich. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat die Nummern 2 und 3 des Antrags in seiner 39. Sitzung am 22. März 2007 beraten.
Die Beschlussempfehlung: Die Nummern 2 und 3 des Antrags werden abgelehnt. Hauptgrund für die Ablehnung der Nummer 2, man könne die Landesregierung nicht sinnvoll zu etwas auffordern, was diese längst tue. Grund für die Ablehnung der Nummer 3 - die laufende Haushaltsplanung. Der Staatssekretär Prof. Dr. Bauer-Wabnegg erklärte dazu im Ausschuss abschließend: Es sei wichtig, sich gemeinsam mit den Hochschulen auf einen Thüringer Forschungspakt zu verständigen, der die Schwerpunkte identifiziere, um die zur Verfügung stehenden Mittel so effizient und effektiv wie möglich einzusetzen. Diese Arbeit werde in diesem Jahr abgeschlossen. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich fahre das Pult etwas hoch und die Emotionen etwas runter. Herr Kollege Döring, ich schätze Sie sehr, aber was wir heute hier veranstalten, kann ich nicht ganz nachvollziehen.
Wir haben im Fachausschuss eine öffentliche Anhörung durchgeführt, bei der Sie nicht dabei waren,
und haben die bisher noch nicht ausgewertet und diskutieren die Sache jetzt im Plenum. Ich meine, wir wären im Ausschuss auf unaufgeregte Weise sehr viel weiter gekommen. Der SPD-Antrag fordert, die Regierung möge berichten, und sie wird das, das erwarten auch wir, schnell tun. Es wäre hilfreich, zur nächsten Sitzung des Ausschusses einen Bericht nutzen zu können.
Meine Damen und Herren, über die Bedeutung des Bauhauses muss ich mich hier, so hoffe ich, nicht auslassen, aber ein Umweg zum Thema sei mir gestattet. Karl-Heinz Bohrer hielt 2002 in Weimar einen Vortrag über den Stil. Der Text wurde später in seinem „Merkur“ veröffentlicht. Es geht um Aktualität und Geschichte eines nationalen Unvermögens. Bohrer reflektiert auf den nachwirkenden Gegensatz von NS-Klassizismus und Bauhausform und ich darf zitieren: „Indem es Westdeutschland gelang, die Rechtsform wiederherzustellen, und man hier das gelungene Experiment mit dem Rechtsstaat und der Demokratie erkennen muss, blieb man gegenüber allen Herausforderungen der Form unsicher. Man einigte sich auf das Bauhaus als den einzig gemeinsamen verbliebenen Nenner, auf ein Bauhaus freilich, dessen eigenwilliger Stilgestus dabei verloren ging. Es ist ein Bauhaus ohne Utopie. An deren Stelle rückte ein Schaden-Nutzen-Rationalismus, dem die wohlhabend gewordene, aber kleinbürgerlich geprägte neue Gesellschaft entsprach, in der gut- oder gar großbürgerliche Verkehrsformen immer mehr an Einfluss verloren.“ Bohrer skizziert die uniforme Hässlichkeit der Bundesrepublik und beklagt den allgemeinen Verlust des Stilempfindens. Spätes Bauhaus und biederer Funktionalismus, Serienproduktion und Zweckrationalismus, auch das wäre ein Thema. Es kann hier nicht weiter verfolgt werden, obwohl es durchaus hierher gehört, aber worum es geht, sei noch einmal benannt. Wer über das Bauhaus Weimar, also das frühe Bauhaus, redet, muss zunächst über Ideen, wohl auch über Visionen reden, nicht bloß über finanzielle Schaden-Nutzen-Verhältnisse. Es ging den Bauhäuslern zunächst um das werdende Gesamtkunstwerk, um die Kathedrale der Zukunft. Walther Ulbricht nannte das „dekadenten Kosmopolitismus“ und „volksfeindlich“. Es kann bei einer Darstellung des frühen Bauhauses niemals in erster Linie um Retrospektion gehen, sondern um Lebendigkeit der Form und ästhetische Pädagogik. Es ist genau das, was der Rektor der Bauhaus-Universität, Gerd Zimmermann, meint, wenn er die bisherige Ausstellungskonzeption von Einseitigkeit bedroht sieht, von Provinzialismus gar. Die historische Perspektive der Klassikstiftung müsste sich mit der primären aktuellen Sicht der Bauhaus-Universität vereinen, alles andere wäre antiquarische Historie. Und um Nietzsche zu zitieren, der ja über van de Velde zu den Anregern der Weimarer Bauhäusler gehörte: „Nur aus der höchsten Kraft der Gegenwart
dürft ihr das Vergangene deuten.“ Die Frage ist, ob wir diese Kraft haben oder ob wir uns wirklich als Kulturprovinz verstehen und uns darin genügen; die Theaterdebatte lässt das ja vermuten. Diejenigen jedenfalls, die glauben, 1 Mio. mehr für eine Ausstellung und schon wären wir up to date und auf Augenhöhe mit New York, die sind wirklich jenseits von Gut und Böse.
Worum geht es? Es geht um eine angemessene Würdigung „90 Jahre Bauhaus in Weimar“ mit Effekten für Thüringen, wirtschaftlich, touristisch - Sie haben davon gesprochen -, um nicht weniger, aber auch nicht um mehr. 90 Jahre sind keine Zahl, die man überschwänglich feiert, höchstens im Altersheim, wenn man nicht weiß, was kommt. Und nicht im Weimarer Hintergrund, davon gehe ich immer noch naiverweise aus, wird 2009 der Schillergeburtstag stehen, den wir hoffentlich nicht so uninspiriert verstreichen lassen wie das Todesjahr 2005, möglicherweise auch ohne echten Schädel.
Warum Bauhaus 2009? Der Chef der Klassikstiftung, Herr Seemann, hat recht, 2009 ist als Sprungbrett für 2019 wichtig, und 2009 könnte Initial für ein neues Bauhaus-Museum in Weimar sein. Deshalb benötigen wir eine Ausstellung, die der inspirierenden Bedeutung des Bauhauses gerecht wird, Bauhaus als Denk- und Gestaltungsfabrik. Ob dies eine Landesausstellung sein muss, ist aus inhaltlicher Sicht umstritten. Die Anhörung war in dieser Hinsicht, Herr Döring, keineswegs eindeutig. Ich meine nicht bloß die klare Stellungnahme des Stiftungspräsidenten zu dem, worauf es wirklich ankommt, auf die Bildung eines Schwerpunkts Bauhaus Weimar 2009 für Thüringen, auf ein Projekt von nationaler und internationaler Ausstrahlung. Das hängt an den Inhalten, davon habe ich geredet, und nicht nur am Geld, aber auch am Geld. Im Herbst 2005 gab es eine zurückhaltende Antwort des Ministerpräsidenten auf eine entsprechende Anfrage der Impulsregionalisten. Es findet sich der Verweis, besser „100 Jahre Bauhaus Weimar“ zu feiern, dann aber richtig. Auch fehlt nicht die Bemerkung, dass eigentlich nur alle vier Jahre in Thüringen eine Landesausstellung stattfinden solle - klare Hinweise auf die schwachen finanziellen Möglichkeiten. Wir haben heute noch einen Tagesordnungspunkt 19 über den Haushalt. Es folgt ein Schreiben vom September 2006 der Impulsregionmacher, von den Herren Münchberg und Seemann, an den Ministerpräsidenten. Die Bitte, eine Landesausstellung zu finanzieren, wird wiederholt, der MP um Schirmherrschaft gebeten. Im November 2006 sagt der Ministerpräsident die Schirmherrschaft für eine Bauhaus-Ausstellung 2009 zu und er schreibt, er habe den Kultusminister um Prüfung gebeten. Bei der Überlegung,
eine Ausstellung „Bauhaus 2009“ unter das Dach einer Landesausstellung zu stellen, dürfe allerdings nicht verkannt werden - ich zitiere -, „dass mit der Verpflichtung des Landes für die Landesausstellung 2007, auch eine außerplanmäßige, zur Heiligen Elisabeth die Planungszeit für eine mögliche Landesausstellung bereits im Jahre 2009 sehr knapp bemessen sei.“ - wiederum ein deutlicher Hinweis auf den begrenzten finanziellen Spielraum. Es gab Irritationen - Sie haben davon gesprochen -, weil das Kultusministerium wohl die Möglichkeit einer Landesausstellung favorisierte. Das Kabinett entschied schließlich dagegen.
Für beide Entscheidungen gibt es gute Argumente. Diejenigen, die für eine Landesausstellung sprechen, meine ich, überwiegen. Die Gründe allerdings, Bauhaus auch in anderer Form - ich nutze nun die Vokabel des SPD-Antrags - hinreichend zu würdigen, sind keineswegs an den Haaren herbeigezogen. Bauhaus Dessau und Bauhaus-Archiv Berlin werden das Jubiläum nutzen, wir müssen handeln. Aber wie platziert sich Thüringen in dieser Konstellation, die zudem eine internationale werden wird? Ist Bauhaus Weimar - ich meine diese Frage nicht rhetorisch - wirklich ein Landesthema? Ist es das Thema einer dezentralen Landesausstellung oder sogar eine Nummer zu groß? Das Ergebnis unserer Anhörung - ich sagte es bereits -, was Label, Status und Inhalt angeht, war zwiespältig. Einhellig gefordert wurde aber die finanzielle Unterstützung des Landes. Ich zitiere beispielsweise den OB der Stadt Weimar: „Die Landesregierung möge das Bauhaus-Jahr 2009 in der notwendigen Höhe unterstützen.“ Das Wort „Landesausstellung“ kommt in der schriftlichen Stellungnahme aus Weimar überhaupt nicht vor, auch nicht in der Stellungnahme der Freunde und Förderer der Kunstsammlung zu Weimar. Es geht immer nur um einen angemessenen Beitrag, es geht ums Geld. Der Ministerpräsident hat in einem Zeitungsinterview am 30. März dieses Jahres gesagt: „Es war abgestimmt, dass wir als Landesregierung in Weimar die große Ausstellung Bauhaus klassisch unterstützen.“ - und so geht es weiter. Offenbar besteht die Angst in der Kunstregion, das reiche nicht - erst recht nicht, wenn es neben dem Bauhaus eine andere Landesausstellung geben sollte. Die Forderung lautet: 1,7 Mio. € Zuschuss Landesmittel. Die Ausstellung und Foren kosten zusammen über 5 Mio. €. Das wären für das Land um die 35 Prozent der Förderung, den Rest wollen Gebietskörperschaften und sollen Sponsoren geben. Ich halte das für außerordentlich optimistisch, aber die Landesregierung stände bei diesem relativ geringen Finanzierungsanteil ziemlich unter Druck. Bei 5 Mio. €, um ein Sprungbrett für 2019 zu finanzieren, wenn die Mittel fließen, stehen auch die Macher unter Druck. Alle Geldgeber werden auf die Besucherzahlen schauen dürfen und müssen. Ein zweites neues
Museum werden wir uns nicht leisten können. Und die Frage darf gestellt werden, warum trotz der abwartenden Antworten der Staatskanzlei die Planer in der angestrebten Größenordnung weitergemacht haben und warum sie nun schreiben - ich zitiere aus der Anhörung: „Eine Absage der Ausstellung würde den Museen, aber auch den Gebietskörperschaften der Impulsregion und dem Freistaat Thüringen erheblichen Schaden zufügen.“ Das nennt man im höflichsten Fall „Schaffung vollendeter Tatsachen“.
Ein weiterer Punkt scheint mir verwunderlich und darf hier angesprochen werden: Die Arbeitsgruppe 2009 war so geheim, angeblich 1999 zum Kulturstadtjahr Weimar gegründet, dass etwa der Stadtrat Weimar keinerlei Ahnung hatte. Eine Anfrage im Stadtrat im Februar 2007 war nötig, um überhaupt Aufklärung zu erhalten: Seit wann gibt es das Konzept, wie sieht es aus, wer hat es in wessen Auftrag ausgearbeitet? Nichts war in der Stadt offiziell bekannt. Der Kulturausschuss der Stadt wurde erst Anfang März 2007 in Kenntnis gesetzt. Ich hielt das Papier, das uns vorgelegt wurde, ehrlich gesagt, für einen Entwurf. Dabei lag es beinah zeitgleich und mehrfarbig in einem Flyer verdichtet auf den Messen.
Wir waren mit unserem Unbehagen keineswegs allein. Auch die Weimarer Grünen haben nun gefordert, neue Verhandlungen mit dem Land auf der Grundlage eines völlig überarbeiteten Konzepts vorzunehmen. Wie auch immer, wichtig und entscheidend ist, dass es einen Schwerpunkt „Bauhaus Weimar 2009“ geben muss und geben wird. Der Erfolg und die Ausstrahlung hängen vermutlich nicht am Status Landesausstellung, auch wenn diese sich wahrscheinlich dann besser vermarkten lässt.
Ich nenne einige Zahlen: "Der junge Bach in Erfurt", erste Landesausstellung, Kosten: 1,35 Mio. € - fast vollständig vom Land; Besucher: nicht einmal 40.000.
2004: "Residenzen", Kosten: 2,8 Mio. €, 2,4 Mio. € vom Land; Besucher: 70.000, allenfalls 90.000. Die jetzige Landesausstellung kostet das Land 1,5 Mio. €.
Ich bin geneigt, etwa die Besucherzahlen der Ottonen- oder Reichsausstellung in Magdeburg dagegenzusetzen oder zumindest als Vorbild anzusetzen. Es hängt immer zuerst an den Machern und ihren Ideen. Möglicherweise jedoch bietet eine Landesausstellung wirklich bessere Chancen, Mittel der Wirtschaft zu generieren - ein zweites und von den Machern erst nachgeschobenes Argument, aber kein schlechtes und vielleicht das entscheidende für eine Landesausstellung.
Fest steht - ich komme zum Schluss -, es wird und muss eine angemessene Unterstützung des Landes geben im Rahmen der Möglichkeiten. Alles andere wäre eine vertane Chance für die Impulsregion und für Thüringen. Helmut Seemann, der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, hätte, wenn die Finanzierung gesichert ist, aus inhaltlicher Sicht wiederum recht. Zitat: „Ob ‚Bauhaus 2009’ unter dem Titel ‚Landesausstellung’ läuft oder ‚Schwerpunkt 2009’, ist uns als Machern egal.“ Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in Thüringen gibt es ein enges Netz freier Schulen unterschiedlichster Träger. Der Freistaat hat diese Vielfalt gewollt und die finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand war und ist beachtlich. Wir haben ca. 125 freie Schulen - Tendenz zunehmend, Zuspruch steigend. Die freien Schulen sind außerordentlich wichtig in unserer Bildungslandschaft, weil sie Alternativen bieten. Wir benötigen - ich vermute,
darin sind wir uns einig - mehr Wettbewerb zwischen den Schulen, mehr Verantwortlichkeit in der einzelnen Schule; wir brauchen Vielfalt.
Im Vergleich mit anderen Bundesländern sind die freien Schulen in Thüringen sehr gut finanziert. Die Landesregierung hat 2005 allerdings die Kürzung der Hilfe ab 2008 angekündigt; für die Jahre 2006 und 2007 wurde eine Übergangsfinanzierung errechnet. Gründe für die Entscheidung waren erstens eine angenommene Überfinanzierung der Schulen in freier Trägerschaft und zweitens die Absicht, die Förderung neu und durchsichtig zu ordnen, nämlich schülerbezogen.
Diese Schaffung von Transparenz war und ist notwendig, ja überfällig. Es entstand allerdings ein Problem: Wenn sich die Finanzierung und auch die Zumutbarkeit der Kürzungen an den Kosten der staatlichen Schulen orientieren, muss detailliert bekannt sein, wie teuer das staatliche System ist, und zwar heruntergebrochen auf den Einzelschüler in den verschiedenen Schularten. Die Kosten des staatlichen Schulsystems waren 2005 aber eher grob berechnet; eine genaue Datenerhebung fehlte, gerade in der Verknüpfung mit den Kosten der kommunalen Schulträger.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat in dem Gesetzgebungsprozess durchaus eine erkennbar vermittelnde Rolle gespielt. Die Vorlage zur Änderung des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft wurde nicht nur in inhaltlicher Hinsicht hier und da gemildert, sondern auch die fehlende Berechnungsgrundlage vom Kultusministerium eingefordert.
Ich erlaube mir, an eine Kleine Anfrage zu erinnern, in der Kollege Panse und ich nach den genauen Schülerkosten fragten und in der Begründung schrieben - ich darf zitieren: „In Erfüllung des Verfassungsauftrags muss es das Ziel sein, staatliche Schulen und Schulen in freier Trägerschaft in gleicher Weise durch die öffentliche Hand zu fördern.“
Was heißt „in gleicher Weise“? Wir haben als CDUFraktion Gespräche der großen freien Schulträger mit dem TKM nachdrücklich angeregt. Das Ergebnis dieser Verhandlungen war:
1. Die Finanzierung wird erst abschließend neu geregelt, wenn die genauen Kosten des staatlichen Schulsystems vorliegen.
2. Es wird ein gemeinsames Gutachten über die Kosten der staatlichen Beschulung in Auftrag gegeben.
Dieses gemeinsame Gutachten wurde ausgeschrieben - kein einfacher Prozess - und der Auftrag vergeben. Ich kann, nebenbei gesagt, nicht verstehen,
warum ein weiteres Gutachten zeitgleich von einigen freien Trägern in Auftrag gegeben wurde. Wie auch immer, einzige Grundlage für die politische und fachliche Debatte ist das Gutachten der Kienbaum GmbH. Ich sehe auch nicht, dass ernsthafte Kritik am Gutachten dieses renommierten und neutralen Instituts geäußert worden wäre, weder an seinem Zustandekommen noch an seiner Methodik, noch an seinen Ergebnissen. Also gehe ich davon aus, dass die Resultate von allen Beteiligten akzeptiert werden.
Die Kosten der staatlichen Schulen liegen seit gestern öffentlich vor. Ich muss sie nicht referieren, sie sind erstaunlich hoch. Es ergibt sich daraus Folgendes:
Erstens: Die Finanzierungshilfe des Landes für die freien Schulen kann nun durchsichtig geregelt, der jeweilige Schülerkosten-Jahresbetrag - so heißt das im Kultusdeutsch - für die verschiedenen freien Schulen errechnet werden. Die Gespräche zwischen Kultus und freien Trägern - so hört man - sollen zügig abgeschlossen werden. Wir gehen davon aus, dass die Verhandlungen fair und sachlich geführt werden. Es geht um eine angemessene Finanzierung. Die Schüler der Einrichtungen in freier Trägerschaft sollen und dürfen nicht schlechter gestellt werden als die Schüler staatlicher Schulen, aber auch nicht besser. Was anders, was profilbildend und teurer ist, das muss über Elternbeiträge oder wie auch immer finanziert werden. Auch hier erwarten wir Transparenz. Grundlage für die Berechnung der Finanzhilfen des Landes müssen alle Kosten sein - ohne Abstriche auf allen Seiten. Es muss also einerseits auch beachtet werden, welche Aufgaben der Freistaat übernimmt, welche Aufgaben die Schulträger übernehmen, um ein flächendeckendes und vielfältiges und gestaffeltes allgemeines Schulsystem vorzuhalten. Ich meine nicht nur die Schulaufsicht, die die Qualität auch der freien Schulbildung sichert. Der Freistaat finanziert die Spezialschulen sogar als Schulträger. Er finanziert die Schulverwaltung, an der die freien Träger nicht erst partizipieren, wenn bspw. ein Waldorfschüler in einem staatlichen Gymnasium Abitur macht. Es muss andererseits genauso beachtet werden, welche Kosten die freien Träger haben, die sonst das Land übernehmen müsste, und über die unterschiedliche Rolle der kommunalen Schulträger ist zu reden. Personal-, Sach-, Immobilien- und Investitionskosten sind auseinanderzuhalten.
Zweitens - ich komme zum Ende - folgen aus dem Gutachten Fragen, von denen ich eine hier wenigstens stellen will: Warum ist das staatliche Schulsystem in Thüringen eigentlich so teuer und - sieht man von den Ostgehältern ab - teurer als in anderen Bundesländern? Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Hausold, Ihre Rede war so charmant wie Ihre rote Mappe, die vermutlich auch schon einige Zeit alt ist.
Es geht in der Aktuellen Stunde natürlich nicht darum, dass Studenten für das, was sie für ihre Interessen halten, demonstrieren. Das Demonstrationsrecht ist ein hohes 1989 von uns erkämpftes demokratisches Gut.
Es geht auch nicht darum, ob erregte und angeregte Studenten das Wort Bannmeile noch buchstabieren können. Es geht darum, dass ein Abgeordneter des Thüringer Landtags Demonstranten beim Brechen des Hausrechts aktiv unterstützt hat. Nun beruhigen Sie sich doch, Sie sind doch nicht
auf Ihrem Parteitag.
Wir reden nicht bloß über politische Legitimität, sondern über Legalität. Man könnte folglich fragen gerade nach den Ereignissen eben, was eigentlich alles mit § 42 des Abgeordnetengesetzes und mit unseren Verhaltensregeln vereinbar sei. Ich möchte allerdings hier nicht formal abwägen. Welcher Schaden durch solche Aktionen entsteht, scheint der Kollege Bärwolff nicht überblicken zu können oder zu wollen. Eine parlamentarische Demokratie ist ein höchst fragiles Gebilde. Sie lebt vom Interessenausgleich zwischen Staat und heterogener Gesellschaft - das ist noch etwas anderes - von der Balance zwischen Option und Bindungen. Sie lebt vor allem von einer bestimmten, nämlich bürgerlichen Kultur der politischen Auseinandersetzung. Die Rede vom Hohen Haus und seiner Würde ist eben keine Floskel. Jeder weiß, dass sich die deutsche Nachkriegsdemokratie in schweren Krisenzeiten noch nicht zu bewähren hatte. Wir sollten uns sehr hüten, mit ihr leichtfertig und unwissend zu spielen oder das oberste Organ demokratischer Willensbildung lächerlich zu machen.
Es ist keineswegs nur die Kompetenz, Probleme zu lösen, die über den Erfolg einer Politik, über das Ansehen der Politik überhaupt entscheidet, ebenso der berechenbare Umgang miteinander, das Verfahren, wie Mehrheiten und Minderheiten je akzeptiert werden, stärken oder schwächen eine Demokratie. Unsere politische Kultur ist so wenig ideal wie die menschlich - allzu menschliche Welt, aber sie ist im Grunde und der Form nach zivilisiert oder sollte es wenigstens sein. Niemand verlangt im Ernst von einem jungen Linksparlamentarier, dass er mit den Vokabeln Stil oder Respekt etwas anzufangen vermöge.
Niemand verlangt, dass alle im Plenum mit gleichen Farben spielen oder die eigenen Karten gar aufdecken mögen, aber dass alle die Spielregeln akzeptieren, das ist das Entscheidende oder uns offenbar Unterscheidende. Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland hat sich mit gutem Grund Mechanismen in die Verfassung geschrieben, die sie davor bewahren, irgendwelche Stimmungen hektisch exekutieren, auf jede Befindlichkeit der Straße kurz
schlüssig reagieren zu müssen. Je komplexer die Gesellschaft wird, umso schwieriger werden politische Entscheidungen. Man mag das als Opposition propagandistisch verneinen und einfache Angebote machen - das ist durchaus das Recht derjenigen, die nicht die Verantwortung tragen -, aber es gibt Grenzen. Die sind erreicht, wenn Demonstranten widerrechtlich in den Landtag eingelassen werden, wenn diese Demonstranten auf Abgeordnete gehetzt werden,
wenn Abgeordnete gegenüber Polizisten, denen wir Dank schulden, ein Plädoyer für französische Verhältnisse halten.
Das ist nicht nur ein vehementer Beitrag zur Eskalation, das ist eine Form politischer Gegenkultur. Repräsentative Demokratie lebt von einem Volksvertreter, der einen freien Entscheidungsspielraum verantwortlich nutzt, der ein Gefühl für Pflicht hat, der über ein Maß an politischer Klugheit und der über Sinn für das Ganze verfügt. Wer in ein Parlament einzieht, und jetzt wechsele ich gezwungenermaßen vom Imperativ in den Konjunktiv, der sollte würdig und reif sein. Die Verantwortung einer Partei in einer Demokratie mit Verhältniswahlrecht beginnt mithin beim Aufstellen der Wahlliste.
Eine Diktatur lebt bekanntlich von der politischen Auslese der anpassungsfähigsten Individuen. Ein tragendes Element der Demokratie dagegen sollte die Bildung einer politischen Elite im Kampf um Stimmen einer aufgeklärten Wählerschaft sein. Wir haben am 9. November hier erlebt, wie theoretisch das ist. Wer glaubt, sich profilieren zu können, indem er unsere Spielregeln bricht und dieses Handeln infantilisiert, der fügt dem parlamentarischen System langfristigen Schaden zu, leistet einen unabsehbaren Beitrag zur Delegitimation.
Aber vielleicht ist das ja gewollt, vielleicht fehlt es in der Führung der Linksfraktion nicht nur aus Versäumnis an gewohnter scharfer Empörung - vielleicht deshalb gerade die Solidarisierung. Andrè Brie hat genau vor zehn Jahren im „Stern“ von der PDS verlangt: „Wir müssen endlich ein positives Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie und zum Grundgesetz finden.“ Er wandte sich damals gegen die Aussage im Parteiprogramm: „Die PDS hält den außerparlamentarischen Kampf um gesellschaftliche
Veränderungen für entscheidend. Parlamentarische Präsenz der PDS hat zur vorrangigen Aufgabe, emanzipatorische Bewegungen zu initiieren.“ Hat sich seitdem an diesem instrumentellen Verhältnis der Linken zum Parlament irgendetwas geändert?
Zwei Sätze noch. Die Vorkommnisse vom 9. November und die gelassene Reaktion der linken Fraktionsführung sprechen eher dagegen. Wir können uns vorerst nur mit Václav Havel trösten: „Ein natürlicher Nachteil der Demokratie ist, dass sie denen die Hände bindet, die es ernst mit ihr meinen.“ Danke.
Althaus, Dieter; Bärwolff, Matthias; Baumann, Rolf;
Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Berninger, Sabine; Blechschmidt, André; Buse, Werner; Carius, Christian; Diezel, Birgit; Doht, Sabine; Döring, Hans-Jürgen; Eckardt, David-Christian; Ehrlich-Strathausen, Antje; Emde, Volker; Enders, Petra; Fiedler, Wolfgang; Dr. Fuchs, Ruth; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Prof. Dr. Goebel, Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Grüner, Günter; Gumprecht, Christian; Günther, Gerhard; Dr. Hahnemann, Roland; Hauboldt, Ralf; Hausold, Dieter; Heym, Michael; Höhn, Uwe; Holbe, Gudrun; Huster, Mike; Jaschke,
Siegfried; Jung, Margit; Kalich, Ralf; Dr. Kaschuba, Karin; Dr. Klaubert, Birgit; Köckert, Christian; Kölbel, Eckehard; Dr. Krapp, Michael; Dr. Krause, Peter; Krauße, Horst;
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es war eben noch so laut wie im Hort. Aber es hat sich ja jetzt etwas gegeben.
Na ja, Herr Döring, meine Tochter ist im Hort. Ich weiß, wie es da zugeht.
Mit dem Konzept „Bildung und Betreuung 2 bis 16“ will die Landesregierung Betreuungsangebote für Kinder und Jugendliche stärker im sozialen Nahraum verankern. Das betrifft nicht nur die Horte an Grundschulen, sondern auch den frühkindlichen Bereich und die späteren Schuljahre. Dabei sollen die Kompetenzen derer, die an Erziehung beteiligt sind, stärker vernetzt, die Schule und der Hort als Orte im Sozialraum prägender und umfassender genutzt werden. Damit ist klar, dass es auch in Zukunft Horte für Grundschulkinder geben wird und soll. Die Horte sollen vorzugsweise konzeptionell wie räumlich mit der Grundschule verknüpft sein. Aber wenn von Eltern gewünscht oder von den örtlichen Gegebenhei
ten her sinnvoll, wird es Varianten geben dürfen. Es ist jedoch nicht so, dass allein die personelle Bestellung der Erzieherinnen beim Land diese enge Verbindung bewirkt und in jedem Falle zur Zufriedenheit führt. Längst sind die Vorteile, die Möglichkeiten des Betreuungskonzepts erkannt.
Es gibt zahlreiche Beispiele. Meine Kollegen haben mir die Lobdeburgschule Jena, Münchenbernsdorf genannt. In Weimar standen wir davor, vier Pilotprojekte anzumelden: vier Grundschulen, vier Träger von AWO bis Diakonie, intensivste Gespräche mit allen Beteiligten - auch den Eltern - eine hervorragende Moderation des Schulamts und ein gesteigertes Interesse aller - auch des Stadtrats. Ich musste mich von den Bündnisgrünen überholen lassen in der Aktivität. Aber wir waren alle gemeinsam schneller als das Kultusministerium, das nun offenbar eher ganze Landkreise als Pilotprojekte wünscht. Ich kann nur hoffen, dass meine Stadtspitze, wenn die Gespräche mit dem Städte- und Gemeindebund stattfinden, sich fordernd verhält, also Pilotprojekte anmeldet.
Wie auch immer, es ist ganz offensichtlich so, dass durch die Einbindung eines freien Trägers 1. eine höhere und vielfältigere Betreuungsqualität erreicht, 2. die Vernetzung mit anderen Bereichen der Jugendhilfe intensiviert und 3. die Partnerschaft mit den Eltern verbessert werden kann, nicht muss, aber kann.
Es hat also durchaus Sinn, darüber nachzudenken, wie man pädagogisches Personal sinnvoll auf eine kommunale Ebene - so die das will - überträgt. Die Sinnhaftigkeit soll in Pilotprojekten überprüft werden. Eine Prüfung ist offen. Ich gehe aber nach den Gesprächen, die ich darüber geführt habe, davon aus, dass die Chancen sehr gut sind. Bekannterweise ist die Kommunalisierung auch der Grundschulen in den PISA-Muster-Ländern Finnland und Schweden Standard. Man hat damit, wie bekannt, guten Erfolg: Vielfalt, Freiheit, Wettbewerb in der Bildung. Das ist der einzige Weg. Ich bin geneigt hinzuzufügen: Leistung.
Es geht also nicht um die Zerschlagung funktionierender Einheiten, sondern um mögliche Weiterentwicklung, unabhängig davon, dass uns die Seitz-Studie die Kommunalisierung der Horte aus finanzpolitischen Gründen empfiehlt. Dass bei der Finanzierung des pädagogischen Hortpersonals der Freistaat in der Pflicht ist sowie auch die Fachaufsicht weiterhin wahrnehmen muss, ist selbstverständlich. Den jetzt im Landesdienst befindlichen Erzieherinnen soll nicht gekündigt werden, was nicht ausschließt, dass in Zukunft einige auf freiwilliger Basis in Arbeitsverhältnisse bei Kommunen oder freien Trägern wechseln. Aus diesem Grund lehnen wir den Punkt 2
des Antrags der Linkspartei.PDS ab.
Ich bitte die Opposition, ihren Fundamentalwiderstand aufzugeben und - so wie es Bürgermeister, Landräte und Stadträte landesweit bereits tun - über sinnvolle Vorschläge zur Kommunalisierung von Horten und auch Grundschulen mit uns ins Gespräch zu kommen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zum Kulturraumkonzept ist alles gesagt. Wir werden es im Ausschuss unverkrampft diskutieren. Aber, Kol
lege Döring, es wäre schön, wenn Sie uns über die konkrete Ausgestaltung nicht ganz im Unklaren lassen würden. Das würde der Diskussion mehr Fundament geben.
Nun zu den Anträgen der Linkspartei.PDS und der allgemeinen Diskussion über die geplante Landeskürzung. Frau Kollegin Klaubert, ich werde das auch ganz unpolemisch machen, aber eine Bemerkung kann ich mir nicht -
eine Anmerkung kann ich mir nicht ersparen. So, wie Sie sich für die spätbürgerliche Repräsentationskultur raushängen, der Brecht würde sich nach fünfzig Jahren im Grabe umdrehen. Da ist kulturkritisch offenbar bei Ihnen überhaupt nichts mehr da.
Das werden wir auch machen, das werden wir auch hier nicht können. Dass die Diskussion über die geplanten Landeskürzungen wenig sachlich und wenig grundsätzlich geführt wird, ist leider unverkennbar. Was ich mit fehlender Sachlichkeit meine, ist etwa dies: Nehmen wir an, das Land würde ab 2009 den Status quo der Theaterfinanzierung sichern, also nicht um 10 Mio. € kürzen, dann fehlen etwa - ich wähle ein mir naheliegendes Beispiel - im Deutschen Nationaltheater Weimar trotzdem allein wegen der Tarifanpassung und Tarifsteigerung 2,5 Mio. €. An anderer Stelle sieht es im Prinzip nicht anders aus. Selbst bei ausbleibenden Landeskürzungen, worauf wir als Kulturpolitiker und viele Wahlkreisabgeordnete hoffen und für die wir uns - natürlich immer mit Blick auf den Landeshaushalt, von dem hier bisher kaum die Rede war - einsetzen wollen, kommen wir um Strukturveränderungen, um Einschnitte nicht herum. Alles andere wäre Augenwischerei. Nun stört mich an dem vorgelegten Finanzplan des Kultusministeriums auch manches, nicht nur die Kürzungen, sondern auch, dass der Finanzplan eine inhaltliche Struktur impliziert, ohne sie explizit zu Ende zu führen. Ich verstehe nicht jede dieser mit Rücksicht auf die Trägerschaft eher angedeuteten inhaltlichen Vorgaben. Aber dass das Kultusministerium den Ansatz wählt, auf Strukturveränderungen abzuheben und nicht den Rasenmäher wählt, das ist aus meiner Sicht lobenswert und überfällig, und zwar seit 16 Jahren, sonst hätten wir jetzt nicht auf 45 Kilometer ein A- und zwei B-Orchester und nicht zwei Opernhäuser in 22 Kilometern Entfernung. Wobei wir ja wenigstens noch mit der Staatskapelle überregional punkten. Sonst spielt die hochsubventionierte Thüringer Kultur
jenseits der Landesgrenzen eine höchstens unauffällige Rolle. Und dieses beinahe selbstverständliche Absehen von Qualität ist das, was mich eigentlich pessimistisch stimmt. Wir werden, so fürchte ich, nach dem Streit 2009 wahrscheinlich irgendwie so weitermachen, uns provinziell hochreden und -schreiben und akzeptieren, dass wir uns selbst genug sind. So werden wir nach und nach die Kriterien einbüßen, es sei denn wir besuchen das Burgtheater oder die Semperoper, und werden uns politisch gut dabei fühlen, im eigenen Theater, das man in Hausschuhen erreicht, etwas Nettes, Gutgemeintes zu sehen oder zu hören als besser ein paar Kilometer weiterzufahren, um große Kunst zu erleben oder was davon übrig ist - dann eben kein Bruckner, Mahler oder Wagner mehr oder in kleiner thüringischer Besetzung. Rechtfertigt das Theater als traditioneller Gesellungsort des Bürgertums, als kommunaler Ort diese Entwicklung? Ein Kulturraumkonzept würde aus meiner Sicht die Entwicklung der Nivellierung sogar verstärken, aber das hängt vielleicht von der Ausgestaltung ab. Jeder weiß, ob er es zugibt oder nicht, dass wir angesichts der Kosten, die Theaterqualität nun einmal fordert und die weder Kommunen noch Land aufzubringen in der Lage sein werden, um Strukturveränderungen nicht herumkommen - ob mit 50 oder 60 oder 70 Mio. € Landeszuschuss. Einige Thüringer Theater haben in den letzten Jahren Einsparungen über Haustarifverträge realisiert. Probleme wurden damit verschoben. Die Moratorien enden 2009. Bei einem Anteil der Personalkosten an den Theaterausgaben von 83 Prozent sowie durchschnittlichen jährlichen Personalkosten von 45.000 € pro Hochkulturbeschäftigten mit tariflich steigender Tendenz sind Veränderungen unumgänglich. Oder wir frieren wieder alles ein in Hausverträgen? Wir werden dann bald keine teuren Spitzenkünstler als Ensemblemitglieder mehr bekommen, nirgends in Thüringen. Einkommensrückstände werden perspektivisch notwendigerweise zu Qualitätsabstrichen führen. Aber vielleicht fällt das auch bald keinem mehr auf. Die Fläche und die dreigeteilte Mitte jedenfalls wären vorerst gesichert. Und das wäre auch eine Option. Sicher überstehen wir damit alle noch eine Legislatur. Wir führen hier und jetzt, ich bin mir da nicht sicher, eine kulturpolitische und keine arbeitsmarktpolitische oder tourismusstrategische Diskussion. Die Argumentation war da bisher nicht sehr eindeutig. Auch Kulturwirtschaftspolitik ist nicht identisch mit Kulturpolitik. Also dürfte man hier über ästhetische und gesellschaftliche Relevanz des Theaters, über den Sinn spätbürgerlicher Repräsentationskultur reden, aber das hieße, über die Sache reden. Und wer wagt eine solche Diskussion? Das Feuilleton bisher nicht, der Ausschuss vielleicht, vielleicht auch ein paar arme Sport- und Sozialvereine oder die freie Kulturszene. Also akzeptieren wir halbleere Theater wegen der Jobs und der Sekundäreffekte, schnell abgesetzte Inszenie
rungen, inhaltliche und formale Krisenerscheinungen, Stückezerstörungsregie, ignorieren tapfer den gewachsenen Altersdurchschnitt der Orchesterbesucher, die mangelhaften Auslastungen, die geringen Einspielquoten. Wir verteidigen die Subventionen und tun so, als entspräche die Macht der medialen Spiegelungen der wirklichen Bedeutung des Theaters. Ich habe in Berlin die Schließung des Schillertheaters erlebt. Es hat wirklich überhaupt niemanden interessiert.
Meine Damen und Herren, nehmen wir mein Theater und ich sage bewusst „mein Theater“, denn ich gehe in das Deutsche Nationaltheater seit 35 Jahren. Da sieht man die Intendanten in den Jahren kommen und gehen, da kommen und gehen die Chefdirigenten, da kommen und gehen die Oberbürgermeister, da kommen vor allem viele derjenigen, die sich über die Marke „Weimar“ profilieren wollen. Aber die gehen auch wieder und meistens sehr schnell. Es ist schon erstaunlich, wer sich nach drei Premierenbesuchen in der Theaterdiskussion profund zu Wort meldet oder wer in gereizter Unkenntnis vom Erhalt der DDR-Substanz spricht. Manche Debatte ist eben so blind wie leer und gespenstisch. Wenn sich Herr Grass meldet, dann ist die Verlogenheit fast auf dem Gipfel.
Hans Magnus Enzensberger hielt kürzlich eine Tischrede beim Treffen des Ordens Pour le Mérite. Er sagte - ich darf zitieren: „Und so leistet sich jedes Residenzstädtchen bis heute sein Theater, sein Orchester, sein Museum, das eine oder andere Festival und manche andere Annehmlichkeiten. Wenn der Bund es nicht richtet, wird es schon das Land oder die Gemeinde tun.“ Enzensberger fährt fort zu Oper, Theater, Orchester: „Auch in diesem Fall wird man jedoch daran erinnern dürfen, dass die Förderung von Künstlern nicht zu den Geboten unserer Verfassung gehört. Wer Theater spielen, Installationen hervorbringen oder Gedichtbände schreiben will, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er sich auf höchst riskante Tätigkeiten einlässt. Für den Fall, dass er mit seiner Arbeit kein Auskommen findet, sollte er darauf verzichten, sich beim Staat zu beklagen. Jammernde Künstler sind kein schöner Anblick.“
Meine Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung beabsichtigt, ab 2009 die Förderung - so sagt man - der Kultur einzuschränken. Eigentlich geht es um die Finanzierung der Theater und Orchester. Kein Land auf der Welt hat so viele Opernhäuser, Theater, Orchester auf engstem Raum versammelt wie Deutschland und Thüringen steht an der Spitze. Es gibt das Gerücht,
wir hätten so viele staatliche Orchester wie Italien. Ist Italien kein Kulturland? Der Thüringer Finanzierungsstandard in der Breite ist außerordentlich. 90 Prozent der Kulturausgaben werden in Deutschland vom Staat aufgebracht. In den USA kommen nur 10 Prozent der Kulturförderung vom Staat.
Vielleicht doch, Herr Döring. In Großbritannien gibt es jährlich 1,5 Mrd. öffentliche Mittel, in Deutschland 9 Mrd. Das Ausmaß der staatlich garantierten Kultur in Deutschland sucht seinesgleichen. Die Rede vom Kahlschlag ist wirklich blanker Populismus.
Unsere Kulturquote in Thüringen ist mit 1,3 Prozent besser
als diejenige der meisten west- und süddeutschen Länder. Sie liegt in Nordrhein-Westfalen bei 0,6 Prozent. Nur das reiche Geberland Bayern leistet sich im Haushaltsverhältnis so viel wie wir, allein die Sachsen mehr, dafür bekommen die Kommunen im KFA weniger. Thüringen gibt, gemessen am Gesamthaushalt, mehr für Kultur aus als Baden-Württemberg und viel mehr als Hessen oder Niedersachsen und sehr viel mehr als Berlin. Berlin ist für die hohen Kulturausgaben noch gerügt worden. Woher nimmt das arme Thüringen weiterhin die unsolidarische Kraft, pro Einwohner aus dem Landeshaushalt doppelt so viel für Kultur auszugeben wie Baden-Württemberg? Ähnlich sieht es bei den Theaterzuschüssen pro Kopf der Bevölkerung aus. Im Bundesdurchschnitt werden 12 € ausgegeben. Bei uns liegt der jährliche Theaterzuschuss pro Einwohner bei 29 €. Sachsen gibt die Hälfte aus, aber in Sachsen stehen Semperoper und Gewandhaus, Bayern 13 €, Berlin 9 €, NRW sogar nur wenig über 2 €. Unsere kulturellen Finanzstandards sind deutlich besser als die derjenigen Länder, die uns aushalten. Unsere Qualität auch? Oder treibt uns die Finanzierung der Breite mit Gehältern selbst im A-Bereich unter West- oder MDR-Orchesterniveau in das vollendete Mittelmaß? Wie viel Geld brauchen wir, um mit der Spitze wenigstens mit einem Haus mithalten zu können? Wollen wir überhaupt mithalten? Was wollen wir überhaupt? Offensichtlich das Theater um die Ecke. Ich
meine das nicht polemisch.
Der Freistaat gibt jährlich die Hälfte des Kulturetats für die kommunalen Theater und Orchester aus. Eine Theaterkarte wird in Deutschland im Schnitt mit 90 € Steuergeldern gefördert, in Thüringen sind es 125 €, in Erfurts Oper sogar mehr als 170 €. Nur das Kunstfest Weimar ist teurer. Auslastung und Einspielergebnisse mit weniger als 10 Prozent liegen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. In Thüringen kostet eine Theaterkarte im Durchschnitt nicht mehr als 30 €, der Staat subventioniert. Woher dieser Anspruch der Hochkultur an die Allgemeinheit? Thüringen hat im Bundesländervergleich die meisten Theaterplätze - 25 Plätze auf 1.000 Einwohner, zweieinhalbmal so viel wie im Bundesdurchschnitt bei geringer Auslastung.
Ja.
Erstens sind die Fragen, glaube ich, als Fragen erkennbar und die Aussagen als Aussagen.
Zweitens müssen wir uns darüber verständigen, über welche Kultur reden wir. Wir reden jetzt über eine Kultur, die mit 60 Mio. € gefördert wird und im Moment noch nicht über etwas anderes. Aber dazu wäre ich jetzt gekommen, zu diesem Anspruch. Aber wir werden darüber diskutieren und da gibt es verschiedene Diskursebenen, sicherlich
das Feuilleton, die öffentliche Meinung, aber natürlich auch der Ausschuss.
Noch einmal: In Thüringen kostet eine Theaterkarte im Durchschnitt nicht mehr als 30,00 €. Der Staat subventioniert hoch. Woher kommt dieser Anspruch der Hochkultur an die Allgemeinheit? Mit dem Haus
halt 2005 flossen 53 Prozent der Kulturausgaben des Landes Thüringen in die Theater- und Orchesterfinanzierung, 1995 betrug der Anteil noch 38 Prozent. Bei sinkenden Kulturausgaben wurden in den letzten Jahren nur die Landesmittel für Theater und Orchester nicht gekürzt. Wieso jedoch wird eine bestimmte Kultur finanziert? Längst macht bei denen, die nicht am Hochkulturbetrieb partizipieren, genervt das Wort von der Subventionskultur die Runde. Es geht nicht um bloße Breitenkultur, nicht um freie Theater, Tage neuer Musik-/Lesenächte, Kleinkunstbühnen. Maler, Bildhauer, Schriftsteller, Übersetzer, sie alle müssen sich auf dem Markt verkaufen, leben bestenfalls von Stipendien, bewerben sich um subventionierte Ateliers. Ich habe zu viele Freunde in diese Szene, um nicht zu wissen, wovon ich hier Rede. Ein Bekenntnis zur Theaterkultur, ich bekenne mich trotz aller Bedenken dazu, setzt eine ästhetische und kulturgesellschaftliche Entscheidung voraus, ein Willen zur Ungerechtigkeit. Es geht also nicht um die Kultur, es geht um ein bestimmtes an staatliche Alimentierung gewöhntes Segment. Es geht, die „Thüringer Allgemeine“ hat das noch vor der Theaterdiskussion gelassen zugestanden, um Kultur für Eliten, für Minderheiten. Aus meiner Sicht ist das in Ordnung, aber man sollte es auch sagen.
Meine Damen und Herren, der Thüringer Landeshaushalt befindet sich -
wir könnten auch über das Theater als Bildungsinstitution reden, wer das unreflektiert macht, war offensichtlich lange nicht mehr dort - in einer schwierigen Lage, ich spreche jetzt nicht von der demographischen Entwicklung. Allein für Sonder- und Zusatzrenten aus DDR-Systemen gehen dreistellige Millionenbeträge weg, sehr viel mehr als der Kultur oder der Kindergarten selbst als der Hochschuletat. Wir geben, so wirft uns die Seitz-Studie der FriedrichEbert-Stiftung, nicht der von Hayek-Stiftung, sondern der Ebert-Stiftung, dem Freistaat vor, zu viel Geld für Kultur und Bildung aus. Das Land sei zu drastischen Sparmaßnahmen gezwungen. Helmut Seitz verlangt nicht zuletzt den Abbau - ich zitiere: „der flächendeckenden Topstandards in Kultur und Bildung“. Was nun? Das Verhältnis Staat und Kultur wird ohnehin neu überdacht werden müssen, nicht nur wegen der existenziellen Finanznöte der öffentlichen Haushalte, sondern auch wegen der rasanten gesellschaftlichen Entwicklung, die das Theater natürlich in Rechtfertigungsnöte bringt. Entzelsberger rät, sich von der Verbeamtung der Kultur zu verabschieden. Zitat: „Die Tätigkeiten, um die es sich hier handelt, stehen dem Dienstrecht fern. Sie kennen keine Pensionsansprüche, keine Bundesangestelltentarife und keine Garantien. Lassen Sie deshalb in Ihrer ministeriellen Güte Zeitverträge walten, ver
treiben Sie die Gewerkschaften aus dem Musentempel, geben Sie den Leuten Autonomie und verabschieden Sie sich von dem hässlichen Laster des Kameralismus.“ Ich habe dem allenfalls arbeitsmarktpolitische Argumente, Gewohnheit und vielleicht Melancholie entgegenzusetzen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Gentzel, Sie haben schon Recht in einigen Dingen, aber es wäre schön gewesen, Ihr Änderungsantrag wäre nicht erst gestern zu uns gekommen, weil man dann über einige Sachen schon hätte reden können,
gerade was die Differenzierung betrifft in der Stasiunterlagensache.
Meine Damen und Herren, in einem Aufruf zur Gründung einer neuen Linken haben vor wenigen Tagen die Herren Lafontaine, Gysi und Bisky das eigene politische Lager zu einem neuen Anlauf aufgefordert, um - ich darf zitieren - „die Barbarei der kapitalistischen Gesellschaft zu überwinden.“ Man könnte das abtun als verbales Nachtreten auswechslungsreifer Verlierer, die bisher allesamt, wenn ich mich recht erinnere, wenig geneigt waren, die smarten Seiten des Kapitalismus zu verschmähen;
aber die Sache ist natürlich viel grundsätzlicher. Solche anachronistischen Strategiethesen zeigen, wohin eine unbelehrbare deutsche Linke nach wie vor steuert und wie klassenkämpferisch sie die Welt, die sie verändern möchte, nach wie vor interpretiert. Und weil der Anlauf gegen den Kapitalismus entgegen allen Lippenbekenntnissen einhergehen muss mit einer Rechtfertigung, mit einer Verharmlosung der eigenen Geschichte und weil das Verniedlichen der DDR mittlerweile immer offener und frecher zu Tage tritt
und weil wir ahnen, was der Änderungsantrag der Linkspartei mit der Forderung nach einer anderen Form der Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte, mit der Kritik an einer angeblichen Einseitigkeit der Darstellung der DDR eigentlich meint, deshalb ist so ein Antrag wie der vorliegende der CDU und auch der Änderungsantrag der SPD nötig, deshalb ist die heutige Debatte unverzichtbar.
Meine Damen und Herren, eine noch von der Regierung Schröder eingesetzte Expertenkommission, die Sabrow-Kommission, lobte jüngst sowohl die Dimension als auch die Qualität des wissenschaftlichen Umgangs mit dem SED-Staat, bedauerte aber die nachlassende Vermittlung in den Schulen, das Verblassen des politischen Interesses sowie die Trivialisierung des politischen Systems der DDR in der veröffentlichten Meinung. Freya Klier, Mitglied der Kommission, gab sogar ein Sondervotum ab. Ihr Vorwurf lautet: Die Kommission selbst akzeptiere, dass die DDR wie ein abgeschlossenes historisches Gebilde behandelt werde, und darin liegt ein wirkliches Problem. Sind SED-Diktatur und so genannter DDRAlltag etwas ganz anderes? Und: Wie viel Historisierung verträgt das seltsame politische Gebilde namens DDR und inwiefern ist es politisch tatsächlich untot?
Die Aufarbeitung des Ulbricht- und Honecker-Regimes ist, so meinen wir, alles andere als beendet.
Das große Vergessen kann noch nicht angesagt sein. Es gibt eine demokratische Pflicht, an das trostlose staatliche Gegenteil eines freien und freiheitlichen Gemeinwesens zu erinnern, an die - um im Jargon zu bleiben - barbarischen kommunistischen Experimente am lebenden Menschen. Es gibt eine Selbsterhaltungspflicht des freiheitlichen Rechtsstaats und die warnt uns davor, mit Fukuyamas liberaler These vom Ende der Geschichte im Gepäck in die Historisierungsfalle zu laufen. Also gehört die Unterstützung der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag ganz klar denjenigen, die früh antikommunistischen Widerstand geleistet haben, die in Speziallagern und Zuchthäusern und Gefängnissen der SBZ und DDR aus politischen Gründen gelitten haben, und zwar in aller Regel schwer, und die an erster Stelle dafür zuständig waren,
dass die Mauer gefallen ist.
Meine Damen und Herren, wir bitten die Landesregierung in unserem Antrag um drei Dinge, nämlich:
Erstens, sie möge sich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Stasiüberprüfung, insbesondere von Beschäftigten im öffentlichen Dienst wie Mandatsträgern, auch nach 2006 möglich bleibt und dass deshalb die im Stasiunterlagengesetz geregelte Frist von 15 Jahren für den Zugriff auf die Unterlagen verlängert wird. Wir sehen uns hier durchaus im Einklang mit den Forderungen der Opferverbände. Ende dieses Jahres läuft diese Frist aus, doch die Zeit ist noch nicht reif für einen Schlussstrich. Ullrich Mühe antwortete vor wenigen Tagen auf die Frage, wann Schluss sein müsse mit der Aufarbeitung der Stasiakten: Da könne - ich darf zitieren - „überhaupt nicht Schluss sein; vielleicht in 50 Jahren. Mich wird es beschäftigen, bis ich in die Grube fahre.“
Meine Damen und Herren, wann Schluss ist, sollten tatsächlich diejenigen entscheiden, die Ziel der vielfältigen aggressiven und skrupellosen Maßnahmen der DDR-Staatspolizei waren, und auch nur ihnen steht die Forderung nach einer Neuakzentuierung zu. Es geht uns, um das klarzustellen, nicht nur um die fortdauernde Möglichkeit individueller Klärung eigener Lebensgeschichten, es geht uns erst recht nicht um eine bloße Moralisierung von Historie, aber die tiefen, wirklichen und persönlichen Wunden sind längst nicht geheilt; sie werden sogar jüngst immer unverschämter wieder aufgerissen und das hat nichts mit Selbstverstümmelung zu tun. Wir fordern deshalb unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit die Fortsetzung von Einzelprüfungen.
Wir wissen, dass Zeit ins Land gegangen ist, aber nicht genug, und selbst genug wird wohl vorerst nicht genügen. Es geht um ein Signal; es geht um mehr als ein Signal. Wir wollen, dass diejenigen, die Gesetze bei uns erlassen und umsetzen, die für Bildung und besonders politische Bildung zuständig sind, schlicht sauber sind und nicht nur sauber erscheinen.
Der Linkspartei.PDS-Antrag unterstellt, die aktuelle politische Aufarbeitung der DDR fixiere Repressionen und Überwachungen. Richtig ist, dass sich zwar die Forschung, viel weniger jedoch die sinnliche Vermittlung der DDR-Geschichte auf Merkmale des politischen Systems konzentriert, und dieses System bedurfte nun einmal, um als Diktatur an der Macht zu bleiben, wesentlich der staatlichen Repression und einer einzigartigen Überwachungspolizei. Jüngst hatte ich an dieser Stelle die Fokussierung auf das MfS kritisiert, weil diese Betrachtungsweise von den eigentlichen Hierarchiestufen ablenkt, weil sie Befehlende und Ausführende vertauscht. Dass die politische Polizei der DDR, die hemmungslos so genannte Staatsfeinde bekämpfte, „das Leben der anderen“ in krimineller Art zersetzt hat, steht offenbar in der allgemeinen Wahrnehmung nicht zu Unrecht für das gesamte diktatorische System: als hauptamtliche Elite, als Schild und Schwert wie als niederträchtiges Spitzelgeflecht.
Politische Begriffe sind bekanntermaßen polemische Begriffe. Wir streiten über den politischen Weg unserer Gesellschaft, unserer Nation, unseres Landes. Wir sagen, nicht zuletzt mit dem Verweisen auf das Gewesene und Überholte, was wir nicht mehr und nie wieder wollen. Wir stellen uns also mit unserem Antrag der retrospektiven Relativierung einer politischen Idee entgegen, und zwar in der Trennung dieser Idee von der Wirklichkeit, der einsetzenden Verklärung des SED-Staates, der zunehmenden Dominanz des Lächerlichen und Lustigen und Mittelmäßigen in der Darstellung der DDR, als sei die DDR ein großer „Kessel Buntes“ gewesen mit viel Freiraum für „Außenseiter und Spitzenreiter“.
Meine Damen und Herren, der so genannte Alltag lässt sich ganz und gar nicht trennen von der politischen Wirklichkeit in einer durchherrschten, geschlossenen Gesellschaft. Sicher, unter einem repressiven, allgegenwärtigen Regime muss man, um zu überleben, um überhaupt zu leben, Kompromisse schließen, auch faule, aber diese Einsicht reicht nicht, um alles zu nivellieren, um Täter und Opfer, um Bonzen, Mitläufer, Oppositionelle, um Anständige und Zuträger im Alltagsgrau einer Gesellschaft ununterscheidbar werden zu lassen. Die Rede der Linkspartei.PDS vom neuen Blick auf die Gesamtverantwortung der DDR ist nichts weniger als ein ebenso kläg
licher wie dreister Versuch, den eigentlichen Charakter des SED-Staates zu verschleiern.
Natürlich benötigt die DDR-Aufarbeitung Perspektiverweiterung, wie die Sabrow-Kommission vorschlägt. Aber das heißt nicht, den politischen Brennpunkt aufzugeben. Weg von der Stasi darf nur heißen: hin zum ganzen Staatsgebilde DDR, und nichts spricht gegen den Wesensbegriff „totalitär“. Die im Änderungsantrag von der Linkspartei.PDS geforderte Öffnung westdeutscher Archive ist übrigens ein typisches Indiz der Kenntnislosigkeit und ein Indiz für die zugrunde liegende geschichtsrevisionistische Neigung, für die Gleichsetzung von offenen und geschlossenen Gesellschaften, für die Vermischung von bürgerlichen Rechtsstaatsprinzipien mit Prämissen einer so genannten Diktatur des Proletariats. Was aber sowohl an der historischen Forschung wie der öffentlichen und unveröffentlichten Auseinandersetzung mit der DDR wirklich zu beklagen ist, ist die stiefmütterliche Behandlung der Gegner der SED, historisch wie aktuell. Diese Menschen passen offenbar mit ihrem Freiheitsbegehren nicht in ein schiefes geschichtsphilosophisches Bild, dass sich auch ein großer Teil der westdeutschen Linken zu eigen gemacht hat, und zwar nachhaltig. Die Notwendigkeit, meine Damen und Herren, unseres Antrags begründet sich schon dadurch, dass die Fraktion der Linkspartei.PDS nicht den Willen gezeigt hat, sich von parlamentsunwürdigen Mitgliedern aus eigener Kraft zu trennen.
Wir verfallen im Übrigen nicht dem Wahn, eine perfekte Bewältigung der Geschichte zu suchen. Geschichte ist stets erinnernde Selektion und selektive Erinnerung, ist Interpretation. Es gibt für uns eine Pflicht, diese Geschichte aus demokratischer und freiheitlicher Perspektive zu interpretieren und all unsere Vorurteile dieser Interpretation zu Grunde zu legen. Diese Vorurteile resultieren aus unserem politischen Glauben an das freie Individuum, den mündigen Bürger, die offene Gesellschaft, den Rechtsstaat. Aus dieser demokratischen Sicht war die DDR eben das, als was sie 1989 unterging, ein Staat ohne Recht und ohne Freiheit und ohne wirtschaftliche und ohne soziale Perspektive. Es ist, ich bekräftige das, zu früh für eine Historisierung der DDR. Wir müssen dagegen die Opfer des Kommunismus viel stärker politisieren, deutlich politisch historisch rehabilitieren.
Unser Land kommt leider ohne den antitotalitären Konsens noch nicht aus.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion bittet die Landesregierung zweitens, sich dafür einzusetzen, dass die am 31. Dezember 2007 auslaufenden Antragsfristen nach den drei Rehabilitierungsgesetzen verlängert werden. 1992 und 1994 sind drei Rehabilitierungsgesetze verabschiedet worden - das strafrechtliche, das verwaltungsrechtliche und das berufliche. Mit mehreren Gesetzen, die maßgeblich von Thüringen mit in den Bundesrat eingebracht wurden, sind die Antragsfristen für die jeweilige Rehabilitierung um zwei Jahre verlängert worden, zuletzt bis Ende 2007, dann wäre Schluss. In der Praxis allerdings ist festzustellen, dass aus vielerlei Gründen längst noch nicht alle Betroffenen von der Möglichkeit zur Antragstellung Gebrauch gemacht haben. Viele scheuen sich oder gerade die Älteren sind in Unkenntnis der Rechtslage. Wir brauchen eine Entfristung, denn die physischen und psychischen Folgen politischer Verfolgung verhindern oft eine angemessene und aktive Verarbeitung dieser Zeit. Die Möglichkeit zur Antragstellung muss erhalten bleiben.
Die CDU-Fraktion bittet die Landesregierung drittens, sich dafür einzusetzen, dass den am schwersten betroffenen politischen Opfern des SED-Regimes eine monatliche Ehrenpension gewährt wird.
Der Begriff ist viel besser als der der Opferrente. Die Opferverbände beklagen zu Recht seit der Entscheidung des Verfassungsgerichts 1999 zur Überleitung von Ansprüchen aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR in die deutsche Rentenversicherung eine größer gewordene Gerechtigkeitslücke. Darauf zielt unser Begriff „Gerechtigkeit herstellen“. Einerseits hat sich politisch wenig Positives für die persönliche Situation der Opfer getan, der soziale Abstand zwischen Verfolgten und Verfolgern wächst. Die versorgungstechnische Besserstellung der systemnahen Personen, Staatsdiener wie MfSLeute belastet andererseits nicht nur unseren Landeshaushalt enorm - die Millionensumme habe ich in der jüngsten Sitzung beziffert -, diese Besserstellung führt vor allem zu einer verständlichen Frustration derjenigen Menschen, die sich für Freiheit, Demokratie oder einen Reformsozialismus in der DDR eingesetzt haben, und diese Leute, Herr Gentzel, warten auf eine politische Diskussion.
Wenn aber die Bundesrepublik Deutschland die 89er Revolution als die einzige erfolgreiche demokratische Revolution der Deutschen in ihre Geschichte integrieren will, kann sie die Menschen, die sie herbeigeführt und getragen haben, nicht unversorgt lassen. Der Einigungsvertrag bestimmt, dass die Rehabilitierung der Opfer der SED mit einer angemessenen Entschädigung, mit Wiedergutmachung zu verbinden sei. Die beiden Unrechtsbereinigungsgesetze und weitere
Gesetze brachten zwar eine Verbesserung der Lage, aber diese Regelungen waren und sind leider ungenügend. Am 10. Februar dieses Jahres hat der Bundesrat auf Initiative der mitteldeutschen Länder hin eine Entschließung verabschiedet, in der der Bundesrat die Bundesregierung bittet, möglichst zeitnah ein Konzept zur Unterstützung für die Opfer der SED vorzulegen. Diese Initiative war notwendig, weil sich bis dahin nichts getan hatte. Eine Ehrenpension wäre ein neuer und ein überfälliger Schritt und im Bundestag deutet sich ja dem Vernehmen nach auch eine Lösung an.
Zu kritisieren am Länderantrag ist, das wiederhole ich, dass politische Oppositionelle der 1970er- und 1980er-Jahre, die Opfer von Zersetzungsmaßnahmen wurden, nicht als politisch Verfolgte gelten. Es gibt da noch deutlichen Diskussionsbedarf und da ist der Koalitionsvertrag auch außerordentlich unscharf. Viele Oppositionelle konnten wegen ihrer gebrochenen Biographien keine vom Grundgesetz geschützten Versorgungsrechte erwerben. So werden heute diejenigen nicht angemessen versorgt, die dafür gesorgt haben, dass die Kader eines bankrotten Regimes nun bestens versorgt sind. Keiner kann die Illusion haben, es gäbe eine gerechte Wiedergutmachung aller Schädigungen an Gesundheit, Vermögen, Beruf. Immer wird es Schwierigkeiten mit der Anerkennung der Benachteiligung geben und natürlich ist politischer Widerstand mit Gefahr verbunden. Aber es nicht einzusehen, dass Widerständler nach ihrem Sieg aufgrund der erlittenen Nachteile heute teilweise auf Sozialhilfeniveau leben, zumindest deutlich schlechter versorgt sind als die alte Nomenklatura.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Zustimmung zu dem CDU-Antrag „Aufarbeitung der SED-Diktatur fortführen - Gerechtigkeit für die Opfer herstellen“. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Neubert, ich danke Ihnen für diesen Bericht. Sie sind genau die Person, die das Amt verlangt.
Herr Hausold, da Sie wieder auf den Stalinismus abheben, es gibt ein schönes Zitat. „Der Stalinismus ist nicht die Verzerrung des Kommunismus zur Unkenntlichkeit, sondern seine Entzerrung zur Kenntlichkeit.“ Das ist von Horkheimer, ein Linker, glaube ich.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auf zentrale Aspekte des Tätigkeitsberichts einzugehen, nämlich auf die Situation der Opfer. Ich gebe zu, dass der leider gängige Begriff „Opfer“ tief irritiert. Denn wir wissen, dass viele, die in der DDR politisch Widerstand geleistet haben, sich zu Recht als Aktive sehen. Beim Lesen von Stasiakten stellt sich durchaus das Gefühl ein, dass eher die Aufschreiberlinge die Opfer waren; Opfer eigener Charakterlosigkeit, Opfer eines mittelmäßigen Systems, das aber noch zu stark war für Personen, die sich danach sehnten, geführt zu werden, und sogleich Macht über andere wollten.
Nun will ich nicht vereinfachen, denn natürlich gab es nicht nur in den 1940er- und 50er-Jahren wirkliche Opfer des KPD-/SED-Regimes. Zahllose! Menschen, die aus verschiedenen politischen Gründen schwer gelitten haben, nicht selten ihr Leben geben mussten. Bis zum Ende hin gab es unzählige gebrochene Biografien, Menschen, die nicht wieder auf die Beine gekommen sind, die die Chance der Freiheit nicht mehr wirklich nutzen konnten.
Herr Hausold hat Recht, es gehört zu den schweren Aufarbeitungsfehlern der Jahre 1989 folgende, dass die Stasi und die ehrenamtlichen IM, wenn
gleich das mit Ehre und auch mit Würde nicht viel zu tun hat, zum politischen Hauptübel erklärt wurden, denn so sind die Befehls- und Hierarchiestrukturen, die Verantwortlichkeiten vollkommen verdreht worden. Die SED hatte die Macht, das MfS war ihr Organ, das sich freilich für nichts zu schade war.
Das demokratische System hat eine immense Integrationskraft gezeigt. Es hatte 1989 keine rumänische Variante gegeben und diese wurde auch nicht durch soziale Ausgrenzung der Nomenklatura kompensiert. Die SED wurde nicht verboten, ihr Vermögen de facto nicht eingezogen. Verzeihen ist individuell - Herr Matschie hat dazu genügend gesagt - und sollte sich auf diejenigen beziehen, die sich zu unserem Rechtsstaat unzweideutig bekennen. Diejenigen jedoch, die damit prahlen, einem totalitären Regime wissentlich und willentlich gedient zu haben, die heute immer frecher die freiheitliche Demokratie mit dem ExMauerstaat gleichsetzen und Geschichtsrevisionismus betreiben, für die sollte man Schopenhauers Erkenntnis bereithalten: Vergeben und vergessen heißt, kostbare Erfahrungen zum Fenster hinauswerfen.
Meine Damen und Herren, der Bericht der Landesbeauftragten verweist auf eine bedauerliche Entwicklung. Denn einerseits hat sich im Berichtszeitraum politisch wenig Positives für die persönliche Situation der Opfer des SED-Systems getan. Der soziale Abstand zwischen Verfolgten und Verfolgern wächst. Die Überleitung der Ansprüche aus der Zusatz- und Sonderversorgung der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung Deutschlands hat die Gerechtigkeitslücke größer werden lassen. Für den Freistaat Thüringen betrugen die Ausgaben im Haushaltsjahr 2005 für die Zusatzversorgungen - dazu gehören die Hauptamtlichen des Staatsapparates - rund 267 Mio. €, für die Sonderversorgung - dazu gehören die Hauptamtlichen des MfS - rund 132 Mio. €. Im Haushaltsjahr 2006 sind weitere Steigerungen veranschlagt. Wenn aber, und darin ist dem Bericht der Landesbeauftragten zuzustimmen - ich zitiere - „die Bundesrepublik Deutschland die friedliche Revolution als die einzige erfolgreiche demokratische Revolution der Deutschen in ihre Geschichte integrieren will, kann sie die Menschen, die sie herbeigeführt und getragen haben, nicht unbeachtet und unversorgt lassen.“
Die beiden SED-Unrechtsbereinigungsgesetze und weitere Gesetze brachten durchaus eine Verbesserung der Lage. Diese Regelungen sind jedoch ungenügend. Zwar hat es in den jüngsten Jahren im Bundestag verschiedene Gesetzesinitiativen für die SED-Opfer gegeben, aber diese Initiativen sind alle gescheitert. Jetzt, angesichts anderer Machtkonstellationen, sollte ein neuer Ansatz lohnenswert sein.
Im Bericht heißt es: „Die Landesbeauftragte hat Zweifel, dass der im Mai 2004 von den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in den Bundesrat eingebrachte Gesetzesantrag für einen pauschalierten Nachteilsausgleich ‚Ehrenpension’... zu einer Befriedung der Betroffenen führt.“ Ich teile diesen Zweifel, aber die Ehrenpension wäre immerhin ein neuer und ein überfälliger Schritt. Zu kritisieren am Länderantrag ist vor allem, dass politische Oppositionelle der 70er und 80er Jahre, die Opfer von Zersetzungsmaßnahmen wurden, nicht als politisch Verfolgte gelten. Natürlich ist politischer Widerstand immer mit Risiko verbunden, sonst wäre er kein Widerstand. Aber es ist nicht einzusehen, dass Oppositionelle nach ihrem Sieg - und 1989 war ein historischer Sieg - aufgrund der erlittenen Nachteile heute teilweise auf Sozialhilfeniveau leben. Es wäre schön, wenn es uns gelänge, zunächst, Herr Sozialminister, wenigstens einen Bericht über die soziale Lage der Opfer zu bekommen. Zu wünschen und dringend zu raten ist abschließend, dass die Opferverbände und Aufarbeitungsinitiativen, so unterschiedlich sie sind, deutlich mehr Schlagkraft entfalten, viel einheitlicher und zielstrebiger agieren. Wir brauchen diese Stimme. Wer heute von Zivilcourage spricht, sollte die moralische Legitimation dazu haben. Mit Affinität zu totalitären Systemen, mit ideologischem Konformismus lässt sich kein freies Gemeinwesen entwickeln. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags wurde am 25. Februar 2005 der Gesetzentwurf der PDS zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen, Gesetz zur gebührenfreien Hochschulbildung, Drucksache 4/578 an den federführenden Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, Artikel 28 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen zu verändern, und zwar zu ergänzen um den Satz: „Der freie, gleiche und unentgeltliche Zugang zu allen öffentlichen Hochschuleinrichtungen wird gewährleistet.“ Der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien hat den Gesetzentwurf in seiner 5. Sitzung am 3. März 2005, in seiner 6. Sitzung am 7. April und in seiner 8. Sitzung am 1. September beraten. Der Ausschuss hat eine schriftliche Anhörung durchgeführt, 40 Anzuhörende wurden angeschrieben, nur 16 haben geantwortet, eine Zuschrift kam ohne Anfrage.
Der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien empfiehlt dem Thüringer Landtag, den Gesetzentwurf abzulehnen. Wegen dieser Empfehlung und laut § 81 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat der mitberatende Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten den Gesetzentwurf nicht beraten. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags am 28. Januar 2005 ist der gemeinsame Antrag 4/534 der Fraktionen CDU, PDS und SPD „Thüringer Aktionsplan zur UN-Weltdekade 'Bildung für nachhaltige Entwicklung'“ an den Bildungsausschuss überwiesen worden. Der Bildungsausschuss hat den Antrag in seiner 4. Sitzung am 10. März, in seiner folgenden 5., 6., 7. und schließlich 8. Sitzung am 8. September beraten, also in fünf Ausschuss-Sitzungen. Der Bildungsausschuss hat in seiner 6. Sitzung am 26. Mai eine lange Anhörung in öffentlicher Sitzung durchgeführt. 25 Institutionen, Interessenvertreter, Verbände, Vereine wurden als Sachverständige gehört, 46 waren geladen worden, 27 Zuschriften sind eingegangen, 26 weitere zum Beratungsgegenstand zugeleitete Dokumentationen, Projekte, Protokolle wurden ausgewertet. Die Anhörung, die keine grundsätzlichen Differenzen in der Sache zutage brachte, hat nachhaltig auf die Mitglieder des Bildungsausschusses gewirkt und deshalb empfiehlt der Ausschuss, den interfraktionellen Antrag, wie er Ihnen in der geänderten Drucksache 4/1202 vorliegt, anzunehmen. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in dem Antrag - Drucksache 4/689 - vom 2. März 2005 hat die PDS-Fraktion die Landesregierung aufgefordert, 1. zum Stand des in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten angekündigten Landeskulturkonzepts zu berichten, 2. gefordert, die weitere Arbeit solle unter Einbeziehung einer Expertenkommission erfolgen und 3. solle das Konzept öffentlich diskutiert und vor der Verabschiedung des Haushalts 2006 im Landtag beschlossen werden. Durch Beschluss des Landtags vom 17. März sind die Nummern 2 und 3 des PDS-Antrags an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien überwiesen worden. Der Ausschuss hat den Antrag in seiner 6. Sitzung am 7. April 2005, in der der Punkt 1 für erledigt erklärt wurde, und in seiner 8. Sitzung am 1. September 2005 beraten. Das Kulturkonzept des Thüringer Kultusministeriums liegt nach einer umfassenden Bestandsanalyse als Entwurf seit Juli 2005 vor. Es hat zum Ziel, mittelfristig den inhaltlichen Rahmen für die Kulturentwicklung in Thüringen abzustecken. Der Ausschuss empfiehlt dem Landtag, die Nummern 2 und 3 abzulehnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist schade, dass ich gleich nach dem Minister reden muss. Die Vorveröffentlichung - ja, ich hätte noch gern auf Sie gewartet, Herr Döring - von PISA-E im Vergleich der deutschen Länder war ein Beitrag, die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungssystems transparent zu machen. Der Minister hat die Ergebnisse dargelegt. Mit Blick auf diese Ergebnisse lässt sich eindeutig zeigen, wo Bildungskompetenzen in hoher Qualität vorhanden sind, nämlich in den langjährig CDU-regierten Ländern. PISA-E ist ein unbestreitbarer Erfolg der stabilen CDU-Bildungspolitik in Thüringen. Thüringen hat das hohe Niveau nicht nur gehalten, sondern in allen Teilbereichen deutlich zugelegt. Der Ländervergleich gibt uns zwar keinen Grund, uns jetzt auszuruhen, aber was wir fortan nicht mehr unentwegt führen werden, ist eine lähmende Strukturdebatte, deshalb einige letzte Sätze dazu.
Bereits vor PISA 2000 hatte die damalige NRW Kultusministerin Spaeth, Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Bildung, gesagt, auch ohne aufwändiges Testverfahren sei doch für jeden klar, „dass die Länder mit selektiven Schulsystemen, die den Strukturreformen der letzten 30 Jahre widerstanden haben, bessere Schulleistungen haben werden als Bundesländer mit gesamtschulähnlichen Systemen.“ Marianne Demmer von der GEW teilte zu PISA 2000 mit, sie halte von der Studie nichts, und zwar weil es unseriös und tendenziös sei, die Gesamtschule mit gegliederten Schulsystemen zu vergleichen. Also, wir wissen, dass wir schlechter sind als die anderen, aber das haben wir auch so gewollt und PISA-E, weil es diesen Ansatz aufdeckt, stört naturgemäß, es sei denn, man interpretiert es um. Wirklich überraschen können gewisse Deutungen der neuesten PISA-E-Studie nicht. Weil die GEW ahnte, dass wieder die Unionsländer an der Spitze stehen werden, warnte sie eine Woche vor der Vorabveröffentlichung, PISA-E könne instrumentalisiert werden. Und dann, weil es so kam wie erwar
tet, kritisierte die GEW flugs die Reduzierung der PISA-Studie auf eine Länderrangliste. Es dürften eigentlich nur solche Bundesländer miteinander verglichen werden, die hinsichtlich sozialer Herkunft, Migrationsstatus und Bildungshintergrund eine ähnliche Schülerzusammensetzung hätten, so GEW Bundesvizin Demmer. Nachdem man uns jahrelang mit Finnland verglichen hat, ein Land, das völlig andere Sozialräume hat als Deutschland, soll nun plötzlich nicht mehr verglichen werden, weil das Ergebnis von PISA-E nicht in das ideologische Bild passt. Auch Jürgen Zöllner, SPD, Wissenschaftsminister von Rheinland-Pfalz, eher unter dem OECD-Durchschnitt als darüber, hält nichts von PISA-E. Wir sollten auf die Gesamtentwicklung sehen und nicht auf die einzelnen Länderpositionen, meint er. Was will uns diese Nullaussage mitteilen? Hier flüchtet jemand aus der konkreten Verantwortung in das große Ganze. Der PDS-Parteivorstand in Berlin war deutlicher und sprach sich in unbelehrbarer Monotonie für eine 10-jährige Gemeinschaftsschule nach finnischem Vorbild aus. In der Linkspartei ist bekanntlich die Sehnsucht nach der alten POS und einem zentralistischen System seltsam untot. Aber wir leben nicht mehr in einer geschlossenen Gesellschaft, in der Schulen noch Makarenko hießen, nur 10 Prozent der Schüler Abitur machten und der Studienplatz sich über die Länge des Wehrdienstes regelte. Das System des PISA-Siegers Finnland hat nur äußerlich etwas mit der DDR-POS oder der deutschen SPDGesamtschule zu tun. Wir haben das hier oft vorgetragen, kleinste Schulen, höchste Bildungsstandards, größte Autonomie der Schulen, härtester Wettbewerb, stärkste Binnendifferenzierung. Nach diesem idyllisch-nordischen Schulsystem kommt, was den Erfolg angeht, in Europa gleich das bayerische, und da wollen wir zuerst hin, denn es liegt näher.
Bundesbildungsministerin Bulmahn ist nicht weniger anachronistisch als der Linksparteivorstand. Sie kommentierte PISA-E: „Angesichts des von PISA 2003 und dem von der Wissenschaft festgestellten Auseinanderdriftens der deutschen Länder müssten alle Verantwortlichen ihre Anstrengungen weiter verstärken.“ Abgesehen davon, dass hier unsere Bildungsministerin mit Dativ und Genetiv ins Gehege kommt, sollten doch vor allem jene ihre Anstrengungen verstärken, die versagt haben. Und warum Frau Bulmahn - ich darf zitieren - angesichts der nach wie vor großen Unterschiede zwischen den Ländern in der Bundesrepublik eine besondere Verantwortung des Bundes ableitet, liegt nun völlig neben der Sache. Natürlich brauchen wir nationale Bildungsstandards, aber bitte nicht aus dem Hause Bulmahn.
Das Ergebnis aus PISA-E kann also für die erfolgreichen Länder wie Thüringen nur heißen: zukunftsfähige, langfristig angelegte Korrekturen im Bildungs
system ohne das gegliederte Schulsystem anzutasten. Wir müssen intensiv über Qualität reden und Qualität hat etwas mit Bildungsstandards, mit Leistung und Leistungsbereitschaft zu tun. Ganztagsschulen sollten weiter ausgebaut werden, aber auch das ist kein Allheilmittel und eine Ganztagsschule ist kein Hort, sondern Schule, und nicht jeder Schüler steht eine Stundentafel wie in Schnepfenthal durch.
Die Tatsache, dass in Deutschland die Herkunft stark die Schullaufbahn mitbestimmt, darf nicht akzeptiert werden. Das ist allerdings keine Folge der Schulstruktur, sondern eine Konsequenz zu schwacher individueller Förderung in verschiedenen Systemen, und es ist eine Frage der Verantwortung der Eltern. Für den Bildungshintergrund, den die Kinder von zu Hause mitbringen, ist der Staat nicht durchweg verantwortlich.
Danke. Wir wollten uns an der Spitze orientieren und nicht am Ende und nicht am Durchschnitt und dadurch Thüringer Schülern Zukunftschancen ermöglichen. Genau das ist Bildungspolitik als Sozialpolitik. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 27. Juli 2004 das Fünfte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes und andere Vorschriften vom 16. Februar 2002 aufgehoben. Damit galt § 42 des Hochschulrahmengesetzes, der die Personalstruktur des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals regelt, wieder in der alten Fassung. Diese Fassung des Hochschulrahmengesetzes sieht die eingeführte Personalkategorie „Juniorprofessor“ nicht vor. Der Bundesgesetzgeber hat daraufhin am 31. Dezember 2004 das Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich in Kraft gesetzt. Darin finden sich die im 5. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vorgenommenen Regelungen des Bundes modifiziert und der Verfassungsrechtsprechung angepasst. Mit der Änderung hat der Bundesgesetzgeber die rahmenrechtlichen Grundlagen für die Einführung der Personalkategorie „Juniorprofessor“ auch in Thüringen geschaffen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung soll die neue Personalkategorie „Juniorprofessor“ in das Thüringer Hochschulgesetz aufgenommen werden. Durch Beschluss des Landtags ist der Gesetzentwurf der Landesregierung am 25. Februar 2005 an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien überwiesen worden. Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 5. Sitzung am 3. März 2005 und in seiner 6. Sitzung am 7. April 2005 beraten. Er hat eine schriftliche Anhörung durchgeführt. Angehört wurden alle Thüringer Hochschulen, die Interessengemeinschaft der Juniorprofessoren, die Landeshochschulkonferenz und die GEW. Wichtiger Gegenstand der Anhörung war u.a. die Anrechnungszeit der Juniorprofessur auf den Titel „Professor“.
Der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien schlägt wenige Veränderungen am Gesetzentwurf vor. Diese Änderungen, fixiert in der Drucksache 4/793, sind vornehmlich redaktioneller, präzisieren
der Art. Verschoben sehen möchten wir in den Übergangsbestimmungen des Gesetzentwurfs den Anrechnungstermin einer Beschäftigung als wissenschaftlicher Assistent oder Mitarbeiter vom 1. Januar auf den 1. Mai 2005. Der Ausschuss empfiehlt dem Thüringer Landtag, den Gesetzentwurf mit den vorgeschlagenen Änderungen zu beschließen. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, da uns der Kollege Döring heute nicht mit einem Zitat erfreut hat, möchte ich das tun, leider kein sehr poetisches. Am Mittwoch dieser Woche wurde in den Stadtrat
Weimar ein Antrag eingebracht
ja danke -, den ich ihnen nicht vorenthalten möchte:
"Der Oberbürgermeister wird beauftragt:
1. eine Stellungnahme zu dem Konzept der Landesregierung "Bildung und Betreuung von 2 bis 16" zu erarbeiten, mit den betreffenden Ausschüssen für Bildung und Jugendhilfe zu diskutieren, abzustimmen und die Stellungnahme rechtzeitig der Landesregierung zuzuleiten;