Protokoll der Sitzung vom 12.10.2007

Das will ich Ihnen noch sagen. Zu Ihrer Vorstellung, wir müssten das Bürgergeld einführen, was der Kollege Althaus hier vorgestellt hat, und dann würde alles besser werden, 800 € sind das für einen gemeinen Menschen, davon gehen 200 € weg für Ihre Gesundheitsprämienpauschale - im Übrigen schaffen Sie damit den kompletten Sozialstaat ab - dann bleiben 600 € übrig. Von 600 € muss ich dann meine Miete, meine Wohnung und meine Leistung zum Lebensunterhalt finanzieren und das ist doch auch noch weniger als das, was durch den Hartz-IV-Eckregelsatz finanziert wird. Dann zu sagen, wenn wir das Bürgergeld einführen, dann würden wir die Kinderarmut oder die Armut im Allgemeinen bekämpfen, das ist doch nun wirklich hanebüchen. Mehr als ein Geschenk an die Wirtschaft ist doch Ihr Bürgergeld nun wahrlich nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben uns gut vorbereitet. Sie vertrauen uns ja immer nicht und da habe ich hier mal eine solche Statistik vorbereitet. Herr Zeh, würden Sie bitte zuschauen, also nicht, dass Sie sich wieder hier hinstellen und dann...

Herr Abgeordneter, tragen Sie einfach vor und ich denke, Herr Zeh hat das Ohr an Ihrer Rede.

Da freue ich mich. Folgendes: Sie sehen hier vorn gelbe Linien. Hier oben drüber steht „Hilfe zum Lebensunterhalt 2004 versus 2005 Sozialgeld“. Das hier vorn sind die gelben Linien, die in 2004 ausgezahlt wurden. Da ist Erfurt beispielsweise Spitzen

reiter mit 13,9 Prozent bzw. hier die Stadt Weimar mit 14,2 Prozent der Kinder, die Hilfe zum Lebensunterhalt in Anspruch nehmen. Das Blaue im Hintergrund, das sind die Zahlen aus dem Jahr 2005: Erfurt 29,7 Prozent der Kinder, die in der Stadt leben, die von Hilfen zum Lebensunterhalt abhängig sind. Und das zieht sich durch, leider, das ist statistisch auch nicht ganz belegbar, das Eichsfeld steht bei all diesen Werten am besten da. Man könnte jetzt vermuten, dass Katholizismus vor Armut schützt, aber diese Behauptung wäre auch …

(Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Fragen Sie doch bei Prof. Merten nach!)

Also, Herr Panse, Sie haben nicht das Wort. Herr Abgeordneter Bärwolff hat das Wort. Stellen Sie eine Zwischenfrage oder melden Sie sich bitte noch einmal.

Man kann das natürlich auch erklären. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, Sie sehen ja, die Landkreise,

(Unruhe CDU)

die noch etwas bessere Kinderarmutsquoten haben, sind die Landkreise, die Kontakt zu Westbundesländern haben, sprich die an der Grenze sind, das heißt, dort findet ein regelmäßiger Pendelverkehr statt.

(Beifall DIE LINKE)

Von daher kann man das an dieser Stelle so auch begründen.

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Erklä- ren Sie noch das Rote?)

Das Rote? Das kann ich Ihnen auch noch erklären, aber das mache ich dann an einer anderen Stelle, damit es auch besser passt, weil, ich verzettele mich ja hier noch.

Folgendes: Armut - was heißt das konkret? Das ist eine Frage, die hier auch zur Debatte steht. Armut ist eben auch ein Mangel an allem und ständig und überall. Dabei geht es nicht nur um eine Klassenfahrt, die nicht stattfinden kann, sondern da geht es vor allem auch um den Mangel, Zugang zu haben zu verschiedenen gesellschaftlichen, kulturellen, sozialen Erlebnissen, Einrichtungen usw. Armut das ist eben auch die ganz große Ausgrenzung und Benachteiligung. Wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, wie gesagt, ich lade Sie herzlich ein, gehen Sie in

die Jugendhäuser, die hier überall noch sind - das muss man ja auch sagen, die glücklicherweise noch sind - und schauen Sie sich das an. Sprechen Sie mit den Sozialarbeitern, die können Ihnen ganz konkret verraten, was Armut ist, was Benachteiligung und Ausgrenzung ist. Armut ist eben auch eine Stigmatisierung der Betroffenen im öffentlichen Leben. Wir waren jetzt in Eisenach in einer Veranstaltung, da waren ein paar Eltern und da ging es beispielsweise auch darum, wie Bildungschancen von Kindern beeinträchtigt werden. Ein Vater sagte: Mein Kind, obwohl es einen Durchschnitt von 2,0 hat, geht nicht aufs Gymnasium, weil ich Hartz IV bekomme. Das war die Empfehlung der Schule. Da hat natürlich der Klassenlehrer nicht reingeschrieben, er geht nicht aufs Gymnasium, weil er Hartz IV bekommt, aber im Hintergrund steht diese Leistungsbewertung. Selbst die PISA-Studie - Sie rühmen sich ja immer, wie gut unser Schulergebnis ist, unser Bildungssystem, Herr Prof. Goebel - hat belegt, dass in Deutschland die Leistungsbewertung bis zu 20 Prozent vom sozialen Hintergrund abhängt. Das ist eine Tatsache, mit der ich mich persönlich nicht abgeben möchte. Wenn Sie es nicht glauben, ganz einfach, beispielsweise beim musischen Unterricht wurde herausgefunden - das sind ja Kausalitäten, die es gibt -, Musikförderunterricht, Kunstunterricht fördert beispielsweise auch mathematische Begabung. Ein Monat in der Musikschule kostet aber 350 €. Das ist das, was ein HartzIV-Empfänger im gesamten Monat zur Verfügung hat. Herzlichen Glückwunsch. Diese Kinder sind strukturell von solchen Förderangeboten ausgeschlossen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich will das auch noch mit ein paar anderen statistischen Zahlen unterlegen. Die Thüringer Tafeln sprechen davon, dass 35.000 Menschen täglich Essenpakete von den Tafeln in Anspruch nehmen - ein Drittel davon sind Kinder. Ich weiß nicht, ob Sie das gutheißen können - 62.000 Sozialgeldempfänger hier in Thüringen. Das sind für uns einfach Fakten, die wir nicht tragen können.

Meine Damen und Herren, nun haben wir auch noch einen SPD-Antrag zu diesem Thema, über den, das muss ich auch ganz klar sagen, haben wir uns schon ein wenig gewundert, denn unser Antrag zur UN-Kinderrechtskonvention wurde von Ihnen damals auch - ganz konkret von Kollegin Ehrlich-Strathausen - als populistisches Machwerk gegeißelt, das kostenlose Mittagessen in Kindergärten und Schulen als geradezu utopisch dargestellt.

Frau Ehrlich-Strathausen, wenn ich Sie aus Ihrer letzten Rede zitieren darf, wörtlich sagten Sie: „Man solle doch nicht so tun, als wisse man im Landtag“ - ich zitiere Sie nur - „um die richtigen Maßnahmen, die dann den Kindern und Jugendlichen einfach so

übergestülpt werden.“ Ich persönlich begrüße natürlich den Gedanken oder Ihren Umschwung sozusagen, dass Sie jetzt die Erkenntnisse von uns auch teilen. Ich freue mich wirklich sehr, dass wir gemeinsam an diesem Thema arbeiten. Ich lade auch die CDU-Fraktion ein, mit uns gemeinsam an diesem Thema zu arbeiten. Dazu gehört auch, Herr Kollege Panse, Sie hatten den Landesjugendhilfeausschuss schon angesprochen, dort gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich ganz intensiv mit diesem Thema beschäftigt, die Arbeitsgruppe „Kinderarmut“. Ich frage Sie: Wo ist da die Mitarbeit der CDU? Ganz ehrlich - wo ist da die Mitarbeit der CDU? Kollege Emde hat uns gerade noch erzählt, dass wir an diesem Thema arbeiten müssen, aber weder Sie noch die Kollegen von der SPD tun daran mit. Ich lade Sie herzlich ein, denn dann können wir auch effektiv über Kinderarmut sprechen.

Die Ursachen von Kinderarmut - das haben wir gerade schon gehört - ist zum einen Hartz IV, aber Hartz IV steht in einem etwas größeren gesellschaftlichen Zusammenhang. Es lässt sich durchaus konstatieren - und jetzt kommt auch die zweite Statistik, auf die Herr Jaschke so scharf ist, noch mal zum Vorschein -, seit der Wende wird der Sozialstaat massiv abgebaut - Sie bezeichnen es als Umbau, effektiv ist es ein Abbau -, bei dem Reiche und Superreiche immer neue Steuergeschenke erhalten. Wenn Sie sich das Managermagazin von dieser Woche durchgelesen haben, dann finden Sie eine recht interessante Zahl, die haben die 200 reichsten Familien in Deutschland aufgeschlüsselt. Es gibt in diesem Land 122 Milliardäre, so viel wie noch nie in der Bundesrepublik. Sie erzählen hier permanent etwas von drohender Kapitalflucht, dass die Menschen nach China gehen mit ihren Industrieanlagen usw. Dabei ist es noch nie in der Bundesrepublik so gewesen, dass eine so kleine Bevölkerungsgruppe einen derartigen Reichtum zur Verfügung hatte, während im krassen Gegensatz dazu 2,6 Mio. Kinder in Armut leben. Das ist der gesellschaftliche Hintergrund, vor dem wir leben, nämlich einer krassen Umverteilung von unten nach oben, und das hat Kollege Huster vorhin schon ausgeführt.

Ich kann Ihnen das auch noch mal in dieser Statistik zeigen. Seit 1963 wird die Statistik geführt. Das ist die Statistik über die Empfänger von Lebensunterhalt. Hier sehen Sie die rote Linie, das sind die alten Bundesländer, zu denen gehören wir ja nicht, hier ab 1990 kommt dann ein Aufwuchs durch die neuen Bundesländer und das Gelbe sind diejenigen, die durch das Asylbewerberleistungsgesetz Leistungen erhalten. Seit den 60er-Jahren ist ein massiver Aufschwung zu sehen und seit den 90er-Jahren ist dieser Aufschwung noch einmal gestiegen. Seit den 90er-Jahren betreibt erstens Helmut Kohl und danach auch die rot-grüne Regierung ganz massiven Sozial

abbau, Ausfluss ist beispielsweise Hartz IV. Und das muss ich ganz klar sagen, das hat auch Kollege Hausold schon angesprochen, da kann ich nicht meine Kollegen von der SPD verstehen, Sie, Frau Strathausen,

(Zwischenruf Abg. Ehrlich-Strathausen, SPD: Ehrlich-Strathausen, so viel Zeit muss sein.)

waren mit mir gemeinsam bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung - ja, Frau Kollegin EhrlichStrathausen -, bei der jener bereits zitierte Prof. Merten eindeutig aufgezeigt hat, dass Hartz IV nicht eine, sondern die Ursache für die massive Kinderarmut in Deutschland ist. Da frage ich mich ganz ehrlich, wieso Sie immer noch nicht über Ihren eigenen Schatten springen und diesen sozialpolitischen Kahlschlag infrage stellen und kritisieren. Denn man muss wirklich den Eindruck haben, dass Ihre Debatte eher nach dem Prinzip des Senders Jerewan funktioniert. Im Prinzip finden wir Kinderarmut schlecht, aber Hartz IV können wir nicht kritisieren. Das, was wir aber hier brauchen, ist eine Debatte, die nicht nach dem Sender-Jerewan-Prinzip funktioniert, sondern wir brauchen eine Debatte, die Konsequenzen zieht, die nach dem Prinzip funktioniert, Kinderarmut bekämpfen zu wollen. Also müssen wir auch zu den richtigen analysierten Ursachen die entsprechenden Konsequenzen führen. Das heißt eben auch, dass wir Hartz IV überdenken müssen. Da hoffe ich und lade Sie dazu ein, lassen Sie die Parteiräson, lassen Sie Ihre Ideologie hinter sich und arbeiten Sie an diesem Problem, zumindest der Kinder zuliebe oder der Kinder wegen.

(Beifall DIE LINKE)

Gestern habe ich etwas gehört, da bin ich fast aus den Latschen gekippt. Sie, Herr Matschie, fordern hier das kostenlose Essen für Kinder, das finde ich sehr lobenswert, dass Sie das fordern. Allerdings hat am Mittwoch der Jenaer Stadtrat getagt, dort gab es einen Antrag genau mit diesem Thema, nämlich die Essenversorgung von Kindern kostenlos zu gestalten. Es ist wirklich überhaupt gar nicht erklärbar, wie das passieren konnte, die Fraktion der Sozialdemokraten hat zu diesem Thema geschlossen dagegengestimmt.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Weil der Haushalt nicht gedeckt ist, weil 34 Mio. € fehlen im Haushalt, da kann man das nicht einfach beschließen.)

Ja, aber da brauchen Sie sich nicht hier hinzustellen und zu sagen, wir müssen das fordern, unabhängig von den finanziellen Ressourcen und in Jena, wo Sie die Möglichkeit haben, wo es so einen Antrag

konkret gibt, dort lehnen Sie es ab. Also das finde ich ein Stück weit auch für grenzwertig - für schizophren bekommt man ja einen Ordnungsruf.

Fest steht, und das will ich an der Stelle noch einmal deutlich machen, die Fraktion DIE LINKE war es, die im Septemberplenum einen Antrag mit ganz vielen konkreten Forderungen vorgelegt hat, wie eben auch die UN-Kinderrechtskonvention umgesetzt und damit auch der Kinderarmut entgegengewirkt werden kann. Aus diesem Tun haben Sie sich inhaltlich bedient. Aber ich frage mich wirklich - das finde ich sehr schade -, warum haben Sie sich denn nur auf drei Punkte dieses Antrags von uns bezogen, wenn Sie schon aus unseren Anträgen kopieren? Mich würde freuen oder uns hätte es wirklich gefreut, und ich glaube, es hätte auch die Debatte um das Thema nach vorn gebracht, wenn Sie sich nicht nur auf drei Punkte bezogen hätten, sondern wenn Sie dort auch die grundsätzliche Kritik und die grundsätzliche Richtungsänderung, die wir vorgeschlagen haben, mitgeteilt hätten.

Eben weil wir das nicht beobachtet haben, haben wir natürlich einen Alternativantrag vorgelegt und DIE LINKE fordert, den Ursachen von Kinderarmut entschlossen oder entschieden entgegenzuwirken und dazu gehört auch die Abschaffung der diskriminierenden Regelungen im Hartz IV-Gesetz. Das ist beispielsweise die Anrechnung des Kindergeldes auf das Familieneinkommen, was einem heute immer noch keiner erklären kann, wieso, weshalb, warum das so stattfinden muss.

Wir fordern die Abschaffung dessen und fordern Sie auf, endlich eine bedarfsorientierte, solidarische Kindergrundsicherung zu installieren, die erstens den Kindern zusteht, die nicht den Eltern als Familieneinkommen angerechnet wird und die finanziell in der Höhe in der Lage ist, dieses soziokulturelle Existenzminimum auch zu finanzieren. Wenn Sie dann noch fragen, liebe LINKE, wo wollt Ihr denn das Geld hernehmen, da sage ich Ihnen ganz einfach, wir haben in der BRD, also in Deutschland, mindestens, von uns jedenfalls, deklarierte 12 Familienförderinstrumente, angefangen bei verschiedenen Landeserziehungsgeldern, Bundeselterngeld über Ehegattensplitting, Kinderzuschlag usw. Jedes dieser Familienförderinstrumente, wobei ich auch noch mal infrage stelle, warum Ehegattensplitting ein Familienförderinstrument ist, denn da geht es um die Ehe und nicht um Familie. Das zeigt aber auch, dass in Ihren Augen Familie ausschließlich Ehe ist, aber das ist noch eine andere Frage. Diese vielen Instrumente, die jeweils auf ein ganz kleines Segment von Gesellschaft zutrifft - und da ist auch der Kinderzuschlag für Geringverdienende wieder nur ein kleines Segment, was auf wenige Menschen zutrifft -, diese wollen wir reformieren, diese wollen wir verändern, und

zwar so, dass daraus eine Leistung erwächst, die für die Kinder ist. Eine Leistung, die sozusagen den Eltern zugeführt werden kann und nicht auf das Einkommen der Eltern angerechnet werden kann, damit sie die Teilhabe von Kindern sichern können. Ich glaube, das ist durchaus ein Schritt. Sie haben ja jetzt schon wieder die Unternehmenssteuerreform geplant. Wenn wir die einfach zurücknehmen würden, dann hätten wir schon 10 Mrd. € Steuerausfälle weniger, die nämlich diese Unternehmenssteuerreform verursachen würde, und da ist Geld da. Da wäre Geld da. Ich fordere Sie auf, das Thema ernst zu nehmen und auch konsequent zu sein und eine neue Kinderpolitik oder überhaupt eine eigenständige Kinderpolitik hier zu etablieren.

Herr Panse ist ein Kollege von mir im Erfurter Stadtrat und da beispielsweise hat sich jetzt auch die CDU-Fraktion noch mal mit der Versorgung von Kindern mit Mittagessen beschäftigt. Darauf will ich noch mal kurz eingehen, weil das auch ein Punkt in unserem Antrag ist. Da hat die CDU einen Antrag vorgelegt, wie man jetzt mit Gebührenschuldnern umgehen soll, sozusagen von Familien, die Essengeldschulden nicht bezahlen können.

(Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Es geht um Gebühren in Kindertagesstätten. Du musst den Antrag richtig lesen. Du kannst wohl nicht lesen?)

Doch lesen kann ich schon, aber, das, was Sie schreiben, ist regelmäßig auch verwirrend. Folgendes: In dem Antrag, den Sie vorgelegt haben, geht es um die Essengebühren in den Kindertagesstätten.

Ich bitte nochmals um Ruhe und alle, die noch etwas sagen möchten, bitte ich darum, sich zu Wort zu melden. Sie haben nach wie vor das Wort Abgeordneter Bärwolff.

Die CDU schlägt in ihrem Antrag vor, die Stadt prüfen zu lassen, inwieweit beispielsweise ein Ausschluss, eine Nichtteilnahme bis zu 14 Tagen von Kindern, deren Eltern Gebührenschuldner bei der Essenversorgung sind, inwieweit eine 14-tägige Nichtteilnahme eine Möglichkeit wäre. Ganz ehrlich, da kommt es dann wirklich zum Ausdruck. Was können die Kinder dafür, dass Eltern nicht in der Lage sind, diese Essengeldschulden zu übernehmen? Das ist noch mal ein Argument, auch für uns, die kostenlose Versorgung von Kindern in Kindertagesstätten und Grundschulen auch ganz deutlich zu fordern.

Das, was die CDU hier vorgelegt hat, oder was Frau Meißner in der letzten Debatte gesagt hat, dass wir in Thüringen bezüglich der Kinderarmut und des Kindeswohls Spitze seien, das hat auch Herr Zeh heute noch mal ganz deutlich ausgeführt, wir sind dort Spitze, wir sind exzellent, wie Herr Althaus so gern zu sagen pflegt. Da finde ich, die Regelung in Artikel 19 der Thüringer Verfassung reicht nicht aus. Die Kinder haben nichts davon, wenn in der Verfassung steht, dass wir dem Kindeswohl Rechnung tragen wollen. Davon haben die überhaupt gar nichts, sondern hier sind wirklich ganz konkrete Maßnahmen gefordert.

Ich denke, dass der Antrag der LINKEN dazu geeignet ist, diese Maßnahmen zu fordern. Die Argumentation, die der Sozialminister gebracht hat, wir haben nicht die entsprechenden finanziellen Mittel, um dem adäquat auch entgegenzuwirken bzw. die Vorschläge, die von der LINKEN oder der SPD kommen, die seien zu teuer, die könne man nicht finanzieren, diese Argumentation, das will ich ganz klar sagen, die verfehlt jeglichen Kern der politischen Debatte. Es geht darum, ein Problem zu lösen und nicht für ein Problem adäquat das nur lösen zu können, wenn es dort die entsprechenden Haushaltsmittel gibt. Ich gebe gern zu, dass das Geld eine Frage ist, aber wenn es permanent den Sachzwang Geld gibt, an dem Sie sich hier aufregen, oder der für Sie als Argument zur Verhinderung von solchen Initiativen gilt, dann frage ich Sie ganz ehrlich, warum gibt es dort keinen Sachzwang Mensch. Wenn es den Sachzwang Geld gibt, warum gibt es dann keinen Sachzwang Mensch? Denn diese Menschen, diese Kinder, die existieren real.

(Beifall DIE LINKE)

Die haben hier und jetzt die Probleme und sie sind ausgeschlossen. Diese Armut wird weiter vererbt. Wenn Sie dafür die Verantwortung tragen wollen, dann machen Sie das bitte. Ich persönlich, und ich glaube auch die Kollegen, die hier im Haus sind, wir können diese Verantwortung nicht tragen. Kinder mit diesem Erbe - und das ist das häufigste Erbe, was wir in Thüringen oder was die Kinder in Thüringen zu tragen haben - sollten wir aus diesem entlassen. Ich glaube, wir sollten alles dafür tun, um die Kinderarmut zu bekämpfen. Ich fordere Sie wirklich auf, konsequent an diesem Thema zu arbeiten und die Realitäten auch entsprechend zur Kenntnis zu nehmen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen vor. Abgeordnete Ehrlich-Strathausen, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich beginne mal mit Herrn Emde. Ich kann ihn leider nicht sehen, aber vielleicht kann er mich draußen hören. Herr Emde, ich bin sehr enttäuscht. Ich hätte Sie gar nicht als solch einen Hardliner bei diesem Thema vermutet.

(Beifall DIE LINKE)

Ich vermute, Sie sind schon zu lange aus der Schule raus, denn wenn Sie sagen „Kinderarmut ist nicht so gravierend“, dann blenden Sie die Realität aus. Ich werde dazu noch einige Beispiele bringen. Aber dass hier Unterernährung vorliegen soll, ist in keinster Art und Weise im Zusammenhang mit der Essenbezuschussung gefallen. Ich muss einem Ex-Sportlehrer, nämlich Herrn Emde, erklären, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen einem Essen, einer warmen Mahlzeit, einem gesunden Essen und einer Leistungskurve. Das ist eigentlich schon traurig genug. Es geht nicht um eine Unterernährung. Schade, dass er jetzt nicht da ist, vielleicht hört er es draußen.

Sehr geehrter Kollege Bärwolff, sehr geehrter Herr Hausold, Sie müssen sich nicht sorgen, wir sind bei dem Thema Kinderarmut grundsätzlich ohnehin und auch in einigen Details gleicher Auffassung. Ja, es muss etwas gegen Kinderarmut getan werden, und das nicht irgendwann, sondern schnell. Hier sollten sich alle Fraktionen einig sein einschließlich der CDU-Fraktion.