Protokoll der Sitzung vom 16.11.2007

Meine Damen und Herren, die Zeit schreitet voran und die Entwicklung holt uns manchmal schneller ein, als uns lieb ist. Sie deckt auch manchmal auf, wie verlogen manche Argumente sind. Nachdem die vorgesehene Teilprivatisierung fast gescheitert ist,

wird deutlich, dass der Grund, der bisher für eine Teilprivatisierung benannt wurde, hohe, nicht abdeckbare Netzkosten, eigentlich nicht als Begründung für die unbedingt nötige Privatisierung taugt. Jetzt, nachdem das Vorhaben „Privatisierung“ des Netzes nicht funktionieren wird und deshalb so gut wie vom Tisch ist, wird nicht mehr über diese Netzprivatisierung und das dafür so dringend notwendige Geld, was nur über eine Privatisierung zu bekommen war, geredet. Das Netz bleibt beim Bund, also dort, wo es jetzt ist. Privatisieren will man jedoch unbedingt. Dazu sollen DB Railion - für die, die es nicht wissen, das ist der Teil, der den Güterverkehr bei der Deutschen Bahn macht -, der Fernverkehr und DB Regio in einer Holding zusammengefasst werden und dann soll privatisiert werden. Der gesamte Personen- und Güterverkehr wird dann dem Einfluss privater Investoren ausgesetzt. Ein völlig neues Feld wird aufgemacht. Privatisierung um jeden Preis und egal was. Deutlicher kann man nicht zeigen, worum es eigentlich geht: Es geht darum, ein staatliches Unternehmen zu privatisieren und da scheint es egal, welcher Teil das sein soll - das Ziel ist scheinbar der Weg. Begründungen wird es auch dafür wieder geben, da bin ich mir sicher. Die millionenschweren Gutachten für eine Netzprivatisierung - alles für die Katz. Aber das scheint niemanden zu stören, denn wenn das eine schon nicht geht, wird auf andere Geschäftsfelder ausgewichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich kann und will Ihnen nicht ersparen zu sagen, Sie wollen Volksverdummung durch Volksaktien. Herr Höhn, wie gesagt, die Zeit geht schnell voran. Wir haben noch nicht mal eine halbe Stunde, seitdem Sie hier am Pult gestanden und gesagt haben: Sie sind es, die den Leuten die Wahrheit sagen. Sie sagen den Leuten die Wahrheit mit einer Volksaktie? Wir hatten eine Telekom-Volksaktie - was damit geworden ist, brauche ich Ihnen nicht zu sagen.

(Unruhe SPD)

Jetzt verpassen Sie dem Volk eine neue Volksaktie und wissen genau, was damit passiert. Das ist die Wahrheit, Herr Höhn. Immer schön leise und langsam treten, dann, glaube ich, kommen wir an der Stelle weiter.

(Beifall DIE LINKE)

Leider scheint es, meine Damen und Herren, dass Sie resistent sind gegen Wissenszuwachs.

Herr Abgeordneter Lemke, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Höhn?

Ja, natürlich.

Herr Abgeordneter Höhn, bitte.

Herr Kollege Lemke, ist Ihnen der Unterschied zwischen der damaligen Telekom-Aktie als frei handelbares Wertpapier und einer Volksaktie bekannt?

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Nein, ist er nicht.)

Muss ich darauf jetzt noch antworten, der Kollege hat doch für mich geantwortet - oder?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wenn Sie es schon vergleichen, dann müssen Sie auch antworten.)

Herr Höhn, es war ebenfalls eine Volksaktie und sie setzen sogar noch eines drauf, eine stimmrechtslose Volksaktie. Die Leute sollen Geld in eine Sache geben, wo sie nichts zu sagen haben. Also, wenn die Leute Lotto spielen wollen, gehen sie in den Lottoladen und kaufen keine Volksaktie bei der Bahn.

(Beifall DIE LINKE)

Warum dieses Jein auf Ihrem Bundesparteitag, denn etwas anderes ist es nicht? Tiefensee hat sich von Mehdorn einbinden lassen auch gegen den Willen einer nicht unbeträchtlichen Anzahl Ihrer Mitglieder. Ich kenne ganz viele Ihrer Mitglieder. Es gab auch einmal ein Papier, was in ganz Deutschland rundgeschickt wurde, wo führende SPD-Genossen Unterschriften gegen diese Bahnprivatisierung gesammelt haben. Warum dann dieses Jein und die Volksaktie ist ein Jein? Sie wussten genau, dass es von der CDU überhaupt nicht zu tragen ist, wenn Sie mit einer Volksaktie kommen. Sie hätten dann gleich ehrlich bleiben und sagen sollen, wir wollen das nicht, aber dann hätten Sie Ihren Kollegen Tiefensee in den Wind stellen müssen, in den er sich selbst gebracht hat, und das konnten oder wollten Sie nicht. Das ist mir auch egal. Es ist Ihr Kollege und nicht meiner.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ja, das geht Sie auch nichts an.)

Doch, Herr Höhn, es geht mich dann etwas an, wenn er Schaden für die ganze Republik verursacht, und da ist er gerade dabei.

(Beifall DIE LINKE)

Mit einem klaren Nein zur Privatisierung hätten Sie dafür Sorge tragen können, dass diese unsäglichen Privatisierungspläne längst vom Tisch wären, weil sie nicht mehrheitsfähig wären. Ich möchte aber trotz allem - und Frau Doht hat es zwar schon angekündigt, das geht wieder alles nicht - es nicht unversucht lassen, Sie trotzdem aufzufordern, heute unserem Antrag zuzustimmen. Das Gleiche gilt natürlich für die Kollegen in der Mitte des Hauses. Ich habe auch von Herrn Schugens nicht gehört, warum es nicht gehen soll, ich habe keine Stimmen gehört, warum wir diese Privatisierung brauchen, wo die Bahn damit vorankommt. Da es das nicht gibt, Herr Schugens, lehnen Sie diesen Blödsinn ab. Vielen Dank.

(Zwischenruf Abg. Schugens, CDU: Es geht doch um den Finanzbedarf.)

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor, das verändert sich offensichtlich auch nicht, so dass ich die Aussprache zum Bericht und zu Nummer 2 des Antrags schließen kann. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist? Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE signalisiert, dass er etwas zum Punkt 2 des Antrags sagen möchte.

Danke, Frau Präsidentin. Namens meiner Fraktion möchte ich für den Punkt 2 namentliche Abstimmung beantragen.

Dann gehen wir zur Abstimmung zu Punkt 2 des Antrags in der Drucksache 4/3493 in die namentliche Abstimmung und ich bitte darum, dass die Stimmkarten eingesammelt werden.

Ich gehe davon aus, dass jeder seine Stimmkarte abgeben konnte. Nun bitte ich darum, dass ausgezählt wird.

Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung vor. Es wurden 73 Stimmkarten abgegeben. Mit Ja stimmten 23, mit Nein 50. Damit ist die Nummer 2 des Antrags mit Mehrheit abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage 1). Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9.

Ich komme jetzt zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 16

Fragestunde

Als Erstes rufe ich die Frage des Abgeordneten Seela in der Drucksache 4/3520 auf.

Vergleich der Verkehrsunfall- und Straftatenstatistiken für die Städte Gera und Jena

Die Landesregierung plant eine Neuorganisation bzw. Umstrukturierung der Thüringer Polizei als Voraussetzung für den zukünftigen Erfolg der Polizeiarbeit und damit auch für die innere Sicherheit im Freistaat Thüringen. Entscheidend bei diesen Überlegungen dürften vermutlich auch die Zahlen der Verkehrsunfälle und Straftaten für die beiden Städte Gera und Jena sein, die in jeweiligen Statistiken erhoben werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Verkehrsunfälle gab es in den Jahren 2005, 2006 und 2007 (Stichtag 30. September) im Stadtgebiet Gera?

2. Wie viele Verkehrsunfälle gab es in den Jahren 2005, 2006 und 2007 (Stichtag 30. September) im Stadtgebiet Jena?

3. Wie viele Straftaten gab es in den Jahren 2005, 2006 und 2007 (Stichtag 30. September) im Stadtgebiet Gera?

4. Wie viele Straftaten gab es in den Jahren 2005, 2006 und 2007 (Stichtag 30. September) im Stadtgebiet Jena?

Für die Landesregierung antwortet Innenminister Dr. Gasser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Seela beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Im Stadtgebiet Gera ereigneten sich im Jahr 2005 2.779 Verkehrsunfälle und im Jahr 2006 2.739 Verkehrsunfälle. Vom 01.01.2007 bis zum 30.09.2007 wurden 1.935 Verkehrsunfälle registriert.

Zu Frage 2: Im Stadtgebiet Jena ereigneten sich im Jahr 2005 2.689 Verkehrsunfälle und im Jahr 2006 2.828 Verkehrsunfälle. Vom 01.01.2007 bis zum 30.09.2007 wurden 2.265 Verkehrsunfälle registriert.

Zu Frage 3: 2005 sind in der polizeilichen Kriminalstatistik für die Stadt Gera 10.842 Straftaten erfasst. Im Jahr 2006 wurden 9.818 Straftaten registriert. Eine amtliche Statistik für die ersten drei Quartale des laufenden Jahres liegt noch nicht vor.

Zu Frage 4: Die polizeiliche Kriminalstatistik weist im Jahr 2005 für die Stadt Jena 8.226 Straftaten aus. 2006 waren es 7.954 Straftaten. Eine amtliche Statistik für die ersten drei Quartale des laufenden Jahres liegt noch nicht vor.

Sofern beabsichtigt sein sollte, hieraus Schlüsse für die Schlüssigkeit von OPTOPOL zu ziehen, so dürfte man hier doch etwas schiefliegen.

Der Abgeordnete Seela signalisiert eine weitere Anfrage oder auch zwei.

Ja, ich hätte noch eine Nachfrage oder Bitte. Wäre es möglich, auch für die Fälle der Wirtschaftskriminalität die Zahlen jeweils für beide Städte zu bekommen, 2005, 2006, 2007 mit Stichtag 30. September, also für die reine Wirtschaftskriminalität?

Das dürfte in der polizeilichen Kriminalstatistik enthalten sein und wir werden dies gern nachliefern.

Damit ist das Fragepotenzial erschöpft. Ich rufe die zweite Anfrage der Frau Abgeordneten Leukefeld in der Drucksache 4/3521 auf.

Kosten der Unterkunft und Heizung

Die Bundesregierung plant, im kommenden Jahr die Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung der Empfänger von Arbeitslosengeld II um 2,9 Prozent (das sind etwa 400 Mio. €) zu reduzieren. Zudem soll die Anpassungsformel für die Berechnung des Bundesanteils geändert werden. Als Grund wird die rückläufige Zahl der Arbeitslosengeld-II-Bedarfsgemeinschaften angeführt. Die kommunalen Spitzenverbände lehnen die Reduzierung des Bundesanteils an den Kosten für Unterkunft und Heizung