Protokoll der Sitzung vom 10.04.2008

Deswegen dürfen uns die Bahnhöfe - auch diejenigen, die von der Deutschen Bahn als nicht mehr betriebswirksam erklärt werden - nicht egal sein. Die meisten Bahnhofsgebäude in Thüringen sind repräsentative Bauten, die das Stadtbild prägen. Da widerspreche ich dem, was Sie heute Morgen gesagt haben, dass die meisten Bahnhöfe irgendwo weitab wären. Nein, wenn wir von Haltestellen auf dem flachen Land reden sicherlich, aber zumindest in den Städten sind die Bahnhöfe an zentralen Orten. Es sind das Stadtbild prägende Bauten, sie stammen aus einer Zeit, als die Deutsche Bahn auch noch Städtebau betrieben hat. Das kann man heute nicht mehr in jedem Fall sagen, heute zählen vielfach für die Bahn nur noch die betriebswirtschaftlichen Aspekte.

Herr Minister, Sie haben auch recht, es sind bilaterale Verträge, die die Bahn mit Dritten ausgehandelt hat. Aber auch das hatte ich heute Morgen schon gesagt. Bei dem Verkauf der ersten Tranche der

Bahnhöfe sind vielmals die Kommunen außen vor gelassen worden. Sie hatten keine Möglichkeit, ihr Vorkaufsrecht wahrzunehmen. Erst durch die öffentliche Diskussion, die es nicht nur in Thüringen zu diesem Thema gibt - die kennen wir aus Brandenburg, die kennen wir aus Sachsen, die kennen wir aus Baden-Württemberg, dort war das ein Thema im Landtag, und wir kennen sie aus Bayern -, ist die Bahn dazu übergegangen, auch den Kommunen die Bahnhöfe anzubieten.

Bereits 2001 vereinbarte die Deutsche Bahn AG mit der Investmentgesellschaft First Private Property den Verkauf von bundesweit 1.019 Bahnhofsgebäuden. 2004 wurden 500 Gebäude verkauft. Der Gesamtpreis belief sich auf 14 Mio. €. Wenn man das mal umrechnet, dann sind das durchschnittlich 30.000 € pro Bahnhof gewesen. Wie gesagt, die betroffenen Kommunen waren außen vor. In Thüringen waren 44 Empfangs- und Bahnhofsgebäude von diesem Verkaufspaket betroffen. Darunter waren unter anderem die Bahnhöfe in Artern, Bad Frankenhausen, Bleicherode, Camburg, Dornburg/Saale, Gerstungen, Gößnitz, Neustadt/Orla, Rudolstadt, Schleiz, Ronneburg, Waltershausen, um nur einige zu nennen. Schauen Sie sich die Bahnhöfe an. An den meisten dieser Gebäude hat sich in der Zeit seit dem Verkauf nichts getan. Sie verfallen weiter. Das kann nicht im Sinne einer geordneten Stadtentwicklung in diesen Kommunen sein.

(Beifall SPD)

Aktuell sind noch 116 von 320 Bahnhöfen im Besitz der Bahn. Die First Rail Property GmbH ging in Konkurs. Das sollte hier nur mal am Rande erwähnt werden. Beherrschender Gesellschafter der First Rail Property war übrigens die Phönix-Kapitaldienst, ein in Thüringen durchaus hinlänglich sehr bekanntes Unternehmen. Die haben nämlich sehr viele Südthüringer Anleger um ihr Erspartes geprellt. Die Konkursmasse ging dann an das deutsch-britische Bieterkonsortium Patron Capital London/Procominvest Hamburg, aber getan hat sich auch seitdem an den Gebäuden nicht viel. Wir können keinerlei Sanierungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen beobachten. Die Konzepte, die der Käufer verfolgt, sind auch nicht bekannt; außer dass man damit Geld verdienen will, dass man die Gebäude vielleicht weiterverkaufen will für eine irgendwie geartete Nachnutzung. Bei 30.000 € pro Bahnhof sollen wahrscheinlich die meisten wiederverwertet werden. Dieses Konsortium wird sich wahrscheinlich nur einige Filetstücke herauspicken.

Wenn man auf die Internetseiten der Deutschen Bahn schaut, sieht man, weitere 41 Bahnhofsgebäude werden zurzeit zum Verkauf angeboten. Das sind unter anderem Friedrichroda, Straußfurt, Schlotheim,

Lobenstein, Schleusingen, Rossleben, Bad Salzungen, Erfurt-Nord, Bad Köstritz, Steinach, Schmalkalden. Viele dieser Bahnhöfe haben entscheidenden Einfluss auf das Stadtbild. Ich nenne hier nur das Beispiel Bad Salzungen. Der Bahnhof in Bad Salzungen grenzt direkt an das Kurgebiet der Stadt an. Nicht umsonst bemüht sich die Stadt Bad Salzungen jetzt, das Bahnhofsgelände zu kaufen. Ich nenne das Beispiel Breitungen, das durch die Presse ging, wo die Kommune bemüht ist, ihren Bahnhof zu kaufen und einer Nachnutzung zuzuführen.

In einem sind wir uns auch einig: Sicherlich liegen die Bahnhöfe meistens in einem beplanten Innenstadtgebiet, aber der Einfluss auf eine künftige Nutzung der Bahnhofsgebäude seitens der Kommunen ist doch wesentlich größer, wenn sie selbst Besitzer sind. Der Verkauf an Investoren ohne jegliches Nutzungskonzept ist daher aus unserer Sicht äußerst fraglich. Die Kommunen müssen zu fairen Bedingungen in der Lage sein, ihr Vorkaufsrecht wahrzunehmen. Darüber hinaus sollten diese Gebäude auch für die Nutzer von Bus und Bahn attraktiv sein. Wenn Sie hier sagen, der Verkauf der Bahnhöfe hatte bislang keinen Nachteil auf den Schienen-Personen-Nahverkehr, dann möchte ich das auch anzweifeln. Ein Bahnhof oder auch eine Zugangsstelle zum SPNV, die verfällt, wo ich mich z.B. als Frau abends im Dunkeln fürchten muss, die wirkt abschreckend. Da überlege ich mir dann doch lieber, ob ich nicht mit dem Auto fahre oder andere Möglichkeiten nutze. Deswegen sollten wir an dem Problem interessiert sein. Ich zitiere noch mal das Landesverkehrsprogramm: „Bahnhöfe sollten dort, wo dieses städtebaulich möglich ist, nicht nur Knoten zwischen öffentlichen und individuellen Verkehrsmitteln, sondern auch Erlebnisbereich und Begegnungsstätte sein“. Wenn wir das in Thüringen umsetzen wollen, dann können wir eben nicht zuschauen, dass die Bahnhöfe weiter an irgendwelche Konsortien verkauft werden, die nur ein Ziel verfolgen, nämlich die Weiterverwertung dieser Gebäude, und denen letztendlich die städtebauliche Entwicklung ziemlich egal ist.

Es gibt ja viele Möglichkeiten, wie ein Bahnhof genutzt werden kann, auch wenn er jetzt von der Bahn selber nicht mehr als betriebswirtschaftlich notwendig erachtet wird. Da ist zum Beispiel die Unterbringung eines Touristbüros gemeinsam mit der Kommune denkbar, um das Gebäude zu nutzen, um auch die Ankommenden über die Stadt zu informieren, die Möglichkeit, ein Museum unterzubringen oder andere Dinge. All dieses gibt es, aber das wird schwerlich in Gang kommen, wenn letztendlich für den Verkauf der Bahnhöfe nur die finanziellen Bedingungen eine Rolle spielen, wenn wir hier nicht den Einfluss der Kommunen auch sicherstellen können. Bayern hat z.B. im Innenministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die Kommunen berät, wie sie mit der

Situation umzugehen haben. Es muss nicht immer Geld kosten, was wir machen. Sie haben gesagt, Sie haben die Kommunen informiert. Es ist sicherlich auch ein richtiger Schritt, dass die LEG in einigen Modellstädten - Sie hatten sie genannt, Eisenach, Gotha, Jena, Nordhausen und Sondershausen - im Rahmen von „Genial zentral“ sich auch dem Problem der Bahnhöfe widmet, aber wir haben noch mehrere Bahnhöfe in Kleinstädten, darunter sind auch Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen. Das kann uns nicht egal sein. Hier müssen wir uns als Land auf die Seite der Kommunen stellen, das heißt, wir müssen die betroffenen Kommunen entsprechend beraten. Warum denkt man nicht auch über eine Förderung nach, wie das in Brandenburg der Fall ist, dort fördert das Infrastrukturministerium die Kommunen, wenn sie sich dazu entschließen, den Bahnhof selbst zu kaufen.

(Beifall SPD)

Auch hier wäre darüber nachzudenken, inwieweit Städtebaufördermittel in diesem Bereich eingesetzt werden können. Bei der LEG sollte es nicht bei den fünf Pilotstädten bleiben, sondern hier sollte auch anderen Kommunen diese Hilfe zuteil werden. Ich sage es noch einmal: Diese Bahnhöfe sind stadtbildprägende Gebäude. Wenn wir auch in der Stadtentwicklung weiterkommen wollen, dann müssen wir als Land hier auch helfen und nicht nur den großen Kommunen, denn gerade auch die kleinen und mittleren Städte sind oft mit den Problemen überfordert.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Sonntag zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der SPD, ich zitiere es jetzt trotzdem, Sie werden gleich merken warum, lautet: „Folgen des Verkaufs von Bahnhofsgebäuden für die Entwicklung des ÖPNV und für die Stadtentwicklung in Thüringen“.

Frau Doht, ich könnte es mir ganz einfach machen, schön wäre es. Ich hoffe, dass dieser Verkauf tatsächlich für die Stadtentwicklung Folgen zeitigt, aber ich bin mir da nicht so sicher, denn wenn Sie sich mal, Sie haben die Zahlen bereits genannt, diesen Verkauf - und Sie haben auch darüber gesprochen, wie seriös Sie den Erwerber einstufen - durch den Kopf gehen lassen und den Sinn, den dieser Verkauf macht; also wenn es zu positiven Folgen im ÖPNV und in der Stadtentwicklung führt, dann war

es eine gute Sache. Aber es könnte genauso - ich will es einfach mal spekulativ in den Raum stellen - nichts weiter sein als ein Bilanztrick der Bahn, um eine gewisse Anzahl von Immobilien, die schwer oder gar nicht zu entwickeln sind, einfach über einen Dritten aus der Bilanz rauszubekommen. Wir wissen ja, es geht hier um den Börsengang und ich will über weitere Folgen hier nicht spekulieren. Sie haben natürlich recht, man soll in solchen Dingen immer zuerst an das Positive denken. Also gehen wir mal davon aus, dass dieser Verkauf Folgen zeitigt, die Frage ist nur, welche.

Kleine Korrektur noch - nach meinen Unterlagen ist die Station Gößnitz nicht in dem Portfolio gewesen, sondern gehört nach wie vor noch Station und Service. Und dort tut sich übrigens auch was. Ihr Kollege, der vor Ihnen sitzt, der von dort kommt, kann Ihnen das brühwarm berichten, deswegen mache ich das jetzt hier nicht.

Meine Damen, meine Herren, zum Umfang der Verkäufe: Nach den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen gibt es in Thüringen noch 309 aktive Eisenbahnstationen der DB AG, ich wiederhole, der DB AG, davon null in der Kategorie 1 - die Kategorien waren ja heute früh ein Thema, drei in der Kategorie 2, darunter auch in unserer Landeshauptstadt der Bahnhof, vier in der Kategorie 3, drei in der Kategorie 4, 29 in der Kategorie 5 und 270 in der Kategorie 6. Nach Aussage der Bahn wurden in 2006/2007 insgesamt drei Empfangsgebäude durch die DB AG an Kommunen verkauft bei 42 Offerten. Daraus können Sie erkennen, wie groß das Interesse der Kommunen an diesen Empfangsgebäuden ist und das hat sicherlich seine Ursachen.

Da vorhin von Frau Doht der Begriff „Haltestelle“ mit eingeführt wurde, gebe ich jetzt mal eine ganz kurze Einführung in die Begriffswelt bei der Bahn. Ein Bahnhof ist eine Verkehrs- und Betriebsanlage der Eisenbahn, laut Definition „Bahnhof“ aus Eisenbahntechnikersicht, er muss über mindestens eine Weiche verfügen, Züge müssen dort beginnen, enden, kreuzen, überholen oder wenden dürfen. Folglich sind alle Bahnhöfe, Frau Doht, im Sinne Ihres Antrags, die der Kategorie 6 angehören, und das sind immerhin 87 Prozent in Thüringen, keine Bahnhöfe, sondern Haltepunkte. Da könnte ich es mir leicht machen und sagen, okay, reden wir über den Rest, aber dafür ist das Thema eigentlich viel zu wichtig, deswegen mache ich das natürlich nicht, Frau Doht.

Wenn ich mir jetzt Ihren Antrag punktmäßig vornehme, betrachten wir doch mal unter dem Aspekt des Punkts 2 - Bedeutung der Verkäufe - die derzeitige Nutzung derselben, nämlich der Bahnhöfe. Wenn Sie sich so ein normales Empfangsgebäude anschauen, das EG, also das Empfangsgebäude, ist

geschlossen, es hat keine Nutzung, die Zuwegung geht schon seit Jahren am Empfangsgebäude vorbei, Möblierung und Fahrkartenautomat stehen schon längst auf dem Bahnsteig. Dort führt der Zugang zu den Bahnsteigen seit Jahren am Gebäude vorbei und niemand käme auf die Idee, im Empfangsgebäude irgendeine dem Reisenden dienende Nutzung zu vermuten. Mitunter wohnt noch der alte Bahnhofsvorsteher im Obergeschoss oder ein ehemaliger Eisenbahner. Dann ist das Gebäude wenigstens einigermaßen vom Vandalismus verschont, mit Graffiti verziert ist es ohnehin. Dem Leistungskatalog für die sechs Bahnhofskategorien könnten Sie entnehmen, so Sie ihn hätten, dass Bahnsteige, Stationsschilder, Fahrpläne, aber auch die regelmäßige Reinigung zur Grundausstattung aller Kategorien gehören, doch bereits die Bahnhofsuhr und die Bahnsteigbank sind der Kategorie 5 und höher vorbehalten, der Wetterschutz ist gar erst ab der Kategorie 4 Basismerkmal. Ich wiederhole, 87 Prozent aller Thüringer Bahnhöfe sind Kategorie 6. Den Servicemitarbeiter, zeitweise, können Sie im Bahnhof der Kategorie 3 antreffen und den Servicepoint, wie die Auskunft auf neudeutsch heißt, dürfen Sie bzw. können Sie in Bahnhöfen ab Kategorie 2 ansprechen. Bahnhöfe der Kategorie 1 gibt es in Thüringen nicht. Wohlgemerkt, Frau Doht, von der Tor-zur-Stadt-Funktion des Empfangsgebäudes - daher auch diese Bezeichnung - ist bei aller Kategorisierung seitens der DB AG keine Rede. Hier dürfte die Interessenlage wohl eindeutig sein. Die Folgen der Verkäufe, Frau Doht, nun überlegen Sie mal mit, wie Sie bei einer solchen Geisterstation - und da könnte ich Beispiele nennen, ich greife nur mal Artern heraus - vom Tor zur Stadt sprechen können bzw. wollen. Hier waltet die Macht des Faktischen und ein paar mehr Jahre später ist das Empfangsgebäude versus Bahnhof reif für den Abbruch. Es bleibt die Zwischennutzung, der Minister erwähnte es, wenn sich ein Nutzer findet, oder es entsteht ein Parkplatz, so wie in Ronneburg, oder schlicht eine freie Fläche mit einem neuen gläsernen Wetterschutzhäuschen wie in Bad Sulza-Nord. Dort konnte in Zusammenarbeit mit der Stadt, deren Bürgermeister übrigens sich über Jahre vergeblich um den Kauf des Empfangsgebäudes bemüht hatte, wenigstens der Sockel des Empfangsgebäudes erhalten werden. Darauf steht nun der gläserne Wartewürfel.

Übrigens, im Zusammenhang mit dem Verkauf der Tranche von 490 Empfangsgebäuden, dessen Vermeldung in der Öffentlichkeit Sie sicher zum Anlass nahmen für diesen Antrag, wurde auch darauf verwiesen, dass dieses Konsortium sich verpflichtet habe - ich zitiere -, „innerhalb der nächsten fünf Jahre 15 Mio. € in die entsprechenden Gebäude zu investieren“.

Entschuldigung, ich habe jetzt nicht um Ihre Erlaubnis gefragt. Ich hole es nach. Danke.

Das macht pro Empfangsgebäude, Frau Doht, rund - wie Sie vorhin schon ausgerechnet hatten - 30.000 €. Damit, meine Damen und Herren - gestatten Sie mir die saloppe Bemerkung -, lässt sich bei den übertragenen Gebäuden der Abbruch über eine Förderung zur Not finanzieren. Das heißt, diesen hat das Konsortium finanziell bereits abgesichert. Doch ich will dem Investor, ich sagte es bereits, durchaus unterstellen, dass ihm an der Entwicklung der Objekte gelegen ist.

Die Mitwirkungsmöglichkeiten der Landesregierung war einer Ihrer Punkte. Erschwerend für das kommunale Engagement ist tatsächlich die vom Minister Trautvetter - er hat es vorhin dargestellt - genannte Problematik der Freistellung der Bahnflächen vom Fachplanungsvorbehalt.

Außerdem möchte ich Sie, Frau Doht, in dem Zusammenhang noch korrigieren, denn wenn Sie sagen, dass meistens die Bahnhöfe in beplanten Innenstadtgebieten liegen - Herrgott, schön wäre es, da hätten wir eine ganze Reihe Probleme in dieser Situation weniger, aber es ist tatsächlich so, in Thüringen ist eine ganze Reihe von Bahnhöfen aus verschiedenen Gründen, die lasse ich jetzt mal in der Diskussion beiseite, außerhalb dieser beplanten Gebiete, bei vielen Kommunen übrigens Anfang der 90er-Jahre ganz bewusst außerhalb gelegt worden. Das erschwert natürlich jetzt die Förderung, gerade eben über Städtebauförderung, von Maßnahmen an Bahnhofsgebäuden. Ich weiß, wovon ich rede.

Diese Freistellung vom Fachplanungsvorbehalt wird im Normalfall seitens der Bahn erst dann eingeleitet, wenn ein konkreter Bedarf dafür erkennbar ist. Ab dann, also wenn der konkrete Bedarf erkennbar ist, dauert es noch mal rund ein Jahr, bis alle Unterschriften eingeholt, bis alle Technik aus dem Empfangsgebäude entfernt ist und bis dies auch dokumentiert ist - das ist nämlich ganz wichtig. Diesem Zeitraum stehen Entscheidungsstrukturen und vor allen Dingen die Fristen für den Fördermitteleinsatz bzw. für dessen Mittelabfluss oft entgegen und das ist für die Kommunen natürlich eine ganz wichtige Angelegenheit, daran scheitert vieles.

Auf die Schwierigkeiten, vor denen die Kommunen noch stehen, hat Minister Trautvetter in seinem Bericht hingewiesen. Das lasse ich jetzt hier mal weg. Das konsensuale Verfahren hat er erläutert.

Ich gehe mal auf ein anderes Programm, was wir schon länger im Freistaat haben, etwas näher ein, und zwar das Bahnhofsverschönerungsprogramm. Das ist, Frau Doht, im Wortsinne das, was Sie vorhin gefordert haben. Da ist nämlich die Hilfe organisiert für die Kommunen. Das ist nicht immer die

finanzielle Seite des Bahnhofsverschönerungsprogramms, das ist meistens nur - ich will es mal salopp sagen - eine Einschubfinanzierung. Viel entscheidender ist, dass wir über dieses Bahnhofsverschönerungsprogramm weitere Förderung - und dort ist der Löwenanteil drin untergebracht - mit aktivieren können, denn auf der Ebene der viel kleineren Stationen kann unter Nutzung der jeweils passenden Fördermöglichkeiten viel erreicht werden, wenn es möglich wird - das ist des Pudels Kern -, die Fristen der Bahn und die Interessen und die finanzielle Situation der Kommunen einander anzugleichen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie mal eine Zwischenbemerkung in den Saal. Ich habe den Eindruck, dass die Aufmerksamkeit in dem Maße sinkt, wie der Geräuschpegel im Saal steigt. Ich bitte Sie, doch bis zum Ende der heutigen Tagesordnung den Rednerinnen oder den Rednern hier zuzuhören.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, aber ich weiß sehr wohl aus eigener bitterer Erfahrung, dass das Thema Eisenbahn im frühen Kindesalter sicher noch von Interesse ist, aber mit zunehmendem Alter immer uninteressanter wird für die meisten Bürger.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das stimmt nicht, Herr Sonntag.)

Danke. Ich sehe eine einzige Gegenrede, aber das sagt Ihnen alles, Frau Kollegin.

Also wir haben auch zugehört, Herr Sonntag.

Danke schön.

Kurz und gut, die Thüringer Nahverkehrsservicegesellschaft (NVS) hat sich über ihr Bahnhofsverschönerungsprogramm in den letzten Jahren verstärkt auch diesen Anliegen der kleineren Kommunen, dieser Partner also, angenommen. Dabei konnte eine ganze Reihe von Bahnhöfen verschönert werden. Wenn ich das Wort „verschönern“ - ich sage mal - im ironischen Sinne sehen kann, natürlich haben wir in Ronneburg die Station verschönert, denn der große Klotz, das Empfangsgebäude, steht nicht mehr, der ist weg. Das Gleiche gilt für Grimmental. In Gößnitz ist vieles weggerissen worden. Da kämpfen wir noch darum, dass wenigstens ein Teil des Empfangsgebäudes, das unter Denkmalschutz steht,

von der Bahn stehengelassen wird. Eisenach ist verschönert worden, ebenso wie Immelborn. Dort haben wir ein wunderschönes Fachwerkgebäude wieder auf Vordermann gebracht. Was dort noch fehlt, ist die Nutzung. Falls Ihnen dazu Ideen kommen, lassen Sie es uns wissen.

Altenburg ist teilweise gemacht worden. Wobei Altenburg zu den Stationen zählt, die das Prädikat „Tor zur Stadt“ im positiven Sinne durchaus verdienen. Im Übrigen ist es auch eine interessante Bemerkung, Frau Doht - Gera, Eisenach, Weimar, Altenburg nannte ich schon -, Sonneberg, Meiningen sind durchaus Stationen, die man gern als „Tor zur Stadt“ im positiven Sinne nennen wird. Das sind interessanterweise genau die Stationen, die die DB Service & Station auf jeden Fall behalten will. Das sagt doch alles.

Daneben hat es auch ein gesamtheitliches Engagement längs ganzer Strecken gegeben sowohl bei der Sonneberger Schiene - Insider werden das wissen -, auf der so genannten Pfefferminzbahn, das ist von Sömmerda nach Großheringen - das ist bei Naumburg und der Sormitztalbahn, für die, die jetzt draußen die Ausstellungseröffnung miterlebt haben, das ist die Gegend Saalfeld - Blankenstein.

Meine Damen, meine Herren, glauben Sie mir, mir blutet manchmal das Herz, wenn ich die Verschönerung der Station faktisch als den Abbruch des Empfangsgebäudes betrachte. Da zeigt sich, ich habe es schon gesagt, die Ironie der deutschen Sprache. Aber, und ich nehme mal ein sehr markantes, oft im Sinne des Wortes ortsbildprägendes Bahnhofsgebäude, z.B. den Wasserturm. Es stehen noch eine ganze Reihe davon und die sind ortsbildprägend, die sind groß genug. Die sind heute funktionslos, nur noch so dastehend. Mit dem Abbruch des Gebäudes fällt ein weiteres Stück Eisenbahngeschichte am Standort. Soweit die Fakten, soweit die Bilanz. Nur, und das ist das Problem, wenn Sie es fertigbringen, für dieses Gebäude eine Nachnutzung, eine andere Nutzung nachzuweisen, dann liegt es im Benehmen der Bahn und die hat da gar nichts dagegen, wenn das Gebäude erhalten bleibt.

Frau Doht, schauen Sie sich mal in Thüringen um, wie viele Kommunen haben überhaupt ein Interesse daran, sich darüber Gedanken zu machen, wie man so einen alten Wasserturm nachnutzen könnte. Ich garantiere Ihnen eines, die meisten werden sagen: Was soll es, das ist nicht unser Problem, weg das Ding. Es ist aber so.

Das gilt auch für andere Bahnhofsgebäude und ich habe Kommunen erlebt, die sich sehr um eine Umnutzung gekümmert haben, aber auch Kommunen, denen das alles ziemlich egal war. Dort ist es eben

zu Abbrüchen gekommen, wenn sich die Bahn auch mit Unterstützung durch den Freistaat zur Verbesserung der Vor-Ort-Situation entschlossen hat. Daher ist der Verweis des Ministers auf ein tragfähiges Gesamtnutzungskonzept, so das angesprochene Stadtentwicklungskonzept, von eminenter Tragweite. Spätestens hier sollte den Kommunen bewusst werden, dass - und hier hat Minister Trautvetter eine so schöne Formulierung gebraucht, dass ich die noch mal zitieren möchte: „Bahnhöfe, Bahnanlagen und deren Umfeld stellen aber zugleich eine nicht zu unterschätzende Herausforderung im Hinblick auf eine funktionale und gestalterische Einbindung in die zukünftige Entwicklung der Stadt oder Gemeinde dar.“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Deswegen, Frau Doht, ich muss es an Ihnen festmachen, ich weiß nicht, was mein Nachfolgeredner von den LINKEN dazu noch sagen wird. Frau Doht, die von Ihnen eingeforderten Folgen beim Verkauf, die kriegen wir nur hin - und da bedarf es der Mitwirkung aller, also auch Ihrer Mitwirkung, wobei ich davon ausgehe, bei Ihnen wird es nicht gar so schwer sein, da renne ich bestimmt eher offene Türen ein -, wenn die Kommunen in der Lage sind, diese private Gesellschaft bei der Weiternutzung dieser verkauften Gebäude zu unterstützen.

Ich habe zwei Beispiele dafür. Ich möchte jetzt den Namen nicht nennen, da das momentan noch in Verhandlung ist, aber ich sage Ihnen eines: Es ist schwierig, aber es ist machbar. Und was diese Gesellschaft betrifft, Frau Doht, das könnte genauso gut auch eine reine Fondslösung sein und dann, bin ich der Meinung, die haben gar nicht das sonderlich große Interesse an einem Verkauf. Deswegen ist es umso wichtiger, dass man die entsprechend auf diese Absicht abklopft. Wie gesagt, ich habe zwei Beispiele dafür, die positiv sind, aber eben leider Gottes nur zwei. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Abgeordneter Lemke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im Grunde kann ich es kurz machen. Frau Doht, ich glaube, das Berichtsersuchen ist erfüllt. Der Minister hat das berichtet, was man dazu berichten kann, mehr gibt es dazu eigentlich gar nicht. Herr Sonntag, Ihnen muss ich mal ein Kompliment machen, die Zeit in der NVS, Hut ab, Sie haben die genutzt, Sie wissen worüber Sie reden. Da kann man nur sagen, das war fundiertes Wissen. Und so, wie Sie es dar