Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

Danke, nur noch eine Verständigungsfrage. Den zu Frage 3 gemachten Aussagen habe ich entnommen, dass keine ESF- und EFRE-Mittel zur Förderung in die Gesellschaft nach 1993 geflossen sind. Ist das zutreffend?

Es sind in das Unternehmen Mittel aus der GA geflossen, und zwar zur Hälfte aus Mitteln des Bundes und des Landes.

Das heißt, aus den Fonds EFS und EFRE ist kein Geld geflossen?

Daraus sind keine Mittel eingeflossen.

Danke. Damit kommen wir zur nächsten Frage des Abgeordneten Hausold in Drucksache 4/3553.

Prozesskostenhilfe im Insolvenzverfahren - am Beispiel Patrol

Wie aus Medienberichten (z.B. „Ostthüringer Zeitung“ vom 17. November 2007) zu entnehmen ist, ist eine

der Klagen des Insolvenzverwalters der Patrol Sicherheitsdienst GmbH in Gera gegen einen Arbeitnehmer auf Lohnrückzahlung gescheitert. Der Insolvenzverwalter hatte offensichtlich eine Klausel im Arbeitsvertrag übersehen, die eine spätere Auszahlung des Gehaltes erlaubte. Damit geht diese Vertragsregelung der gesetzlichen Anfechtungsfrist vor, die dem Antrag auf Insolvenz vorgelagert ist und die dem Insolvenzverwalter erlaubt, Geldleistungen zurückzuverlangen, die das Unternehmen Dritten - damit auch seinen Arbeitnehmern - innerhalb dieser Frist gezahlt hat. Trotz der ziemlich eindeutigen Klausel im Arbeitsvertrag hatte der Insolvenzverwalter jedoch Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Klage erhalten.

Es soll noch zahlreiche vergleichbare Fälle von Anfechtungsklagen des Insolvenzverwalters gegen Arbeitnehmer von Patrol geben. Auch in diesen Fällen soll dem Insolvenzverwalter zur Durchführung der Klagen Prozesskostenhilfe gewährt worden sein. Betroffenen Arbeitnehmern hingegen soll im Gegensatz dazu keine Prozesskostenhilfe gewährt worden sein.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Fälle, in denen der Insolvenzverwalter der Firma Patrol in Klagen hinsichtlich der Lohn- und Gehaltsrückzahlung gescheitert ist, sind der Landesregierung bekannt?

2. In welcher Höhe wurde in Thüringen in den Jahren 2000 bis 2006 Prozesskostenhilfe an Firmen im Insolvenzverfahren zur Durchführung von Gerichtsverfahren gewährt?

3. Wie wird bei insolventen Unternehmen - wie z.B. Patrol - gegebenenfalls die Rückzahlung von Prozesskostenhilfe gesichert?

4. Welche Maßnahmen - Vorschläge zu Gesetzesinitiativen, Aktivitäten bei Umsetzung der Regelungen - zum Thema Prozesskostenhilfe überlegt bzw. plant die Landesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode, insbesondere im Hinblick auf Prozesskostenhilfe im Rahmen von Insolvenzverfahren?

Für die Landesregierung antwortet Justizminister Schliemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hausold beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Der Landesregierung sind zwei Fälle des Scheiterns bekannt.

Zu Frage 2: Hierüber haben wir keine Angaben, dies wird auch nicht erfasst.

Zu Frage 3: Der Insolvenzverwalter ist Partei kraft Amtes. Ihm kann unter Voraussetzung des § 116 Zivilprozessordnung auf Antrag Prozesskostenhilfe gewährt werden. Soweit die Kosten zum Teil oder nur in Teilbeträgen aufgebracht werden können, ordnet das Gericht an, dass Raten zu zahlen sind. Maßgelblich dafür, ob und in welcher Höhe Zahlungen zu leisten sind, sind die laufenden und die zu erwartenden Einkünfte und die verwaltete Vermögensmasse. Eine besondere Sicherung wegen der Ratenzahlung sieht die Zivilprozessordnung nicht vor. Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung von Ratenzahlungen nicht vor, kann das Gericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewähren. Eine Rückzahlung der Prozesskostenhilfe ist in diesem Fall nicht vorgesehen, soweit sich die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ändern. Jedoch wird die Vermögenslage regelmäßig überprüft.

Zu Frage 4: Keine.

Eine Nachfrage von Abgeordneten Hausold.

Herr Minister Schliemann, der Bundesrat hat vor Kurzem einen Gesetzentwurf verabschiedet mit dem Titel „Gesetz zur Verbesserung und Vereinfachung der Aufsicht im Insolvenzverfahren“. Es liegt jetzt unseres Wissens beim Bundestag. Sehen Sie aus dieser Gesetzesvorlage eventuell Möglichkeiten, solche Probleme, wie sie jetzt im Zusammenhang mit Arbeitnehmergehältern bei Patrol und den entsprechenden Anfechtungsverfahren gegeben sind, zukünftig auszuschließen?

Vielleicht darf ich eine zweite Frage gleich noch anschließen: Sehen sie in Bezug auf diesen Gesetzentwurf, der jetzt vom Bundesrat verabschiedet wurde, Konsequenzen für den Verfahrensstandard bei Thüringer Gerichten, insbesondere in Richtung des Insolvenzrechts?

Herr Abgeordneter, gestatten Sie der Redlichkeit halber, dass ich die Fragen schriftlich beantworte. Danke.

Die nächste Frage stellt der Abgeordnete Hauboldt in Drucksache 4/3554.

Rolle der Familiengerichte im Rahmen von Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

Ende Oktober hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls in den Bundestag eingebracht (Bundestagsdrucksa- che 16/6815). Zu dieser Thematik gibt es aktuelle gesellschaftspolitische Diskussionen - zusätzlich befördert durch Vorfälle auch in Thüringen -, die die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregten. Fachleute aus Wissenschaft und Praxis weisen seit Längerem schon auf zunehmende Tendenzen bzw. Fallzahlen der Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern hin. Vernetztes Tätigwerden der beteiligten Behörden soll auch die Möglichkeiten präventiven Handelns ausschöpfen. An diesem Netzwerk sind neben Jugend- und Gesundheitsämtern auch die Gerichte, insbesondere die Familiengerichte, zu beteiligen. Im November 2006 hatte eine Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz unter dem Titel „Familiengerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls“ einen (Abschluss-)Bericht vorgelegt, der auch Vorschläge für Gesetzesänderungen enthält. Sie zielen vor allem darauf, das Eingreifen von Gerichten - auch im Bereich niederschwelliger Maßnahmen - zu erleichtern.

Ich frage die Landesregierung:

1. In wie vielen Fällen wurden im Zeitraum von Januar 2002 bis einschließlich September 2007 von den Familiengerichten in Thüringen Maßnahmen nach § 1666 BGB angeordnet und welcher Art waren diese Maßnahmen?

2. In wie vielen Fällen wurden von den Familiengerichten in Thüringen Anträge auf Maßnahmen nach § 1666 BGB abgelehnt und wie viele der abgelehnten Anträge wurden später noch einmal geprüft und mit welchem Ergebnis?

3. Welchen Reformbedarf sieht die Landesregierung hinsichtlich § 1666 BGB und weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit familiengerichtlichen Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls materiellrechtlich wie auch (gerichts-)organisatorisch?

4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung zur Steigerung der Wirksamkeit familiengerichtlicher Maßnahmen noch vor bzw. unabhängig vom Inkrafttreten des in Beratung befindlichen oben genann

ten Gesetzentwurfs?

Für die Landesregierung antwortet Justizminister Schliemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Der Geschäftsanfall bei Familiengerichten wird auf der Grundlage einer bundeseinheitlichen Anordnung über die Erhebung statistischer Daten in Familiensachen erhoben. Maßnahmen, die speziell auf der Grundlage des § 1666 BGB erfolgen, werden dabei nicht gesondert erfasst.

Zu Frage 2: Weil solche Daten nicht vorliegen, muss ich auf die Antwort zu Frage 1 verweisen.

Zu Frage 3: Bereits aufgrund der geltenden rechtlichen Regelungen sind Familiengerichte weitestgehend in der Lage, effektive Anordnungen zum Schutz des Kindeswohls zu treffen. Der angesprochene Entwurf einer bundesgesetzlichen Regelung zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls verdeutlicht die Bedeutung des Schutzes, in dem insbesondere die möglichen Anforderungen des Familiengerichts im BGB konkretisiert werden und ausdrücklich ein Vorrang- und Beschleunigungsverbot in das Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit aufgenommen wird. Dieser Entwurf beruht auf der Empfehlung der von der Bundesjustizministerin im März eingesetzten Expertenarbeitsgruppe „Familiengerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls“.

Aus gerichtsorganisatorischer Sicht besteht kein Reformbedarf. In Thüringen existiert ein flächendeckendes Netz aus Familiengerichten. In jedem Landkreis bzw. in jeder kreisfreien Stadt gibt es ein Amtsgericht und damit auch ein Familiengericht. Familiengerichtliche Maßnahmen können daher zeit- und ortsnah herbeigeführt werden. Allerdings geschieht dies nicht von Gerichts wegen, sondern nur auf entsprechende verfahrenseröffnende Anträge. Die Notwendigkeit, sich an Familiengerichte zu wenden, beruht im Kern darauf, dass die familienrechtlichen Anordnungen häufig in das Persönlichkeitsrecht eingreifen und es von daher einer Anordnung durch einen Richter bedarf, die Behörde für sich allein also nicht tätig sein kann.

Zu Frage 4: Aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit ist es der Landesregierung verwehrt, auf Maßnahmen der Fa

miliengerichte Einfluss zu nehmen. Unabhängig davon hängt die Wirksamkeit familiengerichtlicher Maßnahmen zum Schutz des Kindeswohls unter anderem auch von einer funktionierenden Kooperation zwischen Familiengericht und Jugendamt ab. Dies zu fördern, dienen fachliche Empfehlungen von einer interdisziplinär besetzen Arbeitsgruppe. Diese Handlungsempfehlungen sind für Jugendämter und Familiengerichte bestimmt, aber nicht bindend. Der Entwurf der Handlungsempfehlung liegt gegenwärtig den Beteiligten zur abzuschließenden Stellungnahme vor. Hervorzuheben sind auch Arbeiten an einer Vereinbarung zwischen Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden zur Verbesserung der ressortübergreifenden Kooperation beim Kinderschutz. Es handelt sich hierbei um die Umsetzung eines der im Maßnahmekatalog der Landesregierung zur Fortentwicklung des Kinderschutzes in Thüringen vorgesehenen Vorhabens. Die Vereinbarung wird derzeit von einer Arbeitsgruppe vorbereitet, die unter Federführung des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit steht und an der das Thüringer Innenministerium, das Thüringer Justizministerium und das Thüringer Kultusministerium sowie die kommunalen Spitzenverbände beteiligt sind. Der Abschluss der ressortübergreifenden Empfehlungen ist für das erste Halbjahr 2008 zu erwarten.

Danke. Die nächste Frage stellt der Abgeordnete Lemke, DIE LINKE, in Drucksache 4/3560. Bitte, Herr Abgeordneter.

Lkw-Fahrverbote an länderspezifischen Feiertagen

An Sonn- und Feiertagen besteht ein generelles Fahrverbot für Lkw auf Bundesstraßen. In Deutschland gibt es jedoch länderspezifische Feiertage, die nicht in jedem Bundesland gelten. Die Feiertagsregelung für Lkw gilt auch an diesem Tag für das Bundesland, in dem Feiertag ist und gilt gegebenenfalls nur bis an die Landesgrenze, weil im Nachbarland kein Feiertag ist. Dieses führt zu teilweise chaotischen Zuständen an den Parkplätzen und Rasthöfen. Besonders brisant war die Situation am 31. Oktober - Feiertag in Thüringen - und 1. November - Feiertag in Bayern -.

Ich frage die Landesregierung:

1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, dass es an solchen Tagen vermehrt zu Verstößen gegen das Fahrverbot an Feiertagen und gegen die Regelungen von Schicht-, Lenk- und Ruhezeiten kommt (bitte Vergleiche mit Verstößen vor

nehmen, die an einheitlichen Feiertagen stattfinden)?

2. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, dass an solchen Tagen Lkw-Fahrer vermehrt gegen die StVO verstoßen, indem sie ihre Fahrzeuge aus Mangel an Parkmöglichkeiten verkehrswidrig abstellen, und wie bewertet sie diesen Sachverhalt?

3. Wie beurteilt die Landesregierung die Situation für die Fuhrgewerbeinnung an solchen spezifischen Tagen angesichts der sehr angespannten Parkplatzsituation an Bundesautobahnen insbesondere auf Thüringer Gebiet?

4. Hält die Landesregierung eine Aussetzung der geltenden Regelungen für diese spezifischen Tage für sinnvoll, wird sie sich für eine derartige Aussetzung einsetzen und wie begründet sie ihren Standpunkt in dieser Angelegenheit?