Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Nun ist es aber gut.)

(Zwischenruf Abg. Buse, DIE LINKE: Nehmen wir Grönland.)

(Zwischenruf Abg. Hahnemann, DIE LINKE:... und den Blockflöten.)

Sie sind ruhig! Wirklich, an der Stelle sind Sie bitte ruhig.

(Beifall CDU)

Was sich in Einzelschicksalen manifestiert bis dahin, dass schon 1945 auf Buchenwald, als die Opfer wirklich mit dem Namen ihrer Nation und Herkommen sich einzeln aufstellten, der Begriff der Juden fehlte und der, der ihn anbringen wollte, angebracht hatte, von Kommunisten geschlagen worden ist. Das gehört auch alles zur Wahrheit, wenn wir uns auf dieses Terrain begeben. Das wollte ich hier an dieser Stelle noch einmal gesagt haben. Danke.

(Beifall CDU)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor und ich schließe die Aussprache zur Regierungserklärung.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 5 auf

Thüringer Besoldungsneurege- lungs- und -vereinfachungsgesetz Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/3829 - ERSTE BERATUNG

Frau Finanzministerin Diezel nimmt das Wort zur Begründung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, gestatten Sie mir zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen zum Besoldungsrecht im Allgemeinen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bezahlung von Beamten und Richtern ist durch Gesetze zu regeln. Es ist ein System notwendiger Sonderrechtsmaterie zum Beamtenrecht, das ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherren voraussetzt. Dieses Treueverhältnis unterscheidet Beamte von Angestellten und rechtfertigt die unterschiedlichen Bezahlungssysteme. Die Besoldung, das sind alle Leis

tungen des Dienstherren an Beamte, Richter und für den Bund auch an Soldaten. Dazu gehören das Grundgehalt, das sich nach dem jeweiligen Amt des Beamten bemisst, der Familienzuschlag, die allgemeine Stellenzulage sowie die Amts- und Stellenzulage, die die Besonderheit des jeweiligen Dienstes berücksichtigt. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wird durch das Grundgesetz eingeschränkt. So bestimmt Artikel 33 Abs. 5, dass das Besoldungsrecht unter Berücksichtigung der sogenannten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln ist. Einer dieser Grundsätze ist das Alimentationsprinzip. Es besagt, dass die Alimentation des Beamten oder Richters während der vollen Lebenszeit des Beamten und nach seinem Tod gegebenenfalls für seine Familienangehörigen zu leisten ist. Zudem muss die Besoldung amtsangemessen sein. Damit gehört auch die durchgängige Differenzierung der Besoldung nach der Ämterstruktur zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Das schließt allerdings eine Differenzierung nach individueller Leistung nicht aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit dem vorliegenden Entwurf des Thüringer Besoldungsneuregelungs- und -vereinfachungsgesetzes setzt Thüringen als erstes Bundesland die sich aus der Föderalismusreform I ergebenden Gesetzgebungsbefugnisse für das Besoldungsrecht konsequent um. Man kann sich sicherlich über den Anlass und die Übertragung streiten. Wir haben uns nicht danach gedrängt, diese Zuständigkeit zu bekommen, aber wir haben sie im Rahmen der Föderalismusreform akzeptiert. Die Landesregierung und der Gesetzgeber sind jetzt in der Pflicht, die sich daraus ergebenden Aufgaben zu bewältigen. Angesichts der Tarifabschlüsse für die Länder besteht Behandlungsbedarf bezüglich der Übertragung der Tarifergebnisse auf die Besoldung. Die Landesregierung hat sich entschlossen, dies zum Anlass zu nehmen, um das Thüringer Besoldungsrecht in einem Gesetz neu zu regeln. Nachdem zu Beginn des vorigen Jahres beschlossenen Vorschaltgesetzes zur Besoldung wird dem - wie angekündigt - jetzt der nächste Schritt folgen. Es heißt vor allen Dingen, die lineare Gehaltssteigerung auf die Richter und Beamten im Freistaat zu übertragen. So sieht das Gesetz eine Erhöhung von 2,9 Prozent der Besoldung vor. Aber der Gesetzentwurf geht noch weiter. Der Familienzuschlag für Familien mit drei und mehr Kindern wird rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 um jeweils 50 € pro Kind erhöht. Neu aufgenommen wurde auch eine Bestimmung, nach der Beamte und Richter, die nach Thüringen wechseln, eine Ausgleichszulage zu der bisher in einem anderen Bundesland höher bezahlten Besoldung möglich ist. Umgekehrt wird aber dafür auch Sorge getragen, dass, wenn sich ein Beamter unseres Freistaats erfolgreich in einem anderen Bundesland beworben hat und hier

sein Weggehen zu großen Problemen führen würde in der Verwaltung, diese Zulage gezahlt werden kann. Mit einer Vorschrift zur leistungsorientierten Besoldung in Form einer Leistungsprämie zeichnen wir den Weg des Tarifbereiches nach und gehen wir auch ein auf Forderungen des Beamtenbundes schon aus dem Jahre 2004.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf leistet vor allem einen wirksamen Beitrag zur Deregulierung. Derzeit erhält ein Thüringer Beamter und Richter Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz, dem Thüringer Besoldungsgesetz, dem Thüringer Sonderzahlungsgesetz und dem Gesetz über vermögenswirksame Leistungen. Diese vier Gesetze sind im neuen Thüringer Besoldungsgesetz zusammengefasst worden. Dadurch werden aus insgesamt 138 Paragraphen nur noch 68 Paragraphen zur Anwendung kommen.

Das Besoldungsdienstalter wird durch die Einführung von Erfahrungsstufen ersetzt. Dies ist besonders für junge, motivierte und schnell studierter Anwärter sehr wichtig. Diese Erfahrungsstufen beginnen mit dem Eintritt in den öffentlichen Dienst. Arbeitszeiten vor diesem Zeitpunkt können bis zu fünf Jahre anerkannt werden, soweit die ausgeübte Tätigkeit sich förderlich für die Ernennung als Beamter oder Richter erwiesen hat. Als Ausgleich für einen in der Höhe nicht ausreichenden Beförderungsgewinn zwischen den Besoldungsgruppen A 9 und A 10 mit abgesenkten Bezügen ist eine bis zum Jahre 2010 befristete Zulage in Höhe von 90 € brutto vorgesehen. Eine solche Zulage wird in keinem Bundesland und auch nicht beim Bund zurzeit gewährt oder ist vorgesehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Artikel 2 des Gesetzentwurfs enthält notwendige Überarbeitungsbestimmungen für den Wechsel von altem Recht in das neue Thüringer Besoldungsrecht. Artikel 3 ist die Bereinigung des Versorgungsrechts aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Artikel 4 - hier wird es möglich, von den Mitarbeitern und Bediensteten, vor allen Dingen im Bereich der Forstverwaltung gefordert, die Erhöhung der Zulage für Kilometergelder bei besonders unwegsamen Fahrtstrecken zu berücksichtigen. Dieser Artikel ändert redaktionell auch bestimmte Bedingungen, die im Thüringer Versorgungsgesetz notwendig waren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Vorfeld des erarbeiteten Referentenentwurfs haben viele Gespräche - und ich sage das ausdrücklich -, viele Gespräche mit den Interessenvertretern der Beamten stattgefunden, von mir persönlich und vor allen Dingen vom Staatssekretär und von meinen Bediensteten geführt. Diesen Gesprächen war zu entnehmen, dass eine völlige Neuausrichtung des Be

soldungsrechts nicht gewünscht wird. Der Gewerkschaftsbund ging vornehmlich auf die Übertragung der Tarifergebnisse ein und die Zusage, dass wir die Ost-West-Angleichung nicht verschieben. Inhaltliche Vorschläge wurden kaum unterbreitet. Daher war es konsequent, zunächst erst einmal den Gesetzentwurf vorzubereiten und diesen im Rahmen der Anhörung nach § 108 des Thüringer Beamtengesetzes zur Diskussion zu stellen. Sie sehen also, Herr Dr. Hahnemann, die Verbände wurden durchaus beteiligt und es wurde kein Gesprächswunsch verwehrt. Die Gewerkschaften und Berufsverbände, aber auch der kommunale Arbeitgeberverband und der Thüringer Städte- und Landkreistag haben den Gesetzentwurf überwiegend positiv aufgenommen. Natürlich wurde von den Interessenvertretern der Beamten und Richter noch mehr gefordert; insbesondere waren das finanzielle Volumen der Bezügeerhöhung und das Vorziehen der Ost-West-Angleichung für die Beamten ab der Besoldungsgruppe A 10 gefordert. Ich sage hier aber ganz klar, der Landeshaushalt musste am 1. Januar 2008 bereits die Ost-West-Angleichung für Beamte und Tarifbeschäftigte des Landes bis zur Besoldungsgruppe einschließlich A 9/E 9 verkraften. Zum 1. Mai werden auch die Gehälter der Tarifbeschäftigten linear um 2,9 Prozent steigen. Die Mehrkosten, die sich dadurch ergeben, betragen 17,4 Mio. € und nach dem Jahre 2008 dann jährlich 34,8 Mio. €. Mehr ist angesichts der Gesamthaushaltslage und auch bei unserer Steuerdeckungsquote von 54 Prozent zurzeit nicht verkraftbar. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass dieses Gesetz nicht nur für die Bediensteten des Landes erlassen wird und Geltungsbereich ist, sondern vor allen Dingen auch für die Beamten der Kommunen, die Angestellten, die Arbeitsverträge haben, die nach diesem Besoldungsrecht berechnet werden, zum Beispiel in Stiftungen. Jede Änderung dieses Gesetzentwurfs zugunsten des Einkommens der Beamten und Richter ist damit auch ein Griff in andere Haushaltskassen und nicht nur in die des Landes. Dass wir die Vorschläge der Interessenvertreter berücksichtigt haben, zeigt zum Beispiel der Punkt „Anwärterbezüge“, und zwar für diejenigen Anwärter, die ein Amt der Eingangsbesoldung bis A 9 anstreben. Das heißt konkret, hier wurde die Ost-West-Anpassung vorgezogen.

Ein weiterer Vorschlag betraf die Abkehr vom Prinzip der Besoldung nach dem statusrechtlichen Amt und die Einführung einer ausschließlich funktionsbezogenen Besoldung. Hierzu kann ich nur sagen, dass allein der Aufwand, mit dem die Wertigkeit jeder Funktion und damit auch jeder Gesetzesänderung, die die Funktion oder den Verwaltungsvollzug betrifft, unverhältnismäßig hoch angesehen werden muss.

Viel diskutiert wurde über die Verkürzung der Verjährungsfrist für Ansprüche der Beamten und Richter auf ein Jahr. Ich sage hier noch einmal, niemandem wird der Rechtsweg abgeschnitten. Das Recht der Besoldungsempfänger muss sein, die gerichtliche Prüfung bleibt unberührt. Wir wollen jedoch Rechtssicherheit. Dies ist mit der vorgeschlagenen Regelung schneller als bisher zu erreichen. Mindestens ebenso intensiv diskutiert wurde die vorgesehene leistungsorientierte Besoldung durch Leistungsprämien. Dabei gingen die Ansichten von sofortiger Einführung bis hin zur vollständigen Streichung weit auseinander. Die Regelung der leistungsorientierten Besoldung im Gesetz wurde zuletzt auch als Systemwechsel bezeichnet.

Hierzu zuerst ein Hinweis: Das Leistungsprinzip ist nichts Neues, sondern schon im Kernpunkt des Beamtentums. Von einem Systemwechsel kann also nicht gesprochen werden. Das Alimentationsprinzip wird durch die vorgeschlagene Bestimmung überhaupt nicht beeinträchtigt, weil der leistungsbezogene Bestandteil nicht aus dem System herausgeschnitten wird, sondern on top zusätzlich als Ausgabe und Grundbesoldung finanziert wird. Das bisherige Besoldungssystem bleibt also bestehen. Niemand darf darum fürchten. Auch in Zukunft nicht, da nicht beabsichtigt ist, und im Übrigen auch nicht mit Blick auf die vielfältigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auch nicht beabsichtigt sein kann, das Alimentationsprinzip aufzuweichen.

Bei der Erstellung des Gesetzentwurfs wurden auch die laufenden Tarifverhandlungen in Thüringen zur Leistungsbezahlung im Tarifbereich berücksichtigt. Die dort noch zu findende Lösung geht der Leistungsbesoldung im Beamtenbereich voraus und soll, soweit für das Beamtenrecht insgesamt umsetzbar, in Anlehnung daran ausgestaltet werden. Schon deshalb verbietet sich jetzt im Thüringer Besoldungsgesetz ein konkurrierendes System zu entwickeln und so den Beratungen der Interessenverbände vorauszugreifen.

Darüber hinaus würde es den Umfang des Gesetzes sprengen, all die verschiedenen Leistungskriterien für den Kommunalbereich, für die Polizei, die Lehrer, die allgemeine Verwaltung, die Steuerverwaltung in einem Gesetz zu regeln. Deshalb wird nach den Kernpunkten des Gesetzes hier eine Vielzahl von einzelnen Rechtsverordnungen erlassen. Vorgelegt wird daher ein Vorschlag, der uns bis Ende 2010 Zeit gibt, alle noch offenen Fragen zu klären. Aber ab einem festen Zeitpunkt für die erstmalige Zahlung der Prämie ist das Jahr 2011 festgeschrieben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesem ersten eigenständigen Besoldungsgesetz eines Bun

deslandes nach der Föderalismuskommission I hat die Landesregierung alle Zusagen eingehalten. Die Besoldung wird wie im Tarifbereich erhöht; die OstWest-Anpassung wird umgesetzt. Das Gesetz wurde modernisiert und ist wettbewerbsfähig. Ich freue mich auf die Beratung in den Ausschüssen.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache und rufe für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Dr. Hahnemann auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn ich ein Hasenfuß wäre, dann würde ich nach dem „Sie sind ruhig“ von Frau Lieberknecht jetzt etwas gehemmt hier vorn stehen, aber wissen Sie, Frau Lieberknecht, mit diesem Versuch, einem frei gewählten Abgeordneten das Wort zu verbieten, haben Sie Ihr wahres politisches Gesicht gezeigt.

(Unruhe CDU)

So wie Sie haben mich SED-, CDU-, NDPD-, LDPD- und Bauernparteibonzen zu DDR-Zeiten immer wieder herumkommandieren wollen. Aber Sie haben recht, Frau Lieberknecht, die Zeiten sind seit 18 Jahren vorbei. Ich werde hier sagen, was ich meine sagen zu müssen. Ich werde hier die Fragen stellen, die zu stellen sind.

Der Landtag beschäftigt sich mit einem Gesetzentwurf, der seinen Ursprung ganz entscheidend in der Föderalismusreform hat. Die Protagonisten des neoliberalen Wettbewerbsföderalismus hatten sich dort in einer Art Handstreich in vielen wichtigen Bereichen durchgesetzt, nicht nur weitestgehend im Beamtenrecht samt Besoldung und Versorgung, sondern auch in solchen Bereichen wie Strafvollzug oder Bildung. Das politische Ziel und der Verfassungsgrundsatz der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse werden damit immer weiter ausgehöhlt. Diese Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist aber eine unverzichtbare Voraussetzung für eine soziale Gesellschaft, die gleiche Teilhabe aller verwirklichen lässt. Doch Sie, meine Damen und Herren, heften solchen Forderungen wie der der gleichen Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben so gern das Etikett Sozialromantik an. Der freie Wettbewerb, meinen Sie, soll es richten auch unter den Bundesländern. Doch auch wenn Sie uns als Sozialromantiker mitleidig belächeln, wir als LINKE halten an der Forderung nach gleichwertigen Lebensverhältnissen in ganz Deutschland fest und im Grunde genommen auch über Deutschland hinaus.

Der Wettbewerb soll es nach Ansicht der Landesregierung aber offensichtlich nicht nur zwischen den Bundesländern richten, nein, er soll - und das ist Kern des Gesetzentwurfs - auch ins Beamten- und Besoldungsrecht einziehen. Das hört sich erst mal ganz nett an, sind doch Beamte mit vielen Klischees belastet, z.B. mit der Arbeitsunlust und dem Hang zur Gleichmacherei. Leistungsanreize können tatsächlich Arbeitsmotivation steigern. Aber sie können es nur dann, wenn sie in der Praxis auch tatsächlich funktionieren. Nun könnte ja jemand einwenden, eben aus dem von Ihnen so hochgehaltenen Prinzip der Gleichbehandlung müssen wir nun bei den Beamten im Besoldungsgesetz genauso verfahren wie vorgeschlagen, weil es ja bei den Angestellten und Arbeitern durch den Tarifvertrag der Länder für den öffentlichen Dienst auch geregelt ist. Aber auch an diesem Tarifvertrag gab es viel Kritik, nicht zuletzt weil er eine faktische Einkommensminderung für viele Betroffene bedeutet. Wir halten es nicht für sinnvoll, nun all diese Problempunkte auch auf das Besoldungsrecht der Beamten zu übertragen.

An der Stelle will und kann ich mir nicht verkneifen, noch mal auf unsere Grundsatzposition zur Gleichstellung aller Beschäftigtengruppen im öffentlichen Dienst zu verweisen. Das heißt aber nicht, alle im Unrecht gleich zu behandeln. Der europäische Harmonisierungsprozess wird vermutlich in absehbarer Zeit mit sich bringen, dass sich auch diejenigen über Fragen des Berufsbeamtentums einen Kopf machen müssen, die diese Institution bisher mehr oder weniger als unantastbar betrachten.

Doch von der Zukunftsmusik zurück zum vorliegenden Gesetzentwurf und der Kernfrage des Leistungsprinzips. Bereits hier fangen für meine Fraktion und mich die großen und kleinen Fragen zum Gesetzentwurf an und auch diese werde ich stellen.

Wie sind denn die Leistungsanreize im Gesetz konkret definiert? Gut, es gibt Zulagen, es gibt Prämien oder Ähnliches. Doch wie werden die Kriterien bestimmt, nach denen sich die Gewährung dieser Leistungsanreize bemisst? Wenn es handfest und praktisch werden soll, findet sich im Gesetzentwurf in fast allen Fällen lediglich der Verweis auf eine Rechtsverordnung - Beispiele: §§ 16, 24, 36, 47. Daraus entstehen weitere Fragen. Artikel 80 Grundgesetz, 84 Thüringer Verfassung - das sogenannte Bestimmtheitsgebot, was vorsieht, der Gesetzgeber darf der Landesregierung als Exekutive nicht alle Regelungsinhalte überlassen. Den Kerngehalt hat der Landtag als Gesetzgeber selbst zu bestimmen. Nach unserer Auffassung muss hier dringend geprüft werden, inwieweit die Regelungs- und Entscheidungskompetenz des Landtags verletzt wird. Man mag sich irgendwie an OPTOPOL oder andere The

men erinnert fühlen, aber es geht auch hier wieder um die Wahrung der Entscheidungsrechte des Landtags.

Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung reicht es nicht aus, Entscheidungsrechte des Landtags zu verteidigen. Genauso wichtig ist es, durchzusetzen, dass die betroffenen Bediensteten möglichst frühzeitig und mit möglichst weitreichenden konkreten Gestaltungsrechten am Entscheidungsprozess über diesen Gesetzentwurf beteiligt werden und nicht nur an diesem, sondern auch an allen zur Reform des Beamtenrechts anstehenden Gesetzentwürfen, denn die Schaffung einer modernen und demokratischen Personalvertretung ist hier ein entscheidender Punkt. Wir als LINKE werden uns zu gegebener Zeit nochmals mit unseren Vorschlägen in diese Debatte einmischen. Wir werden damit nicht zuletzt auch Forderungen des DGB aufgreifen, wie dieser sie zum Beispiel im Rahmen einer Veranstaltung in dieser Woche öffentlich kundgetan hat.

Unserer Meinung nach gibt es auch ohne Änderung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes durch Änderung des vorliegenden Gesetzentwurfs schon Möglichkeiten, ein Stück weit die Mitbestimmung der betroffenen Beschäftigten abzusichern. Andere Bundesländer sind offensichtlich in dieser Frage auch schon etwas weiter. Doch es ist ja nichts Neues, dass Landesregierung und Landtagsmehrheit in diesem Hause bei Fragen der Demokratisierung der Gesellschaft fast schon mit so etwas wie Stolz die rote Laterne des bundesweiten Schlusslichts hochhalten.

Wie wir uns wirksame Beteiligungsregelungen für Bedienstete in diesem Gesetzentwurf vorstellen könnten, dazu mehr in den Ausschussberatungen und in der hoffentlich intensiven mündlichen Anhörung mit einem möglichst breiten Spektrum aus Praxis und Wissenschaft. Nur so viel: Auch im Betriebsverfassungsrecht sind Fragen der Leistungsbewertung mitbestimmungspflichtig. Das heißt, wir müssen unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung auch die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes an deren Gestaltung entsprechend beteiligen.

Bei der Lektüre des Gesetzentwurfs drängt sich einem auch noch ein weiterer Verdacht auf, nämlich dass sich die Landesregierung bei solchen Fragen wie den Kriterien für die Leistungsbewertung vielleicht nicht so sehr aus Machtkalkül in Rechtsverordnungen flüchtet, sondern auch vor der Komplexität der Materie kapituliert. Aber der Landtag, meine Damen und Herren, darf sich nicht drücken. Das Bestimmtheitsgebot und die Verpflichtung, für die Betroffenen Rechtssicherheit zu schaffen, gebieten eine ausführliche Beschäftigung mit diesen Kriterien der Leistungsbewertung und mit den Mitbestimmungsrechten der Beschäftigten. Es darf unserer

Meinung nach nicht sein, dass der Arbeitgeber Staat praktisch eigenmächtig und über die Köpfe der Betroffenen hinweg wichtige Punkte der Besoldung und Beförderung festlegen können soll.

In einer Anhörung und in der weiteren Gesetzesberatung muss sich unserer Meinung nach der Landtag dann auch intensiv mit folgenden weiteren Fragen beschäftigen: Inwieweit muss man bei der Reform des Besoldungsrechts auch Themen wie Personalentwicklungskonzept für die Landesverwaltung oder Fragen der Hochschulentwicklung in den Blick nehmen? Wir meinen, solche Bezüge müssen schon jetzt mit bedacht werden. Die Besoldungs- und Beförderungsstruktur hatte auch schon in der Vergangenheit eine eher schlechte Steuerungsfunktion. Der DGB-Vorsitzende Steffen Lemme sprach auf der oben erwähnten Veranstaltung, glaube ich, nicht ohne Recht und ohne Grund von „Eingruppierungen nach Gutsherrenart“. Besteht durch die neue Besoldungsstruktur die Gefahr der mehr oder weniger versteckten Einkommensminderung? Wir meinen, diese Gefahr besteht. Näheres müssten wir im Ausschuss klären. Zu klären ist in diesem Zusammenhang auch, ob die Leistungsanreize über eine Absenkung des Niveaus des Grundgehalts finanziert werden. Das wäre dann eine Vorgehensweise, die so ein kleines bisschen an den Umgang mit Akkordarbeitern im produzierenden Gewerbe erinnert. Dass die Beschäftigten mit diesem Gesetzentwurf sozusagen als „staatliche Sparschweine“ benutzt werden können, wird nach Auffassung unserer Fraktion und auch nach der Auffassung anderer an einigen Stellen vermutbar. Soll der Staat als Arbeitgeber keine Verzugszinsen zahlen müssen, wenn er verspätet Gehalt zahlt? Finanzielle Entschädigung für Aufwendungen, die der Arbeitnehmer im Interesse bzw. für seinen Arbeitgeber tätigt, soll er nur bei Unzumutbarkeit, wann immer das auch sei, und auch nur dann ersetzt bekommen, wenn es die Haushaltslage erlaubt. Wann erlaubt denn die Haushaltslage das nach Ansicht der Landesregierung schon? Ein Beschäftigter muss Ansprüche gegen den Arbeitgeber, den Staat, innerhalb eines Jahres geltend machen, während der Staat gegenüber dem Bediensteten drei Jahre Zeit hat. Sehr nach Haushaltskonsolidierung sieht auch die Festlegung der Obergrenzen für Beförderungsämter aus.

Ein anderer Punkt: Im öffentlichen Dienst werden händeringend Leute mit Erfahrung in der freien Wirtschaft gesucht. Dann muss aber auch die Vorbeschäftigung entsprechend anerkannt werden. Auch hier sind die Regelungen des Gesetzentwurfs zu überprüfen. Die Frage der Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten stellt sich in spezieller Form im Rahmen des § 25 und bei der Definition des öffentlichen Dienstherrn gerade hinsichtlich der Beschäftigungszeiten in der DDR als nachzufragend dar. Ob

die strukturelle Gleichsetzung mit dem öffentlichen Dienstherrn West bezogen auf den Dienstherrn Ost tatsächlich angemessen ist, müsste man kritisch hinterfragen. Zu klären ist auch, ob die Gruppe der Richter und Staatsanwälte in diesem Gesetzentwurf entsprechend ihrer Rechtsstellung behandelt wird. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit ihrem Verfassungsgrundsatz der Gleichheit aller Rechtsprechung verbietet jegliche Leistungselemente. Das heißt, es spricht viel dafür, die einprozentige Leistungszulage gleich dem Grundgehalt zuzuschlagen.

All diese Fragen und noch einige mehr möchten wir als Fraktion DIE LINKE im weiteren Gesetzgebungsverfahren beantwortet haben. Zur Beantwortung dieser Frage ist eine umfangreiche mündliche Anhörung unverzichtbar, vor allem aber müssen dort die Bediensteten und ihre Interessenvertreter Gehör finden. Neben dem Haushals- und Finanzausschuss muss sich nach unserer Auffassung auch der Innenausschuss mit den Fragen beschäftigen, was ich hiermit beantragt haben möchte.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Baumann zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung hat den Entwurf eines Thüringer Besoldungsneuregelungs- und vereinfachungsgesetzes vorgelegt. Mit diesem Gesetzentwurf will die Regierung die im Rahmen der Föderalismusreform I geschaffenen Spielräume für die Länder im Bereich der Besoldung nutzen. Die Rückkehr zum sogenannten Besoldungsföderalismus war eine der heftigst umstrittensten Neuregelungen im Rahmen der Föderalismusreform I. Mit der Abschaffung einheitlicher Regelungen besteht tatsächlich die Gefahr, dass der Bezahlwettbewerb, der einstmals Anlass für die Schaffung einheitlicher Besoldungsregelungen war, wieder aufflammt. Es besteht noch mehr die Gefahr, dass die ärmeren Ostländer bei der Gewinnung qualifizierten Personals für die Verwaltung dauerhaft das Nachsehen gegenüber den reicheren Westländern haben mit der Folge, dass sich der öffentliche Dienst hier schlechter entwickeln kann als anderswo. Über einen längeren Zeitraum führt solch eine Entwicklung zu handfesten Standortnachteilen. Ich persönlich bedaure es sehr, dass viele Landesregierungen, so auch die Thüringer Landesregierung, ihre Bedenken hinsichtlich der Kompetenzverlagerung im Beamtenrecht nur zaghaft deutlich machten und letztlich im Interesse