Protokoll der Sitzung vom 11.09.2008

Fakt ist, meine Damen und Herren, dass die Denkfabrik - eine Imagekampagne des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Arbeit - dazu beigetragen hat, dass Unternehmen und potenzielle Investoren Thüringen eben nicht nur als Tourismus-, sondern als besonders attraktiven Wirtschafts- und Forschungsstandort wahrnehmen. In diesem Sinne müssen nun auch weitere Schritte unternommen werden, um bereits angesiedelte Unternehmen dauerhaft in Thüringen zu halten und natürlich auch eine Abwanderung zu verhindern. In den Köpfen von Betrieben sowie auch Studenten muss sich der Wille, ich bleibe oder ich gehe gern nach Thüringen, festsetzen und durchsetzen. Gerade das Niveau von über 50.000 Studenten im Freistaat müssen wir halten. Ein Zugewinn an Fachkräften in betriebs-, natur- und ingenieurwissenschaflichen Fachrichtungen ist nicht schon letztlich wegen des Rufs von Thüringen als Kaderschmiede für Ingenieure und Mathematiker anzustreben. Danke, Frau Dr. Kaschuba, dass Sie mir da zustimmen.

Um es mit den Worten von Werner Niefer, das ist ein deutscher Top-Manager, der war von 1989 bis 1993 Vorstandsvorsitzender der Mercedes Benz AG, zu sagen und ich nutze jetzt einmal so die Kunst des bildungspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion und nehme auch einmal ein Zitat: „Imagepflege ist keine Lackpflege, kein Aufpolieren von Oberflächenglanz, sondern eine Frage der Qualität der ganzen Konstruktion.“ Das heißt, dass ein sinnvolles Konzept notwendig ist, das die eben angesprochene Anforderung erfüllt. Facettenreiche Standort- und Aktionswerbung ist dabei die Devise und deshalb kann man eben nicht nur mit einer einzelnen gezielten Kampagne das facettenreiche Aufgabenfeld bedienen. Es reicht eben nicht aus, wie es offensichtlich die Fraktion der LINKEN vorsieht, abzuwarten und zu hoffen, dass Unternehmer und Fachkräfte irgendwann ins Land strömen. Das wird nicht funktionieren. Parteien, unabhängig von der politischen Ausrichtung, sollten selbst stets im Interesse des Landes und seiner Bürger handeln, dementsprechend auch Verantwortung übernehmen und Positives wird nach außen zeigen. Sie sollten zu positiven Entwicklungen Ihres Heimatlandes stehen und es nicht ständig schlechtreden, so wie wir das hier immer wieder und immer wieder hören. Das Image, was jedoch die LINKE von Thüringen zu konstruieren versucht, ist ein ganz anderes. Mit demagogischen und populistischen Parolen, welche sich jeder sachlichen Grundlage entziehen und darauf abzielen, die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes schlechtzureden, wird ein Effizienzgewinn ausbleiben. Niemand wird uns dann vertrauen und hier weiter investieren. Jetzt will ich wirklich einmal ein Beispiel der Kampagne bringen aus meinem Heimatwahlkreis. Dort gibt es einen orthopädischen Betrieb, der fertigt Körper für die Wirbelstabilisierung, es handelt sich hier um den Betrieb Königsee-Implantate, der war auf einer Russlandreise dabei unter der großen Kampagne und, meine Damen und Herren, dort wird gerade eben in dieser Woche ein Wirbelsäulen- und Traumazentrum eröffnet, genau aufgrund dieser Kampagnen. Der Umsatz dieses Unternehmens wird sich im nächsten Jahr um ca. 2 Mio. € erhöhen. Das heißt für meine Region, für meine kleine Region da unten 15 neue Arbeitskräfte vor Ort. Wenn das kein Erfolg einer erfolgreichen Kompetenz- oder Imagekampagne ist, dann weiß ich nicht mehr, was noch. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Das Wort hat jetzt Abgeordnete Dr. Kaschuba, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wir haben das Thema Imagekampagne und wir sind ja eben gründlich darüber belehrt worden, dass die LINKEN alles schlechtreden und auch immer nur nicht lernfähig sind und alles negativ sehen. Positives Denken ist ja auch nicht nur positiv besetzt - darauf will ich nur hinweisen - und ein wenig hat es etwas von Schamanentum, wenn Sie hier beschwören, wie stark Thüringen als die starke Mitte in Deutschland ist. Ich werde versuchen, das noch zu verdeutlichen. Also das Beschwören hilft auch nicht, die Wirklichkeit wird dann auch nicht besser.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte noch mal von der Imagekampagne im Jahr 2001 ausgehen „Willkommen in der Denkfabrik“. Wir erinnern uns alle noch an die Heringe in Zeitungspapier, an die Nudelsuppe, an das Garagentor, wozu die Studenten dann eine Initiative starteten „Garage oder Wissenschaftstempel - die Zukunft der Thüringer Hochschulen steht in den Sternen“. Sie wiesen damit auf die Misere an den Thüringer Hochschulen hin. Die Lage hat sich unwesentlich verbessert, die Hochschulen sind nach wie vor nicht ausfinanziert, prekäre Beschäftigungsverhältnisse z.B. nehmen in gravierendem Maße zu und gehören mittlerweile zur Norm an den Hochschulen. So weit zum Image der Denkfabrik.

Oder erinnern wir uns an die entlaufene Mandy. Sollte dies darauf hinweisen, dass in absehbarer Zeit die Fachkräfte aus Thüringen entlaufen, aber zur Heilung dieser Angelegenheit wurde durch die Landesregierung in enger Zusammenarbeit mit der LEG der Unternehmerfachkräfteservice gegründet, die Wunderwaffe gegen Fachkräftemangel. Der UFaS Thüringen - mittlerweile mit fünf Geschäftsstellen in Thüringen vertreten - versucht jetzt, die Standortnachteile Thüringens zu verwischen. Ob es gelingt, mittels verfehlter Hochschul- und Familienpolitik, mit Niedriglöhnen und Kulturabbau Mandy zurückzuholen oder ganz und gar am Entlaufen zu hindern, das bleibt für uns äußerst fraglich. Aber vielleicht hilft da der Fachkräftesicherungspakt zwischen Thüringer Wirtschaft und Landesregierung.

Kommen wir noch einmal zum Sinn dieser kostenaufwendigen Imagekampagne. Die erste Imagekampagne hat ja im vergangenen Jahr den bronzenen Nagel bekommen als Auszeichnung, aber nicht für die Verwirklichung der Ziele, sondern für die Bilder der Kampagne. Aber das ist niemals bewertet worden, welche Ziele erreicht wurden. Das Hauptziel der Kampagne „Willkommen in der Denkfabrik“ - und das hat ja der Kollege eben auch gesagt - lag ohne Zweifel darin, Investoren für Thüringen zu akquirie

ren und dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Unternehmensgründungen fördern den strukturellen Wandel und das Wirtschaftswachstum und sind ein Indiz dafür, wie effizient eine Landesregierung auf dem Gebiet der Akquise von Investoren und in der Förderung der regionalen Wirtschaft generell agiert. Eine Studie des IAB befasste sich im Sommer dieses Jahres genau mit diesem Thema, dem Gründerklima in Deutschland. Das Institut kam zu der Erkenntnis, dass in Thüringen in Zukunft im Vergleich zu anderen Regionen eher wenig Existenzgründungen zu erwarten sind. Der Freistaat liegt vor allem beim Anteil potenzieller Gründer unter den Schlusslichtern in Deutschland.

Ein weiteres Anzeichen dafür, ob Mittelstandstandsförderung in einem Land funktioniert, ist das Insolvenzgeschehen. Im 1. Halbjahr 2008 meldeten die Thüringer Amtsgerichte 2.060 Insolvenzverfahren, das waren 10,2 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Es ist aber die Zahl der Verbraucherinsolvenzen um 18,8 Prozent gesunken, die Zahl der Unternehmensinsolvenzen um 12 Prozent gestiegen. Das ist also das positive Bild, was sich darstellt. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass diese Unternehmen 1.185 Arbeitnehmer beschäftigen, die zukünftig von Arbeitslosigkeit bedroht sein werden.

Zur Technologieförderung hatten wir vorhin schon eine Anfrage, wie die Verbundförderung in Thüringen realisiert wird. Dafür sind 50 bis 70 Mio. € bewilligt. Wir haben vorhin gehört, wie groß der Stand der Bewilligungen zum gegenwärtigen Zeitraum ist. Dort wäre es also sehr sinnvoll, Bürokratie abzubauen und mehr zur Sache zu kommen. GfAW, IHK, LEG, RKW, KFW, Aufbaubank - alle bieten Beratungen für Unternehmen an. Im Endeffekt weiß der Rat Suchende gar nicht so recht, wohin mit sich.

Ich glaube, die Landesregierung wird alle diese Mängel nicht mit einer weiteren Imagekampagne „Starke Mitte“, die gleichzeitig eine Wahlkampfkampagne für die CDU ist, beheben können. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Zeit ist abgelaufen. Ich erteile dem Minister Reinholz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn Sie von der Opposition gerne etwas anderes suggerieren wollen,

es gibt nur eine Imagekampagne für Thüringen und das ist die Kampagne „Willkommen in der Denkfabrik“. Die 2001 gestartete Kampagne hat sich bewährt im Wettbewerb der deutschen Standorte und dort auch etabliert. Das zeigt sich u.a. in Auszeichnungen wie dem Politikaward 2003 in der Kategorie „Kampagne öffentlicher Institutionen“, der „Anzeige des Jahres“ 2007 des Zeitungskreativwettbewerbs der Zeitungs Marketing Gesellschaft sowie der Fachzeitschrift „W & V“ und auch der dritte Preis im Bereich „Printwerbung: Fachanzeigen“ 2007 des ADC, in denen die Kampagnen in Konkurrenz mit anderen Marketingmaßnahmen bewertet wurden.

Thüringen, meine Damen und Herren, ist als Wirtschaftsstandort sehr gut aufgestellt. Es gilt, diese Potenziale auch nach außen hin ausreichend zu kommunizieren. Gerade in diesem Bereich sind die Anstrengungen anderer Standorte in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die überregionalen Hauptzielgruppen unserer Kampagne sind qualifizierte Fachkräfte und natürlich potenzielle Investoren, deren Aufmerksamkeit auf Thüringen gerichtet und bei denen ein positives Interesse erzeugt werden soll. Gleichzeitig wurde damit eine Dachmarke geschaffen, die sich insbesondere im Bereich der Messen und Standortpräsentationen Thüringens bewährt hat. Die Inhalte der Kampagne orientieren sich immer an aktuellen Problemstellungen und Situationen, so dass der Fokus der Kampagne in Zeitabschnitten natürlich wechselt. Während zu Beginn der Kampagne die Innovationskraft und Modernität des Wirtschaftsstandortes im Mittelpunkt stand, wird aktuell dem wachsenden Bedarf an Fachkräften, und das begründen sie ja auch oder sehen sie ja auch, Rechnung getragen und dieser in die werbliche Ansprache auch integriert. Dabei steht die Kampagne jeweils im Kontext und in enger Abstimmung mit anderen Aktivitäten und Aktionen im Freistaat wie aktuell u.a. dem Unternehmer- und Fachkräfteservice der Landesentwicklungsgesellschaft. Dass es darüber hinaus immer wieder Aktivitäten der Landesregierung geben wird, die im Bereich des Standortmarketings den einen oder anderen Aspekt beleuchten, ist nicht im Gegensatz zur Imagekampagne zu sehen. Thüringen wirbt schließlich im touristischen und im landwirtschaftlichen Bereich auch nicht mit dem Slogan „Denkfabrik“. Wir vermarkten, wie Sie alle wissen, Thüringen auch als Kulturland, als Familienland, als Kindermedienland oder als Herkunftsland für hervorragende Nahrungsmittel. Thüringen, das Land in der Mitte Deutschlands, hat viele Stärken und Standortvorteile im wirtschaftlichen, im touristischen oder im Bildungsbereich. Das Erreichte rechtfertigt und verlangt natürlich eine stärkere offensive Standortpräsentation und ein offensiveres Standortmarketing. Die vielfältigen Standortqualitäten sollen neben Investoren und Fachkräften natürlich auch einer breiten Bevölkerungsgruppe vermittelt werden. Dazu die

nen sowohl das touristische Marketing unter dem Motto „Thüringen, wo Urlaub noch Erholung ist“ oder auch als Sympathiewerbung „Thüringen, die starke Mitte“. Sie ergänzen also die Imagekampagne „Willkommen in der Denkfabrik“ mit einer sehr starken regionalen Ausrichtung. Entscheidend, meine Damen und Herren, ist und bleibt, dass Thüringen mit all seinen Vorzügen im regionalen, nationalen und internationalen Standortwettbewerb positiv wahrgenommen wird, und wahrgenommen werden wir inzwischen sogar bis nach Australien, wie die in dieser Woche bekanntgegebene Ansiedlung der australischen Firma Plantic uns auch zeigt. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Ich schließe die Aktuelle Stunde und rufe auf die Fortsetzung des Tagesordnungspunkts 7.

Der Sofortbericht war gegeben worden, alle Fraktionen haben die Beratung zum Sofortbericht gefordert, somit eröffne ich die Beratung und erteile das Wort dem Abgeordneten Kubitzki, DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist ja jetzt schwer, nach dieser thematischen Unterbrechung sich wieder für das Thema „Pflege in Thüringen“ bereit zu machen. Aber es ist ein sehr wichtiges und aktuelles Thema.

Frau Ministerin, Sie haben ja auf Antrag der CDUFraktion bestimmte Aspekte der Pflege hier in Thüringen beleuchtet. Sie sind auch auf das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz eingegangen. Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass die Pflegeversicherung insgesamt, als sie geschaffen wurde und 1994 und 1995 in Kraft getreten ist, durchaus ein Fortschritt in der sozialen Versicherungslandschaft war; weil erstmals auch die Pflege als eine Versicherungsleistung anerkannt und speziell hervorgehoben wurde und dass besonders auch Fragen der Qualität der Pflege in diesem Gesetz eine Rolle spielen. Aber das Pflegeversicherungsgesetz, das muss ich an dieser Stelle sagen, war trotzdem auch nicht der große Wurf. Es gab dort einerseits diesen Begriff der Teilkaskoversicherung. Es ist eine Teilkaskoversicherung, es wird nicht alles abgedeckt. Und es kam dort auch mit diesem Pflegesicherungsgesetz - ich will einmal sagen - der Begriff des „Kunden“ zum Tragen. Zwei Neuerungen hatte nämlich dieses Pflegeversicherungsgesetz:

1. war es ein Sozialversicherungsgesetz, das erstmals soziale Versicherungsleistungen dem freien

Markt geöffnet hat. Wir wissen, was damals entstand. Die bestehenden Pflegedienste, Pflegeeinrichtungen wurden geöffnet, freie Wohlfahrtspflege, privat usw. Es fand eine Kommerzialisierung statt.

2. hat man sich mit diesem Gesetz erstmal von der paritätischen Finanzierung einer sozialen Versicherung verabschiedet, indem die Leistungen für die Pflegeversicherung nur durch die Arbeitnehmer finanziert werden, da ja den Arbeitnehmern dafür ein Feiertag gestrichen wurde, der dann den Arbeitgebern zugute kam.

Sie sagten, Frau Ministerin, auch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz ist ein weiterer Fortschritt. Ja, es ist ein Fortschritt, aber ich muss sagen, das ist nicht der große Wurf, der auch mit diesem Gesetz stattfand. Fortschritte gibt es in der Demenzversorgung. Auch positiv die höheren Leistungssätze für Sachleistungen - Geldleistungen, die es gibt. Aber ich muss nach wie vor sagen - und das kritisieren wir an diesem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz: Es fehlt ein neuer moderner Pflegebegriff, der noch nicht erarbeitet und der in das Gesetz nicht aufgenommen wurde. Und es fehlt auch ganz die Frage der Pflegeassistenz - Forderungen von uns, die wir immer wieder erheben müssen. Hätten wir auch einen anderen Pflegebegriff, Frau Ministerin, dann, wie Sie gesagt haben, könnten oder brauchten wir Pflege nicht als Schicksalsschlag vielleicht betrachten. Jawohl, Pflege kann für jeden plötzlich ein Schicksalsschlag sein, aber es geht doch eigentlich auch darum, solche Schläge zu verkraften. Wir müssen uns auch daran gewöhnen, dass Pflege, wenn man den Menschen ganzheitlich betrachtet, durchaus mit zum Leben dazugehört. Dabei kommt es jetzt darauf an, dass ich trotz solcher Schläge ein menschenwürdiges, selbstbestimmtes Leben führen kann. Dafür muss die Pflegeversicherung da sein. Um das aber zu gewährleisten, brauchen wir einen neuen Pflegebegriff.

Sie zählten in Ihrem Bericht, Frau Ministerin, die Anzahl der Einrichtungen auf, die wir haben, und sprachen auch von den gegenwärtig geplanten Einrichtungen, sprich vom Neubau von Pflegeeinrichtungen und was noch geplant ist. Die Zahlen sind hier genannt worden. Da muss ich an dieser Stelle sagen: Frau Ministerin, im Ergebnis einer Kleinen Anfrage, die mir Ihr Haus beantwortet hat, das sind die Zahlen, die Ihnen bekannt sind. Sie räumen aber in der Kleinen Anfrage in der Antwort ein und da sagen Sie auf die diesbezügliche Frage, wie viel Pflegeeinrichtungen es gibt, dass die Zahlen, die Sie mir genannt haben, nach den Erkenntnissen und vorliegenden Informationen der Heimaufsicht sind. Sie schreiben oder Ihr Haus schreibt dort: „Die Planung von Investoren oder Trägern für stationäre oder teilstationäre Einrichtungen sind als solche nicht

anzeigepflichtig. Vollständige und detaillierte Daten liegen dem Land daher nicht vor.“ Und dann wird geschrieben, dass das Ihre Zahlen, die Sie auch heute genannt hatten, Zahlen sind, die bisher der Heimaufsicht bekannt sind. Das heißt, es ist also durchaus möglich, dass noch Privatinvestoren irgendwo hier in Thüringen weitere Heime errichten, von denen Sie als Landesregierung nichts wissen. Die Ursachen dafür sind, weil die Landesregierung schon seit 2002 besonders die stationäre Pflege den Kräften des freien Markts überlassen hat, weil nämlich 2002 der 4. Landespflegeplan geendet hatte und seit 2002 keine Fortschreibung eines Landespflegeplans mehr stattgefunden hat mit der Begründung - Ihr Vorgänger hat das getan -, dass es gesetzlich nicht mehr notwendig ist. Wenn aber gesagt wird, das ist gesetzlich nicht notwendig, muss ich Sie wieder an Ihre eigenen Gesetze erinnern, und zwar das Thüringer Gesetz zur Ausführung des Pflegeversicherungsgesetzes. Da heißt es in § 1 - das zitiere ich jetzt an dieser Stelle nicht -, dass Thüringen für die Versorgungsstruktur verantwortlich zeichnet.

Aus § 2 möchte ich einen Satz zitieren. „Das Land ist verantwortlich für die Planung und die Vorhaltung der teilstationären und vollstationären Versorgungsstruktur.“ Allein dieser Paragraph würde es schon begründen, dass wir in Thüringen einen Landespflegeplan brauchen, weil wir einschätzen müssen, wie wird sich die Pflegesituation weiterentwickeln, wenn das jetzt so mit dem Pflegeversicherungsgesetz durchaus mal eine Phase ist, wo man abwarten muss. Aber seit 2000 keinen Landespflegeplan mehr vorzuhalten, bedeutet für mich, sich nicht mehr für die Struktur im stationären Bereich verantwortlich zu fühlen. Das kann es eigentlich nicht sein. Da hat die Landesregierung eine klare Aufgabe sich mit ihrem eigenen Gesetz selbst gegeben.

Zu der Problematik Pflegestützpunkte: Diese Problematik wird ja nun überall heiß diskutiert und findet große Beachtung. Sie haben Ihre Position heute dazu geäußert, die uns auch bekannt ist. Ich will dazu noch mal unsere Position eindeutig darlegen.

Selbstverständlich in der Partei DIE LINKE werden die Pflegestützpunkte differenziert betrachtet, muss ich an dieser Stelle sagen, durchaus von Befürwortern gehen wir als Landtagsfraktion differenziert an diese Sache heran. An erster Stelle sagen wir, wenn wir auch von Pflegestützpunkten sprechen, es geht um Patienten, es geht vor allem darum, dass wir es ihnen ermöglichen, mit Pflegeleistungen, mit Beratung ein weitestgehend selbstständiges Leben zu gewährleisten. Vor allem geht es darum, ihnen so lange wie möglich eine hohe Lebensqualität zu geben. Da sind wir der Auffassung, dass zuerst alle Beteiligten am SGB XI ihre Hausaufgaben erfüllen müssen, die entsprechend des Gesetzes vorgege

ben sind, die sie erfüllen müssen. Da gibt es schon jetzt Beratungspflichten, da gibt es jetzt schon Ansprechpartner. Ob das nun Kostenträger sind, ob das Leistungserbringer sind, sie haben ganz konkrete Aufgaben schon jetzt im Gesetz. Wir müssen erreichen, dass diese Aufgaben erst einmal erfüllt werden. Deshalb sagen wir ja zu Pflegestützpunkten, wenn damit die Vernetzung bestehender Angebote gemeint ist, Angebote vor Ort, die schon vorhanden sind unter Einbeziehung der Kommunen. Das heißt also, es kommt darauf an, die jetzigen Beratungsangebote, die es schon gibt, in Pflegestützpunkten zusammenzufassen mit der Aufgabe, die Koordinierung und Vernetzung herzustellen. Unserer Auffassung nach ist es unbedingt notwendig, dass dort die Kommunen mit einbezogen werden. Gegen was wir uns wehren ist, dass total neue Behörden, neue Strukturen geschaffen werden, sondern wir sollten vorhandene Strukturen nutzen.

Ich erinnere mal daran, wir kennen alle noch das Problem mit den sogenannten Servicestellen nach SGB IX. Wir wissen, selbst diese Stellen funktionieren nach Jahren noch immer nicht oder kaum und erfüllen eigentlich nicht die Aufgabe, die ihnen der Gesetzgeber zugedacht hatte.

Pflegestützpunkte haben wirklich nur Sinn, wenn vor Ort agiert wird und wenn sie auch von unten wachsen, wenn das Bedürfnis vor Ort dafür vorhanden ist und nicht nur als eine Alibifunktion des Gesetzgebers, der glaubt, mit Pflegestützpunkten hat er das Allheilmittel gefunden und damit verbessert sich alles. Das ist unsere Meinung, Pflegestützpunkte ja, aber als Vernetzungswerke und nicht künstlich geschaffen. Sie sprachen auch von den Modellprojekten in Jena. Da stimmen wir überein. Das ist zwar Goodwill in Jena. Die dort arbeiten, die leisten auch was sie können, eine gute Arbeit, aber das entscheidende fehlt, die Pflegekassen sind nicht drin. Der Gesetzgeber hat eindeutig vorgegeben, dass die Pflege- und Krankenkassen die Träger der Pflegestützpunkte sind und dafür mitverantwortlich sind.

Wir haben eine Pflegefachtagung durchgeführt zu diesem Thema Pflegestützpunkte. Ich muss eindeutig sagen, man konnte erkennen, dass hier die unterschiedlichsten Interessen eine Rolle spielen sowohl bei den Leistungserbringern als auch bei den Kostenträgern. Jeder will von dem Kuchen etwas abhaben und so wenig wie möglich abgeben. Nach meiner Auffassung kann das nicht sein; denn dann bleibt der Patient auf der Strecke. Frau Ministerin, da ist die Landesregierung wirklich gefragt, unserer Auffassung nach dort ein Machtwort zu sprechen und Strukturen von unten zu schaffen entsprechend des Gesetzes.

Was deutlich wurde bei unserer Tagung, die wir durchgeführt haben: Es besteht vor allem Beratungsbedarf bei pflegenden Angehörigen, wenn sie plötzlich mit der Situation der Pflege konfrontiert werden. Es besteht vor allem in den Kommunen Beratungsbedarf darüber, wie kann den Menschen geholfen werden, die nicht unter die Pflegeversicherung fallen, weil sie noch nicht alle Kriterien erfüllen, aber trotzdem hilfebedürftig sind, ich spreche mal von der sogenannten Pflegestufe 0. Diese Menschen hängen in der Luft, sie bekommen keine Leistungen nach der Pflegeversicherung und bekommen keine Leistungen von der Sozialhilfe, aber haben eigentlich schon einen Bedarf an Hilfe. Diese Menschen brauchen eine Stelle, wo sie sich Rat suchen können. Ich möchte Sie als Landesregierung auffordern, vor allem den Modellversuch in Jena aktiv zu begleiten. Ich fordere Sie auf, im Sozialausschuss als Fachausschuss die Auswertung des Modellprojekts und die Erfahrungen daraus gemeinsam vorzunehmen. Ich fordere Sie weiterhin auf, dort unterstützend einzugreifen, wo Kommunen und Akteure das Bestreben haben, auf Modelle von Pflegestützpunkten einzugehen. Aber es sollte, wie gesagt, von unten wachsen.

Frau Ministerin, zwei Sachen möchte ich noch ansprechen, was die Pflege in Thüringen betrifft und die Pflege erschwert. Sie sind nicht darauf eingegangen und ich könnte jetzt sagen, das war ein Mangel, aber es war auch nicht im CDU-Antrag gefragt. Wir hatten schon mehrmals die Diskussion der Pflege, gerade - kann ich mich noch erinnern - als die Pflege wieder mal öffentlich in Misskredit geraten war, hatten wir ja auch im Landtag über Pflege diskutiert. Da hat Ihr Vorgänger u.a. die Absicht der Landesregierung kundgetan, dass die Attraktivität des Pflegeberufes und vor allem der Ruf des Pflegeberufes verbessert werden muss. Denn es geht ja ganz schnell, da gibt es ein „schwarzes Schaf“ und schon ist die gesamte Pflegebranche schlecht. All denen, die in der Pflege sind, haben Sie den Dank ausgesprochen und diesem Dank schließen wir uns als Fraktion an. Wie gesagt, wir schließen uns hier an, denn es ist eine sehr, sehr schwere Arbeit, nicht nur körperlich, sondern es ist auch nervlich eine sehr schwere Arbeit. Es ist den Mitarbeiterinnen, zum größten Teil sind es Frauen, nicht hoch genug anzurechnen, dass sie diese Tätigkeit ausüben - und jetzt sage ich das - für sehr wenig Geld. Das bedeutet, wenn wir den Pflegeberuf attraktiv machen wollen und es ist jetzt schon schwer, in Thüringen junge Pflegefachkräfte zu bekommen, die gehen lieber nach Baden-Württemberg, da bekommen sie fast das Doppelte des Geldes, da müssen wir uns etwas einfallen lassen. Das bedeutet an erster Stelle, es braucht auch eine ordentliche Vergütung für diejenigen, die dort arbeiten. Da können Sie jetzt sagen, was geht uns das als Landesregierung an, das ist Sache der Leistungserbringer und der Kosten

träger, aber Sie haben als Landesregierung die Aufsichtspflicht darüber. Thüringen ist das Land, ob das nun stationär oder ambulant ist, das deutschlandweit die niedrigsten Vergütungssätze für Pflegeleistungen hat. Auch da sind wir wieder nicht Niedriglohnland, sondern Niedriggebührenland. Da kommt noch etwas dazu. Wir haben eine große Gesundheitskasse mit einem Plus im Namen, die umfasst jetzt sogar zwei Bundesländer. Wir haben aber trotz des Zusammenschlusses nach wie vor zwei Vergütungssysteme, eines für das Land Thüringen und eines für dieses andere Bundesland. Das heißt also, ein Pflegedienst, ein Pflegeheim in unserem Nachbarfreistaat bekommt mehr für die gleiche Leistung, als die Pflegeeinrichtung oder der Pflegedienst hier in Thüringen. Allein wegen dieser Ungerechtigkeit fordere ich die Landesregierung auf, Gespräche aufzunehmen. Dies sollte beseitigt werden. Das könnte auch ein Beitrag gegen die Berufsunzufriedenheit sein, die gegenwärtig dort herrscht.

Und noch am Rande eine letzte Bemerkung: In der Sommerpause habe ich mehrere stationäre Pflegeeinrichtungen besucht hier in Thüringen. Die stationären Pflegeeinrichtungen haben ein ganz großes Problem. Viele wollen wieder in Pflegesatzverhandlungen gehen, da ist das Land Thüringen dann wieder gefragt, nicht weil sie mit ihrer Vergütung ein Problem haben oder dergleichen mehr, sondern ganz einfach, weil die Pflegeeinrichtungen durch die hohen Energiepreise, die wir zurzeit haben, in große Probleme geraten. Eine weitere Umlegung dieser Energiepreise auf die Bewohner bedeutet natürlich wieder höhere Zuzahlungen durch unsere Kommunen. Deshalb sollte man meiner Meinung nach auch prüfen, wie kann solchen sozialen Einrichtungen - das betrifft natürlich nicht bloß Pflegeheime, das betrifft viele soziale Einrichtungen, ob das Kindertagesstätten sind oder andere - mit Sozialtarifen bei Energie usw. geholfen werden.

Das, was wir nach wie vor fordern als Fraktion DIE LINKE, ist, wir brauchen einen Landespflegebericht, weil die Ausführungen, die Sie heute gemacht haben, keinen Pflegebericht ersetzen. Wir fordern nach wie vor einen Landespflegeplan, damit wir eine verlässliche Struktur und eine zukunftsweisende Struktur für unsere Pflegelandschaft haben, die dann auch dazu beiträgt, dass in Thüringen weiterhin Pflege in hoher Qualität gewährleistet werden kann. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat Abgeordneter Eckardt, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Situation in der Pflege ist eines der Themen, das immer wieder kontrovers und gelegentlich auch äußerst emotional diskutiert wird. Leider wird es auch immer wieder missbraucht, um kurzfristig Aufmerksamkeit zu erregen. Der vorliegende Antrag der Fraktion der CDU bringt das Thema Pflege, deren jetzige und zukünftige Situation in Thüringen, erneut auf die Agenda. Dies ist zunächst zu begrüßen. Es ist immer wichtig, sich des Status quo bewusst zu sein. Doch auch wenn inzwischen drei Stunden vergangen sind, seit Sie, Frau Ministerin, Ihren Bericht gegeben haben, ändert sich an meiner Meinung nichts. Leider war der Bericht zur Pflegesituation in Thüringen, den Sie uns gegeben haben, nicht besonders erhellend und wir haben lediglich wieder zum überwiegenden Teil Altbekanntes gehört. Die Hoffnung, dass die Sommerpause intensiv genutzt wurde, um eine ausführliche Berichterstattung zu bekommen, in der wirklich auch Ausblicke auf die Zukunft gewährt werden, hat sich leider nicht erfüllt, z.B. bei der Frage nach den Investitionen im stationären Bereich - hier haben wir vor einiger Zeit bereits die Zahlen erfahren. Ebenso ist die Zahl stationärer Pflegeeinrichtungen bekannt. Entsprechende Aussagen kannten wir bereits aus diversen Kleinen Anfragen sowie der Beantwortung der Großen Anfrage der CDU-Fraktion zum Thema „Seniorinnen und Senioren in Thüringen“ aus dem letzten Jahr. Aber in der besagten Großen Anfrage ist die Beantwortung der drängenden Probleme ja auch schon sehr sicher umschifft worden. Es war also zu befürchten, dass wir bis auf eine Aktualisierung der Zahlen durch den Bericht nicht viel Neues zu den Pflegeeinrichtungen erfahren würden - und so ist es auch gewesen. Wieder einmal wurde elegant vorgetäuscht, was das Land Thüringen für umfängliche Investitionen im stationären Bereich getätigt hat, wohl wissend, dass hier Bundesmittel geflossen sind. Das Land Thüringen hingegen hat sich im Jahr 2005 aus der finanziellen Verantwortung für Investitionen zurückgezogen und somit überwiegend die Betreiber von Einrichtungen bestraft, die schon vor der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes dafür Sorge getragen haben, dass sich die Situation in der stationären Pflege in Thüringen verbessert. So viel zu Kontinuität und Verlässlichkeit der Landesregierung. Es wäre schon von Interesse gewesen, wie sich die Belegungssituation in den betroffenen Einrichtungen verändert hat und wie sich das Verhältnis von selbstzahlenden und auf Sozialhilfe angewiesenen Bewohnern verschoben hat, denn 300 bis 450 € im Monat mehr, die diese Bewohner jetzt in den Einrichtungen zahlen müssen, sind nun mal kein Pappenstiel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hätte in dem Bericht auch die Situation in der ambulanten Versorgung detailliert betrachtet werden müssen, denn besonders diese Form der Versorgung ist von den Menschen besonders gewünscht und nachgefragt. Auch die Landesregierung hat den Grundsatz „ambulant vor stationär“ immer wieder betont wie auch Sie, Frau Ministerin, in Ihrem Bericht. Aus diesem Grund wundert es nicht, dass der Fokus erneut zu stark auf dem stationären Pflegebereich lag. Die Qualität der Pflege in Thüringen lässt sich jedoch nicht an der Zahl existierender oder geplanter Pflegeeinrichtungen festmachen. Ein wenig mehr Spannung als die eben genannten Fragestellungen zum Bericht versprachen die Aussagen der Landesregierung zum Thema „Pflegestützpunkt“ im Freistaat. Obwohl es auch hier so ist, dass in der Antwort keine großen Überraschungen zu erwarten waren, die Haltung der Landesregierung hierzu war lange sehr negativ und ablehnend. Frau Ministerin, Sie haben kurz nach Ihrem Amtsantritt diese Pflegestützpunkte noch verdammt und wollten überhaupt nichts davon wissen, aber anscheinend hat auch die Landesregierung den bedarf erkannt und zeigt sich nun offener.

(Beifall SPD)

Einer Pressemitteilung des Sozialministeriums vom 4. September 2008 war zu entnehmen, ich zitiere Frau Lieberknecht: „Dort, wo entsprechende Bedarfe vorhanden sind, und die Verantwortlichen vor Ort die neuen rechtlichen Möglichkeiten zur Errichtung von Pflegestützpunkten nutzen wollen, werde ich diese Vorhaben selbstverständlich positiv begleiten. Eine flächendeckende Einrichtung von Pflegestützpunkten von oben wird es in Thüringen allerdings nicht geben.“ Fast wörtlich war dies auch vorhin in Ihren Ausführungen zu hören.

Wir sind jedoch der Meinung und wissen dies auch aus Gesprächen mit Betroffenen, dass ein flächendeckendes Netz notwendig und gewünscht ist.

(Beifall SPD)

In Jena gibt es, wie heute schon mehrfach angesprochen, seit Ende Mai dieses Jahres einen Modellstützpunkt, der gemeinsam von der Stadt und der Fachhochschule betreut wird - Sie haben dies erwähnt. Von dort wissen wir, dass bereits im ersten Monat des Bestehens dieses Modellstützpunkts rund 50 Informations- und Beratungsgespräche durchgeführt worden sind, ohne dass vorher viel Öffentlichkeitsarbeit für diese Einrichtung gemacht worden wäre. Sogar in dem Gebäude, als ich selber den Pflegestützpunkt besucht habe, war wirklich kein sehr zielführender Wegweiser zu finden und trotzdem gab es in den Sprechzeiten schon eine große