Protokoll der Sitzung vom 09.07.2008

Insoweit ist ja ganz klar, unser wichtigstes Ziel muss sein, die Menschen für Politik zu interessieren. Insofern lehnen wir den Antrag, das wird Sie nicht überraschen, ab. Wir gehen eher einen anderen Weg, den haben wir mit der Einbringung des Gesetzentwurfs zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und zur verbesserten Teilhabe an kommunalen Entscheidungsprozessen vorgelegt. Wir wollen, dass die Bürger sich aktiv beteiligen können in Wahlen, in Abstimmungen, in Volksbegehren, wir wollen auch, dass die direkte Teilhabe der Bürger an Einzelentscheidungen besser möglich ist.

(Unruhe SPD)

Insoweit, glaube ich, gehen wir, was das Problem der Politikverdrossenheit anlangt, den richtigen Weg. Was natürlich auf der kommunalen Ebene gilt, meine Damen und Herren, gilt auch für die Landesebene.

Das heißt aus unserer Sicht, dass es uns geboten erscheint, dass die Bürger auch eine eigenständige Abstimmung über die Politik im Land führen müssen, und dass wir die nicht zusammenfassen und die SPD im Windschatten von Kurt Beck da in eine große Wahlniederlage hineinsegelt, sondern dass Sie für die Oppositionsarbeit hier eine Abrechnung und eine Quittung bekommen.

(Unruhe SPD)

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Danke für Ihr Mitgefühl.)

Insofern glaube ich, ist es deswegen sinnvoll, dass wir eine eigenständige Landtagswahl hier in Thüringen durchführen und Sie nicht in die Situation bringen, dass Sie da in Kurt Becks Windschatten mitsegeln können. Das wäre auch ohnehin eher schlecht für Sie.

Meine Damen und Herren, man könnte natürlich dann auch sagen, Demokratie ist die Herrschaft des Volkes. Das heißt, die Mehrheit der Bevölkerung entscheidet, und deswegen muss uns das auch was kosten. Insofern könnte man dann auch sagen, dass das Kostenargument überhaupt keine Rolle spielt. Ich habe aber aus Ihrem Antrag heraus gesehen, dass Sie anders als sonst eine große Sorge um den Landeshaushalt umtreibt und dass Sie hier meinen, mit Kostenargumenten für Ihren Antrag der Zusammenlegung von Bundestagswahl und Landtagswahl sprechen zu können.

Nun gut, ich wollte dieses Kostenargument ja eigentlich nicht anführen. Aber selbst wenn man sich dieses Arguments bedient, meine Damen und Herren, möchte ich darauf hinweisen, dass der Antrag der SPD-Fraktion nicht stichhaltig ist, und zwar nicht stichhaltig unter dem Punkt, dass man sich ja überlegen muss, wenn wir schon Kostenargumente ins Feld führen, dann sollten wir doch darauf schauen, wo wir denn möglichst viele Kosten einsparen. Die Einsparungen sind so, dass wir - wie das auch aus den Anfragen hervorging - bei einer Zusammenlegung von Bundestags- und Landtagswahl rund 352.000 € einsparen würden. Wenn wir hingegen Landtags-, Europa- und Kommunalwahlen zusammenlegen würden, kämen wir auf Einsparungen von rund 1,5 Mio. €. Insofern scheint mir offenkundig zu sein, dass man - wenn man sich dem Kostenargument stellen wollte - eher sagen müsste, lasst uns doch noch mal überprüfen, ob wir nicht die Verfassung insoweit auch ändern, dass eine Zusammenlegung von Landtagswahl, Europawahl und Kommunalwahl möglich ist. Dies könnte dann auch unter dem Gesichtspunkt der Wahlbeteiligung zielfüh

rend sein. Wie wir ja alle wissen, ist es so, dass die Bundestagswahl ohnehin eine selbstständig hohe Wahlbeteiligung hat. Die Landtagswahl hat auch eine hohe Wahlbeteiligung. Wenn wir das dann mit Kommunal- und Europawahl bündeln, würden wir für die Europa- und auch für die Kommunalwahl eine entsprechend höhere Wahlbeteiligung erreichen. Insofern ließe sich also sagen, wenn Sie schlüssig argumentieren würden, müssten Sie uns hier empfehlen, dass wir Landtagswahl, Kommunalwahl und Europawahl zusammenlegen. Dass Sie das nicht tun, meine Damen und Herren, das ist uns ja allen klar, hat vor allen Dingen parteitaktische Gründe. Ich will darauf gar nicht näher eingehen.

(Zwischenruf Abg. Pilger, SPD: Die würde ich ja gern mal hören.)

Aber aus unserer Sicht scheint es sowohl aus Aspekten der Kosten natürlich, dass die Demokratie Kosten verursacht, dass wir diese auch hinnehmen und tragen müssen, weil das so ist zum einen und zum anderen scheint es uns auch die richtige Ordnung im Land zu sein. Darauf hat man sich ja mal verständigt, als das Wahlgesetz erlassen wurde, dass die Wahltermine durch die Landesregierung letztlich bestimmt werden innerhalb einer Frist, die die Verfassung vorgibt. Insofern, meine Damen und Herren, wollen wir, dass die Bürger eine eigenständige Entscheidung zur Landespolitik treffen können, die nicht überlagert wird durch Entscheidungen etwa zu bundespolitischen Fragen.

Insofern, meine Damen und Herren, sind wir deswegen gegen den Antrag der SPD-Fraktion, der sowohl inhaltlich nicht überzeugt und nicht schlüssig ist als auch aus den von Ihnen dargelegten Kostenargumenten nicht tragfähig ist. Ich beantrage deshalb die Ablehnung des Antrags.

Abgeordneter Carius, gestatten Sie eine Frage von Herrn Abgeordneten Höhn?

Selbstverständlich.

Bitte, Abgeordneter Höhn.

Danke, Herr Kollege. Wenn Ihre Argumentation so schlüssig ist, wie Sie uns jetzt hier glauben zu machen versuchen, warum hat dann die Vorsitzende der CDU im Bund, die Frau Merkel, genau diese

Zusammenlegung von Bundes- und Landtagswahlen befürwortet?

Ja, das ist natürlich eine eigenständige Entscheidung der Bundeskanzlerin, ob sie was befürwortet oder nicht. Ich denke aber doch, dass wir hier einen guten Weg gehen, wenn wir unseren Schwerpunkt auf landespolitische Themen legen. Wenn Sie das aus anderen parteitaktischen Gründen für sich missbrauchen wollen, ist das Ihre Sache. Ich denke nicht, dass der Landtag gut beraten wäre, diesen Weg mitzugehen. Danke.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Matschie, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Carius, ich glaube, Sie müssen das nächste Mal Ihre Argumente etwas besser sortieren. Zu Beginn Ihrer Rede haben Sie uns nahegelegt, möglichst oft wählen zu lassen 2009. Dann haben Sie uns empfohlen, gleich drei Wahlen zusammenzulegen und dazu auch noch die Verfassung zu ändern.

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Ich habe nur aufgegriffen, was Sie beantragt haben.)

Sie müssen sich schon entscheiden, Herr Carius, was Sie einfordern wollen. Zum formalen Verfahren will ich auch noch einmal deutlich machen, natürlich ist uns auch klar, dass die Landesregierung die Entscheidung zu treffen hat über die Wahltermine. Aber dieser Antrag ist einer, in dem der Landtag eine Aufforderung ausspricht an die Landesregierung. Das Thema „Wahltermine“ wird landauf, landab diskutiert und ich finde, es ist nur richtig und gut, wenn sich auch der Landtag damit beschäftigt und sein Votum zu dieser Frage abgibt. Ich finde es schon ein bisschen abenteuerlich, wenn Sie, nachdem wir in der letzten Legislaturperiode die Verfassung geändert haben, um den Wahltermin festzulegen, damit er wieder im Herbst stattfinden kann, jetzt, wo Sie parteitaktisch kalte Füße bekommen, was die Wahltermine angeht, uns eine erneute Verfassungsänderung empfehlen, um den Wahltermin wieder in das Frühjahr vorzulegen.

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Auf den 18. März.)

Wer so mit der Verfassung umgeht, der wird nur Frustration bei den Bürgern ernten können.

(Beifall SPD)

Herr Carius, Sie haben ja heute schon einen Antrag vorgelegt, da ging es um einen Tag der Parlamentarischen Demokratie. Ich finde, Sie sollten noch einmal überlegen, ob Sie nicht der parlamentarischen Demokratie auch einen Dienst damit tun, wenn Sie die Wahltermine dort, wo das sinnvoll möglich ist, auch zusammenlegen. Es war ja auch nicht nur die Kanzlerin, die sich dafür ausgesprochen hat, sondern auch der Bundespräsident hat sich in seiner Berliner Rede für die Zusammenlegung von Wahlterminen ausgesprochen, da, wo das möglich ist. Und es ist auch erlaubt, mit der Kostenfrage zu argumentieren. Natürlich kostet Demokratie Geld, kosten demokratische Institutionen Geld. Dieses Geld ist auch sinnvoll ausgegeben für das Funktionieren unserer Gesellschaft. Aber da, wo es möglich ist, ohne großen Aufwand Kosten zu sparen, muss auch um das Einsparen von Kosten geredet werden können. Herr Carius, es ist nun einmal so, wenn man die Kommunal- und Europawahl und die Bundestags- und Landtagswahl zusammenlegt, dass man dann Kosten spart und dass es deutlich günstiger für die Steuerzahler kommt als wenn man alle vier Wahlen getrennt macht. Dafür haben Sie ja plädiert, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Ich glaube auch, dass es nicht besonders bürgerfreundlich ist, einen Landtagswahltermin noch im August ins Auge zu fassen, wie das im Moment kolportiert wird. Zwar sind die Schulferien da schon zu Ende, die liegen sehr zeitig im nächsten Jahr, aber dennoch ist für viele, die nicht an die Schulferien gebunden sind, der August immer noch klassische Urlaubszeit. Auch deshalb, glaube ich, wäre es sinnvoller und im Sinne der Bürger, wenn der Wahltermin nicht schon im August liegt, sondern zusammengelegt wird mit dem Bundestagswahltermin Ende September. Auch das gehört zu den Ritualen nach vielen Wahlen, dass sich politisch Verantwortliche über die niedrige Wahlbeteiligung beklagen und, wie ich finde, auch oft zu Recht. Auch ich wünsche mir, dass sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger an Wahlen beteiligen. Es ist kein Geheimnis, und dafür gibt es auch Beispiele, die man auswerten kann, dass die Wahlbeteiligung höher wird, wenn die Wahlen zusammengelegt werden. Wir hatten die höchste Wahlbeteiligung bei einer Landtagswahl an dem Zeitpunkt, das war 1994, als Landtagswahl und Bundestagswahl zum gleichen Zeitpunkt stattfanden. Wir haben bei der letzten Landtagswahl noch eine Wahlbeteiligung von knapp 54 Prozent gehabt und haben bei Bundestagswahlen im Durchschnitt eine Wahlbeteiligung von 75 Prozent gehabt. Ich finde, auch das ist für demokratische Parteien eine Überlegung wert, wie kann es durch die Entscheidung von Wahlter

minen gelingen, dazu beizutragen, dass möglichst viele Menschen sich an der Wahl beteiligen. Ich sage in Klammern dazu, auch die Auseinandersetzung mit rechtsextremen Parteien spricht dafür, dass wir alles unternehmen, um eine hohe Wahlbeteiligung hinzubekommen. Wir wissen, dass es mit einer hohen Wahlbeteiligung

(Beifall SPD)

besser möglich ist, extreme Parteien aus den Parlamenten herauszuhalten.

Werte Kolleginnen und Kollegen, deshalb - auch vor dem Hintergrund der Debatte heute Vormittag - bitte ich Sie einfach noch einmal nachzudenken, ob Sie nicht mit uns gemeinsam die Landesregierung auffordern, die möglichen Wahltermine zusammenzulegen, nämlich Europawahl und Kommunalwahl, Landtagswahl und Bundestagswahl, das ist bürgerfreundlich, das spart Kosten und das ist im Sinne der Demokratie, die wir gemeinsam stärken sollten.

(Beifall SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen … Bitte, Herr Abgeordneter Hausold.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vielleicht die Frage aufgreifend parlamentarische Demokratie und ihre Bedeutung und ihr Ansehen bei den Bürgerinnen und Bürgern. Zu diesem Ansehen gehört natürlich auch, dass man als politische Partei wie als Parlamentarier klar vor der Öffentlichkeit seine Ambitionen deutlich macht. Ich glaube ja - und das muss ich vor allen Dingen an Sie von der CDU weitergeben, etwas allerdings auch an meine Kollegen von der SPD-Fraktion -, so ganz deutlich sagen Sie das hier nicht, warum Sie sich einerseits zu dem Antrag und andererseits, was Sie betrifft, unter anderem auch zur Ablehnung dieses Antrags positionieren. Ich glaube schon, es ist jedem völlig klar, dass jedes parteipolitische Kalkül dabei überhaupt keine Rolle spielt.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wenn Sie denken, das nimmt Ihnen jemand im Land ab, dann sind Sie auf dem Holzweg an der Stelle.

(Beifall DIE LINKE)

Aber manche sagen im Übrigen besser der Holzweg als gar kein Weg, das weiß ich schon, dass ist

ja Ihre Methode, meine Damen und Herren von der CDU - wenig hilfreich kann ich da nur sagen.

Ich will hier noch einmal zwei Punkte nennen. Ich glaube schon, dass man bei den Wahlanalysen der vergangenen Jahre sehen kann, dass einerseits die SPD immer gut bei den Bundestagswahlen - zumindest bei der letzten - abgeschnitten hat. Es sei ihr in diesem Zusammenhang wirklich gegönnt. Es ist andererseits klar, dass Sie glauben, mit Ihrer Politik schöner unsere Städte und Gemeinden und weiter so - also mit einer speziellen Thüringenwahl, den Begriff habe ich auch schon oft gehört, am besten Punkten zu können. Aber ich will Ihnen noch einmal deutlich sagen, das Wichtigste, was die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land wirklich brauchen - das sollte mit unterschiedlichen Nuancen der gemeinsame Anspruch sein - ist in den Kernfragen eine andere Politik. Da gestehe ich der SPD zu, das Sie viel näher an dieser anderen Politik dran ist. Sie wollen Ihre fortführen, die offensichtlich nicht mehr von Erfolg gekrönt sein wird, das pfeifen ja nun die berühmten Spatzen von den Dächern, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb brauchen wir hier auch nicht so eine Akrobatik zu bemühen. Ich kann Sie beruhigen, Herr Carius, wenn Sie gegenwärtig vom Windschatten des Herrn Beck sprechen und vielleicht auf das Wahlergebnis mit einiger Unruhe schauen, da muss ich sagen, nach den jetzigen Erkenntnissen müssen Sie ja diese Bedenken noch nicht einmal haben. Da könnten Sie viel großzügiger mit diesen Fragen umgehen und brauchen sich gar nicht so zu verstellen, wenn Sie ein ehrliches Votum wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Ansonsten sage ich, die rational vorgetragenen Argumente der SPD sind durchaus stimmig und deshalb werden wir dem Antrag, die Landesregierung entsprechend aufzufordern, auch zustimmen. Im Übrigen, was meine Partei und Fraktion betrifft, wir gehen davon aus, dass wir mit unseren Alternativen und politischen Konzepten unabhängig vom Wahltag im Jahr 2009 großen Erfolg haben werden und deshalb unser Votum in diese Richtung.

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Wünscht die Landesregierung das Wort? Bitte, Frau Ministerin.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, in einem Punkt Ihres Antrags, sehr geehrte Damen und Herren von der SPD-Fraktion, namentlich Herr Matschie, stimme ich ja mit Ihnen überein. Bisher stehen weder der Termin für die Europawahl noch der Termin für die Bundestagswahl fest. Das kam nicht so ganz klar bei Ihnen rüber, Herr Matschie, aber es steht eben nicht fest der Termin für die Bundestagswahl. Die übrigen Punkte in Ihrem Antrag weise ich namens der Landesregierung allerdings mit Entschiedenheit zurück. Die Landesregierung wird in verantwortungsvoller Art und Weise und zu gegebener Zeit den Zeitpunkt für die Kommunalwahl und den Zeitpunkt für die Landtagswahl festlegen.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Das ist aber ein schöner Satz.)

(Unruhe SPD)