1. Wie viele Gefangene nicht deutscher Herkunft wurden nach Kenntnis der Landesregierung in welchen Thüringer Justizvollzugsanstalten seit dem Jahr 2004 bei der Vergabe von Ausbildungs- und Arbeitsstellen und -gelegenheiten berücksichtigt bzw. nicht berücksichtigt?
2. Welche, insbesondere rechtlichen Gründe lagen in den konkreten Fällen der Nichtberücksichtigung bzw. den Problemen bei der Vergabe zugrunde und welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu diesen Begründungen vor allem unter rechtlichen Gesichtspunkten?
3. Inwieweit spielte die oben genannte Argumentation der fehlenden Herkunft aus Thüringen eine Rolle und welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu dieser Begründung vor allem unter rechtlichen Gesichtspunkten?
4. Welche Möglichkeiten gibt es für die bei der Vergabe nicht berücksichtigten Personen, möglichst zeitnah doch noch bei der Vergabe von Arbeits- oder Ausbildungsplätzen und -gelegenheiten der bzw. in den Thüringer Justizvollzugsanstalten berücksichtigt zu werden?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sedlacik beantworte ich für die Landesregierung wie folgt, allerdings sehr kurz, denn ich beantworte die Fragen 1 bis 4 zusammenhängend:
Im Thüringer Justizvollzug werden Gefangene mit nicht deutscher Herkunft und Gefangene, die nicht aus Thüringen stammen, bei der Zuweisung von Beschäftigungsmöglichkeiten nicht benachteiligt. Weder dem Thüringer Justizministerium noch den Justizvollzugsanstalten des Landes liegen hierzu Beschwerden vor. Da Statistiken über das Herkunftsland oder die ethnische Zugehörigkeit der beschäftigten Gefangenen nicht geführt werden, ist eine Beantwortung der Einzelfragen nicht möglich.
Im Übrigen erlaube ich mir zur Beschäftigtensituation der Gefangenen auf die Antwort der Landesregierung zu den Fragen 29 bis 36 der Großen Anfrage der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksache 4/2330 - vom 09.01.2007 in Drucksache 4/2594 zu verweisen.
Ja, und zwar inwiefern sieht die Landesregierung die Notwendigkeit bzw. Möglichkeit, die Zahl der Ausbildungs- und der Arbeitsplätze oder -gelegenheiten in den Justizvollzugsanstalten zu erhöhen? Noch eine Nachfrage, inwiefern sieht die Landesregierung angesichts der bestehenden Situation die Notwendigkeit bzw. die Möglichkeit, rechtliche Nachbesserungen vorzunehmen, um den Betroffenen den Zugang zu einer Beschäftigung während der Haft zu erleichtern?
Ich weise noch mal darauf hin, dass die Landesregierung sehr umfangreich auch auf diese Nachfragen schon in der Beantwortung der Großen Anfrage Stellung genommen hat. Ich kann nur noch mal dazu ausführen, dass es den Justizvollzugsanstalten obliegt, allen Strafgefangenen eine ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen angemessene Arbeit zuzuweisen. Das gilt eben auch für die Teilnahme an beruflichen und schulischen Bildungsmaßnahmen, die im Thüringer Justizvollzug in erfreulicher Weise auch bisher nicht bestritten in großem Umfang angeboten werden können. Zurzeit bestehen in den sechs Thüringer Justizvollzugsanstalten ca. 600 Aus- und Fortbildungsplätze.
Danke. Weitere Nachfragen kann es nicht geben, insofern kommen wir zur nächsten Anfrage, Abgeordneter Hauboldt, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/4359.
An fünf Thüringer Gerichten sollen ab 15. September 2008 Modellprojekte zur gerichtlichen Mediation gestartet werden, so kündigte es Justizministerin Marion Walsmann laut Südthüringer Zeitung (STZ) vom 18. August 2008 in einem Redaktionsgespräch an. Mit der Mediation, einem speziellen Verfahren der Konfliktlösung und Streitschlichtung, soll im Rahmen von Gerichtsverfahren deren streitige Entscheidung durch Urteil und so die etwaige Entstehung möglichen zukünftigen Konfliktpotenzials vermieden werden. Auch auf dem ebenfalls im September stattfindenden Deutschen Juristentag in Erfurt soll Mediation zu den Schwerpunktthemen gehören.
1. Inwiefern wurden an Thüringer Gerichten schon vor dem Modellprojekt Formen der Mediation im Rahmen oder außerhalb von Gerichtsverfahren praktiziert?
3. In welchem Zeitraum soll das Modellprojekt abgeschlossen bzw. in ein reguläres Angebot für Prozessparteien überführt werden?
4. Welche Erfahrungen haben nach Kenntnis der Landesregierung andere Bundesländer mit der gerichtlichen Mediation in Modellprojekten oder als reguläre Angebote gesammelt?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Gestatten Sie mir, bevor ich zu den Einzelfragen komme, eine Vorbemerkung. Ich habe gemäß § 74 Abs. 3 der Geschäftsordnung angekündigt, in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Justiz, Bun
des- und Europaangelegenheiten am 25. September ausführlich zum Thema „Pilotprojekt zur gerichtsinternen Mediation in Thüringen“ zu berichten, in dem Sie, Herr Abgeordneter Hauboldt ja ordentliches Mitglied sind. Vor diesem Hintergrund und da Sie wissen, wenn ich sage ausführlich berichten, dann meine ich das auch so, werde ich mich bei der Beantwortung dieser Mündlichen Anfrage jetzt kurz fassen.
Zu Frage 1: Grob umrissen unterscheidet man die außergerichtliche Mediation und die gerichtsinterne Mediation. Im Hinblick auf die außergerichtliche Mediation lässt sich sagen, dass diese in Thüringen in der Regel von professionellen Mediatoren betrieben wird. Im Hinblick auf die gerichtsinterne Mediation ist die Frage nicht eindeutig zu beantworten, da der Begriff der Mediation nicht abschließend und eindeutig definiert ist. Gemeinhin wird darunter ein auf Freiwilligkeit der Parteien beruhendes Verfahren verstanden, bei dem ein Vermittler ohne Entscheidungsgewalt die Kommunikation zwischen den Parteien systematisch mit dem Ziel fördert, eine von den Parteien selbst verantwortete Lösung ihres Konflikts zu ermöglichen. Elemente der Mediation gelangen aber auch im Rahmen der in § 278 Abs. 2 Zivilprozessordnung vorgesehenen Güteverhandlung vor dem Prozessgericht zum Einsatz. Nach Abs. 5 Satz 2 dieser Vorschrift kann das Gericht den Parteien eine außergerichtliche Mediation vorschlagen, wovon in Einzelfällen Gebrauch gemacht wird. Auch das bei einigen Familiengerichten praktizierte Cochemer Modell weist Züge einer Mediation auf. Die gerichtsinterne Mediation, die mit dem Thüringer Projekt „Güterichter“ erprobt werden soll, ist in der Thüringer Justiz bislang allerdings nicht auf der Grundlage eines entsprechendes Konzepts oder Projektes praktiziert oder angeboten worden. Gerade dies soll mit dem Projekt an bestimmten Gerichten aber erfolgen.
Zu Frage 2: Das Projekt wird unter wissenschaftlicher Begleitung von Prof. Dr. Unberath von der FriedrichSchiller-Universität in Jena und Prof. Dr. Greger von der Universität Erlangen/Nürnberg durchgeführt.
Zu Frage 3: Das Modellprojekt ist für die Dauer von drei Jahren ausgelegt. Die für den Bürger sichtbare Umsetzung wird zu Beginn des nächsten Jahres bei den Pilotgerichten anlaufen und bis Mitte/Ende 2011 andauern. Erst nach Abschluss und abschließender Auswertung des Projekts wird über das weitere Verfahren entschieden werden.
Zu Frage 4: Projekte in anderen Bundesländern haben gezeigt, dass sich durch den Einsatz gerichtsinterner Mediationen selbst und gerade in hoch komplexen und emotional belasteten Verfahren schnelle und von den Parteien sehr positiv bewertete Lö
sungen erzielen lassen. Einen Überblick über die laufenden Projekte - darauf darf ich Sie verweisen - finden Sie auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Justiz, das ist nämlich eine stattliche Anzahl. Danke.
Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Mohring, CDU-Fraktion, in Drucksache 4/4368, vorgetragen durch Abgeordnete Groß.
Eine moderne und nachhaltige Familienpolitik wird durch viele verschiedene Faktoren bestimmt. Das Bundeselterngeld trägt dieser Vielfalt Rechnung, ebenso das Thüringer Landeserziehungsgeld.
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen verkündete nach einem Jahr Elterngeld: „Ich freue mich sehr über den Anstieg der Geburtenrate und vor allem darüber, dass die jungen Eltern allmählich die Kinder bekommen, die sie sich wünschen.“ Im vergangenen Jahr sind laut statistischem Bundesamt 12.000 Kinder mehr geboren worden als im Vorjahr 2006.
1. Wie viele Kinder wurden in Thüringen im ersten Halbjahr 2008 geboren und wie viele Kinder wurden im Vergleichszeitraum 2006 und 2007 geboren?
2. Wie viele der o.g. Kinder wurden in Bedarfsgemeinschaften bzw. Hartz-IV-Empfänger-Familien geboren?
3. Inwiefern ist die Entwicklung der Geburtenrate auch auf die Thüringer Familienoffensive zurückzuführen und welche Zusammenhänge lassen sich dabei erkennen?
4. Wie viele Eltern erhalten nur den Mindestbetrag des Bundeselterngeldes, weil sie kein eigenes bzw. nur über ein niedriges Einkommen oder über staatliche Unterstützungsleistungen verfügen?
Es antwortet Staatsekretär Dr. Oesterheld, den ich auch zugleich in dieser neuen Funktion hier herzlich begrüße.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Mohring wie folgt:
Zu Frage 1: Das Thüringer Landesamt für Statistik hat dazu die folgenden Daten mitgeteilt. Lebendgeburten jeweils I. Quartal: 2006 - 3.635; 2007 - 3.778 und 2008 - 3.777; bis Mai dieser Jahre jeweils: 2006 - 6.257, 2007 - 6.487 und 2008 - 6.597; für das gesamte Jahr: 2006 - 16.402, 2007 - 17.176. Die Daten für das gesamte erste Halbjahr 2008 lagen noch nicht vor.
Zu Frage 3: Zu Gründen der Entwicklung von Geburtenziffern kann aus statistischer Sicht keine Aussage getroffen werden. Es sind sehr persönliche, individuelle Gründe, warum sich Menschen für Kinder entscheiden. Natürlich spielt dabei auch ein kinder- und familienfreundliches Gesamtklima eine Rolle. Das Vorhandensein von Kinderbetreuungsplätzen, die wirtschaftliche Lage von Familien und auch die Unterstützung des Staates sind dabei von großer Bedeutung. Selbstverständlich hat die Familienpolitik der Bundesregierung, der Thüringer Landesregierung und auch der Kommunen einen Einfluss darauf, ob sich Familien mit Kindern wohlfühlen. Betrachtet man die leicht steigende Geburtenrate in Thüringen, so ist dies zweifelsohne hierfür ein Indiz. Die familienpolitischen Leistungen Thüringens können sich im Vergleich zu anderen Ländern sehen lassen. Ich nenne insbesondere das Thüringer Erziehungsgeld. Die Politik der Landesregierung setzt Rahmenbedingungen, die das Ja zu Kindern unterstützen.
Zu Frage 4: Aus dem Statistischen Landesamt liegen die folgenden vorläufigen prozentualen Angaben für 2007 vor. In Thüringen erhielten die Bezieher von Elterngeld - Väter oder Mütter - zu 33,6 Prozent - also etwa ein Drittel - den Mindestbetrag von 300 €, 17,8 Prozent Elterngeld in Höhe von 300 € bis 500 €, 25 Prozent zwischen 500 € und 750 €, 18,4 Prozent zwischen 750 € und 1.250 €, 3,7 Prozent zwischen 1.250 € und 1.800 € und 1,5 Prozent den Höchstbetrag von 1.800 €. Vielen Dank.
Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke schön. Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage, Abgeordneter Hausold, DIE LINKE, in Drucksache 4/4377.
Fehlender rechtlicher Schutz von ausgezahlten Arbeitnehmergehältern vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters im Fall Patrol?
In drei Mündlichen Anfragen (Drucksache 4/3266, 4/3267 und 4/3553) in der 67. Plenarsitzung am 20. September 2007 bzw. der 73. Plenarsitzung am 12. Dezember 2007 war ein bestimmter Aspekt im Zusammenhang mit der Insolvenz der Firmen der Patrol-GmbH und ihres Standorts Gera Gegenstand der Befragung der Landesregierung. Im Mittelpunkt stand die Tatsache, dass Arbeitnehmer, denen von Patrol verspätet Gehalt gezahlt wurde, dies nun auf Klagen des Insolvenzverwalters hin als angeblich zur Insolvenzmasse gehörig wieder zurückzahlen sollen. Damit sind die Arbeitnehmer nicht nur von verzögerten Gehaltsleistungen existenziell betroffen. So können sie wegen des § 130 Insolvenzordnung (InsO) im Insolvenzfall nochmals finanziellen Risiken wegen der verspäteten Auszahlung der Gehälter ausgesetzt sein und das, obwohl der Unternehmer sowohl die verspätete Gehaltszahlung als auch die Insolvenz zu verantworten hat. Am 18. August 2008 wurde diese Problematik in einem Beitrag des Fernsehmagazins „WISO“ aufgegriffen. Neben einem Beispiel aus Franken war auch der Fall eines betroffenen Arbeitnehmers der Patrol-Insolvenz in Gera aufgegriffen worden. Daraus konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Gerichtsverfahren, die in den o.g. Anfragen problematisiert wurden, immer noch nicht zum Abschluss gekommen sind.
1. Welche rechtlichen Möglichkeiten haben nach Ansicht der Landesregierung die betroffenen Arbeitnehmer, um die für sie negativen Folgen des geltenden § 130 InsO auszugleichen?
2. Wie wäre eine rechtliche Anpassung des § 130 InsO im Sinne des verbesserten Schutzes der finanziellen Interessen von Arbeitnehmern im Insolvenzfall nach Ansicht der Landesregierung möglich?