Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

(Beifall DIE LINKE)

Wichtiger Ausgangspunkt für eine generelle Verbesserung von Bildung und Schule ist die Art und die Qualität der Lehrerausbildung. Dem muss ein Lehrerbildungsgesetz für Thüringen Rechnung tragen. Es darf also nicht nur den existierenden Bedingungen und Anforderungen sowie den vorgefundenen Strukturen Rechnung tragen, sondern es muss auch vor allem sich künftig abzeichnenden Entwicklungen Rechnung tragen. Eine Lehrerausbildung muss deshalb auch eine in die Zukunft ausgerichtete Ausbildung sein.

Was sind die jetzigen und zukünftigen Erwartungen von Schulen an die Lehrer? Was sind die Erwartungen der zukünftigen Lehrer, um erfolgreich ihren Beruf zu bewältigen, ohne an ihm zu erkranken. Ein Lehrer benötigt neben der fachlichen Kompetenz, der Be

herrschung der Inhalte eines Fachs, auch methodisch fachdidaktische Kompetenz. Die Zeiten eines reinen Frontalunterrichts sollten längst vorbei sein, die Kompetenzen der Lehrer sollten längst über das Führen eines jahrgangsspezifischen Unterrichts hinausgehen. Individuelle Förderung der Schüler, gemeinsamer Unterricht von allen Schülern, Methodenvielfalt, jahrgangsübergreifender Unterricht sind Fähigkeiten, die sich alle Lehrer in unterschiedlicher Intention aneignen müssen. Hinzu kommen pädagogische, soziale, kommunikative Kompetenzen, Mitgestaltung und Umsetzung von Eigenverantwortung von Schule und nicht zuletzt Kompetenzen bezüglich der eigenen Psychohygiene, das heißt Schutz vor Überlastung und deren Folgen, denn das Risiko, durch die Belastung in diesem Beruf zu erkranken, ist enorm.

Das sind einige von vielen Kompetenzen, die Schule, Schüler, Eltern, Gesellschaft von den zukünftigen Lehrern erwarten, wobei der angehende Lehrer zu Recht erwartet und einfordert, dass die Einrichtungen der Lehreraus- und -fortbildung (die Universitä- ten, die Studienseminare, die Ausbildungsschulen, die Fortbildungseinrichtungen) ausreichende Möglichkeiten des Kompetenzerwerbs des Lernens bieten.

Die Lehrerausbildung entwickelt sich als wichtiger Ausbildungszweig an den Universitäten. Wir meinen, dass die Qualität der Lehrerbildung als wichtiger Standort- und Qualitätsfaktor für die Universitäten in Thüringen eine Rolle spielen wird.

(Beifall DIE LINKE)

Je besser die universitäre Ausbildung ist, umso größer ist auch die Nachfrage nach einem Studienplatz für das Lehrerstudium in Thüringen. Mit einer zukunftsweisenden und Maßstäbe setzenden Lehrerausbildung gewinnen die Universitäten in Thüringen an bundesweiter Attraktivität. Mit einer nur auf das Notwendigste beschränkten, sich streng an den Mindestvorgaben der KMK orientierten Lehrerausbildung wird man kaum Studenten aus anderen Bundesländern für ein Lehrerstudium in Thüringen gewinnen. Man bereitet den Studenten in Thüringen im Vergleich zu ihren Kommilitonen in anderen Bundesländern einen schlechten Dienst, wenn man sich an den Mindestforderungen orientiert und eine vergleichsweise schlechtere oder weniger umfangreiche Ausbildung in den Universitäten anbietet, als es an anderen Orten in Deutschland der Fall ist. Zum Beispiel wird eine Grundschule in Sachsen wohl kaum einen Lehrer mit vierjährigem Studium in Thüringen und entsprechendem Bachelor-Abschluss den Vorrang geben vor einem sächsischen Mitbewerber, der sein Studium nicht mit 240, sondern mit 300 Leistungspunkten und einem Master abgeschlossen hat und von dem man annehmen muss, dass

er aufgrund des umfangreicheren Studiums die besseren Voraussetzungen für den Schuldienst erworben hat. Die von der CDU und dem Kultusminister beabsichtigte Schmalspurausbildung für Grundschullehrer schadet nicht nur den Schülern und den Schulen in Thüringen selbst, sie schadet auch den angehenden Lehrern und sie beeinträchtigt die Konkurrenzfähigkeit unserer Universitäten.

(Beifall DIE LINKE)

Was hat die Anhörung zum Lehrerbildungsgesetz ergeben? Der Ausschussvorsitzende, Abgeordneter Döring, ist bereits darauf eingegangen, aber ich möchte auch aus Sicht der LINKEN noch ein paar Dinge benennen. Nachdem die Fraktion DIE LINKE bereits in der ersten Aussprache erhebliche Kritik an dem Gesetzentwurf geäußert und Änderungsbedarf angemahnt hat, wurde im Zuge der Beratungen im Bildungsausschuss eine umfangreiche Anhörung von Vertretern der Universitäten, Verbände und Gewerkschaften durchgeführt. In einigen Punkten war die Kritik fast übereinstimmend und überdeutlich. Besonders groß war sie in Bezug auf die Schlechterstellung der Lehrerausbildung für die Lehrer an Grundschulen und Regelschulen durch die Festlegung auf 240 bzw. 270 Leistungspunkte im Gegensatz zum Studienumfang von 300 Punkten in den anderen Schularten. In diesem Zusammenhang wurde das Vorhaben, ein Lehrerstudium nur mit einem Bachelor-Abschluss abzuschließen, übereinstimmend kritisiert. Auch die Reduktion des Vorbereitungsdienstes für angehende Grundschullehrer war im Verlauf der Anhörung umfangreich kritisiert worden. Mit dieser Regelung wird man der Bedeutung der Bildung in der frühen Kindheit und im Schulalter auf keinem Fall gerecht, im Gegenteil, damit werden die eigenen Anstrengungen des Kultusministeriums zur Verbesserung der Bildung in diesem für die gesamte weitere Entwicklung so hochsensiblen Altersbereich, wie sie der Bildungsplan von 0 bis 10 vorsieht, konterkariert. Auch unterläuft das Kultusministerium mit dem mit nur 270 Leistungspunkten zu absolvierenden Studium für das Lehramt an Regelschulen die eigenen Bekundungen und Beteuerungen, nach denen gerade die Regelschule den Schwerpunkt bzw. das sogenannte Kernstück des Thüringer Schulsystems darstellen soll. Der Beirat für Lehrerbildung als Beratungsgremium ist zu ministeriumslastig, auch das wurde kritisiert. Mit der vorgesehenen Zusammensetzung kann der Beirat seiner Beratungsfunktion kaum gerecht werden.

Welche Änderungsanträge wurden in den Ausschuss eingebracht und wie wurde damit umgegangen? Die von uns eingebrachten Änderungsanträge in die Beratungen des Bildungsausschusses sind vor allem im Resultat der Ergebnisse der Anhörung erarbeitet worden, ich bin am Anfang bereits darauf eingegan

gen. Bewusst haben wir uns dafür entschieden, in Anbetracht der Vorgaben der KMK unsere Hauptforderung nach einer überfälligen schulstufen- bzw. altersbezogenen Lehrerausbildung statt der im Gesetz fixierten Lehrerbildung für Schularten nicht in Form von Änderungsanträgen einzufordern. Diese Forderung hat die Universität Jena in der Anhörung allerdings noch einmal aus pädagogischer, also nicht aus parteipolitischer Perspektive untermauert, aber hier muss sich erst dieser träge Apparat der KMK bewegen und einen entsprechenden Anstoß bekommen.

(Beifall DIE LINKE)

Zwölf Änderungsanträge zum Gesetz wurden von uns eingebracht, davon ca. die Hälfte der Anträge, die an den konservativen bildungspolitischen Grundsätzen der CDU-Fraktion in keinster Weise auch nur gerüttelt haben. Anträge, denen Sie bei genauerem Nachlesen und Überdenken und ohne machtarrogante Ignoranz durchaus und ohne Schaden zu nehmen, Ihre Zustimmung hätten geben können, aber selbst dort, wo die CDU beim besten Willen nicht umhingekommen ist, sich unserer Meinung anzuschließen, haben Sie unsere Vorschläge in Ihren Anträgen redaktionell verändert und konnten damit demonstrieren, wie weit Ihr wirkliches Verständnis von Demokratie und der Wille nach gemeinsamer Suche nach Lösungen geht. Ein besonderes Beispiel Ihrer Ignoranz oder fehlenden Fachkompetenz hat die CDU bei unserem Antrag zur Ermöglichung von Schulpraktika außerhalb der Förderschule für Studenten für das Lehramt für Förderpädagogik gegeben.

Meine Damen und Herren von der CDU, können oder wollen Sie die Bedeutung des Studiums für den zukünftigen Einsatz von Sonder- bzw. Förderpädagogen im gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf nicht sehen? Was ist denn so schädlich daran, dass man es den angehenden Förderpädagogen bereits im Studium ermöglicht, solche praktischen Erfahrungen zu sammeln. In der zweiten Ausbildungsphase haben Sie es auch zugelassen. Ich denke, diese praktischen Erfahrungen sollten angehende Lehrer schon von Anfang an haben, denn diese benötigen sie in ihrem späteren Berufsleben. Der gemeinsame Unterricht von Schülern mit und ohne Förderbedarf ist doch genau das, was das Kultusministerium in Zukunft anstrebt. Warum sollten die Studenten denn neben dem Erwerb von theoretischem Wissen nicht ihre ersten Erfahrungen mit dem Studium sammeln und diese reflektieren. Wir sind der Meinung, wenn man den gemeinsamen Unterricht wirklich will, muss man das Studium dazu von Anfang an vorbereiten, auch in Form von Praktika an solchen Schulen, wo der gemeinsame Unterricht bereits Realität ist.

(Beifall DIE LINKE)

Unsere Änderungsanträge, die wir hier erneut einbringen, zielen auf die Forderung nach gleich langer Ausbildung für alle Lehrämter, sowohl in der ersten als auch in der zweiten Phase ab. Das war auch eine Forderung der Enquetekommission „Erziehung und Bildung“ aus der 3. Legislatur. Wir hatten das auch bereits im Ausschuss diskutiert. Wir haben uns auch dafür entschieden, die Möglichkeit der Anrechnung von Praktika aus der ersten Phase bis zu sechs Monaten zuzulassen und berufspraktische Tätigkeiten bis zu 12 Monaten anrechnen zu können. Thüringen als Bildungsland sollte mit gutem Beispiel vorangehen und nach bester Ausbildung für alle streben. Sollten diese Änderungsanträge keine Mehrheit finden, denke ich, werden auch künftig Klischees bedient, wie „Gymnasiallehrer sind die schlaueren und Hauptschullehrer …“ Dabei ist doch die Regelschule gerade das Kernstück, wo die Regelschullehrer arbeiten und auch die Hauptschüler unterrichtet werden. Die Grundschullehrer selbst sind diejenigen, die die Grundlagen für die künftige Entwicklung der Kinder legen. Jeder weiß, dass ein Fehler in den ersten zehn Jahren in späteren Jahren nur sehr schwer ausgemerzt werden könnte. Sollte uns die Ausbildung unserer Grundschullehrer nicht genauso am Herzen liegen wie die der Gymnasiallehrer? Für den lehramtsbezogenen Bachelor-Abschluss fordern wir, dass in jedem Fall die Fortführung des Studiums ermöglicht sein sollte, ohne weitere Bedingungen. Das heißt, ein bestandener Bachelor ist die Voraussetzung für die Weiterführung im Master-Studiengang. Ich denke, jeder hat die Erfahrung gemacht, dass ein guter Abschluss nicht unbedingt die Voraussetzung dafür ist, dass ein Lehrer im Berufsleben zurechtkommt. Umgekehrt gibt es eine Reihe von Lehrern mit schlechteren Abschlüssen, die von ihren Schülern zu Lieblingslehrern auserkoren wurden und werden und die hervorragende Lehrer sind.

Die Zusammensetzung des Beirats als beratendes Gremium haben wir so verändert, dass Beteiligte und Betroffene aller Phasen der Lehrerbildung im Beirat sind. Schließlich wollen wir, dass künftig Lehrkräfte für Förderpädagogik sich von Anfang an binnendifferenzierende und integrative Sozial- und Arbeitsformen aneignen können. Studierende dieser Fachrichtung sollten deshalb die Möglichkeit erhalten, von Anfang an im gemeinsamen Unterricht praktische Erfahrungen zu sammeln. Wir beantragen Einzelabstimmung unserer Anträge und namentliche Abstimmung des Punkts 6 unseres Änderungsantrags.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordneter Döring zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Freistaat ist Vorreiter bei der Lehrerbildung,

(Beifall CDU)

so die stolze Aussage eines mitteldeutschen, der CDU angehörenden Kultusministers bei der Vorstellung der neuen Bestimmungen seines Landes zur Lehrerausbildung. Wer jetzt meint, ich hätte zu Beginn meiner Ausführungen Minister Prof. Goebel zitiert, irrt gewaltig. Dieser Satz stammt vom sächsischen Kultusminister Flath. Sachsen hat nämlich als erstes Bundesland mit dem Wintersemester 2007 ein für alle Lehrämter gleichwertiges zehnsemestriges MasterStudium eingeführt. Darauf kann man also zu Recht stolz sein.

Hier in Thüringen gehen die Uhren, dank unserer Landesregierung, jedoch völlig anders. Anstatt sich dem sächsischen Beispiel zumindest anzuschließen und ebenfalls eine moderne Lehrerausbildung auf dem Weg zu bringen, so wie das beispielsweise gerade auch Nordrhein-Westfalen macht, herrschen hierzulande bildungspolitische Lethargie und ein Beharren auf längst überholten Strukturen. Ein ehrliches Statement aus dem Munde unseres Kultusministers zur vorliegenden Novelle des Lehrerbildungsgesetzes müsste daher wie folgt lauten: Der Freistaat lehnt eine in die Zukunft gerichtete Lehrerausbildung ab und verweigert sich der Gleichwertigkeit aller Lehrämter. Deshalb orientieren wir uns auch nicht an beispielhaften Entwicklungen in anderen Ländern, sondern wieder einmal nur an den Mindeststandards der KMK. Das, meine Damen und Herren, ist die traurige Realität der von der CDU verantworteten Bildungspolitik in Thüringen.

Lassen Sie mich meine Kritik am Kern des Gesetzentwurfs, den Bestimmungen zum Lehramtsstudium, konkretisieren. Dort ist festgeschrieben, dass das Lehramtsstudium für die Grundschule künftig nur acht Semester umfasst und mit einem Bachelor-Abschluss beendet werden kann. Beim Lehramtsstudium für die Regelschule sind dagegen neun Semester sowie ein Master-Abschluss und beim ebenfalls am Master-Grad orientierten Lehramtsstudium für das Gymnasium zehn Semester vonnöten. Ähnlich geht es bei den geplanten Bestimmungen zur Dauer des Vorbereitungsdienstes weiter. Für das Lehramt an Gymnasien, an Regelschulen und an Förderschulen sind 24 Monate vorgesehen, für das Lehramt an Grundschulen sollen dagegen 18 Monate

genügen. Wir haben bisher also nichts anderes als die altbekannte Hierarchisierung der Lehrämter. In der Erziehungswissenschaft gilt eine derartige qualitative Abstufung der Lehrerausbildung jedoch bereits seit Längerem als völlig überholt. Die Fachexperten stimmen außerdem darin überein, dass es in Deutschland endlich eine qualitative Gleichwertigkeit der verschiedenen Lehrämter geben muss und dass sich diese Gleichwertigkeit, wenn man überhaupt noch an der Sonderung der Lehrerausbildung nach Schülern festhalten will, insbesondere auch an einer identischen Semesterzahl der lediglich noch inhaltlich unterschiedlich zu strukturierenden einzelnen Studiengänge und einer übereinstimmenden zeitlichen Dauer des jeweiligen Vorbereitungsdienstes festzumachen hat.

Das ist der einheitliche gesicherte Erkenntnisstand der Erziehungswissenschaft, meine Damen und Herren. Es verwundert daher nicht, dass das Kultusministerium während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens zu der uns beschäftigten Novelle nicht imstande gewesen ist, auch nur einen einzig sachlich nachvollziehbaren Grund dafür anzugeben, warum Thüringen sich einer modernen Lehrerausbildung verweigern soll.

Meine Damen und Herren, die in diesem Zusammenhang gefallene Äußerung des Kultusministers „So etwas wie die Gleichwertigkeit der Lehramtsstudiengänge können wir derzeit in Deutschland nun einmal nicht machen.“ will ich zu Herrn Goebels Gunsten nicht als ernst gemeintes Argument, sondern als verfrühten Aprilscherz werten, sonst müssten Sie, Herr Minister, hier auch noch erklären, seit wann und warum Sachsen und Nordrhein-Westfalen nicht mehr zum Bundesgebiet zu rechnen sind.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist offensichtlich geworden, dass es dem Kultusministerium bei seiner bildungspolitisch fatalen Weichenstellung überhaupt nicht um sachlich angemessenes Handeln oder eine zumindest in Ansätzen nachvollziehbare bildungspolitisch rationale Entscheidung geht. Sie, Herr Minister, wollen mit dem Grundschul-Bachelor doch nur eins, eine Lehramtsausbildung mit dem aus meiner Sicht zweifelhaften Prädikat „Grundschullehrer light“. Das hätte dann für die Landesregierung den angenehmen Nebeneffekt, Grundschulpädagogen künftig noch schlechter besolden und in niedrige Tarifgruppen einsortieren zu können. Wenn man das Szenario einmal konsequent zu Ende denkt, wird eine solche nur für Thüringen anzutreffende BachelorAusbildung den Pädagogennachwuchs auch noch am effektivsten davon abhalten, über Ländergrenzen zu wechseln. Zudem wird eine solche Ausbildung den gestiegenen Anforderungen gerade der Grundschulpädagogik überhaupt nicht gerecht. Das macht nicht nur zuletzt die Stellungnahme der Erfurter

Erziehungswissenschaftlichen Fakultät zum Lehrerbildungsgesetz deutlich. Dort heißt es: „Der Verzicht auf ein Master-Studium insgesamt hätte verheerende Folgen, denn mit dem konsekutiven Master-Studium ist es endlich gelungen, Grundschullehrkräften ein Minimum an wissenschaftlichen Denkweisen zu vermitteln, die erforderlich sind, um einerseits Erziehung, Unterricht und Schulinstitution zu reflektieren und wissenschaftsbasierend fortzuentwickeln und andererseits wissenschaftlichen Nachwuchs für die Ausbildung künftiger Grundschullehrkräfte zu gewinnen.

(Beifall SPD)

Die Ablehnung eines Master-Studiums würde die Grundschulen erneut von der wissenschaftlichen Reflexion und Fortentwicklung abschneiden, die notwendig sind, um den Unterricht so effektiv zu gestalten, dass die Abhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen oder ethnischen Herkunft entscheidend abnimmt.“ So weit das Zitat von Prof. Hany, den man gewiss nicht als bildungspolitischen Scharfmacher oder übergroßen Freund der Landtagsopposition bezeichnen kann.

Die eindeutige Positionierung der Erfurter Erziehungswissenschaftler zur Novelle des Lehrerbildungsgesetzes ist zudem keine Einzelstimme. In der vom Bildungsausschuss durchgeführten Anhörung ist der Gesetzentwurf von nahezu allen Anzuhörenden in seinen zentralen Passagen als bildungspolitisch verfehlt und als unverantwortlicher Rückschritt abgelehnt worden. In diesem Punkt waren sich die großen Thüringer Lehrerorganisationen, die Vertreter der Bildungswissenschaft, der Thüringer Hochschulen, der Landeselternvertretung, des Landesschulbeirats und der Lehramtsstudenten absulut einig.

Angesichts einer derart breiten, fachlich fundierten argumentierenden Ablehnungsfront könnte man eigentlich erwarten, dass bei der Landesregierung ein gewisses Umdenken einsetzt. Wer jedoch vom Kultusminister immer noch trotz vielfacher Belege schlichter bildungspolitischer Ignoranz in den vergangenen Jahren eine derartige Korrektur fehlerbehafteter Vorhaben erwartet hat, ist in den letzten Wochen eines Besseren belehrt worden. Da wurde völlig unbeeindruckt von Sachargumenten am einmal eingeschlagenen Kurs festgehalten und die Mahnung der Opposition in den Medien als skandalös abgetan.

Ich will Ihnen einmal sagen, was in diesem Zusammenhang skandalös ist, Herr Minister. Der wahre Skandal ist Ihre Unfähigkeit, in Thüringen eine moderne Lehrerbildung zu initiieren. Und das, obwohl Sie ja als Mitglied der Enquetekommission „Erziehung und Bildung in Thüringen“ seinerzeit folgende Aussagen mitgetragen haben: „Bei einer Neuord

nung der Lehrerbildung sollten Maßnahmen getroffen werden, die historisch überkommene, heute jedoch funktional nicht mehr zu begründende Hierarchisierung der Lehrerbildung aufzuheben. Die Kommission begrüßt unter diesem Gesichtspunkt ausdrücklich die Erfurter Studienreform, die für Grund- und Regelschullehrerinnen und -lehrer ein volles akademisches Studium mit dem Abschluss eines Magisters/Masters vorsieht.“ Das steht auf Seite 159 des Abschlussberichts der Kommission und weiter heißt es dort: „Von den Erfurter Reformen ausgehend ließen sich die inhaltlichen und rechtlichen Voraussetzungen schaffen, für Lehrämter eine gleich lange Grundausbildung in der ersten und zweiten Phase einzurichten, die je nach Art der Lehrämter inhaltlich unterschiedlich strukturiert ist.“

Meine Damen und Herren, ich verstehe nicht, warum der Minister zu dieser Aussage nicht mehr steht, die er damals mitgetragen hat, oder hat die Übernahme eines Ministeramts in dieser Landesregierung automatisch eine Beschränkung des bisherigen Erkenntnishorizonts zur Folge. Die Antworten auf meine Fragen dürften mit Sicherheit recht peinlich für Sie ausfallen, Herr Minister.

Meine Damen und Herren, es gilt aber nicht allein die bildungspolitische Verweigerungshaltung des Kultusministers zu kritisieren. Die CDU-Fraktion hat sich während des Novellierungsverfahrens ebenso wenig mit Ruhm bekleckert. Von einer wirklichen Auswertung der Anhörung im Bildungsausschuss kann bei Ihren Änderungsanträgen nicht die Rede sein, Herr Kollege Emde.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Warum übernehmen Sie dann unsere Anträge? Das ist ja peinlich.)

Da wird zwar eine gute Anregung von Frau Prof. Dr. Sasse aufgegriffen, und das bisherige Lehramt an Förderschulen in Lehramt für Förderpädagogik umbenannt, aber an die von fast allen Anzuhörenden als bildungspolitische Zumutung zurückgewiesenen zentralen Punkte des Gesetzentwurfs traut sich die Mehrheitsfraktion überhaupt nicht heran. Zur Hierarchisierung der Lehrämter findet sich bei der CDU überhaupt nichts. Für mich ist das ein ziemliches Armutszeugnis, meine Damen und Herren von der Union. Wenn bei Ihnen so mit klaren Anhörungsergebnissen verfahren wird, dann können wir uns eigentlich weitere Anhörungen für den Rest der Legislaturperiode sparen.

(Beifall SPD)

Nun wird natürlich der Kollege Emde behaupten, dass sei alles gar nicht wahr und völlig anders, denn schließlich habe sich seine Fraktion zu einem fulmi

nanten Entschließungsantrag durchgerungen, der ja auch irgendwie auf einen Grundschul- und Regelschulmaster abziele. Dazu kann ich nur sagen: Die Initiative ist nichts als ein Potemkinsches Dorf, denn dabei geht es keineswegs um ein vollwertiges MasterStudium. Was Sie wollen, Herr Emde, ist ein erneutes Orientieren an den Minimalanforderungen der KMK, Sie wollen allen Ernstes den Vorbereitungsdienst einem wissenschaftlichen Vollzeit-, ich betone, Vollzeitmasterstudiengang gleichstellen und dafür 16 Punkte vergeben. Ich weiß selbstverständlich, dass die KMK eine neue Trickserei zulässt, aber es ist immer noch Sache der einzelnen Länder, ob sie sich einem derart fragwürdigen Verfahren anschließen oder nicht.

Wir, meine Damen und Herren, von der SPD-Fraktion sind jedenfalls nicht bereit, bei so etwas mitzumachen. Für uns liegt die Messlatte bei der Lehrerausbildung weit höher. Wir orientieren uns an den eindeutigen Erkenntnissen der Erziehungswissenschaft im Hinblick auf die Gleichwertigkeit und Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Lehrämter.

Meine Damen und Herren, wir wollen ein zehnsemestriges Master-Studium für alle Lehrämter und wir wollen auch einen für alle Pädagogen gleich langen Vorbereitungsdienst. Sachsen und Nordrhein-Westfalen - übrigens beide CDU geführt - zeigen uns, dass so etwas geht und wenn wir diesem Beispiel nicht folgen, droht Thüringen in der Lehrerbildung den Anschluss zu verlieren. Daher fordere ich insbesondere Sie, meine Damen und Herren von der CDU, auf, für unsere Änderungsanträge zu stimmen und Thüringen wirklich eine moderne Lehrerbildung zu sichern. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Emde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, in der Lehrerbildung unterscheiden wir gemeinhin drei Phasen, nämlich einmal das Studium an der Universität, dann geht es um das Referendariat an der Schule, begleitet durch ein Studienseminar und im Anschluss kommt die berufsbegleitende und - wenn man so will - berufslebenslange Fortbildung. Aber hier ist insbesondere die erste Phase, die Zeit nach dem Berufseinstieg, zu sehen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den von der CDU-Fraktion eingebrachten Änderungsvorschlägen verfolgen wir das Ziel von mehr Praxisnähe und mehr Praxisanteilen in der ersten und zweiten Phase

bei einer angemessenen Studiendauer, eines durchgängigen Konzepts von Vorpraktika, um die Berufseignung vielleicht schon einmal auszutesten, studienbegleitender Praktika mit stärkerer Verbindung von Studium und Schule mit einer Fortbildungsverpflichtung für alle Lehrer, eines bedarfsgerechten Fortbildungsangebots, individueller Förderung beim Berufseinstieg und von Anreizen für berufliches Fortkommen bei hoher Qualifizierungsbereitschaft. Das alles soll helfen, unsere künftigen, aber auch die schon im Dienst befindlichen Lehrer noch besser auf die Herausforderung von guter und leistungsstarker Schule einzustellen.