Protokoll der Sitzung vom 14.12.2007

Da ist es egal, ob es sich um ein großes oder um ein kleines Frauenhaus handelt. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abgeordnete Wolf zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich versuche, Ihnen auch die Frage zu erklären, was ist für mich ein großes Frauenhaus.

Frau Tasch, es wäre schön, wenn Sie jetzt ruhig wären. Ich habe leider nur fünf Minuten und es stört mich, wenn Sie dann die ganze Zeit dazwischenrufen.

Die Frage, warum schon wieder Frauenhäuser? Ich gebe zu, das ist nicht Gott gegeben. Mir wäre ein anderes Thema auch lieber, aber es ist nicht meine Schuld, sondern es ist die Schuld der Landesregierung und da zum Thema, warum eine Aktuelle Stunde, ich weiß nicht, was aktueller ist als eine Richtlinie, die zum 01.01. gelten soll, Frau Tasch.

(Beifall DIE LINKE)

Da machen Sie es sich vielleicht ein bisschen leicht und die Augen vielleicht ein bisschen zu sehr zu, wenn Sie die Probleme nicht sehen, die damit verbunden sind. Ich weiß, dass die Welt im Eichsfeld manchmal ein bisschen anders aussieht, aber man sollte das Leben des ganzen Landes vielleicht nicht ganz ausblenden.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf aus dem Hause: Es gibt auch ein Telefon im Eichsfeld.)

Wir haben, Frau Ehrlich-Strathausen hat darauf hingewiesen, inzwischen viele Jahre diskutiert, fast zweieinhalb Jahre, und ich dachte, auch wenn das Ergebnis nicht perfekt wird, so wird es vielleicht doch zumindest gangbar. Aber die neue Richtlinie, und jetzt versuche ich, Ihnen das zu erklären, hat für mich zwei Riesenprobleme und zwei Hauptprobleme. Das ist einmal die Frage der Kommunalfinanzierung und einmal die der Landesfinanzierung.

Zu der Kommunalfinanzierung will ich nur so viel sagen, Frau Tasch, es gibt durchaus rechtliche Bedenken, ob ich über das SGB XII eine pauschale Finanzierung machen kann und es gibt durchaus die rechtlichen Bedenken, ob nicht damit der Einstieg in die Frage der Tagessatzfinanzierung unumgänglich ist. Dass das nicht das sein kann, wo wir hinwollen, da sind wir beide uns, glaube ich, auch mal einig.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Haben wir doch nicht zu entscheiden.)

Natürlich haben wir das zu entscheiden. Wenn wir in der Richtlinie das so festschreiben, dass die das über SGB XII zu finanzieren haben, dann haben wir das durchaus mitzuentscheiden. Dann haben wir auch die Verantwortung dafür und dann können wir das auch kritisieren.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Das steht im SGB XII so drin.)

Zur Frage der Landesverantwortung möchte ich so viel sagen - ich gebe zu, als ich die Richtlinie das erste Mal gelesen habe, fehlten mir die Worte. Sie haben es geschafft, mich richtig wütend zu machen und ich möchte Ihnen erklären, warum. Wenn ich eine Höchstgrenze festschreibe von 43.600 € für alle Frauenhäuser in der Höchstfinanzierung, dann heißt das, dass die großen Häuser eine deutliche - und Frau Tasch, dem werden Sie, glaube ich, nicht widersprechen können - Finanzlücke im Vergleich der Finanzierung der letzten beiden Jahre haben werden. Ich habe Ihnen das ausgerechnet. Ich weiß nicht, ob Sie die Zuarbeiten nicht bekommen haben, aber das bedeutet z.B. für das Eisenacher Frauenhaus eine Mindereinnahme von fast 20.000 €, das heißt, eine Kürzung der Landeszuweisungen um 30 Prozent. Ich weiß nicht, ob Sie in einem anderen Film waren als ich. Das haben wir so im Gleichstellungsausschuss nie gewollt und nie diskutiert. Ich finde, so geht es auch einfach nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich weiß nicht, ob das Ganze etwas damit zu tun hat, dass die größeren Frauenhäuser - und das ist relativ einfach zu definieren: Wenn jemand größer ist als der Durchschnitt, dann ist das in meinen Augen ein größeres und

(Zwischenruf Abg. Wackernagel, CDU: Was heißt denn das? 10, 15 oder wie viele Betten?)

ein größeres ist für mich ein Haus, das mehr als 16 Betten hat. Frau Wackernagel, regen Sie sich

doch nicht auf, hören Sie doch einfach zu. Mehr als 16 Betten ist für mich ein größeres Frauenhaus. Das sind eben Frauenhäuser, die 24 oder 20 Betten haben. Das ist so die Regelgröße. Sie müssen nur in die Übersicht schauen, die von der Landesregierung vorgelegt worden ist. Eben diese 30 Prozent Kürzung sind vor Ort nicht mehr so hinnehmbar und die sind nicht mehr ausgleichbar und Sie können es sich nicht so einfach machen und sagen, das ist eine Aufgabe, die die Kommune zu schultern hat. Am Ende tragen Sie den Streit nicht auf Kosten der Kommunen aus, sondern auf dem Rücken der Träger und damit direkt auf dem Rücken der betroffenen Frauen.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist einfach unlauter, meine Damen und Herren.

Eins will ich noch dazu sagen, auch wenn meine Zeit nicht mehr allzu lange dauert, die ich hier vorn stehen kann: Was ich einfach an der Stelle hochgradig unfair finde, ist, dass die neue Richtlinie Anfang Dezember zur Kenntnis gegeben wird, das heißt, die Träger haben jetzt noch einen Monat Zeit, sich auf eine komplett neue Finanzierungssituation einzustellen. Das ist in meinen Augen durch nichts zu rechtfertigen, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Ich weiß nicht, ob Sie fahrlässig oder vorsätzlich handeln, aber ich möchte Sie ausdrücklich auffordern, Ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Richtlinie im Sinne der Betroffenen zu ändern. Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten vor. Für die Landesregierung Minister Dr. Zeh bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss zu Frau Ehrlich-Strathausen sagen, ich denke, das war alles andere, aber nichts Aktuelles. Aber ich verstehe Sie natürlich auch, denn ich selbst habe nicht genau gewusst, warum gerade dieses heute hier als Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung kommt. Ich war in der Tat sehr neugierig, Frau Wolf, was nun diese Aktualität notwendig macht und warum es vor allen Dingen auch zu Existenzgefährdungen führen soll.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Da habe ich Sie für schlauer gehalten.)

Ihre Ausführungen haben sich mir nicht erhellt. Vielleicht, Frau Präsidentin, sollte man überlegen, ob man das in der Geschäftsordnung umdreht, dass diejenigen, die ein Thema einreichen, das auch vorher begründen, denn sonst weiß man ja tatsächlich nicht, auf was der Antragsteller hinaus will mit seinem Antrag.

Ich will auf alle Fälle sagen, richtig an Ihrem Vortrag war, dass das Finanzierungssystem umgestellt wird, so dass wir ab 01.01.2008 eine neue Verordnung gelten lassen werden. Diese ist mit den Mitarbeitern der Frauenhäuser besprochen worden, so dass die Frauenhäuser auch vorbereitet sind. Über die Höhe der Gelder kann man erst dann befinden, wenn der Haushalt beschlossen ist. Insofern war das auch eine Frage, ab wann der Haushalt Geltung erlangt, und deswegen war die Höhe der Zahlen, die für das einzelne Frauenhaus zur Verfügung stehen, gar nicht ermittelbar.

Dass das Finanzierungssystem geändert werden muss, das brauche ich auch nicht lang und ausführlich zu erklären. Es geht um das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs. Herr Innenminister Gasser hat gestern sehr ausführlich darüber berichtet, so dass ich mir, glaube ich, ersparen kann, die Einzelheiten auszuführen.

Mit diesem Verfassungsgerichtsurteil verbietet sich ein Vergleich mit früher von selbst. Es gilt ein völlig neues Finanzsystem und wir haben dieses neue Finanzsystem auch umgestellt. Das heißt eben, dass die kommunalen Pflichtaufgaben nicht mehr im Einzelplan 08 finanziert werden können - das sind Unterkunft und Beratung. Kommunale Pflichtaufgaben müssen von den Kommunen finanziert werden.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das habe Sie doch in den letzten zwei Jahren auch schon nicht mehr finanziert.)

Frau Wolf, kommunale Pflichtaufgaben sind mit dem neuen Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs zum Kommunalen Finanzausgleich Aufgaben der Kommunen, die die Kommunen auch pflichtgemäß erfüllen müssen, und wir als Land haben dafür auch mehrere Finanzierungsquellen vorgesehen. Wir haben im Einzelplan 08 nur noch die Aufgaben, die vom Land vorgenommen werden können - Frau Tasch hat diese bereits ausgeführt. Das sind die Rufbereitschaft 24 Stunden, Prävention, Angebotsvernetzung, Fort- und Weiterbildung, Supervision usw. Die Finanzierung wird mit 697.500 € sichergestellt. Dazu kommen die Leistungen, die über die Schlüsselzuweisungen an die Kommunen gehen und die

im Einzelplan 17 vorhanden sind. Dazu kommen aber auch die Leistungen aus dem SGB II, die von den ARGEn finanziert werden; das waren in diesem Jahr 30 Prozent der Ausgaben. Es kommen dazu die über SGB XII finanzierten Leistungen der Kommunen, die übrigens auch vom Land refinanziert werden; die Steigerungen des Haushaltstitels - im Einzelplan 17 nunmehr eingestellt - nach SBG XII, nach dem Ausführungsgesetz werden vom Land zu 50 Prozent getragen. Es bleibt also bei der Aussage, die Frauenhäuser werden im nächsten Jahr mehr Finanzmittel zur Verfügung haben als in diesem Jahr.

Nun haben wir die Finanzierung umgestellt, das haben Sie gesagt. Die Finanzierung ist in der Form geschehen, wie sie im Ausschuss bereits vorgestellt worden ist, dass jedes Frauenhaus bis maximal 43.600 € Zuschuss beantragen kann. Dies ist aber eine Ermächtigung, es ist keine Verpflichtung, das heißt, ich gehe auch davon aus, dass das eine oder andere Haus natürlich, je nach Projekt, eine unterschiedliche Fördersumme beantragen wird.

Ich kann mich aber an die Diskussion vor einem Jahr erinnern. Dort haben ausgerechnet Sie, Frau Wolf - man kann das nachlesen -, gefordert, dass Sie eigentlich eine Pauschalfinanzierung, eine Grund-, eine Basisfinanzierung für notwendig erachten. Ich will nicht sagen, dass das Neue eine Basisfinanzierung ist - das ist sie nicht, aber sie wirkt so. Ich glaube, die Frauenhäuser werden klug und pfiffig sein, sie werden die 43.600 € ganz sicher ausschöpfen bis zum letzten Cent. Deswegen ist die Wirkung dieser Finanzierung eine sichere finanzielle Basis, auf die sich die Frauenhäuser - zumindest wenn sie gute Projekte vorlegen und die Projekte geprüft sind - auch einstellen können.

Im Übrigen muss ich sagen, die Debatte hatten wir vor drei Jahren, die hatten wir vor zwei Jahren gehabt. Immer haben Sie Unkenrufe in die Welt gesetzt, dass die Frauenhausträgerlandschaft zusammenbrechen wird, die Frauenhausträger werden nicht mehr arbeitsfähig sein. All das ist nicht eingetreten; es wird auch in Zukunft so nicht eintreten. Die aktuellen Zahlen ergeben, dass die Frauenhäuser zu 60 Prozent ausgelastet sind. Ich denke, das ist eine gute Auslastung, weil das auch zeigt, dass wir noch mehr Kapazitäten haben, wenn es denn dazu käme, dass mehr Kapazitäten auch gebraucht würden. Also Ihre Unkenrufe sind überflüssig. Der Antrag war überflüssig wie ein Kropf. Ich bin der Meinung und bin mir da ganz sicher, dass wir die Frauenhausfinanzierung auf eine gute Basis gestellt haben. Vielen Dank.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Sie verschließen wirklich die Augen vor den Realitäten.)

Es gibt keine weiteren - doch, Frau Abgeordnete Tasch für die CDU-Fraktion, bitte. Wenn Sie hier vorgehen, haben Sie fünf Minuten Redezeit.

Die möchte ich nicht ausnutzen, aber ich muss noch mal vorgehen.

Sehr geehrte Frau Wolf, Sie haben jetzt das Beispiel Eisenach genommen. Ich muss noch mal betonen, wir wollten eine bettenunabhängige Finanzierung und durch die jetzige Förderrichtlinie, die Mitfinanzierung des Frauennotrufs, die Prävention, die Vernetzung und die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort, finanziert das Land platzunabhängig. Sie sprachen davon, ab 16 Betten halten Sie ein Frauenhaus für ein großes Frauenhaus. Wenn ich sehe, das Eisenacher Frauenhaus hatte 22 Betten und drei Mitarbeiterinnen, die noch mit 30 Stunden arbeiten, dann sind das 90 Wochenstunden, die die zur Verfügung haben. Das kostet mehr Geld als das Frauenhaus Weimar mit 21 Betten, das mit 78 Wochenstunden auskommt. Dass die im Moment mehr Kosten haben, das ist doch auch unstrittig, aber das ist Sache der Stadt Eisenach zusammen mit dem Wartburgkreis, hier für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen. Ich bin froh, dass wir die Richtlinien so gestrickt haben, dass es platzunabhängig ist und dass es auch nicht mehr nach der Auslastung geht, denn das hat ja geschadet, jedes Jahr zu schauen, wie ist so eine Notunterkunft ausgelastet. Also man kann auch den Teufel an die Wand malen und kann alles schlechtreden. Ich finde, wir sind hier zu einem guten Ergebnis gekommen und es wird sich auch zeigen, dass die Frauenhäuser in Thüringen nicht untergehen.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abgeordnete Wolf noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Tasch, Sie haben recht, wir waren immer für die bettenunabhängige Finanzierung. Die bettenunabhängige Finanzierung heißt aber nicht die beratungsanzahlunabhängige Finanzierung. Dass ein Frauenhaus in einer größeren Stadt oder einem größeren Einzugsgebiet, was dementsprechend auch mehr Betten zur Verfügung hat, dementsprechend natürlich auch mehr Beratungen leistet und eine größere Anzahl von Beratungen hat, mehr Mitarbeiter hat und damit einen höheren Bedarf an Weiterbildung, Fortbildung, Supervisionen, Vernetzungen und

Ähnlichem hat, das muss man doch zur Kenntnis nehmen. Herr Minister, man muss doch auch zur Kenntnis nehmen, dass es mit Ihrer neuen Förderrichtlinie Frauenhäuser gibt, die eine deutliche, aber eine wirklich ganz deutliche finanzielle Einbuße haben werden. Da können Sie doch nicht die Augen verschließen und so tun, als wäre die Welt in Ordnung und als wäre alles gegessen und gebacken. Das ist an der Stelle einfach wirklich so realitätsfern. Ich bitte Sie wirklich ausdrücklich, das Gespräch zu suchen mit den Trägern vor Ort, mit den Frauenhäusern, die betroffen sind, auch mit den Kommunen, die davon betroffen sind, dass Sie die Frauenhäuser ab dem nächsten Jahr wirklich deutlich in der Finanzierung zurückfahren werden, dann wird Ihnen vielleicht auch die ein oder andere Idee kommen, warum wir diese Aktuelle Stunde heute beantragt haben.

(Beifall DIE LINKE)

Nun liegen mir keine weiteren Redebeiträge mehr vor. Doch, jetzt meldet sich Frau Abgeordnete Taubert für die SPD-Fraktion noch einmal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Tasch, ich will eines richtigstellen: Nicht weil Sie so viel mitgemacht haben, sondern obwohl Sie so viel mitgemacht haben und Frau Arenhövel viele furchtbar untaugliche Vorschläge vorgelegt hat, konnten sich glücklicherweise die kommunalen Vertreter in ihrer Vernunft und Weitsicht gemeinsam mit den Frauenhausvertretern durchsetzen. Es ist eine bessere Förderrichtlinie herausgekommen, als wir sie vorher hatten. Dass Sie die Bettgebundenheit abgelegt haben, das war ja nicht von vornherein von Ihnen vorgesehen. Die Aktualität ist die, dass wir nun nach fast anderthalb Jahren endlich zu einem Ergebnis gekommen sind, dass man etwas mehr Sicherheit hat im Bereich der Frauenhausfinanzierung. Das, denke ich, ist eine Aktuelle Stunde wert. Ich will ein Zweites sagen. Man muss schon einmal hinschauen. Ich habe jetzt neun Jahre Sozialdezernat hinter mir und ich kann nun wirklich gut unterscheiden, eine Stadt wie Gera, jetzt aus meinen Erfahrungen, die hat natürlich auch mehr schwierige Fälle, die hat mehr Beratungsfälle als auf dem flachen Land. Ich denke einmal, das muss doch jedem, der bis drei zählen kann, irgendwo einleuchten, dass man auch an der Stelle unterschiedliche Förderungen vornehmen muss. Das ist nicht gegen den ländlichen Raum, sondern das ist einfach bedarfsentsprechend.