Protokoll der Sitzung vom 16.11.2007

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich auch.)

habe ich Folgendes gesagt: Der vorrangige Verbundplan der EU verpflichtet uns, Windenergie von Nord nach Süd zu transportieren. Das ist unbestritten. Wir müssen diese Verpflichtung umsetzen, und zwar verantwortungsvoll, indem wir nur dann neue Trassen zulassen, wenn die vorhandenen Trassen nicht mehr in der Lage sind, auch durch entsprechende Aufrüstung diesen Bedarf abzuleiten. Das habe ich in Bockstadt gesagt. Außerdem habe ich die Bürgerinnen und Bürger dort davor gewarnt, mit dem Argument des Elektrosmogs zu argumentieren gegen die Trasse. Das wird auch bestätigt werden.

Ich habe also durchaus versucht, auch aus meinem beschränkten technischen Verstand heraus, auf nicht haltbare Argumente, wie z.B. vermuteter Elektrosmog bei Hochspannungsleitungen, der gesundheitsschädlich sei, hinzuweisen. Das zu dem Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern.

Zu der Frage Wasserstoff: In der Tat habe ich mich dazu auch schon geäußert, zu einem anderen Tagesordnungspunkt. Hier ging es damals um den Technologiebericht der Landesregierung, den wir fordern. Ich habe es aber auch im Zusammenhang 2. März/21. September mit den Fragen dieser Trasse angesprochen, aber in dem Sinne, dass ich meine - und der Meinung bin ich nach wie vor -, dass wir Zeit gewinnen sollten durch den Ausbau bestehender Trassen bis 2015/2020, um dann die technologischen Fortschritte, die sich mit Sicherheit eingestellt haben werden, zu nutzen, um die regenerativen Energien sinnvoll in Deutschland und Europa zu verteilen. Ich habe also eine Perspektive aufgemacht; dazu gehört auch Wasserstofftechnik. Im Übrigen hat am 12. November, also vor wenigen Tagen, ein Mitarbeiter von Vattenfall einen Vortrag an der Technischen Universität Ilmenau gehalten, der sich zu den Arbeiten an der dena-II-Studie geäußert hat. Er hat genau diese Dinge dort mit angekündigt, dass die untersucht werden. Also auch da lag ich gar nicht so schlecht. Im Übrigen, die heutige Ausgabe dieses Newsletters „Energie und Markt“ berichtet, dass auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Berlin in voller Diskussion ist. Es wird die dritte Version vorbereitet und da werden durchaus Überlegungen angestellt, wie man mit neuen Technologien perspektivisch - hier geht es um 2015 bis 2030 - das Problem des unstetigen Anfalls regenerativer Energien - also Windenergie - bewältigt. Darum ging es, als ich über Wasserstofftechnologie gesprochen habe und nicht über das aktuelle Problem, wie bekommen wir die anfallende Energie aus dem Norden nach Süden in den nächsten Jahren. Da bitte ich schon, bei der Wahrheit zu bleiben. Ich will noch zu diesem Vortrag, der am 12. November in Ilmenau stattfand...

Herr Abgeordneter, lassen Sie zwischendurch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Höhn zu?

Bitte, Herr Abgeordneter Höhn.

Ja, vielen Dank. Herr Kollege Krapp, wenn Sie nicht so verstanden werden wollen, wie Sie es gesagt haben, wie erklären Sie sich dann, dass die Bürgerinnen und Bürger in den Initiativen in unserem Wahlkreis vor Ort sich genau auf Sie beziehen mit Ihrer Argumentation, wenn es darum geht, die Trasse komplett abzulehnen? Wie erklären Sie sich das, wenn Sie das doch so differenziert, wie Sie das hier dem Plenum darstellen, den Leuten vor Ort gesagt haben wollen?

Es geht darum, Möglichkeiten zu schaffen, die notwendigen Energiedurchleitungen zu realisieren. Das habe ich immer gesagt und dazu stehe ich auch. Außerdem, was ich am 21. September hier in diesem Hause gesagt habe, das ist gar nicht in der Presse publiziert worden. Das habe ich in keiner Zeitung gelesen, das hat mich auch etwas geärgert, das gebe ich ehrlich zu, aber wie auch immer, das ist eben so.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist aber vor Ort registriert worden.)

Ja, sicher, weil einige Leute hier waren, die es gehört haben, aber da habe ich genau in dem Sinne von Wasserstofftechnik gesprochen, was die Lösung des Problems morgen und übermorgen anbetrifft. Wir wären doch wirklich mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir heute den Thüringer Wald durch neue Trassen verschandeln, aber in zehn, fünfzehn Jahren neue Technologien auf dem Tisch sind, die das erübrigen - darum geht es doch.

(Beifall CDU)

Es hat sich nochmals zu Wort gemeldet Abgeordnete Dr. Scheringer-Wright, Fraktion DIE LINKE, und danach Abgeordnete Leukefeld.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Höhn, Sorgen und Ängste der Bürger aufzunehmen, Partei zu ergreifen im Sinne von Position zu beziehen, das ist Aufgabe einer Abgeordneten.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Selbst- verständlich.)

(Beifall DIE LINKE)

Meiner Kollegin Enders Populismus dann vorzuwerfen, ist meiner Auffassung nach nicht gerechtfertigt, wenn sie sich die ganze Debatte anschauen

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das ist vollkommen aus der Luft gegriffen?)

und die Aktivitäten, die Petra Enders auch als Bürgermeisterin zu diesem Thema außerparlamentarisch durchgeführt hat. Eher muss man ihr bei diesem Thema Rückgrat und Standhaftigkeit bescheinigen.

(Beifall DIE LINKE)

Dass gerade Sie, Herr Höhn, Petra Enders Populismus vorwerfen, ist lächerlich. Gehen Sie in sich, denken Sie darüber nach, wie Sie nur zu oft agieren. Ich erinnere Sie nur an die Debatte zur Kinderarmut, bei der es der Fraktion DIE LINKE darum ging, UN-Kinderrechte umzusetzen, und wo ich auch Sie gefragt habe, in welchem Land wir leben, ob wir in einem reichen Land leben oder in der Wüste, und wie Sie einen Monat später dann auch noch einmal auf die ganze Problematik reagiert haben. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen jetzt keine Redemeldungen von Abgeordneten mehr vor. Dann hat für die Landesregierung das Wort Minister Trautvetter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Enders hat mich aufgefordert, dass ich mir das Verfahren auf den Tisch ziehen soll. Sehen Sie, Frau Enders, Sie haben ein sehr eigenartiges Verständnis vom Verwaltungsverfahren.

(Beifall CDU)

Rechts- und Fachaufsicht, wo ich in jedem Land eine oberste Behörde habe - jawohl, ich bin die

oberste Planungsbehörde, ich bin auch die oberste Baubehörde -, dürfen doch nicht dazu missbraucht werden, dass der zuständige Minister ein Verfahren, was noch gar nicht gestartet ist, wo noch gar kein Ergebnis vorliegt, der zuständigen Behörde wegnimmt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das passiert oft genug!)

Ich weiß auch gar nicht, was Sie wollen. In Ihrem Antrag sagen Sie, das Verfahren soll gar nicht stattfinden, und gleichzeitig fordern Sie mich auf, dass ich das Verfahren übernehmen soll. Das ist irgendwie widersprüchlich.

(Beifall CDU)

Natürlich wird die oberste Behörde im Ergebnis des Verfahrens auch dieses Verfahrensergebnis bewerten. Wenn es nicht den Grundsätzen unserer Landesplanung entspricht und nicht mit der Verträglichkeit, die wir im Land haben wollen, in Übereinstimmung zu bringen ist, dann wird auch die oberste Behörde und die Landesregierung einschreiten. Aber das können wir doch erst nach dem Verfahren machen. Dann ist auch der Punkt gegeben, wo wir uns politisch auseinandersetzen im Landtag zu dem Ergebnis des Verfahrens. Der Ministerpräsident hat vollkommen recht - und vorhin ist es auch gesagt worden -, lasst uns bei diesem sensiblen Bereich doch ein bisschen mehr Zeit nehmen, nehmt den zeitlichen Druck aus dem Verfahren.

(Beifall CDU)

Da muss man aber andere Wege gehen. Da muss man den Weg gehen auf den Bund zu, dass er von seinen zeitlichen Vorstellungen Abstand nimmt. Dann muss man auch den Weg gehen auf die Europäische Union zu, dass auch die Europäische Union von ihren zeitlichen Vorstellungen Abstand nimmt. Da ist doch jetzt eigentlich politisches Handeln gefordert, weil man nicht einfach so riesengroße Trassen durch das Land schlagen kann.

(Beifall CDU)

Wenn Sie immer nach Quellen fragen, wo Prof. Jarass mitgearbeitet hat, da will ich Ihnen eine zitieren, die Ihnen vorliegt. Das ist die Vorlage zur Anhörung im Ausschuss für Bau und Verkehr aus dem Bundesumweltministerium. Es steht ausdrücklich in dieser Vorlage drin „Quelle Prof. Dr. Jarass“. Wenn aber Prof. Jarass dem Bundesumweltminister ein solches Votum auf den Tisch gelegt hat, wie er es den Kommunen auf den Tisch legt, dann frage ich mich, welche Rolle der Bundesumweltminister in der Bundesregierung spielt und warum Herr Gabriel nicht Ein

fluss darauf genommen hat, dass die Bundesregierung - es ist ja kein Vorhaben der Thüringer Landesregierung, dieser Netzausbau ist ja ein Vorhaben der Bundesregierung -

(Beifall CDU)

eine andere Entscheidung dort fällt.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das stimmt aber nicht. Das ist ein Vorhaben von Vat- tenfall.)

Das geschieht im Auftrag der Europäischen Union, ist also ein europäisches Energienetzvorhaben, was natürlich im Auftrag der Bundesregierung der Netzbetreiber - und das ist Vattenfall Europe Transmission - durchführen muss. Als solches ist es ein politisches Thema, was wir behandeln.

Herr Matschie, ich nehme das Gutachten außerordentlich ernst, weil Prof. Jarass auch seine Visionen hineingeschrieben hat, was eigentlich mit erneuerbaren Energien notwendig ist. Vorhin ist es richtigerweise gesagt worden, wir brauchen Lösungen. Wenn Energie nicht kontinuierlich anfällt, wie gehen wir mit einer solchen Energieerzeugung um? Ich will auch nicht das Gutachten hier bewerten. Ich möchte, wenn Sie gestatten, zitieren: „Wenn die 25 Gigawatt in Nord- und Ostsee zuzüglich weiterer vieler Dutzend Gigawatt in den Anrainerstaaten installiert sind, kann man diese Leistung nicht mehr mit konventionellen 380-kV-Leitungen transportieren, sondern muss großräumige Leitungssysteme mit weit höherer Leistung aufbauen, die im Endausbau Skandinavien mit dem Vereinigten Königreich, Mitteleuropa, der Iberischen Halbinsel verbinden könnten, und damit gleichzeitig ein großes Regel- und Reservesystem schaffen.“ Und dann steht ein Klammerzusatz, den muss man auch lesen. Ich weiß nicht, warum Prof. Jarass den Klammerzusatz kleingeschrieben hat, weil er sich mit dem vielleicht nicht identifiziert, was aber auch Realität ist. In dem Klammerzusatz steht: Irgendwo weht der Wind immer und irgendwo kann man immer einen Staudamm ein Stück weit füllen oder entleeren. Das sind momentan die einzigen Regelsysteme. Und jetzt mache ich mich mal zum Vertreter aller deutschen Naturparke und Nationalparke, die wir haben - wo haben wir die Regelsysteme? Im Harz, im Sauerland, im Erzgebirge, im Thüringer Wald, im Schwarzwald, im Bayerischen Wald, in den Alpen - diese Regelsysteme, die Prof. Jarass anspricht, die man braucht, um diese gigantischen Leitungen zu beherrschen, befinden sich alle in sensiblen Naturräumen in Deutschland.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Enders?

Bitte.

Herr Minister, Sie haben gerade zum Ausdruck gebracht, dass diese Leitung Bundesangelegenheit ist und nicht Ländersache. Kennen Sie die Anfrage von Bodo Ramelow an die Bundesregierung? Dort wurde unter anderem nach der Zuständigkeit für diese 380kV-Leitung gefragt. Kennen Sie diese Anfrage?

Nein, die Anfrage kenne ich nicht.

Die Antwort auf diese Anfrage lautet: Das ist Ländersache. Vielleicht sollten Sie sich damit einmal auseinandersetzen.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Abgeordnete Enders, würden Sie sich mal bitte damit auseinandersetzen, wie im Verwaltungsvollzug die Zuständigkeit von Bund und Ländern ist und dass im Verwaltungsvollzug die Länder natürlich erhebliche Zuständigkeit haben, Bundesaufgaben zu erfüllen. Ich habe auch die Zuständigkeit, mich um die Autobahnen zu kümmern in der Planung. Auch das ist Bundessache und trotzdem muss sie von den Ländern wahrgenommen werden. Machen Sie sich ganz einfach mal mit der gesetzlichen Zuordnung von Verwaltungsarbeit vertraut.

Wie gesagt, ich sehe es als eine grauenvolle Perspektive in Mitteleuropa an, wenn man nicht bis dahin ganz neue Systeme entwickelt, die Dr. Krapp angesprochen hat, dass diese gigantischen Leitungen von Pumpspeicherwerk zu Pumpspeicherwerk gezogen werden und immer in einem sensiblen Naturraum landen, um ein solches europäisches Verbundnetz aufzubauen. Das sehe ich wirklich als eine schreckliche Perspektive an. Ansonsten wünsche ich, dass diejenigen, die krampfhaft im Thüringer Wald Protest ausüben, in den nächsten Wochen, weil auch in Ost